Mittwoch, 26. Februar 2020

Sanders und Bloomberg bei erneut kontroverser TV-Debatte im Visier ihrer Mitbewerber

Vier Tage vor der für viele Kandidatinnen und Kandidaten so wichtigen Vorwahl in South Carolina kamen die Demokraten nochmal zu einer TV-Debatte in Charleston zusammen. Es könnte ohnehin das letzte Mal gewesen sein, dass sie in so zahlreicher Zusammensetzung aufeinandertrafen. Denn spätestens nach dem Super Tuesday am 03. März dürfte sich das Kandidatenfeld halbieren. Und vorher ist keine TV-Debatte mehr geplant.

In der vergangenen Nacht trafen also der neue Frontrunner Bernie Sanders sowie Joe Biden, Pete Buttigieg, Mike Bloomberg, Elizabeth Warren, Amy Klobuchar und Tom Steyer aufeinander. Wer die letzte Diskussion in Las Vegas verfolgte, stellte dort bereits fest, dass die Demokraten in einer entscheidenden und kritischen Phase ihres Wahlkampfs sind. Dies setzte sich in Charleston fort. Die Debatte verlief erneut hektisch mit zahlreichen gegenseitigen Angriffen. War es vor einer Woche noch Mike Bloomberg, der von allen attackiert wurde, musste letzte Nacht insbesondere Bernie Sanders beweisen, dass er den kritischen Vorhalten standhalten kann.

Bernie Sanders
Bernie Sanders by Gage Skidmore

Erstmals stand Bernie Sanders alleine in der Mitte auf der Bühne, was einerseits der Tatsache geschuldet war, dass sich eine ungerade Kandidatenanzahl für die TV-Debatte qualifiziert hatte. Insbesondere aber seine starken Ergebnisse in den ersten drei Vorwahlen und die positiven Umfragewerte für den Super Tuesday haben den streitbaren Senator endgültig in den Mittelpunkt gerückt.


Viele aber bereits bekannte Vorwürfe gegen Sanders


Sanders hatte wohl damit gerechnet, dass er das Hauptziel der Angriffe an diesem Abend sein würde und er irrte nicht. Der Senator wurde an den bereits bekannten vermeintlichen Schwachstellen angegangen. Joe Biden hielt ihm vor, fünfmal gegen die Reform Brady Bill, eine Verschärfung der Waffengesetze, gestimmt zu haben. Ein Vorwurf, den bereits Hillary Clinton 2016 immer wieder ins Feld führte. Damit wollte Biden Zweifel an Sanders Verlässlichkeit bei diesem Thema streuen. Sanders gestand ein, dass er damals falsch gehandelt habe, verwies aber darauf, dass dies bereits lange her sei und ihn die Waffenlobby NRA heute mit der fast schlechtesten aller möglichen Ratings bewerte.

Joe Biden
Joe Biden by Gage Skidmore

Pete Buttigieg zielte nochmals auf die fragliche Finanzierung der von Sanders vorgeschlagenen Gesundheitsreform Medicare for All ab und sagte zugleich, dass Sanders die Demokraten mit seiner polarisierenden Haltung derart beschädigen würde, dass es bei der General Election gegen Trump schwierig werden würde.
Ein Wahlkampf Trump vs Sanders würde das Land noch mehr spalten, es brauche laut Buttigieg einen mäßigenden Kandidaten, der in der Lage sei, parteiübergreifend Brücken zu bauen. Zweifelsfrei zählt Buttigieg sich selbst dazu.

Pete Buttigieg
Pete Buttigieg by Gage Skidmore

In die gleiche Kerbe schlug Amy Klobuchar und warnte ebenfalls davor, dass polarisierende Kandidaten weniger Aussichten auf Erfolg gegen Trump hätten.
Auch Elizabeth Warren nutzte nochmal die Gelegenheit, sich gegenüber Sanders in eine bessere Position zu bringen. Sie führte zwar die großen inhaltlichen Schnittmengen mit Sanders an, hob jedoch hervor, dass der Senator häufig nicht effektiv genug sei und zu wenig erreiche. Sie würde neben einer progressiven Linie auch auf die Details achten und darum bemüht sein, Vorhaben auch tatsächlich umzusetzen. Aus diesen Gründen sei sie die bessere Präsidentin.

Und noch eine Mahnung war an diesem Abend zu hören. Eine Nominierung Sanders könnte auch die Aussichten bei den Wahlen zum US-Repräsentantenhaus und den US-Senat negativ beeinflussen. Sollte Trump eine Mehrheit gegen Sanders erreichen, bestünde auch die Gefahr, dass die Demokraten ihre Mehrheit im US-Repräsentantenhaus verlören und sie im US-Senat weiterhin in der Minderheit wären. Ein Horrorszenario für die Demokraten.

Bernie Sanders stand also unter Druck und nicht immer glänzte er mit seiner Verteidiungslinie. Aber es bleiben Zweifel, ob es Buttigieg, Biden und Co. tatsächlich gelungen  ist, Sanders den Wind aus den Segeln zu nehmen. In 15 Bundesstaaten wird nun innerhalb einer Woche gewählt. Die Attacken gegen den Senator könnten zu spät gekommen sein, um Sanders deutliche Führung bei den Delegierten nach dem Super Tuesday zu verhindern.

