Montag, 11. November 2019

Der Ton unter den Demokraten wird schärfer

Dass sich die Demokraten im Vorwahlkampf nicht verschonen, liegt in der Natur der Sache. Sich lediglich auf den politischen Gegner im anderen Lager, also Donald Trump und dessen Republikaner, zu konzentrieren, reicht nicht zwingend aus, um das eigene Profil zu schärfen. Es muss schon erlaubt sein, die inhaltlichen und stilistischen Unterschiede zu den Mitbewerbern herauszustellen.
Bislang hatten sich die Demokraten dabei auch weitgehend auf inhaltliche Debatten beschränkt. Auch wenn es mal gezielte persönliche Angriffe gab, so waren sie doch meist inhaltlicher Art.

Inzwischen ist aber festzustellen, dass die verbalen Angriffe auch zunehmend auf die Persönlichkeit der Konkurrenz abzielen oder aber eher übergeordneter, wenig greifbarer Art sind.

Drei Beispiele aus den letzten Tagen:


Sanders vs. Bloomberg


Die Spekulationen über eine Kandidatur Michael Bloombergs kamen kurz vor dem Wochenende auf. Nach Angaben eines Beraters des Multi-Milliardärs sei es möglich, dass sich Bloomberg, so er sich final für eine Kandidatur entscheidet, nicht besonders stark in den ersten vier Vorwahlen engagieren wolle. Soll heißen, an den Vorwahlen im Februar in Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina würde Bloomberg zwar wohl teilnehmen, dort allerdings keinen oder kaum Wahlkampf betreiben. Bloombergs Strategie wäre demnach, seinen eigentlichen Auftakt in die Vorwahlen am Super Tuesday, dem 03.03.2020 zu vollziehen. An diesem Tag werden in 15 Bundesstaaten die Vorwahlen abgehalten. Rechnerisch kann man diese Strategie nachvollziehen. In den vier Februarwahlen werden 3,9 % der Delegierten verteilt, allein am Super Tuesday geht es dann schon um bereits 34,1 % der Delegierten. Eine solche Strategie kann man verfolgen, wenn man auch aus finanziellen Gründen nicht auf die frühen Vorwahlen im Februar angewiesen ist. Eine solche Unabhängigkeit von Spendengeldern bringt Michael Bloomberg natürlich grundsätzlich mit.

Genau dieser Punkt rief nun insbesondere Bernie Sanders auf den Plan. Der Senator aus Vermont hielt sich erst gar nicht lange mit der Frage auf, für welche Politik Bloomberg stehen könnte und nahm den früheren New Yorker Bürgermeister wegen dessen Reichtum bzw. dessen möglicherweise bevorstehender Kandidatur ins Visier.
Sanders sagte auf einer Wahlkampfveranstaltung am Wochenende in Iowa: "Man wird nicht zum Präsident gewählt, indem man Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina meidet. Man könne keine Wahl kaufen, indem man hunderte von Millionen US-Dollar in Medienwerbung in Kalifornien ausgebe. Diese Tage sind vorüber. (...) Heute sagen wir zu Michael Bloomberg und anderen Milliardären: Entschuldigung, Ihr werdet keine Wahl kaufen können!"


Bernie Sanders kämpft authentisch seit Jahrzehnten dafür, den Einfluss des Geldes in Politik und Wirtschaft zurückzudrehen. Natürlich ist es dann auch eine konsequente Kritik, wenn sich Multi-Milliardäre um das Amt des US-Präsidenten bewerben. Sanders darf dies so äußern, muss sich dann aber auch Kritik gefallen lassen, dass er keinerlei Unterschiede zwischen den tatsächlich handelnden Personen macht. Sanders greift einen möglichen demokratischen Mitbewerber wegen dessen herausstechender finanzieller Möglichkeiten an und entfacht damit eine parteiinterne Debatte, die geeignet ist, grundsätzlich finanzstarke Kandidatinnen und Kandidaten zu diskreditieren. Geht Sanders Plan auf, wenden sich die Demokraten von solchen Kandidaten ab. Geht er nicht auf, hat er mögliche demokratische Herausforderer Donald Trumps in ihrer Reputation pauschal beschädigt und deren Erfolgschancen bei der US-Wahl 2020 minimiert.

Im Übrigen wird in diesem Zusammenhang auch darüber spekuliert, dass Bloomberg mit Blick auf sein eigenes Vermögen keine Spendengelder einsammeln wolle, sofern er in das Rennen um die Kandidatur einsteige. Dieser Schritt würde ihn jedoch nach den aktuell geltenden Regeln des DNC von den TV-Debatten ausschließen. Demnach sind eine gewissen Anzahl von Spenden und eine bestimmte Mindestsumme zur Qualifikation erforderlich.

Auch Elizabeth Warren kritisierte die mögliche Kandidatur Bloombergs wegen dessen Vermögen.

Klobuchar vs. Buttigieg


Ein weiteres Beispiel kritischer Äußerungen, die weniger auf einer inhaltlichen Diskussion basieren, hat Amy Klobuchar geliefert. Die Senatorin aus Minnesota kritisierte, einen ungleichen Maßstab bei der Bewertung von Qualifikation zwischen Männern und Frauen. Dabei nahm sie namentlich ganz konkret Pete Buttigieg ins Visier. In einem Artikel der New York Times wird sie mit der Aussage zitiert, dass sie mehrere bundesstaatsweite Wahlen wiederholt gewonnen habe und sich seit vielen Jahren als Senatorin behauptet habe. Das treffe auf Pete Buttigieg nicht zu.
In einem Interview mit Jake Tapper, CNN, legte sie dann nochmal nach. Sie gehe nicht davon aus, dass Elizabeth Warren, Kamala Harris und sie auf der Bühne mit debattieren würden, hätten sie die gleiche Erfahrung wie Pete Buttigieg.

