In einem ersten Überblick ist erkennbar, auf welche Bundesstaaten es in diesem Herbst voraussichtlich ankommen wird. Ein Vergleich zu 2020 kann in diesem Jahr wesentlich besser gezogen werden, da es zu demselben Duell kommen wird, wie vor vier Jahren mit Ausnahme des Vizekandidaten der Republikaner. Auch sind beide Kandidaten in den USA derart bekannt, dass nicht damit zu rechnen ist, dass sich die Wählerinnen und Wähler erst noch ein Bild von Biden und Trump machen müssen.
Nichts ist entschieden, alles ist offen
Trump führt in den Umfragen
Dennoch ist zu beachten, dass es noch über sieben Monate bis zur Wahl sind und sich noch entsprechend viel verändern kann. Seriös betrachtet, ist aktuell noch keine Prognose möglich, zu viele Faktoren können die Stimmungslage im Land nochmal verändern. Festzustellen ist aber, dass Donald Trump in Umfragen weit besser liegt, als zum vergleichbaren Zeitpunkt 2020. Auch in Hinblick auf die voraussichtlichen Battleground States ist ebenfalls festzustellen, dass der Republikaner laut der Meinungserhebungen der letzten Wochen überall führt. Joe Biden liegt nirgendwo in Führung. Würde das Wahlergebnis so aussehen, wie es die Umfragen aktuell vermuten lassen, verwehrten die Amerikaner dem Demokraten eine zweite Amtszeit.
Strafverfahren und parteiinterne Kritiker gefährden Trumps Comeback
Donald Trump hat eine gute Ausgangslage, es gibt aber auch noch zahlreiche Aspekte, die sich negativ für den Republikaner auswirken können. Zunächst sind hier die anstehenden Strafverfahren zu nennen. Auch wenn Trump in den Vorwahlen davon eher profitierte, weil es innerhalb der republikanischen Partei zu einer Mobilisierung seiner Anhängerschaft führte, wird es bei den so wichtigen Wechselwählern keine gute Werbung sein, während des Wahlkampfes hauptsächlich mit Gerichtsprozessen beschäftigt zu sein, auch wenn Urteile möglicherweise erst nach der Wahl zu erwarten sind. Im Falle einer Verurteilung Trumps noch vor der Wahl, rechnet selbst das Trump-Lager bin Nachteilen beim Wahlgang im November, weshalb neben der Generalimmunität die wichtigste Strategie der Trump-Anwälte die Verzögerung der Prozesse ist.
Eine weitere Unsicherheit ist das Wahlverhalten der Anhängerschaft Nikki Haleys bzw. der Republikaner, die sich gezielt von Trump abgewandt haben. Zwar konnte er einige prominente Zweifler, wie zuletzt Mitch McConnell auf seine Seite holen, mit dem ehemaligen Vizepräsidenten Mike Pence und der moderaten Senatorin aus Alaska, Lisa Murkowski, haben sich in den letzten Wochen aber weitere Republikaner gegen Trump ausgesprochen und das Feld der ausdrücklichen Kritiker vergrößert. Sollten diese kritischen Stimmen innerhalb der Partei ihre Kräfte bündeln und gemeinsam mit weiteren prominenten Republikanern wie Chris Christie, Mitt Romney und Liz Cheney gegen Trump mobil machen, könnte es für den Ex-Präsidenten sehr herausfordernd werden. Zwar sind diese kritischen Stimmen deutlich in der Minderheit und haben auf die Geschicke der Partei praktisch keinen Einfluss mehr, für das Fernbleiben von drei bis vier Prozent potenziell republikanischer Wähler könnte es in jedem Fall reichen. Wie wichtig solche Größenordnungen sein können, haben die knappen Wahlausgänge der vergangenen Präsidentschaftswahlen gezeigt.
Mobilisierung ist der Schlüssel zum Erfolg
Schon jetzt ist klar, dass die Mobilisierung der eigenen Wählerschaft, einen entscheidenden Anteil am Ausgang der Wahl haben wird. Donald Trump hat seine engsten Anhänger sicher an seiner Seite, aber es benötigt auch jene Wählerinnen und Wähler, die nicht von ihm überzeugt sind und dennoch dem republikanischen Lager zuzurechnen sind. Für Joe Biden gilt dies gleichermaßen. Auch dem Demokraten droht angesichts historisch schwacher persönlicher Zustimmungswerte eine Niederlage weil sich Unterstützer aus 2020 nicht noch einem motivieren lassen. Dass Biden trotz dieser Umfragen- und Stimmungsmisere weiterhin Chancen auf den Wiedereinzug ins Weiße Haus hat, zeigt letztlich auch, es beide Parteien versäumt haben, neue Hoffnungsträger ins Rennen zu schicken.
Electoral Map 2024
Nun aber zu der ersten Übersicht. Diese ist eine Kombination aus den aktuellen Umfragen und den grundsätzlichen Ausrichtungen der einzelnen Bundesstaaten bei Präsidentschaftswahlen sowie der Berücksichtigung der letzten Wahlergebnisse aus 2020.
Diese Karte und die damit verbundene Frage, wer welche Bundesstaaten in der Wahlnacht im November gewinnen muss, wird uns fortan durch den gesamten Wahlkampf begleiten. Hier im Blog wird sie in regelmäßigen Abständen aktualisiert und in Kürze in der Navigation der Desktop-Version oben rechts zu finden sein. Ab dem Spätsommer ergänze ich dann auch wieder die verschiedenen Siegkonstellationen.
