Donnerstag, 20. Februar 2020

TV-Debatte in Las Vegas - Bloomberg wird demontiert - Warren mit starkem Auftritt

Die bislang konfliktfreudigste TV-Debatte der Demokraten fand in der vergangenen Nacht in Las Vegas statt, wenige Tage vor dem Nevada Caucus. Bernie Sanders, neuer aktueller Frontrunner, Joe Biden, Pete Buttigieg, Elizabeth Warren und Amy Klobuchar scheuten die direkten Auseinandersetzungen weniger als in den Debatten zuvor. Und einer bekam das ganz besonders zu spüren.


Bloomberg wirkte wie ein nicht willkommener Eindringling


Mike Bloomberg stand von Beginn an unter Beschuss. Es wirkte so, als hätten die übrigen Kandidatinnen und Kandidaten nur darauf gewartet, bis sie gegen Bloomberg loslegen konnten. Sie taten es, ohne Zeit zu verlieren und gaben dem früheren New Yorker Bürgermeister kaum Gelegenheit, sachlich in den Abend einzusteigen. Ob bewusst oder unbewusst, allen gemeinsam gelang es, Mike Bloomberg als Eindringling in die Vorwahlen der Demokraten darzustellen. Gab es in früheren TV-Debatten in diesem Wahlkampf meist inhaltliche Auseinandersetzungen, so hatte man immer den Eindruck, die Kandidatinnen und Kandidaten nehmen sich auch als innerparteiliche Konkurrenten wahr. Bei Bloomberg war dies letzte Nacht anders. Ich hatte den Eindruck, dass der Mulitmilliardär zwar ernst genommen wurde, aber im Prinzip gar nicht als demokratischer Mitbewerber im Wahlkampf aufgenommen wurde.

Michael Bloomberg
Mike Bloomberg by Gage Skidmore


Verschwiegenheitsvereinbarungen belasten Bloomberg


Mike Bloomberg wusste sicherlich, was auf ihn zukommt und doch gelang es ihm nicht, den Eindruck von sich zu weisen, überrumpelt zu sein. Bloomberg wirkte verkrampft, in der Defensive und alles andere als souverän. Die Angriffe kamen praktisch von allen Seiten, die stärksten Treffer landeten aber Elizabeth Warren und Pete Buttigieg.
Warren konfrontierte Bloomberg mit einer nicht näher bekannten Anzahl an Verschwiegenheitsvereinbarungen, die er wohl insbesondere mit Frauen geschlossen hätte. Die Senatorin aus Massachusetts forderte Bloomberg mehrfach auf, er solle an diesem Abend im Fernsehen die Frauen von ihrer Schweigepflicht entbinden, um den Eindruck zu entkräften, es wäre etwas zu verheimlichen. Der Grundtenor war: mit Geld Frauen zum Schweigen zu bringen, passe nicht zur Linie der Demokraten. Warren spielte dabei insbesondere auch auf Vorwürfe gegen Bloomberg an, er hätte Frauen mehrfachh beleidigt und als Mitarbeiterinnen schlecht behandelt.


Elizabeth Warren (48006612933)
Elizabeth Warren by Gage Skidmore
 
Bloomberg verzichtete auch auf Nachfrage darauf, die genaue Anzahl solcher Verschwiegenheitsvereinbarungen zu benennen und lehnte es auch ab, die jeweiligen Vereinbarungspartner/innen von ihrer Schweigepflicht zu entbinden. Dies seien private Vereinbarungen, die beidseitig geschlossen wurden.
Elizabeth Warrens Angriff hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Die Senatorin hatte ohnehin einen eher starken Abend. 

Bloomberg distanziert sich von Stop-and-Frisk Praxis


Weiter unter Druck geriet Bloomberg auch, als er mit seiner jahrelangen Unterstützung der Stop-and-Frisk Politik konfrontiert wurde. Demnach durfte die Polizei verdachtsunabhängig Menschen anhalten und kontrollieren. Dies betraf häufig Afro- und Lateinamerikaner. 2013 verbot ein Bundesgericht in den USA diese Methoden. Die geäußerte Einsicht, dass seine damalige Haltung zu Stop-and-Frisk falsch war, wurde von den anderen Kandidaten als wenig glaubhaft dargestellt. Bloomberg selbst brachte seine Haltung nochmal auf den Punkt. Er sei der Ansicht, dass einfach zu viele Menschen im Rahmen von Stop-and-Frisk kontrolliert wurden.


