Mittwoch, 24. Oktober 2018

Kongresswahlen in den USA: Aktuelle Lage zwei Wochen vor den Midterm Elections

Am 06. November wird gewählt. Noch zwei Wochen verbleiben den Wahlkämpfern in den USA, für die entscheidenden Stimmen zu werben. In unzähligen Telefonaten und Hausbesuchen versuchen die Wahlkampfzentralen ihren Kandidatinnen und Kandidaten einen Vorteil zu verschaffen. In TV, Rundfunk und Printmedien laufen mehr oder weniger originelle Werbespots, bei denen nicht selten die politische Konkurrenz scharf angegriffen wird. Und anders als in Deutschland prägen vor allem Wahlplakate in privaten Vorgärten das öffentliche Erscheinungsbild. Die eigene Präferenz wird offen gezeigt.

In den vergangenen zwei Monaten hat sich auch in den Umfragen einiges getan. Der Kampf um die Mehrheiten im Kongress ist noch nicht entschieden, aber es sind deutliche Tendenzen erkennbar.

Republikaner im Senat weiter vorne


Die Republikaner dürften nach aktuellen Prognosen ihre Mehrheit im Senat behalten und evtl. sogar leicht ausbauen.
Waren es noch vor Wochen rund 13 Bundesstaaten, in denen das Rennen um die jeweiligen Senatssitze als offen galt, hat sich die Anzahl inzwischen auf 5-10 reduziert.
In West Virginia, Minnesota und North Dakota wird inzwischen ein Vorsprung von jeweils über 10 % prognostiziert. Joe Manchin in West Viginia und Tina Smith in Minnesota können für die Demokraten vermutlich zwei Sitze gewinnen, wobei beide bislang auch schon in demokratischer Hand waren. In North Dakota dagegen scheint es ziemlich sicher zu sein, dass die Demokraten ihren Sitz nicht verteidigen können. Die Amtsinhaberin Heidi Heitkamp liegt in den Umfragen inzwischen rund 14 % hinter ihrem republikanischen Herausforderer Kevin Cramer zurück.

A.
Rechnet man als Prognosegrundlage nun die Sitze, die bereits vergeben sind und dieses Jahr nicht zur Wahl stehen und jene, die sicher einer Partei zugeordnet werden können und die drei vorgenannten Sitze zusammen, kommen die Republikaner aktuell auf 48 und die Demokraten auf 42 Sitze. Zehn Sitze sind noch offen. Eine Mehrheit ist bei 51 Sitzen erreicht, wobei den Republikanern formal bereits 50 Sitze reichen würden, da bei einem Patt der Vizepräsident Mike Pence die entscheidende Stimme hat und mit der GOP stimmen dürfte.

B.
Von den 10 noch offenen Sitzen sind bei 5 Sitzen Tendenzen für den Wahlausgang erkennbar. Dabei handelt es sich um:

- Wisconsin, hier liegt die demokratische Amtsinhaberin Tammy Baldwin etwa 9,5 % vor der Republikanerin Leah Vukmir.
- New Jersey, hier liegt der demokratische Senator Robert Menendez im Schnitt mit 7,7 % vor seinem republikanischen Herausforderer Rob Hugin.
- Texas, hier liegt der republikanische Senator Ted Cruz im Schnitt rund 7 % vor seinem demokratischen Herausforderer Beto O'Rourke.
- Tennessee, hier führt die Republikanerin Marsha Blackburn die Umfragen gegen den Demokraten Phil Bredesen mit durchschnittlich 6,5 % an.
- Montana, hier liegt der demokratische Amtsinhaber Jon Tester mit etwa 6 % vor dem Republikaner Matt Rosendale.

Auch wenn die einzelnen Umfragen in Tennessee und Montana teilweise sehr unterschiedlich ausfallen, sind auch hier Tendenzen erkennbar. Die Fehlertoleranz liegt in einigen Umfragen aber bereits bei 5% und das Wahlverhalten vieler Unabhängiger ist neben der Wahlbeteiligung schwer vorhersagbar. Es sind also noch einige Ungenauigkeiten in den Prognosen vorhanden. Zudem wird sich der Fokus des Wahlkampfes auf einige wenige Bundesstaaten konzentrieren. US-Präsident Donald Trump war bereits einige Male in Montana, um für Matt Rosendale Wahlkampf zu machen.

