Montag, 10. Februar 2020

Welche Chancen hat Mike Bloomberg?

Wer aktuell eine seriöse Prognose für den Ausgang der Vorwahlen der Demokraten abgeben kann, hat vielen politischen Beobachtern etwas voraus. Selten war ein Rennen so offen und vielseitig.
Diese Unsicherheit bringt einen Kandidaten der Demokraten überhaupt erst ins Rennen und sorgt damit zugleich für noch eine Variable mehr.

Michael Bloomberg

 

Bloomberg steigt spät in die Vorwahlen ein


Mike Bloomberg hat spät seine Kandidatur erklärt. Nach eigenen Angaben traue er den Kandidatinnen und Kandidaten der Demokraten nicht zu, Donald Trump 2020 zu schlagen. Bloomberg verzichtete auf einen Wahlkampf in Iowa. Auch in den drei übrigen Bundesstaaten, in denen im Februar Vorwahlen stattfinden, New Hampshire, Nevada und South Carolina, wird Mike Bloomberg nur am Rande stehen. Zu spät entschied er sich für seine Kandidatur. Es war nicht mehr ausreichend Zeit, dort sinnvoll eine Wahlkampfinfrastruktur zu errichten, wo sich das übrige Bewerberfeld bereits seit Monaten engagiert. Außerdem stellen diese vier Bundesstaaten weniger als 4% aller Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag der Demokraten. Bloomberg entschied sich bewusst dafür, erst am Super Tuesday aktiv einzusteigen.

Wenn man die jeweiligen Chancen der Demokraten bewerten will, kommt man aus vielerlei Hinsicht nicht umhin, Mike Bloomberg einzubeziehen. Er gehört nicht zu den Kandidaten, die in den Umfragen seit Monaten bei 1-2 % festsitzen. Der frühere New Yorker Bürgermeister ist ein Schwergewicht, dessen Bedeutung von Caucus zu Primary wächst, an denen einige bestimmte und im Idealfall auch wechselnde Kandidaten schwächeln.

Bloombergs Finanzkraft im Wahlkampf ist beispiellos


Bevor ich aber auf die einzelnen Punkte eingehe, die eine erfolgreiche Kandidatur Bloombergs begünstigen, sei eines noch vorweg geschickt. Der Multimilliardär spielt finanziell natürlich in einer gänzlich anderen Liga als alle anderen Demokraten (Tom Steyer eingeschlossen) - er spielt praktisch in einem ganz anderen Wettkampf. Bloombergs Vermögen wird auf rund 61,7 Milliarden US-Dollar geschätzt. Auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt, nimmt Bloomberg damit aktuell Platz 12 ein. Gedanken oder Bemühungen um Geldgeber muss er sich also nicht machen. Im Gegenteil, er nimmt keine Spendengelder an und bezeichnet sich selbst folgerichtig als völlig unabhängig. Das ist für Bloomberg nicht nur ein finanzieller Vorteil, sondern auch eine wertvolle Zeitersparnis im Wahlkampf. Einziger Nachteil ist, dass er an den TV-Debatten der Demokraten nicht teilnehmen kann. Zur Qualifikation für diese Debatten, wurde in der Vergangenheit auch das Kriterium herangezogen, ausreichend Spendengelder eingesammelt zu haben. Schon heute hat Bloomberg rund 188 Mio US-Dollar in den Wahlkampf gesteckt; mehr als alle anderen Demokraten zusammen.

Bloomberg spricht die Mitte an und demobilisiert das linke Lager


Mike Bloomberg ist politisch ein Kandidat der parteiübergreifenden Mitte. Ein moderater Demokrat mit Zugang zu Wählerschichten, die für andere Bewerber im Kreise der Demokraten nur schwer zu erreichen sind. Auch Unabhängige und selbst einige Republikaner dürften zu den Wählern Bloombergs gehören, sollte er gegen Trump antreten. Diese Stärke auf der einen Seite ist zugleich auch seine Schwäche auf dem anderen Flügel der Demokraten. Jene Linke, die etwa Bernie Sanders umwirbt. Sanders machte auch unmissverständlich klar, wie wenig er von Bloombergs Kandidatur für die Demokraten hält. Eine Nominierung und eine Wahl könne man nicht kaufen, so Sanders. Außerdem sei der Einfluss von so viel Geld in der Politik schädlich. Es ist wohl anzunehmen, dass am äußersten linken Rand der Demokraten, eine Wahl Bloombergs ausbleiben würde, selbst wenn es gegen Donald Trump ginge. Es dürfte für einige eine mehr ideologische und weniger pragmatische Frage sein.
Dabei sind viele Grundsätze in Bloombergs Politik einem links-progressiven Kurs nicht so fern. Ein Mindestlohn von 15 US-Dollar, die Rückkehr der USA zum Pariser Klimaabkommen, Investitionen in Bildung und Infrastruktur, der Kampf gegen Waffengewalt, die Verbesserung der Wählerrechte und eine Stärkung von LGBTQ+ Rechten gehören beispielsweise zu seinem Wahlprogramm. In der Gesundheitspolitik verfolgt er jedoch eher den Kurs der moderaten Demokraten. Hier möchte Bloomberg an Obama-Care festhalten, das Konzept verbessern und eine optionale Möglichkeit schaffen, in eine Art der Medicare-Versorgung einzusteigen.

