Trump und Biden wissen um die Bedeutung des Rust Belts
Gewinnt Biden alle Bundesstaaten, die Clinton bereits 2016 gewonnen hat, würden Pennsylvania, Michigan und Wisconsin reichen, um die 270er Marke im Electoral College zu überspringen. In den durchschnittlichen Umfragen liegt Biden in allen drei Bundesstaaten aktuell mit jeweils mindestens 5% vor dem Republikaner. Obwohl Florida für Trump besonders wichtig ist, muss er sich ein wenig auch darauf verlassen bzw. darauf hoffen, dass es für ihn im Sunshine State irgendwie schon wieder reichen wird. Es ist klar, dass Florida ein Schwerpunkt der kommenden Wochen bleiben wird. Jedenfalls intensiviert der US-Präsident in diesen Tagen aber auch wieder seine Präsenz im Rust Belt.
Heute lässt sich Donald Trump bei seinem "Great American Comeback Event" in Mosinee, Wisconsin feiern. Vizepräsident Pence war bereits Anfang der Woche in Janesville, Wisconsin unterwegs.
Am Dienstag fand ein "Town Hall" mit Trump in Philadelphia, Pennsylvania statt. Die Veranstaltung, bei der sich Trump den Fragen von Bürgerinnen und Bürgern stellen musste, wurde von ABC News organisiert. Einen inhaltlichen Schwerpunkt bildeten Fragen zu Trumps Umgang mit der Coronakrise.
Auch Joe Biden reist heute nach Pennsylvania, um in seinem Geburtsort Scranton bei einem CNN Town Hall für sich zu werben. CNN überträgt live ab 02:00 Uhr. Das Format wird allerdings als "Drive-In Town Hall" stattfinden, also unter freiem Himmel mit Bühne und nicht in einem Studio.
Kamala Harris, Bidens Running Mate, wird heute ebenfalls in Pennsylvania sein und sich mit Vertretern Lateinamerikanischer Wählerinnen und Wähler treffen.
Pennsylvania, Michigan und Wisconsin - Weiße Wähler aus den ländlichen Regionen waren Trumps Schlüssel zum Erfolg 2016
Donald Trump hat 2016 in Pennsylvania, Michigan und Wisconsin insbesondere aufgrund seiner Stärke in den ländlichen Regionen gewonnen. David Weigel hat dies in einer Reihe von Analysen für die Washington Post nochmals herausgearbeitet.
Wisconsin
In Wisconsin, das nur mit einem geringen Teil zum Rust Belt gezählt wird, hatte Hillary Clinton deutliche Siege in Milwaukee und Dane County eingefahren. Beides sind Gebiete, in denen im Landesdurchschnitt mehr Menschen in Städten, mehr Nicht-Weiße und mehr Menschen mit College-Abschluss leben.
In den kleineren Städten nordwestlich von Milwaukee konnte sich Clinton im Vergleich zu Barack Obamas Rückstand 2012 sogar leicht verbessern, obwohl Trump dort weiterhin fast doppelt so viele Stimmen wie Clinton geholt hat.
Ausschlaggebend für den Sieg Trumps 2016 waren aber die übrigen ländlichen Counties Wisconsins. Im gesamten Bundesstaat war in den nicht-urbanen Regionen eine deutliche Bewegung in Richtung des Republikaners erkennbar. 2012 hatte Obama diese Regionen noch gewonnen oder sich zumindest ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. 2016 ermöglichten diese ländlichen Regionen Trumps Gesamtsieg in Wisconsin.
Pennsylvania
Ein ähnliches Bild ist vor vier Jahren auch in Pennsylvania zu beobachten gewesen. Clinton gewann deutlich in den Metropolen Philadelphia und Pittsburgh. In Philadelphia County holte sie über 580.000 Stimmen, während Trump nur auf ca. 108.000 Stimmen kam. In der umliegenden Metropolregion konnte Clinton weitere 190.000 Stimmen Vorsprung auf Trump verzeichnen und verbesserte dort das Ergebnis der Demokraten im Vergleich zu 2012 deutlich. Weitere 100.000 Stimmen Vorsprung erzielte Clinton durch die Ergebnisse in Pittsburgh inkl. der Vorstädte.
Ähnlich wie am Beispiel Wisconsins haben diese Regionen im Landesdurchschnitt mehr in Städten lebende Menschen, mehr Nicht-Weiße und mehr Menschen mit College-Abschluss.