Die Karte zeigt, dass Joe Biden nach heutigem Stand wahrscheinlich bis sicher mit etwa 226 Stimmen im Electoral College rechnen kann. Donald Trump käme auf 235 Stimmen. 77 Stimmen wären demnach noch offen. Für den Sieg sind 270 Stimmen erforderlich.
Dunkelblau und dunkelrot zeigen die Bundesstaaten, die beide Kandidaten praktisch sicher haben. Je heller die Farbe wird, desto knapper der voraussichtliche Vorsprung. Die grauen Bundesstaaten sind die sog. Battleground States, in denen mit einem besonders knappen Wahlausgang zu rechnen ist.
Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, Arizona, Georgia und Nevada
Dies wären im Norden Pennsylvania, Michigan und Wisconsin. Alle drei Bundesstaaten hatte Trump 2016 gegen Clinton gewonnen und 2020 gegen Biden verloren.
Im Süden sind es Nevada, Arizona und Georgia. Die beiden letztgenannten Bundesstaaten hatte Biden 2020 relativ überraschend und äußerst knapp gewonnen, während Nevada bereits 2016 an die Demokraten ging.
North Carolina sehe ich derzeit noch bei Donald Trump. Florida und Ohio als ehemalige Swing States dürften nach heutigem Stand ebenfalls wieder an den Republikaner gehen.
Konzentrieren wir uns auf die grauen Bundesstaaten, in denen sich der Großteil des Wahlkampfes abspielen wird, ergänzt durch North Carolina, ist nochmals zu erinnern, dass Donald Trump in diesen eng umkämpften Bundesstaaten momentan laut Umfragen meist 3-4 % vorne liegt. Aufgrund der Fehlerspanne von Umfragen müssen diese aber als offen angesehen werden, zumal auch schon geringe Verschiebungen im Stimmungsbild von +2 auf einer Seite und -2 auf der anderen Seite einen Wechsel bedeuten könnten.
Bidens Wiederwahl führt über den Rust Belt
Die Einteilung der sechs Battleground States in Norden und Süden habe ich nicht zufällig getroffen. Momentan liegt Trump in den Umfragen für Nevada mit über 4 % vor Biden, da der Bundesstaat aber traditionell eher demokratisch wählt, habe ich ihn als Battleground State belassen. Zudem gelten Arizona und Georgia als traditionell republikanisch, was den Rückgewinn dieser beiden Bundesstaaten für Trump am ehesten möglich erscheinen lässt.
Sollte Biden also im Vergleich zu 2020 diese drei Bundesstaaten an Trump verlieren, müsste der Demokrat im Norden, im sog. Rust Belt alle Battleground States gewinnen. Mit Pennsylvania, Michigan und Wisconsin käme Biden auf die denkbar geringste Führung im Electoral College von 270 zu 268 Stimmen, sofern keine weiteren Verluste oder Hinzugewinne zu verzeichnen sind.
Aus Sicht der demokratischen Wahlkampfstrategen, könnte also die Marschroute sein, alles auf den Rust Belt zu setzen. Dies kann für die letzten Wochen des Wahlkampfs im Oktober und Anfang November gelten, aus heutiger Sicht, wäre eine solche einseitige Festlegung aber sicher nicht sinnvoll. Zu knapp waren 2020 die dortigen Ergebnisse (0,6 % in Wisconsin, 1,2 % in Pennsylvania und 2,8 % in Michigan). Nur in Georgia und Arizona fielen die Ergebnisse noch enger aus. Ein Verlust eines einzigen Rust Belt Staates würde für Biden die Niederlage bedeuten, sofern er auch die erwähnten Bundesstaaten im Süden verliert. Dort ebenfalls zu Zeit und Geld zu investieren, ist für Biden praktisch unverzichtbar.
Rückgewinne in Pennsylvania und Georgia könnten Trump reichen
Für Donald Trump führt der "einfachste" Weg zum Sieg über Pennsylvania und Georgia. Gewinnt Trump alle Bundesstaaten, die er 2020 bereits gewonnen hat, käme er mit Erfolgen in Pennsylvania und Georgia auf 270 Stimmen im Electoral College, die Neuberechnung der Wahlmännerstimmen und entsprechende Verschiebungen in der mathematischen Wertigkeit der Bundesstaaten sind hierbei bereits berücksichtigt.
Kennedy, West und Stein können Wahlausgang beeinflussen.
Viel weiter in die möglichen Siegkonstellationen für beide Seiten würde ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einsteigen.
Ein wichtiger Faktor, der neben der republikanischen Nominierung des Vizekandidaten noch eine Rolle spielen kann, ist das Abschneiden der unabhängigen Kandidaten, bzw. Bewerber anderer Parteien. Mit Robert F. Kennedy Jr., Cornel West und Jill Stein sind bereits drei Kandidaten bekannt, die Biden und Trump wichtige Stimmen im direkten Duell wegnehmen können. In welchen Bundesstaaten sie auf dem Wahlzettel stehen werden und wer diese Kandidaten sind, stelle ich hier in den nächsten Wochen etwas genauer vor.
Was passiert wenn keiner der Kandidaten in einem Bundesstaat 50 % erreicht? Bekommt dann der mit den meisten Stimmen die wahlmänner? Oder gibt es eine Stichwahl?
AntwortenLöschenHallo Timo,
AntwortenLöschendie relative Mehrheit reicht aus, um alle Wahlmännerstimmen zu gewinnen. 50 % müssen also nicht erreicht werden. Derjeinge mit den meisten Stimmen gewinnt den Bundesstaat und damit alle Wahlmännerstimmen.