Bloomberg verbessert, aber nicht überzeugend


Aber auch Mike Bloomberg hatte erneut einen schwierigen Abend. Elizabeth Warren machte dort weiter, wo sie in Las Vegas aufhörte, bzw. aufgrund begrenzter Redezeiten bei Debatten dieser Art aufhören musste. Warren ging Bloomberg direkt an und konfrontierte den Multimilliardär mit Vorwürfen, die insbesondere dessen Umgang mit Frauen in seinem Unternehmen zum Inhalt hatten. Warren hielt ihm vor, einer schwangeren Frau zur Abtreibung geraten zu haben, bzw. wörtlich gesagt zu haben, "es zu töten". Bloomberg wies den Vorwurf zurück. Er habe so etwas nie gesagt. Wenn die betroffene Frau etwas derartiges verstanden habe, tue es ihm leid. Es könne sein, dass er ein- oder zweimal so einen Spruch gemacht habe. Dieser sei aber als Witz gemeint gewesen. Möglicherweise sei der Witz aber falsch gewesen, er könne sich aber auch nicht mehr daran erinnern.

Elizabeth Warren (48006689222)
Elizabeth Warren by Gage Skidmore

Elizabeth Warren gelang es erneut, Bloomberg in Bedrängnis zu bringen. Mehr noch, anders als die aufwändig gestalteten Werbespots Bloombergs, die offenbar (ich habe die Debatte via Youtube ohne Werbung verfolgt) auch im US-Fernsehen, in den Debattenpausen ausgestrahlt wurden, ließ Warren den früheren New Yorker Bürgermeister erneut angegriffen aussehen.
Es ist immer eine Herausforderung in einem Wahlkampf, wenn man sich rechtfertigen muss. Gelingt einem das aber, kann man sogar gestärkt aus einer solchen Debatte herausgehen. Problematisch wird es dann, wenn nicht unerhebliche Restzweifel zurückbleiben. Bloombergs Aussagen über falsch verstandene Witze, das Herunterspielen der vorgenannten Äußerungen gehören aber offenbar nicht zum Repertoire einer souveränen Verteidigung. Warren forderte schließlich erneut, die betroffene Frau aus einer Verschwiegenheitsvereinbarung zu entlassen.

Michael Bloomberg
Mike Bloomberg by Gage Skidmore
 
Mike Bloomberg zeigte sich eine Woche nach seinem schwachen Auftritt in Las Vegas besser vorbereitet. Er war nicht mehr der Punching Ball, mit dem man nach Belieben umgehen konnte. Zum einen gingen viele Angriffe in Richtung Sanders, so dass Bloomberg zwischendurch auch mal verschnaufen konnte, zum anderen hielt er aber auch entschiedener dagegen und setzte seinerseits auch mal zum Gegenangriff über.
Dennoch, die beiden TV-Debatten werden sicherlich nicht zu einer höheren Popularität Bloombergs beigetragen haben.

2 Kommentare:

  1. Was ich jetzt nicht wirklich verstehe:
    wieso ist die Befürwortung eines Alphabetisierungsprogramms in Kuba , Gesundheitsversorgung für alle, Abschaffung von Studiengebühren oder ein Mindestlohn von dem man leben kann,, -was Sanders schon vor vier Jahren vertreten hat,- so ein Riesenproblem ?

    Sicher, die anderen wollen sich auch profilieren und selbst bei uns besteht meiner Ansicht nach da noch viel "Nachholbedarf" ;-) , aber das gehört doch zum Teil zu grundlegenden Menschenrechten...

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  2. Die Themen Abschaffung der Studiengebühren, Mindestlohn und Gesundheitsversorgung für Alle werden im Vorwahlkampf mehr oder weniger intensiv diskutiert. Sanders nimmt hierbei Positionen ein, die etwas absoluter oder weitreichender sind, als die der anderen Kandidatinnen und Kandidaten. Die anderen vertreten Positionen, die sich zum Teil inhaltlich unterscheiden oder zielen kritisch auf die Finanzierung solcher Vorhaben ab.

    Ich bewerte diese Diskussionen als Wettstreit um die besten Positionen, wobei auch die Fragen von Umsetzbarkeit berücksichtigt werden. Ein "Riesenproblem" sehe ich dabei nicht, alle werben eben für ihre Positionen.

    Beim Thema Alphabetisierungsprogramm in Kuba denke ich, dass es sich um ein bekanntes Phänomen der Diskussionsführung handelt. Es wird etwas scheinbar Positives aus einem scheinbar negativen Kontext herausgehoben, nach dem Motto: "Es war aber auch nicht alles schlecht". Das provoziert eben entsprechende Reaktionen derer, die insbesondere das scheinbar Negative sehen und es als ein Mittel der unzulässigen Relativierung bewerten. Andere meinen jedoch, dass gerade diese Relativierung der Sache zuträglich sei. Letztlich geht es aber um die emotionale Ansprache der eigentlichen Zielgruppen, die entweder auf der einen oder anderen Seite stehen. Das eigentliche Sachthema "Bildung" hätte man auch unaufgeregter vorbringen können, aber dann hören eben nicht so viele hin.

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