Buttigieg nimmt neue Rolle ein


Auch Pete Buttigieg beteiligte sich an den Vorwürfen gegen Bloomberg, wie alle anderen an diesem Abend auch. Buttigieg warnte davor, dass es die Demokraten nach dem Super Tuesday mit zwei polarisierenden Frontrunnern zu hätten. Auf der einen Seite Bernie Sanders und auf der andere Seite Mike Bloomberg. Buttigieg ergänzte, zwei Kandidaten, die nicht einmal echte Demokraten seien. Damit bezog er sich auf die Tatsache, dass sich Bernie Sanders bis heute als unabhängiger Senator in Vermont wählen lässt und dass Bloomberg scheinbar etwas opportun die Zugehörigkeiten zu den Demokraten, Republikanern und Unabhängigen wechselt.

Pete Buttigieg
Pete Buttigieg by Gage Skidmore

Buttigieg wusste genau, dass er in die Offensive gehen musste. Ohne es explizit auszusprechen, versuchte er sich als den einen Kandidaten der breite Mitte darzustellen, der in der Lage sei, die Partei weitgehend zu vereinen. Ihm ist klar, dass er keine Chance haben wird, wenn sich die Demokraten am Super Tuesday hauptsächlich zwischen den beiden Kandidaten entscheiden, die scheinbar am weitesten auseinander stehen.
Diese Polarisierung kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn sich die übrigen Demokraten dazwischen die Stimmen aufteilten und niemand von ihnen etwas gewonnen hätte. Biden, Klobuchar, Buttigieg und Warren könnten es schwer haben, wenn sie immer wieder und in den einzelnen Bundesstaaten abwechselnd mal gute und schwache Ergebnisse erzielen und sich gegenseitig den Status als Kandidatin oder Kandidaten der Mitte streitig machen, wobei der Begriff Mitte dann ohnehin schon weit gefasst wäre.

An diesem Abend ist es Buttigieg und Warren am besten gelungen, positiv auf sich aufmerksam zu machen. Bei Buttigieg war allerdings auch festzustellen, dass seine sonst so sachliche und analytische Debattenführung unter seiner vergleichsweisen aggressiven Linie zu leiden hatte. Das dürfte allerdings seine Anhänger nicht sonderlich verschreckt haben. Sie wissen nur allzu gut, dass Buttigieg trotz der guten Ergebnisse aus Iowa und New Hampshire, nicht zu den absoluten Top-Kandidaten landesweit gilt. Nicht wenige Beobachter forderten ohnehin schon länger, dass Buttigieg noch mehr in die Konfrontation gehen müsse. Dass er dazu in der Lage ist, hat er nun bewiesen. Ob es hilft, ist unklar.

Sanders zeigte sich gewohnt kampfstark


Hätte sich Mike Bloomberg nicht für diese TV-Debatte qualifiziert, wäre es wohl Bernie Sanders gewesen, der als Ziel der meisten Verbalattacken hätte herhalten müssen. So aber blieb der neue Frontrunner weitgehend unbeschadet. Dennoch wurde er auch mit Vorwürfen konfrontiert, die seine eigenen Supporter insbesondere im Online-Wahlkampf betreffen. Auch hier war es wieder Pete Buttigieg, der Sanders maßgeblich unter Druck setzte. Sanders schloss nicht aus, dass ein ganz geringer Anteil seiner Anhänger sich auch unsachlich und beleidigend verhalten würde. Wenn dies der Fall ist, seien diese nicht Teil seines Wahlkampfs. Pete Buttigieg fragte aber, weshalb dieses Problem insbesondere bei Sanders Unterstützern erkennbar sei. Der Senator wies diese Feststellung zurück.
Sanders nimmt diese Vorhalte nicht als Problem wahr. Obwohl die Kandidaten grundsätzlich nichts dafür können, was ihre Anhänger im Wahlkampf sagen oder im Internet posten, hätte eine unmissverständliche Aufforderung, mit den Mitbewerbern sachlich und fair umzugehen, sicherlich nicht geschadet. Eigene Anhänger hat Sanders mit dieser Haltung aber gewiss nicht verloren. Ob sich potenziell neue Anhänger davon haben abschrecken lassen, bleibt fraglich.

