Mittwoch, 16. Oktober 2024

Erste Zahlen zur Briefwahl in Pennsylvania

Die Präsidentschaftswahl in den USA war vor vier Jahren auch geprägt von der Frage, welchen Einfluss Briefwahlstimmen haben werden. Bei keiner anderen Wahl wurden so viele Stimmen per Brief abgegeben, wie 2020, was sicherlich auch an der Corona-Pandemie lag. Aber nicht nur die hohe Anzahl der Briefwählenden, sondern auch die Diskussionen um diese Form der Stimmabgabe blieben in Erinnerung. Donald Trump streute bewusst Falschbehauptungen über einen möglichen Wahlbetrug durch Briefwähler bzw. den Wahlprozess. Er tat dies vor der Wahl, um nach der Wahl diese Legende weiterzuentwickeln und seine Niederlage abzustreiten.

Zweifel an Briefwahl 2020 waren Trumps Eigentor 


Aus meiner Sicht war es einer der größten Fehler Trumps im damaligen Wahlkampf, die eigene Wählerschaft zu demotivieren, auf diese Weise ihre Stimme abzugeben. Plakativ gesagt, ist es nicht klug, den eigenen Wählern das Misstrauen in eine solche Stimmabgabe einzureden und sie auf diese Weise wochenlang von der Stimmabgabe abzuhalten und dann alles auf den einen Tag der Wahl zu konzentrieren. Schließlich können sich Wähler noch von einem abwenden oder aus anderen Gründen kurzfristig nicht an der Wahl teilnehmen. Nach dem Motto: "Was man hat, das hat man" sicherte sich Joe Biden über Wochen schon die Stimmen vieler Demokraten, die von der Briefwahl Gebrauch machten.
Und man konnte das auch eindeutig in der Wahlnacht und den darauf folgenden Tagen beobachten. Trump lag in den Bundesstaaten zunächst gut, die die Stimmen des Wahltags als erstes auszählten, verlor dann aber dort an Vorsprung, als die Briefwahlstimmen am Ende ausgezählt wurden. Dort wo zuerst die Briefwahlstimmen dran waren, lag Trump ungewöhnlich stark zurück und holte dann zum Ende hin auf.

Trump korrigiert Fehler aus 2020


In diesem Jahr hat Trump offenbar dazugelernt und erklärt nun seinen Anhängern, dass sie auf jeden Fall und so schnell wie möglich wählen sollten, ganz gleich, auf welche Weise. Aus dessen Wahlkampfteam waren im Laufe des Jahres weiterhin noch Zweifel am System der Briefwahl zu hören. Dennoch zeigt der Haltungswechsel, dass dem Republikaner klar ist, dass es auf jede einzelne Stimme ankommen wird. Zudem haben ihm die Gerichte landesweit gezeigt, dass die Briefwahlstimmen zurecht alle ausgezählt wurden und in das Ergebnis eingeflossen sind.

Aktuelle Zahlen aus Pennsylvania


Ich habe mir die aktuellen Zahlen zum Early Voting und zur Briefwahl aus dem wohl wichtigsten Bundesstaat Pennsylvania angesehen.


Angeforderte Briefwahlunterlagen


Nach aktuellem Stand, drei Wochen vor der Wahl, haben in Pennsylvania rund 1,7 Mio registrierte Wähler Briefwahlunterlagen angefordert. Gut 1 Mio davon sind registrierte Demokraten, was einen Anteil von 59,6 % ausmacht. Rund 485.000 sind registrierte Republikaner, was 28,5 % ausmacht. Unabhängige und kleine Parteien kommen auf 11,9 %.

2020 wurden im Vergleich dazu insgesamt, also inkl. der letzten drei Wochen bis zur Wahl, rund 3,09 Mio Briefwahlunterlagen abgerufen. 62 % waren Demokraten, 25 % Republikaner und 12 % Unabhängige.


Abgegebene Stimmen per Briefwahl


Aber angeforderte Briefwahlunterlagen sind noch keine abgegebenen Stimmen.
In diesem Jahr sind mit heutigem Stand für Pennsylvania folgende Zahlen bekannt.

Bislang wurden 536.000 Stimmen per Briefwahl abgegeben. 66,9 % davon von Demokraten, 24,3 % von Republikanern und knapp 8,8 % von Unabhängigen.

