In Umfragen hinten, die TV-Duelle gelaufen, nur noch zwei Wochen. Schlechte Ausgangslage für Trump.
Es sind nur noch gut zwei Wochen bis zur US-Präsidentschaftswahl. Die großen direkten TV-Duelle der Kandidaten sind gelaufen. Nun heißt es, den Wahlkampfendspurt richtig zu planen. Schenkte man den Umfrageinstituten Glauben, gibt es für Donald Trump kaum noch eine Chance, siegreich aus der Wahl hervorzugehen. Ohio ausgenommen, liegt der Republikaner praktisch in allen Swing States hinter Hillary Clinton zurück und hat es nach aktuellem Stand auch nicht geschafft, in einem "sicheren" Staat der Demokraten vorne zu liegen. Die Berichterstattung in den Medien beschäftigt sich eher mit seinen Negativschlagzeilen, die großen Zeitungen sprechen sich für die Demokratin Clinton, mindestens aber gegen Donald Trump aus.
"We are going to beat her so badly" oder "We are going to win bigly" hatte Trump noch während seines Siegeszugs bei den Vorwahlen im Frühjahr mit Blick auf ein Duell gegen Clinton gesagt und genau dies seinen innerparteilichen Konkurrenten Cruz, Rubio, Kasich und Bush abgesprochen. Die Ernüchterung unter den Republikanern ist nun auch ein Faktor, mit dem Trump zu kämpfen hat. Die Ausgangslage ist also denkbar schlecht, müsste ich heute wetten, würde ich wohl wie die Meisten auf Blau setzen, einen Sieg Hillary Clintons.
Wenig spricht für Trump, aber längst nicht alles für Clinton.
Aber eine gewisse Unsicherheit besteht dennoch. Man muss immer damit rechnen, dass die Umfragen nicht exakt dem tatsächlichen Ergebnis entsprechen. Die Institute selbst weisen natürlich auch immer darauf hin, dass eine gewisse Ungenauigkeit einkalkuliert werden muss. Diese kann schon mal 2-3 % betragen, ausreichend, um etwa in Florida, Ohio und North Carolina 62 Wahlmännerstimmen von dem einen in das andere Lager wandern zu lassen. Der größte Schwachpunkt bei den Demokraten ist allerdings die Unbeliebtheit ihrer Kandidatin. Nach durchschnittlichen Umfragen zur Zufriedenheit mit Hillary Clinton sind nur rund 43% der Befragten mit der Arbeit der Demokratin zufrieden, 53% sind unzufrieden. Damit liegt Clinton zwar noch immer besser als Donald Trump (35% zufrieden zu 61% unzufrieden), es offenbart aber auch die Verwundbarkeit Clintons. In den USA fehlt der Enthusiasmus, sie mit Jubel und Begeisterung zur nächsten US-Präsidentin zu wählen. Im links-progressiven Lager, das bei den Vorwahlen Bernie Sanders unterstützte, mangelt es an Motivation, in diesen Wochen des heißen Wahlkampfs bis zur Erschöpfung für die Kandidatin der Demokraten zu werben. Und auch die Motivation bei den Unentschlossenen und Unabhängigen scheint sich in Grenzen zu halten. Nicht wenige Beobachter meinen, dass es einzig an Hillary Clinton liegt, dass Donald Trump noch immer eine Restchance hat, Präsident zu werden, bzw. dass Clinton wohl gegen kaum einen anderen Republikaner so gute Siegchancen hätte.
Drei Bedingungen die Trump erfüllen muss, um Clinton zu schlagen.
Was also muss passieren, damit Trump die Demokratin tatsächlich noch an dem Einzug ins Weiße Haus hindern kann? Diese Frage ist am einfachsten zu beantworten, geht man rein rechnerisch daran. Sind die Wahlmännerstimmen in der Wahlnacht erstmal verteilt, fragt ohnehin niemand mehr, wie knapp es in dem einen oder anderen Bundesstaat zugegangen ist oder was letztlich ausschlaggebend für das Ergebnis war.
Es sind aus meiner Sicht drei Bedingungen, die Donald Trump für einen Sieg erreichen muss:
1. Er muss die klassischen republikanischen Staaten für sich gewinnen.
2. Er muss die Swing States gewinnen.
3. Er muss einen "sicheren" demokratischen Staat gewinnen.
Sie klingen einfach, logisch und nicht überraschend, aber dennoch lohnt sich ein genauerer Blick darauf, was das konkret bedeutet. Bei der aktuellen Umfragelage und der verbleibenden Zeit von gut zwei Wochen ist das Erreichen dieser drei Bedingungen ein sehr ambitioniertes Vorhaben, vielleicht nicht mehr zu schaffen.
Donald Trump muss nun ein höheres Risiko gehen. Verbringt er nun zu viel Zeit, sich mit Bedingung 1 zu beschäftigen, ist die Wahl schon verloren. Tatsächlich gibt es Bundesstaaten wie Utah, Indiana, Georgia oder sogar Texas, die eigentlich sicher in republikanischer Hand, aktuell aber doch relativ knapp sind (rund 5% Vorsprung für Trump). Verpasst Trump hier die Mehrheiten, kann er einpacken.