 
Damit macht Klobuchar deutlich, dass sie von einer ungleichen Bewertung der Erfahrungen und Qualifikationen zwischen Frauen und Männern ausgehe.

Ungeachtet dessen, inwieweit diese These zutreffen könnte, ist sie jedenfalls geeignet, Pete Buttigieg als zu positiv bewerteten männlichen Kandidaten dastehen zu lassen. Schließlich kritisiert Klobuchar ihn nicht dafür, dass er auch aufgrund seines jungen Alters weniger Erfahrung als sie selbst habe, sondern den Umstand, dass er trotz dieser geringeren Erfahrung als Mann bevorteilt werde.

Aus meiner Sicht greift der Vergleich allerdings etwas kurz, denn Pete Buttigieg hat trotz geringerer Erfahrung auch bereits diverse männliche Mitbewerber im Vorwahlkampf ausgestochen, so dass ihm erst einmal grundsätzlich ein guter Wahlkampf, sowohl persönlich als auch inhaltlich attestiert werden kann. Darunter zählen z. B. auch erfahrene Gouverneure wie John Hickenlooper und Jay Inslee, die inzwischen ausgeschieden sind. Auch liegen weitere erfahrene Kandidaten wie Michael Bennet oder Steve Bullock hinter Buttigieg.
Zudem fehlt auch ein grundsätzlicher Vergleich. Es gibt im aktuellen Bewerberfeld keine weibliche Kandidatin, ohne Erfahrung im US-Kongress oder einem Bundesstaat, die einen ähnlich guten Wahlkampf führt.
Klobuchar hätte durchaus auf die mangelnde Erfahrung Buttigiegs abzielen dürfen. Auch ist es ihr gutes Recht auf eine Ungleichbehandlung von Frauen und Männern hinzuweisen. Beides allerdings an der Personalie Pete Buttigieg festzumachen und zu verknüpfen, ist schon eine sehr weitreichende Kritik, die ebenfalls wie schon im ersten Beispiel Sanders vs. Bloomberg grundsätzlicher Art ist, allerdings gezielt gegen einen Mitbewerber abgefeuert wurde.


Warren vs. Biden


Das dritte Beispiel geht in eine ähnliche Richtung. Konkret geht es um ein Fernduell zwischen Joe Biden und Elizabeth Warren. Biden hatte seine ärgste Konkurrentin als "wütend" und "unnachgiebig" bezeichnet. Warren kritisierte diese Worte und suggerierte, dass Bidens Aussage einen geschlechtsspezischen Hintergrund hätte. Warren schrieb nun: "Wieder und wieder wird uns Frauen gesagt, wir dürften nicht wütend sein. Es mache uns unattraktiv gegenüber mächtigen Männern, die von uns nur verlangen, still zu sein."

 
Zwar erwähnte Warren Joe Biden nicht persönlich, der Zusammenhang ist jedoch klar. Joe Biden bestreitet, dass seine Anmerkung einen sexistischen Hintergrund gehabt habe.


Rein persönliche Attacken minimieren langfristig die demokratischen Erfolgsaussichten



Wie auch immer dieser und die vorigen Dispute zu deuten und zu bewerten sind, sie zeigen alle, dass es längst nicht mehr ausschließlich um Sachthemen geht. Die Vorhaltungen werden vermischt mit Fragen des Wohlstands, des Geschlechts oder auch des Alters, wie zu Beginn des Wahlkampfs, als Biden, Sanders und Warren wegen ihres fortgeschrittenen Alters kritische Fragen beantworten mussten.

Sicherlich ist bei all diesen Diskussionen immer auch etwas Wahrheit dabei. In einem innerparteilichen Wettstreit um die besten Positionen und Chancen, eine Wahl zu gewinnen, stellt die Verquickung von grundsätzlichen Überlegungen mit bestimmten Mitbewerben immer auch die Gefahr dar, dass sich die Kandidaten nicht nur inhaltlich messen, sondern sich auch gegenseitig über ein normal nötiges Maß hinaus, persönlich diskreditieren. Wenn Vorhalte zweifelsfrei richtig sind und auch den korrekten Adressaten treffen, muss so etwas auch erlaubt sein. Zumindest in einigen Fällen scheint mir aber der kurzfristige Profit eher im Vordergrund zu stehen. Das kann nicht im Sinne einer Partei sein, die noch einen langen Weg zur Nominierung ihrer Spitzenkandidatin oder ihres Spitzenkandidaten zu gehen hat.

Die demokratische Partei muss ein Interesse daran haben, dass die persönlichen Angriffe nicht so weit gehen, dass sie geeignet sind, die jeweils unterlegenen Demokraten von der Wahlurne fernzuhalten. Seien es Frauen, Männer, sehr reiche oder weniger wohlhabene. Um Trump 2020 zu schlagen, muss sich die Partei geschlossen hinter einer Kandidatin oder einem Kandidaten versammeln. Das kann trotz inhaltlicher Differenzen gelingen, wohl aber kaum bei zu großen und als ungerecht empfundenen persönlichen Verletzungen.

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