Bernie Sanders
Bernie Sanders by Gage Skidmore

Hinzu kam auch noch eine Diskussion um die Veröffentlichung Sanders Gesundheitsakten, ein üblicher Vorgang bei Präsidentschaftsbewerbern. Hierbei will Sanders nach seinem Herzinfarkt im vergangenen Jahr es bei der Veröffentlichung einiger Arztbriefe belassen. Die Diskussion wirkte so, als könnte niemand etwas gewinnen und war aus meiner Sicht recht überflüssig.
 
Ansonsten war Sanders aber wie gewohnt kampfstark. Er brachte seine bekannten Positionen mit Leidenschaft vor und konnte auch kleinere Angriffe immer wieder argumentationsstark parieren. Sanders dürfte an eigener Stärke nichts eingebüßt haben und damit hat er aus seiner Position der Stärke heraus, schon einiges gewonnen an diesem Abend. Die Chance, sich aber mehr und mehr als vereinender Demokrat zu präsentieren, hinter dem sich nun auch guten Gewissens Anhänger, der anderen Kandidaten versammeln können, blieb jedoch ungenutzt.

Joe Biden genoss die Ruhe um seine Person


Joe Biden stand zwar auf der Bühne neben Sanders in der Mitte, aber gerade in der ersten Stunde der TV-Debatte spielte sich vieles meist bei den anderen ab. Für Biden war das keine schlechte Situation. Bloomberg stand unter Druck und auch Biden beteiligte sich punktuell und unterstützend an der Offensive. Die Redebeiträge, die er hatte, waren solide. Der frühere Vizepräsident hatte schon weit schwächere Auftritte in diesem Wahlkampf.

Joe Biden
Joe Biden by Gage Skidmore

Letztlich müsste Biden drei Ziele für diesen Abend gehabt haben: die Demontage Bloombergs, die Eindämmung Sanders Stärke und die Durchsetzung der eigenen Person als Kandidat der Mitte. Gemessen an diesen Zielen, war der Abend ein Teilerfolg. Wer sich in den letzten Wochen von Biden weg und hin zu Bloomberg bewegt hatte, dürfte nochmal ernsthaft ins Grübeln gekommen sein, ob das der richtige Schritt war. Allerdings hatten Buttigieg und Warren eher etwas stärkere Auftritte als Biden. Amy Klobuchar dagegen, dürfte durch diese Debatte eher verloren haben. Insofern könnte Biden von den Schwächen Bloombergs und Klobuchars profitieren.
Joe Biden ist es allerdings nicht gelungen, Bernie Sanders zu entzaubern. An dessen Status als aktuell führender Kandidat der Demokraten, konnte Biden wohl nicht rütteln, sehr wohl aber zeigte er, dass er die Vorwahlen noch längst nicht abgeschrieben hat. Bidens solider Auftritt und die Schwächen Bloombergs und Klobuchars könnte gerade noch rechtzeitig dem früheren Vizepräsidenten zugute kommen.


Ist Bloombergs Aufstieg gestoppt?


Die Demokraten haben den Abend in Las Vegas genutzt, um Mike Bloomberg von Beginn an zu demontieren. Das ist ihnen auch dank einer unvorbereiteten Defensivstrategie Bloombergs gelungen. Sanders, Biden, Buttigieg, Warren und Klobuchar werden nicht viele Chancen erhalten, gegen Bloomberg vorzugehen. Gegen seine mit hunderten Millionen US-Dollar laufende Werbeoffensive werden sie nicht ankommen. Die Augenblicke, in denen sie ihn zu greifen bekommen, müssen sie nutzen. Das haben sie letzte Nacht getan.
Wenn Eindrücke und TV-Debatten eine Rolle spielen, und der laufende Wahlkampf hat dies bereits gezeigt, müsste der stetige Anstieg Bloombergs Umfragewerte ausgebremst worden sein. Dazu kommt, dass Bloomberg die Schlagzeilen der nächsten beiden Vorwahlen in Nevada und South Carolina wegen seiner Nichtteilnahme anderen überlassen muss.
Man darf auf den Super Tuesday gespannt sein. Dann dürften innerhalb einer Nacht viele offene Fragen schon beantwortet werden können.

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