Karte zu Bedingung 1 mit aktueller Prognose, in grau die Swing States Florida, Ohio, North Carolina, Nevada und Arizona, insgesamt 79 Wahlmännerstimmen. (In Florida und Nevada liegt Clinton aber bereits knapp 3-4% vor Trump.)
Nehmen wir also an, er schafft den Sieg in diesen Bundesstaaten, richtet sich der Blick auf Bedingung 2, die Swing States (in Klammern die Anzahl der Wahlmännerstimmen) Florida (29), Ohio (18), North Carolina (15), Arizona (11) und Nevada (6). Gewinnt er jeden dieser fünf Swing States, was nach den Umfragen aktuell unwahrscheinlich, aber doch zumindest noch im Bereich des Möglichen ist, würde es aber immer noch nicht zu einer Mehrheit reichen.
Also muss Bedingung 3 noch zum Tragen kommen. Es ist ein nach aktuellen Umfragen den Demokraten zuzurechnender Bundesstaat gesucht, der im Prinzip ein für Trump geeignetes Wählerpotenzial aufweist, in dem der Abstand zu Clinton noch nicht uneinholbar ist und der idealerweise auch noch groß genug ist, um mit vielen Wahlmännerstimmen sogar den Verlust eines kleinen Swing States aus Punkt 2, wie etwa Nevada wettmachen zu können. Das begehrenswerteste Ziel ist also Pennsylvania mit 20 Wahlmännerstimmen. Michigan (16) und Virginia (13) sind für die Republikaner in diesem Jahr wohl bereits verloren. In Pennsylvania liegt Trump in den Umfragen durchschnittlich rund 6% hinter Clinton zurück.
Sollte es ihm gelingen, hier das Ruder nochmal herumzureißen, könnte sich Trump sogar auch eine Niederlage in Nevada oder Arizona leisten, sofern die weiteren vorgenannten Bedingungen erfüllt sind. Verliert er Nevada und Arizona, kämen beide auf 269 Stimmen und Trump könnte mit der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus zum Präsidenten gewählt werden.
Um also die Wahl noch zu gewinnen, muss es für Trump schon noch sensationell laufen, denn letztlich muss der Republikaner alle drei Bedingungen erfüllen. Um dies zu schaffen, muss sich sein Wahlkampf nun auf Florida, Ohio, North Carolina und Pennsylvania fokussieren, während er auf Nevada und Arizona verzichten sollte.
Das heißt im Umkehrschluss auch für Hillary Clinton, sich auf diese Bundesstaaten zu konzentrieren.
Alle aktuellen Umfragen und Prognosen für die Swing States und die weiteren Bundesstaaten mit relativ unsicherem Ausgang findet Ihr hier.
Wenn man ganz ganz abstrakt denkt, könnten doch sogar Evan McMullin oder Gary Johnson Präsident werden, oder? McMullin könnte Utah gewinnen (und das erscheint nicht unwahrscheinlich!), Johnson mit großer Anstrengung und ein wenig Glück New Mexico.
AntwortenLöschenhttp://www.270towin.com/maps/7xB1J
Wenn weder Trump noch Clinton die Mehrheit holen, dann könnte es doch tatsächlich angesichts der Ablehnung vieler Republikaner gegen Trump auf McMullin hinauslaufen.
Theoretisch möglich wäre auch, wenn im Repräsentantenhaus je 217 Stimmen auf GOP und Dems entfallen würden und ein unabhängiger Kandidat gewählt, der allen Kandidaten die Unterstützung verweigert. Was würde in diesem (sehr hypothetischen Fall passieren), wenn keiner die Mehrheit bekommt, GOP und Dems in einem Patt sind und es im Senat auch ein Patt gäbe?
Danke für Deinen Kommentar!
AntwortenLöschenDie Variante, dass McMullin Utah gewinnt, halte ich für durchaus möglich und auch für weitaus wahrscheinlicher, als einen Sieger Johnson in New Mexico.
Nehmen wir mal an, es käme so, dann glaube ich aber dennoch nicht, dass McMullin eine Chance hätte. Andererseits kann ich mir auch nur schwer vorstellen, dass Trump von einer republikanischen Mehrheit profitieren würde. Für einige Republikaner wäre es wohl eine goldene Brücke, Trump noch zu verhindern. Andererseits wäre eine Wahl McMullins ein Affront an die Wähler Trumps und würde die GOP wohl in eine tiefe Krise stürzen.
Käme es so, dass das Repräsentantenhaus den neuen Präsidenten wählt, würde dies aber ausnahmsweise nach Bundesstaaten erfolgen. Jeder Bundesstaat erhält eine Stimme, demnach sind 26 Stimmen für die Wahl zum Präsidenten erforderlich. Wie ein Bundesstaat abstimmt, müssen die Vertreter des jeweiligen Bundesstaats im Repräsentantenhaus intern verhandeln. Kann man sich nicht einigen, kommt es zu einer Enthaltung.
Sollte es dann, wie von Dir dargestellt auch hier zu einem Patt kommen, würde zunächst der Vizepräsident die Amtsgeschäfte führen, bis einer der Kandidaten eine Mehrheit erreicht. Sollte bis zum 20.Januar 2017 auch kein neuer Vizepräsident gewählt sein, also bei einem Patt im Senat, würde fortan der Sprecher des Repräsentantenhauses kommissarischer Präsident werden.