2020, auch hier wieder insgesamt über den gesamten Zeitraum bis zum Wahltag, kamen im Vergleich dazu 65 % aller abgegebenen Briefwahlstimmen in Pennsylvania von registrierten Demokraten, 24 % von Republikanern und 11 % von Unabhängigen.


Rückgabequote pro Partei


Aktuell liegt die Rückgabequote der Demokraten bei 35 %, der Republikaner bei 27 % und der Unabhängigen bei 23 %.

In 2020 hatten final 87,7 % der Demokraten ihren angeforderten Stimmzettel auch wieder abgegeben. Bei den Republikanern dagegen lag die Quote bei 79,4 %. Unabhängige kamen auf 84 %.


Welche Trends können aus diesen Zahlen abgeleitet werden?


Sollte sich die vorgenannten Trends in diesem Jahr also so fortsetzen, können für Pennsylvania folgende Ableitungen getroffen werden.

  • Der Anteil der Republikaner bei den angeforderten Briefwahlzetteln wächst leicht an, unabhängig davon, wie viele Unterlagen insgesamt beantragt werden.
  • Die Demokraten würden dagegen ihren ohnehin schon deutlich höheren Anteil an abgegebenen Briefwahlzetteln nochmals leicht erhöhen können.
  • Die Rückgabequote weist aktuell eine Differenz zwischen Demokraten und Republikanern auf, die identisch ist mit der finalen Quote 2020.

Diese Ableitungen helfen ggf. den Wahlkampfteams ihre Schwerpunkte richtig zu setzen. Aufrufe und Erinnerungen Briefwahlunterlagen wieder abzugeben können je nach Situation in den Counties, zu denen nochmals aufgeschlüsselt konkrete Zahlen vorliegen, platziert werden.
Für die Wahlnacht muss dann berücksichtigt werden, dass in Pennsylvania die Auszählungen wieder mit unterschiedlichen Tendenzen erfolgen können. Sollten die Demokraten erneut deutlich stärker per Brief wählen, könnte sich ein Bild wie 2020 in etwa wiederholen. Erhöhen die Republikaner ihren Anteil an Briefwählenden, könnte eine Aufholjagd von Kamala Harris weniger stark ausfallen, wie die von Joe Biden in 2020, was aber auch davon abhängig ist, welche Counties dann noch zu welchem Anteil offen sind.

Sicher ist aber, dass anhand der hier vorliegenden Zahlen keinerlei Ableitungen zum Wahlergebnis getroffen werden können. Schließlich ist unklar, wie hoch der Anteil der Demokraten und Republikaner ist, die jeweils auch für ihren eigenen Kandidaten gestimmt haben. Auch ist überhaupt nicht bekannt, wie sich die Unabhängigen hier entschieden haben.
Hinzu kommt die Frage, wie viele Menschen dann noch am Wahltag ihre Stimme abgeben.

*Alle aufgeführten Zahlen für dieses Jahr stammen von Votehub.
Die Vergleichszahlen von 2020 stammen vom Pennsylvania Secretary of State`s office.

3 Kommentare:

  1. Hallo Thomas,
    wie bewertest du die aktuelle Berichterstattung in Deutschland? Die letzten Tage lese ich vorwiegend Artikel wie z.B. "Donald Trump in 6 von 7 Bundesstaaten vor Harris" von der Tagesschau oder "Trumps Umfragehoch lässt manchen Demokraten in die Knie schlottern" von NTV. Große Medienhäuser schießen sich hier immer weiter auf einen Trump Sieg ein. Verglichen mit deiner Seite ist das Rennen aber noch vollkommen offen. Kann man sagen, dass der Hype um Harris erloschen ist?

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Cedric, danke für Deine Nachfrage. Die Überschrift "Donald Trump in 6 von 7 Bundesstaaten vor Harris" bei NTV ist etwas irreführend und vor dem Hintergrund, wie Umfragen richtig zu lesen und zu bewerten sind, ehrlich gesagt auch falsch, was der Artikel selbst im Text dann ja auch etwas relativierend ausführt. Auch US-Medien wählen hier manchmal nicht präzise Überschriften. Natürlich würde ich auch gerne spannende, sich immer wieder verändernde Aussagen zum Stand der Umfragen wählen. Die erhobenen Werte lassen dies aber einfach nicht zu.