Bevor es aber gegen Trump geht, muss Bloomberg erstmal die Vorwahlen 2020 gewinnen. Die Tatsache, dass er im Februar noch keine Rolle spielt, ist dabei nahezu unerheblich. Bloomberg wird Einfluss auf die Vorwahlen der Demokraten nehmen. Es gibt einige Entwicklungen, die seinen Erfolg begünstigen würden.

Von welchen Entwicklungen profitiert Mike Bloomberg?


1. Die Schwäche Joe Bidens

Joe Biden hat in Iowa verloren und wird auch in New Hampshire vermutlich eher schwach abschneiden. Wenn es richtig schlecht läuft, könnte der frühere Vizepräsident sogar gänzlich leer ausgehen und nur selbst hinter Amy Klobuchar zurückfallen. Bidens Wahlkampf ist, anders als bei Pete Buttigieg oder Amy Klobuchar, nicht auf diese ersten beiden Vorwahlen angewiesen. Aber je länger die Schwächephase Bidens anhält, desto größer wird die Verunsicherung im moderaten Lager der Demokraten. Bevor man hier zulange auf Biden setzt, Stimmen verschenkt und am Ende Bernie Sanders der Sieger ist, wird man hier umsatteln und auf einen neuen moderaten Hoffnungsträger setzen.

2. Wie stark ist Buttigieg wirklich?

Ob Mike Bloomberg dieser Hoffnungsträger sein wird, hängt auch von den weiteren Ergebnissen Pete Buttigiegs ab. Buttigieg wäre der Kandidat aus dem aktuellen Bewerberfeld, der sich als nächstes für Biden-Wähler aufdrängt, weil Sanders und Warren politisch zu weit links stehen und Amy Klobuchar wohl insgesamt zu schwach abschneiden wird. Buttigiegs prognostizierte Schwäche, bei der afroamerikanischen Bevölkerung zu punkten und auch bei Latinos nicht die Nr. 1 zu sein, könnte für den ehemaligen Bürgermeister von South Bend insbesondere in Nevada und South Carolina zum Problem werden. Hier könnte es ihm ähnlich ergehen, wie Biden in Iowa und New Hampshire. Eine ideale Ausgangslage also für Bloomberg am Super Tuesday zu punkten, wenn sich beide Alternativkandidaten zu Bernie Sanders die Stimmen gegenseitig wegnehmen und sich so auch untereinander schwächen.

3. Geht Sanders als Frontrunner in den Super Tuesday?

Die Sehnsucht vieler Demokraten, eine Kandidatin oder einen Kandidaten zu küren, der Donald Trump im November schlagen kann, ist riesig. Sollte sich also Bernie Sanders als unangefochtener Spitzenkandidat mehr und mehr etablieren, dürfte zumindest in großen Teilen auch die Bereitschaft und der Wille bestehen, den Senator aus Vermont zu unterstützen. Schafft es aber auch Sanders nicht, ohne Schaden aus den Februar-Vorwahlen zu kommen und am Super Tuesday ebenfalls weitere Vorwahlen nicht auf den ersten beiden Plätzen abzuschließen, wird er es schwer haben, diese Unterstützung zu gewinnen. Sanders Aussichten in South Carolina sind nicht so gut. Bestätigt sich dieser Eindruck, weil Biden oder Buttigieg dort gewinnen könnten, kommt evtl. auch nochmal Elizabeth Warren an Sanders heran. Der ideale Boden für Mike Bloomberg wäre bereitet.

Bloomberg - der rettende Anker?


"Alle Kandidaten sind zu schwach, Trump zu schlagen." Das würde dann sinngemäß Bloombergs Motto für den Super Tuesday sein, ergänzt mit dem Hinweis, dass er nun die Rettung für die Demokraten sei.

Ein beschädigter Joe Biden, ein relativ unerfahrener Pete Buttigieg, Erfolge des linken Sanders, ein im Amtsenthebungsverfahren triumphierender Donald Trump, ein unklares und offenes Rennen für die General Election und das peinliche Auszählchaos in Iowa könnten die moderaten Demokraten zunehmend frustrieren und verunsichern. In einer solchen Situation könnten sie dazu neigen, einen scheinbar über dem Wahlkampf schwebenden Mike Bloomberg zu unterstützen. Dessen unfassbare Finanzkraft und die mehr oder weniger beabsichtiigte Souveränität, erst im März in die Vorwahlen einzusteigen, könnten einen Reiz versprühen, die Hoffnungen auf den an diesem Freitag 78 Jahre alt werdenden Multimilliardär zu setzen.

Bloombergs Konzept könnte aufgehen. Noch liegen nicht viele und insbesondere auch keine aktuellen Umfragen für die Bundesstaaten vor, in denen am Super Tuesday und in den darauf folgenden Wochen und Monaten gewählt wird, aber das was bislang bekannt ist, deutet darauf hin, dass Bloombergs geschaltete Werbemaßnahmen fruchten. Auch bundesweit gehört Bloomberg inzwischen zu den Kandidaten, denen aktuell eine bedeutende Rolle zugemessen wird.

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