Donnerstag, 27. September 2018

Trumps mögliche Zweifel an Kavanaugh als "Hintertür" für den Präsidenten

Heute, 16 Uhr deutscher Zeit, tagt erneut der Justizausschuss des US-Senats. Der Kandidat für den offenen Richterposten am Supreme Court, Brett Kavanaugh, soll zu den in den letzten zwei Wochen erhobenen Anschuldigungen angehört werden. Ebenfalls wird Christine Blasey Ford angehört werden. Ford war die erste von inzwischen drei Frauen, die Kavanaugh beschuldigen, sexuell übergriffig geworden zu sein.
Alle wichtigen Informationen zur Nominierung Kavanaughs, der Bedeutung des Supreme Courts, eine parteipolitische Einordnung und die Auswirkungen auf den Wahlkampf habe ich hier zusammengetragen.

Die Ausschusssitzung wird bei den meisten US-Nachrichtensendern, wie CNN, FOX News etc. live übertragen.


Wie ist formale Ablauf der Anhörung?

  1. Die Sitzung wird durch den Vorsitzenden des Ausschusses, Chuck Grassley, republikanischer Senator aus Iowa, eröffnet. Grassley kann dabei ohne zeitliche Beschränkung in die Sitzung einleiten.
  2. Im Anschluss wird die demokratische Senatorin aus Kalifornien, Diane Feinstein, ebenfalls ohne Zeitlimit die Gelegenheit haben, Ausführungen zur heutigen Sitzung zu machen.
  3. Danach wird Christine Blasey Ford vereidigt und erhält die Gelegenheit eine Stellungnahme vor dem Ausschuss abzugeben.
  4. Nun erhalten die Senatoren reihum die Gelegenheit, Fragen an Ford zu richten. Dafür hat jeder Senator 5 Minuten Zeit. Sobald die Befragung Fords abgeschlossen ist, wird sie die Sitzung verlassen.
  5. Danach kommt Brett Kavanaugh in den Raum, wird ebenfalls vereidigt. Im Übrigen wird verfahren, wie unter 4. beschrieben.

Was ist von der Anhörung zu erwarten?


Im Kern wird es vordergründig darum gehen, die Glaubwürdigkeit der Aussagen Fords und Kavanaughs zu überprüfen. Ford wird wohl insbesondere von Seiten der republikanischen Senatoren immer wieder aufgefordert werden, Beweise für ihre Anschuldigungen vorzulegen. Ford hat bereits angekündigt, dass es ihr schwer fallen wird, objektive Beweise zu dem Vorfall im Jahr 1982 vorzulegen. Dies wird von den Republikanern auch detailliert herausgearbeitet werden. Darüberhinaus werden sie Kavanaugh Raum geben, sich selbst zu verteidigen.
Die Demokraten werden bei der Befragung Fords versuchen, darzustellen, weshalb sie 1982 keine Anzeige erstattet hat und hier auch insbesondere die persönlichen Folgen für Ford öffentlich machen.
In Richtung Richter Kavanaugh könnten die Demokraten ihre Fragen nicht nur auf die Anschuldigen Fords sondern auch auf die beiden weiteren Vorwürfe ausweiten.
Sie werden sich aber zurückhalten und Kavanaugh nicht ohne konkrete Beweise beschuldigen. Die Haltung der Demokraten ist, dass es eine unabhängige Untersuchung des FBI geben müsse. In so einer wichtigen Personalentscheidung und bei so schweren Anschuldigungen, könne man es nicht bei einer einfachen Anhörung belassen, so die Argumentation der Demokraten.
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Anhörung nicht um eine kriminalistische Befragung handelt, wie sie etwa das FBI im Rahmen von Ermittlungen durchführen würde.

Wie reagiert Donald Trump?


Der US-Präsident hat bereits angekündigt, die Anhörung zu verfolgen. Trumps öffentliche Äußerungen sind differenziert zu betrachten. Einerseits bezeichnete er die Anschuldigungen als "großen Betrug" und bewertete das Verfahren zur Ernennung Kavanaughs als besonders unfair und politisch motiviert.
Bemerkenswert waren nun aber Äußerungen, mit denen sich Trump eine Hintertür offen lassen will. Sollte sich herausstellen, dass Kavanaugh schuldig sei, werde er seine Nominierung überdenken, so Trump.
Diese Einschränkung passt nicht in die öffentliche Darstellung des Präsidenten der letzten Tage. Offenbar hat er zumindest Zweifel, dass Kavanaugh die heutige Sitzung oder spätere Ermittlungen überstehen könnte.
Trump wolle von allen drei Frauen Beweise für ihre Anschuldigungen hören. Konsequent zu Ende gedacht, würde dies aber bedeuten, dass Trump eigentlich die Linie der Demokraten unterstützen müsste. Sollten sich alle drei Frauen zur Sache konkreter äußern, würde die Zeit bis zu der von den Republikanern durchgesetzten Ansetzung der Abstimmung über Kavanaugh am Freitag nicht mehr ausreichen, da heute lediglich Christine Blasey Ford gehört werden soll.

Wie geht die Angelegenheit aus?


Der Ausgang für Brett Kavanaugh erscheint mir so offen wie nie zu sein. Vieles hängt davon ab, wie glaubwürdig beide Seiten ihre Positionen vortragen können und in welche Richtung die mediale Deutung im Anschluss tendieren wird.

Der US-Präsident will Kavanaugh zwar als Richter am obersten Gerichtshof der USA durchsetzen. Aber viel wichtiger dürfte ihm ein Erfolg der Republikaner bei den anstehenden Kongresswahlen sein. Sollte sich das Blatt heute oder in den folgenden Tagen gegen Kavanaugh wenden, wird Trump wegen ihm nicht das Risiko einer Wahlniederlage eingehen. Möglich wäre auch, dass Trump Kavanaugh zwar zurückzieht, ihm in der Sache aber weiter vertraut. Die Schuld würde er dann den Demokraten und den drei Frauen zuweisen. Damit könnte Trump einen maximalen Impuls für eine hohe Wahlbeteiligung in Richtung seiner Wählerschaft und der konservativen Republikaner senden.
Sollte Christine Blasey Ford dagegen als eher unglaubwürdig aus der Anhörung gehen, auch wenn Restzweifel bestehen blieben, dürfte es am Freitag zur Abstimmung kommen. Dabei darf aber auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Republikaner nur eine hauchdünne Mehrheit im Senat haben, die nicht automatisch eine Ernennung Kavanaughs zur Folge haben muss.





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