    Ich bleibe mal bei dem Artikel. Der Autor bezieht sich auf die Darstellung von Realclearpolitics. Gut dabei ist, dass hier zumindest Durchschnittswerte herangezogen werden. Es gibt auch Artikel, die sich auf eine einzelne Umfrage beziehen und dennoch eine solche Aussage wie der in der Überschrift treffen. Der Autor führt weiter aus, dass die Fehlertoleranz bei 2-4 % liegt, das bedeutet mögliche Abweichungen bei den Abständen von 4 bis maximal 8 %. Eine Umfrage, die zwei Kandidaten bei 50 zu 50 sieht und eine Fehlertoleranz von 4 % ausweist, sagt, dass das Ergebnis 50 zu 50, 46 zu 54 oder auch 54 zu 46 oder eben alles dazwischen sein kann. In allen Fällen würde eine Umfrageinstitut sagen, dass es richtig lag. Das ist auch der Grund weshalb bei den aktuellen Abständen von 0,5 bis 2,0 % in den Swing States auch keine andere Aussage richtig sein kann, als dass die Umfragen ein offenes Rennen sehen. Realclearpolitics stellt ja auch auf ihrer Electoral Map alle in Rede stehenden Bundesstaaten als offen dar. Auch eine Tendenz zugunsten eines Kandidaten, wenn dieser überall mit 1 % vorne liegt, wäre sachlich unbegründet. Wer eine solche Aussage trifft, interpretiert und spekuliert. Das ist natürlich zulässig, sollte aber immer auch also solche erkennbar sein und erklärt werden.

    Ich habe bei meiner Bewertung grundsätzlich die Grenze von 4% Abstand in den Swing States gesetzt, bevor ich eine Tendenz für Harris oder Trump sehe. Ab einem Abstand von mindestens 8% gehe ich fast sicher davon aus, dass ein Bundesstaat von der vorne liegenden Person gewonnen wird. Das sind eben die Abstände entsprechend 2-4 % Fehlertoleranz, wobei ich ja auch bei der Tendenz schon interpretiere und etwas von der rein mathematischen Sachlichkeit abweiche. Wenn natürlich ein Kandidat überall mit 3,9 % vorne gesehen wird, würde ich mich auch schwer tun, keine grundsätzliche Tendenz anzunehmen, aber das ist ja vorliegend auch nicht der Fall.

    Richtig ist aber, dass sich die Umfragen etwas angenähert haben. Trump hat in einigen Bundesstaaten seine Umfragewerte gegenüber Harris leicht verbessert, aber eben nur so marginal, dass hier nicht von einem klaren Stimmungsumschwung gesprochen werden kann. Zumindest nicht, wenn man nur einseitig die reinen Umfragewerte betrachtet.

    Ob der Hype um Kamala Harris erloschen ist, ist so einfach nicht zu beantworten. Zu klären wäre zunächst, was einen solchen Hype ausgemacht hat. Joe Biden lag in den Umfragen schwächer als Harris. Sie hat diese Lücke zu Trump im Schnitt wettgemacht. Das ist auch unverändert so. Die Spendengelder fließen ebenfalls deutlich besser, sie ist zunehmend präsent in verschiedenen Medienformaten, heute Abend z. B. auch bei Fox News.
    Die gefühlte Aufbruchstimmung bei den Demokraten ist aber einer gewissen Anspannung und Nervosität gewichen. Vorbei die Zeit, wo es ausreichte, sich vor den eigenen Mengen als "die Neue" zu präsentieren. Nun muss sie die unbequemen Wege gehen, um das gesamte Wählerpotenzial auszureizen. Aus Sicht der Demokraten, ist das nach meiner Bewertung auch besser so. Wenn die Demokraten glauben, Donald Trump ist schon geschlagen, geht dies zu Lasten der eigenen Mobilisierung.

    Abschließend würde ich sagen, dass viele Medien natürlich, Anhänger auf beiden Seiten erreichen wollen. Das gelingt durch hoffnungsvolle wie auch besorgniserregende Überschriften. Es sei ihnen verziehen, sofern in den Artikeln dann hinreichend für Aufklärung gesorgt wird.

    Viele Grüße, Thomas

    AntwortenLöschen
  3. Ich möchte natürlich auch am liebsten jetzt schon wissen wer nun gewinnt. Fakt ist aber, dass alles ziemlich spekulativ ist. Ist bei diesen knappen Umfragen auch kein Wunder.
    Wir bleiben jedenfalls die ganze Nacht auf am Wahltag ... Es bleibt spannend!!!

    AntwortenLöschen