Nehmen wir die vorgenannten Zahlen aber mal als Wahlausgang an, würde dies folgende Auswirkungen haben:
Die Republikaner lägen bei 50 Sitzen und die Demokraten kämen auf 45 Sitze. 5 Sitze wären weiterhin noch offen.

C.
Bei diesen 5 noch völlig offenen Bundesstaaten handelt es sich um:

Indiana, hier liegt der demokratische Senator Joe Donnelly mit 0,4 % vor dem Republikaner Mike Braun: Tendenz Vorsprung sinkt
Missouri, hier liegt der republikanische Herausforderer Josh Hawley im Schnitt 0,5 % vor der demokratischen Senatorin Claire McCaskill: Tendenz unverändert
Arizona, hier liegt die Republikanerin Martha McSally im Schnitt 0,7 % vor der Demokratin Kyrsten Sinema: Tendenz Vorsprung sinkt.
Nevada, hier liegt der republikanische Amtsinhaber Dean Heller durchschnittlich 3,7 % vor seiner demokratischen Herausforderin Jacky Rosen: Tendenz Vorsprung steigt.
Florida, hier liegt der demokratische Senator Bill Nelson im Schnitt 3,5 % vor dem republikanisch Herausforderer und Gouverneur von Florida Rick Scott: Tendenz Vorsprung sinkt.

Insbesondere in diesen 5 Bundesstaaten lässt sich seriös kein Wahlausgang vorhersagen.

Um aber eine Aussage treffen zu können, wie wahrscheinlich ein Mehrheitswechsel im Senat ist, zeigen diese Umfragezahlen zwei Wochen vor dem Election Day eine klare Tendenz: unwahrscheinlich!
Selbst wenn die Demokraten alle 5 dieser eng umkämpften Bundesstaaten gewinnen würden, kämen sie nur auf einen Patt 50:50. Und dabei müssten sie auch schon die Bundesstaaten wie Montana oder New Jersey aus dem oben genannten Bereich B gewinnen.
Um es für die Wahlnacht zusammenzufassen, könnte man als Orientierung sagen: Sofern es keine Überraschungen in den oben aufgeführten Bundesstaaten der Bereiche A und B gibt, reichen den Republikanern Siege in Texas und Tennessee aus, um mindestens eine Mehrheit der Demokraten im Senat zu verhindern. Wollen die Demokraten eine Mehrheit erreichen, kann es eigentlich nur noch über diese beiden Bundesstaaten gehen. Eine Sitzverteidigung in North Dakota erscheint sehr unwahrscheinlich zu sein.



Andere Voraussetzungen im Repräsentantenhaus lassen Demokraten hoffen



Im Repräsentantenhaus stehen bekanntlich alle 435 Sitze zur Wahl. Auch hier haben sich die Prognosen der letzten Wochen fortentwickelt. Die meisten Quellen trauen sich inzwischen zu, für über 400 Abgeordnetensitze eine Aussage treffen zu können.

Waren es vor einigen Wochen noch ein bis zwei Umfragequellen, die die Republikaner leicht vorne sahen, sieht inzwischen auch Optimus die Demokraten im Vorteil. Ich habe 11 Quellen bei der Bewertung berücksichtigt. Dabei handelt es sich um CNN, FOX News, RCP, Crystal Ball, Daily Kos, Inside Elections, FiveThirtyEight, Cook PR, Politico, Optimus und Crosstab.
Hier werden den Demokraten aktuell zwischen 205 und 218 Sitze im Repräsentantenhaus als sicher oder wahrscheinlich vorhergesagt. Die Republikaner kommen demnach auf 196 bis 206 Sitze. 218 Sitze sind für eine Mehrheit erforderlich. 14-31 Sitze gelten nach den oben aufgeführten Quellen noch als offen.

Schaut man sich die maximale Anzahl offener Sitze genauer an, ist bei den 31 Sitzen keine klare Tendenz erkennbar. Fast alle offenen Sitze werden derzeit von Republikanern gehalten. Es liegen zu diesen Sitzen meist nur wenigen Umfragen vor, aber die Verteilung wäre laut dieser Umfragen nahezu ausgelichen. Sollte diese Sitze also relativ gleichmäßig verteilt werden, kämen noch für beide Seiten etwa 15-16 Sitze hinzu, was nach aktuellem Stand eher den Demokraten helfen würde, sie hätten dann wohl eine mehr oder weniger knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus.