Diese insgesamt rund 760.000 Stimmen Vorsprung reichten Clinton allerdings nicht aus, um Pennsylvania zu gewinnen. Denn in allen anderen ländlicher geprägten Regionen Pennsylvanias mit durchschnittlich weniger Menschen, die in Städten leben, weniger Nicht-Weißen und weniger Menschen mit College-Abschluss holte Trump einen Vorsprung von ca. 830.000 Stimmen heraus.
Zwar hatten die Republikaner bereits 2012 in diesen Regionen die Nase vorn, Trump aber baute 2016 den jeweiligen Vorsprung so stark aus, dass die demokratische Macht in den Großstädten nicht mehr ausreichte, um Clinton die 20 Wahlmännerstimmen Pennsylvanias zu sichern. Am Ende votierten 2,97 Mio für Trump und 2,93 Mio für Clinton.
Michigan
Das dritte Beispiel ist Michigan. Auch hier ist ein ähnliches Bild erkennbar. Kurz zusammengefasst ist in Michigan aber festzuhalten, dass Clinton im Prinzip landesweit gegenüber dem Ergebnis der Demokraten 2012 deutlich verloren hat. Dies unterscheidet Michigan etwas von den beiden vorgenannten Bundesstaaten. Donald Trump ist es in Michigan gelungen, den Demokraten in allen großen Regionen Stimmen abzunehmen, auch unabhängig vom Bildungsstand der Wählerinnen und Wähler.
Aber auch hier bleibt es grundsätzlich bei dem Bild, dass Clintons immer noch großer Vorsprung aus den städtischen Regionen von Detroit und der umliegenden Metropolregion nicht mehr reichte, um Trumps Siege in den übrigen wiederum eher ländlichen Teilen Michigans wett zu machen. Er holte insgesamt einen sehr knappen Sieg von 2,28 Mio zu 2,27 Mio Stimmen.
Der Schlüssel zum Erfolg in Michigan waren auch hier wieder die Weißen Wähler aus den weniger urbanen Regionen.
Ohio darf nicht vergessen werden
Die Tatsache, dass Ohio häufig nicht in der Aufzählung der relevanten Swing States genannt wird, liegt wohl an dem deutlichen Sieg Trumps 2016. Der Republikaner gewann mit rund 447.000 Stimmen Vorsprung vor Clinton. Diese rund 8 % Vorsprung sind für den Swing State Ohio enorm viel. Seit 1988 hatte kein Kandidat mehr einen so großen Vorsprung in Ohio.
Die Umfragen aus den vergangenen Monaten zeigen noch kein klares Bild. Mal liegt Trump vorne, mal ist Biden in Führung. Ohio, der Kernstaat des Rust Belts, könnte also noch besonders in Fokus des Wahlkampfes rücken. Immerhin gibt es hier mit 18 Wahlmännerstimmen mehr zu holen, als etwa in Michigan oder Wisconsin.
Die erste TV-Debatte zwischen Trump und Biden findet in Cleveland, Ohio statt.
Wahlbeteiligung oder inhaltliche Überzeugungsarbeit als Teil der Wahlkampfstrategie
Die Wahlkampfstrategen in beiden Lagern sind nun aufgefordert ihre Schlüsse aus diesen und weiteren Zahlen insbesondere auch zur Wahlbeteiligung zu ziehen.
Aus Sicht Bidens beispielsweise könnte man nun entweder versuchen die Wählerinnen und Wähler der ländlichen Regionen inhaltlich zu überzeugen, wieder zu den Demokraten zurückzukehren. Ein anderer Ansatz wäre der, die Wahlbeteiligung in den eigenen bekannten urbanen Hochburgen so signifikant zu erhöhen, dass so der relativ geringe Rückstand aus dem Jahr 2016 wieder aufgeholt wird.
In den kommenden wird aus diesem Grund auch besonders auf Stimmungsbild der einzelnen Gruppen (Männer, Frauen, Weiße, Schwarze, Hispanics, Alte, Junge etc.) geblickt werden, um ggf. die Wahlwerbung gezielt auf diese Gruppen auszurichten.
Verschiedene Umfragen haben z. B. zuletzt gezeigt, Trumps Rückstand auf Biden bei den Hispanics geringer zu sein scheint, als es gegenüber Clinton 2016 der Fall war. Dagegen ist Trump Vorsprung bei Weißen Männern nicht mehr so komfortabel, wie noch vor vier Jahren.
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