Freitag, 11. November 2016

Trump trifft Obama - Bemühungen um Normalität

Welcome to the White House Mr. President-elect


Es gibt keine Zeit zu verlieren. Das Medieninteresse war enorm, als Donald Trump erstmals im Weißen Haus durch den amtierenden Präsidenten Barack Obama empfangen wurde.
Rund 90 Minuten sprachen Obama und Trump miteinander. In einem kurzen Pressemeeting im Anschluss sagte Barack Obama, dass es ein exzellentes Gespräch gewesen sei. Donald Trump nannte Obama einen "sehr guten Mann". Es sei eine Ehre für ihn, Präsident Obama heute getroffen zu haben. Beide bemühten sich sichtlich um Normalität. Angesichts der scharfen Anfeindungen in der Vergangenheit, war aber auch erkennbar, dass die persönlichen Wunden noch längst nicht verheilt waren. Wie sollte das auch gehen? Vor dem Hintergrund, der auch am zweiten Tag nach Trumps Wahlerfolg teils massiven Proteste in verschiedenen Großstädten, war dies eine Pflichtaufgabe für beide Politiker, um die Stimmung im Land etwas abzukühlen. Aber eben auch nicht mehr. Wenn von "guten Gesprächen" die Rede war, ist eigentlich klar, dass es über einige Formalitäten und unumgängliche Absprachen hinaus, wohl kaum einen gemeinsamen Nenner gab. US-Präsident Obama versicherte aber, dass es für ihn oberste Priorität habe, Donald Trump einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen.




Auch die künftige First Lady Melania Trump war heute beim Treffen im Weißen Haus dabei. Sie unterhielt sich einige Zeit mit Michelle Obama.

Ein straffes Programm für Trump - Steve Bannon könnte Stabschef werden


Für Donald Trump gibt es nun einiges zu tun. Er muss innerhalb der nächsten zwei Monate insgesamt 4000 Regierungsbeamte neu benennen und diese durch den Senat bestätigen lassen. Und natürlich wartet man auf erste bestätigte Namen für die künftige Regierung Trumps.
Ganz konkret kursiert aktuell bereits der Name von Steve Bannon. Er soll laut einem Bericht der New York Times Favorit auf den Posten des Stabschefs im Weißen Haus sein. Bannon ist für die konservative Nachrichtenseite Breitbart verantwortlich. Seit Sommer war Bannon einer der wichtigsten Berater in Trumps Wahlkampfteam. Bannon gilt wie Trump als Kritiker des Establishments und ist dem rechtskonservativen Flügel der Republikaner zuzuordnen. Aber auch dem RNC-Vorsitzenden Reince Priebus werden Chancen auf die Position eingeräumt.
Auch muss sich Trump nun entscheiden, welche politischen Vorhaben er zu Beginn seiner Präsidentschaft auf den Weg bringen will. Hier wird bereits eifrig spekuliert: Steuersenkungen, ein Investionsprogramm für die Infrastruktur und auch Veränderungen bei der Finanzmarktregulierung könnten hier ebenso weit oben auf der Agenda stehen, wie Fragen zur Einwanderung und zum Gesundheitswesen. Aber konkrete Aussagen Trumps liegen hierzu noch nicht vor.

Treffen mit Ryan und McConnell


Nach dem Besuch im Weißen Haus, traf Trump auf die führenden Vertreter im Kongress. Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses und Mitch McConnell, Mehrheitsführer im Senat waren für Trump die ersten Ansprechpartner im Kongress.
Die Zusammenarbeit zwischen Trump und dem Kongress wird mit besonderer Spannung erwartet, hatte der Republikaner im Wahlkampf kaum eine Gelegenheit ausgelassen, seine kritische Haltung gegenüber den Politikern in Washington offen auszusprechen. Aber Trump ist eben auch auf das Repräsentantenhaus und den Senat angewiesen, will er wichtige Gesetzesvorhaben umsetzen. Ryan und McConnell wissen ihrerseits um die große Chance der politischen Gestaltung. Nur selten kommt es in den USA vor, dass beide Kammern des Kongresses, die Führung im Weißen Haus und die Mehrheit im Supreme Court republikanisch geprägt sind.
Auch Vizepräsident Joe Biden und der künftige Vizepräsident Mike Pence hatten sich zu einem Gespräch getroffen. Beide kennen sich bereits aufgrund ihrer jahrzehntelangen politischen Arbeit.

Bernie Sanders deutet Unterstützung an.


Auch auf der Seite der Demokraten gab es erste pragmatische Anzeichen der Annäherung. 
Der demokratische Senator Bernie Sanders kündigte an, Trump zu unterstützen, wenn dieser es ernst meine und Arbeiterfamilien helfen wolle.



Trump habe einen Nerv in der Gesellschaft getroffen, die dem Establishment überdrüssig sei. Voraussetzung für eine Unterstützung progressiver Kräfte sei aber, dass Trump keine "rassistische, sexistische, fremdenfeindliche und umweltfeindliche Politik" betreibe. Andernfalls müsse er mit einem vehementen Widerstand rechnen, so Sanders.

1 Kommentar:

  1. Hallo Thomas!

    Trump und Obama scheinen mehr als nur Höflichkeiten ausgetauscht zu haben - darauf deutet nicht nur die Länge des Gesprächs hin, sondern auch folgende Meldungen vom selben Tag:

    State Department - Amendments to the Terrorist Designation of al-Nusrah Front
    November 10, 2016
    http://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2016/11/264230.htm

    Washington Post
    National Security - Obama directs Pentagon to target al-Qaeda affiliate in Syria, one of the most formidable forces fighting Assad
    November 10 at 4:42 PM
    https://www.washingtonpost.com/world/national-security/obama-directs-pentagon-to-target-al-qaeda-affiliate-in-syria-one-of-the-most-formidable-forces-fighting-assad/2016/11/10/cf69839a-a51b-11e6-8042-f4d111c862d1_story.html

    Quid pro quo haben Trump und Obama offenbar folgenden Deal ausgehandelt: Trump erhält Obamas Vermächtnis, das nach ihm benannte Krankenversicherungssystem. Im Gegenzug setzt Obama die al-Nusrah-Front auf die Terrorliste.

    Abseits aller Spekulationen über politische Inhalte und Ziele und natürlich auch das Personal, mit dem sich Trump zu umgeben gedenkt, werden hier erste konkrete Hinweise auf seine zukünftige Außenpolitik sichtbar. Auf Trumps Drängen hin wird eine Forderung umgesetzt, die Russland schon immer erhoben hat. Trump scheint also tatsächlich seine Ankündigungen aus dem Wahlkampf umsetzen zu wollen, nämlich,

    1. bezüglich des Bürgerkriegs in Syrien und dessen Beilegung zu einer Verständigung mit Russland zu kommen,

    2. die Vereinigten Staaten zukünftig mehr aus dem Weltgeschehen herauszuhalten.

    Die Außenpolitik hat bei Trump wohl hohe Priorität, denn anders lässt es sich nicht erklären, dass dieses Thema schon beim ersten der vielen, noch kommenden Transitionsgespräche besprochen wird.

    Übrigens: die Mainstreammedien üben sich in postfaktischer Zurückhaltung - sie ignorieren die obigen Meldungen.

    MfG,

    Gulet

    PS: Danke für Deine Arbeit und den immensen Aufwand, den Du hier betrieben hast.

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