Mittwoch, 4. November 2015

Über die Bedeutung von Umfragen und Stimmungslagen in den USA

Immer wieder kommt es anders als erwartet


Umfragen und Stimmungsbilder werden seitens der Politik und Medien gerne zur Bewertung der Lage herangezogen. Das ist in Deutschland so und vor Wahlen in den USA nicht viel anders. Aber solche Werte sind natürlich immer mit einer gewissen Zurückhaltung zu betrachten, zwar liegen häufig Umfragen und Wahlergebnisse nicht sonderlich weit auseinander, entscheidend ist aber auch der Zeitpunkt solcher Umfragen.
NBC News hat sich mit diesem Thema befasst und erläutert, dass ca. ein Jahr vor der US-Wahl 2016 keine seriösen Vorhersagen über den Wahlausgang getroffen werden können. Bei den drei zurückliegenden Präsidentschaftswahlen in den USA hat es zu vergleichbaren Zeitpunkten immer noch wesentliche Veränderungen gegeben. In den Vorwahlen und im Wahlkampf 2003/2004 war es Howard Dean, der einen Vorsprung bei der Nominierung der Demokraten noch verspielte. Er gewann auch den Vorwahlauftakt in Iowa, musste sich am Ende dann aber doch John Kerry geschlagen geben. 2007/2008 war es Rudolph Giuliani der das republikanische Bewerberfeld lange Zeit anführte, am Ende aber John McCain den Vortritt lassen musste. 2011/2012 lag Barack Obama ein Jahr vor seiner Wiederwahl ziemlich schlecht in den Umfragen, am Ende gewann er über 300 Wahlmännerstimmen.
Diese Beispiele zeigen, dass in 12 Monaten sehr viel passieren kann. Äußere Ereignisse, missglückte Reden oder auch einfach der wirtschaftliche und soziale Zustand des eigenen Landes.

Politikwissenschaftler: Drei wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Wahl


Der Politikwissenschaftler Alan Abramowitz von der Emory University hat drei Faktoren herausgearbeitet, die nach seinen Recherchen entscheidend seien.
Dabei handelt es sich um die Zustimmungswerte des amtierenden Präsidenten, die Wirtschaftsleistung bzw. das Bruttoinlandsprodukt im Wahljahr, insbesondere im 2.Quartal, sowie der Wechselwille zu einer anderen Partei, anlehnend an die Frage, wie lange eine Partei ihre(n) Kandidaten bereits im Weißen Haus hat. Diese Faktoren müssten im Sommer des Wahljahres bewertet werden. Anhand dieser Faktoren hätte man den Ausgang der letzten sechs Präsidentschaftswahlen vorhersagen können, so Abramowitz. Nach seinem Modell bräuchte Hillary Clinton 2016 eine BIP-Wachstumsrate von 3% oder höher und eine Zufriedenheitsrate mit Obama von mindestens 50%. Derzeit liegt diese durchschnittlich bei 45,5%. Zuletzt hatte Obama entsprechende Werte Anfang des Jahres 2015. Bei der Bewertung der Wirtschaftsleistung wird aber auch manchmal das Pro-Kopf-Einkommen als Maßstab genommen.

Viel Theorie und wie sollte es auch anders sein, viele unterschiedliche Meinungen. Andere Wissenschaftler sind auch der Auffassung, dass der Typus der jeweiligen Kandidaten eine wichtige Rolle spielt. Nominiert eine Partei z. B. einen Ideologen oder am politischen Rand agierenden Kandidaten, gehe das zu Lasten der Wählerzustimmung. Dieser Aspekt könnte besonders interessant werden, sollten die Republikaner einen sehr konservativen Kandidaten nominieren oder die Demokraten den sehr linken Bernie Sanders ins Rennen schicken.

Aktuelle Umfragen prägen Verlauf des Wahlkampfs


Was bleibt ist die Erkenntnis, dass natürlich das Rennen ein Jahr vor der Wahl noch völlig offen ist. Dennoch sind nach meiner Auffassung die aktuellen Umfragen sehr von Bedeutung für den weiteren Verlauf des Wahlkampfes. Ein aktuell in Umfragen abgeschlagener Kandidat wird weniger Spendengelder generieren können, erhält weniger Unterstützung von Senatoren und Gouverneuren und auch weniger öffentliche Aufmerksamkeit. Wer das nicht eingeplant hat, wird schnell seine Kampagne überdenken müssen.

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