Freitag, 3. Januar 2020

Sanders zweifelt an Bidens Siegchancen gegen Trump

Einen Monat vor dem Vorwahlstart in Iowa blicken die Demokraten auf einen sich immer weiter zuspitzenden Vorwahlkampf ihrer Kandidatinnen und Kandidaten. Was sich seit dem Herbst 2019 bereits andeutet, tritt nun immer intensiver in den Vordergrund. An der Spitze deutet sich ein Zweikampf zwischen Joe Biden und Bernie Sanders an. Dieser wird gerade zu Beginn der Vorwahlen im Februar ergänzt durch Elizabeth Warren und Pete Buttigieg, die ebenfalls gute Chancen auf Delegiertenstimmen in Iowa und New Hampshire haben. Ebenfalls erwähnenswert sind noch der finanzstarke Mike Bloomberg und Andrew Yang, der insbesondere dank eines starken Online-Wahlkampfes über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um die Vorwahlen im Februar bestreiten zu können. Bloomberg und Yang dürften aber nach Stand der Umfragen zumindest zum Vorwahlstart keine Delegiertenstimmen erreichen.


Sanders Spitzenreiter bei Spendeneinnahmen im 4. Quartal

 

Bernie Sanders July 2019
Bernie Sanders by Gage Skidmore
Neben den Umfragewerten sind im Wahlkampf auch stets die Zahlen zu den eingenommenen Wahlkampfspenden ein wichtiger Indikator für die Aussichten der Kandidatinnen und Kandidaten. Mit Ausnahme von Mike Bloomberg und Tom Steyer, denen weitgehend unbegrenzte finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung stehen, sind alle anderen Demokraten auf diese Spendengelder angewiesen. Für das 4. Quartal haben nun die meisten Wahlkampfteams ihre Zahlen veröffentlicht.

Demnach hat Bernie Sanders mit rund 34,5 Mio US-Dollar die meisten Spendengelder in den Monaten Oktober bis Dezember 2019 eingenommen. Das sind rund 12 Mio mehr, als noch im 3. Quartal.
Auf Platz 2 liegt Pete Buttigieg mit 24,7 Mio US-Dollar, gefolgt von Joe Biden mit 22,7 Mio. Für Biden ist das ein Plus von 7 Mio im Vergleich zum 3. Quartal. Elizabeth Warren hat noch keine Zahlen veröffentlicht, nach Informationen der Washington Post, wird sie aber zwischen 17-20 Mio US-Dollar liegen.


Sanders spricht Biden Eignung ab, gegen Donald Trump zu gewinnen


Bernie Sanders Wahlkampf läuft aktuell sehr gut. Spitzenwerte bei den Spendeneinnahmen, die besten Umfragewerte seit Joe Biden im April 2019 seine Kandidatur verkündete und auch in den Meinungserhebungen für Iowa und New Hampshire führt der unabhängige Senator aus Vermont das Feld der Demokraten knapp vor Pete Buttigieg an. Elizabeth Warren dagegen verliert zunehmend an Boden gegenüber Sanders.

Kein Wunder also, dass Bernie Sanders nun den Ton in Richtung seines Hauptkonkurrenten verschärft. Sanders kritisierte, dass Joe Bidens politische Leistungen und seine Verbindungen zum Establishment kaum geeignet seien, Donald Trump im November zu schlagen. Biden bringe viele Belastungen mit in den Wahlkampf, die nötige Aufbruchstimmung bei den Wählerinnen und Wählern verhinderten, so Sanders. Er forderte die Demokraten auf, Bidens Wählbarkeit vor diesem Hintergrund neu zu bewerten.

Joe Biden (48548326431)
Joe Biden by Gage Skidmore

Bernie Sanders führte konkret Bidens Zustimmung zum Irak-Krieg an. Diese sei insbesondere für junge Wählerinnen und Wähler ein Problem. Aber auch in Hinblick auf die 2016 zu Trump abgewanderten Wähler der Arbeiterschicht im Rust Belt könne Biden nach Ansicht Sanders nicht punkten. Der frühere Vizepräsident sei ein Befürworter von Freihandelsabkommen, darunter auch NAFTA (North American Free Trade Agreement), was nach Darstellung Sanders für jene Arbeiter ein Minuspunkt sei. Sanders befürchte, dass Donald Trump ein einfaches Spiel mit Biden haben könnte, indem der US-Präsident mit Verweisen auf diese inhaltlichen Positionen Bidens argumentieren könnte.



Umfragewerte widerlegen Sanders Vermutungen


Mit Blick auf die Umfragewerte ist jedoch festzustellen, dass die Ausführungen Sanders zumindest in der letzten Konsequenz nicht nachvollziehbar sind. In den bundesweiten Umfragen liegt Biden im Direktvergleich mit Donald Trump rund 2,7 % vor dem Republikaner. Bernie Sanders hat hier lediglich einen Vorsprung von etwa 0,5 % vor Trump.

In jüngsten Umfragen von Mason-Dixon ist zudem Joe Biden der einzige Demokrat, der in den Bundesstaaten Florida und Virginia vor dem US-Präsidenten liegt. Nach diesen Meinungserhebungen würde Bernie Sanders in beiden Bundesstaaten gegen den amtierenden Präsidenten verlieren. Während Florida schon heute als einer der wichtigsten Schlüsselstaaten für den Ausgang der US-Wahl 2020 angesehen werden kann, ist Virginia bei den Demokraten zwar nicht fest eingeplant, zuletzt hatten aber zweimal Barack Obama und auch Hillary Clinton 2016 den Bundesstaat gegen die Republikaner gewonnen.

Zwar könnte Bernie Sanders mit seiner Einschätzung zu Joe Biden teilweise einen wichtigen Punkt ansprechen, bzgl. Sanders eigener Wahlchancen im November, gerade im Vergleich zu Joe Biden, liegt der Senator laut der vorgenannten Umfragen aber nicht richtig.

Für Bidens innerparteiliche Herausforderer ist es nicht so einfach, das geeignete Maß zu finden, wie der frühere Vizepräsident anzugreifen ist. Einerseits müssen sie zu ihm aufholen und ihn letztlich auch inhaltlich, wie auch aufgrund seiner Historie, herausfordern, andererseits sollte er dabei nicht über das notwendige Maß hinaus beschädigt werden. Denn niemand in der demokratischen Anhängerschaft will, dass sich die Kandidatinnen und Kandidaten in den kommenden Monaten so stark bekämpfen, dass ihre Wahlchancen gegen Donald Trump darunter litten.
Bernie Sanders hat gerade vor Beginn der Vorwahlen dieses Maß noch nicht überschritten. Die inhaltliche Kritik darf und muss er üben, die Schlussfolgerung ist eine Wahlkampfparole. Je näher sie objektiv nachvollziehbar ist, desto glaubwürdiger und besser ist sie.

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