Den Demokraten werden auch anhand dieser Zahlen gute Chancen auf eine Mehrheit im House zugerechnet. Es dürfte auch sicher sein, dass sie den Republikanern zahlreiche Sitze abringen werden. Zur Erinnerung: Derzeit haben die Republikaner eine deutliche Mehrheit von 236 zu 193 Sitzen (6 Sitze sind vakant).

Bei der landesweiten Umfrage nach dem Congressional Vote liegen die Demokraten durchschnittlich knapp 8 % vorne. Die Tendenz ist hier eher stabil unverändert. Bei der Wahl zum Repräsentantenhaus 2016 hatten die Demokraten in dieser Umfrage nur einen leichten Vorsprung, der sich im Endergebnis nach der Wahl in einen Vorsprung der Republikaner von ca. 1% umwandelte. Es ist also anzunehmen, dass bei Eintritt einer landesweiten Stimmenmehrheit von 8 % für die Demokraten auch so viele Districts, die noch offen sind bzw. in denen die Unabhängigen die Entscheidung bringen könnten, mit einem Mehrheitswechsel im Repräsentantenhaus zu rechnen ist.

Die Prognose für das Repräsentantenhaus bleibt aber vage und schwierig.

Welche Chancen haben die Republikaner noch für das Repräsentantenhaus?

 

Objektiv gibt es keinen Grund, die Republikaner abzuschreiben. Zu viele Unsicherheiten, wie Wahlbeteiligung, das Wahlverhalten der Unentschlossenen oder aktuelle politische Entwicklungen spielen neben der ohnehin vorhanden Fehlertoleranz der Umfragen eine Rolle.

Die Stimmungsschwankungen machen sich bei der Wahl zum Repräsentantenhaus stark bemerkbar. Die Republikaner und Donald Trump werden hier auch in den kommenden Wochen alles auf die Karte des US-Präsidenten setzen. Neben politischen Dauerbrennern wie die Waffengesetze, Obamacare oder Abtreibung und die Auswirkungen der Diskussionen um Brett Kavanaugh wird es auch um aktuelle Themen gehen, die in der Schlussphase des Wahlkampfes nochmal Rücken- oder Gegenwind bringen könnten.

Hierbei sehe ich aktuell besonders zwei Themen von Bedeutung:
Am kommenden Freitag wird das BEA (Bureau of Economic Analysis) des US-Handelsministeriums seine Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt veröffentlichen. Experten erwarten zum wiederholten Male einen guten Wert, was erfahrungsgemäß der Partei hilft, die eine Mehrheit im Kongress hat und das Weiße Haus "dominiert". Donald Trump und den Republikanern werden diese Zahlen sicher nicht schaden. Die Demokraten werden etwaige Verdienste Obamas und die Gefährdung dieser Zahlen durch den Eintritt in einen globalen Handelskrieg kommentieren.
Zudem wird auch das Thema der illegalen Einwanderung weiter in den Fokus rücken. Der Flüchtlingsstrom aus Mittelamerika nähert sich weiter den Grenzen Texas, Arizonas, New Mexicos und Kaliforniens. Da dies ohnehin eines der Topthemen Trumps ist, wird er es auch hier weiter in den Mittelpunkt der Berichterstattung rücken. Dies dürfte zur Mobilisierung von Stammwählern auf beiden Seiten führen.

Auch die Zufriedenheitswerte des US-Präsidenten werden häufig als Indikator für den Ausgang der Midterm Elections herangezogen. Hier haben sich die Werte des Präsidenten in den letzten Wochen leicht verbessert. Zwar sagt im Durchschnitt eine Mehrheit von etwa 52 %, dass sie mit der Arbeit des Präsidenten unzufrieden sind, aber ein Zufriedenheitswert von etwa 45 % ist einer der bislang höchsten Werte seit Beginn seiner Amtszeit.

Die Hoffnung der Republikaner auch im Repräsentantenhaus ihre Mehrheit verteidigen zu können, ist objektiv nicht unberechtigt. Jedenfalls sind die guten Prognosen und Umfragen für die Demokraten noch nicht so stabil, dass man das Rennen als entschieden ansehen kann. Ich denke aber, dass kurz vor der Wahl eine recht eindeutige Aussage getroffen werden kann

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