Donnerstag, 20. August 2020

Kamala Harris offiziell Vizekandidatin - Barack Obama stiehlt ihr fast die Show

Der dritte Abend des Parteitags der Demokraten hatte mit der Nominierung von Kamala Harris als Vizepräsidentschaftskandidatin seinen Höhepunkt. Die Senatorin aus Kalifornien nahm die Nominierung erwartungsgemäß an und wird nun an der Seite Joe Bidens das Spitzenduo der Demokraten bei der Präsidentschaftswahl am 03. November bilden.

In ihrer Rede stellte sich Harris zunächst als Privatmensch vor. Sie ging dabei auch auf die Herkunft ihrer Eltern ein und gab einen Einblick, wie sie aufgewachsen ist und welche Werte sie geprägt haben. Ob bewusst oder nicht, Harris stellte dabei nochmal fest, dass sie in Oakland, Kalifornien geboren ist. Seit ihrer Nominierung wurden aus Kreisen rechter Gruppen bewusst falsche Zweifel gestreut, ob sie überhaupt in den USA geboren sei. Dass Donald Trump auf Nachfrage diese Behauptung nicht eindeutig als falsch zurückwies, wurde ihm von vielen Seiten vorgeworfen.



Nach einem ruhigen Beginn ihrer Rede, wechselte Harris die Tonlage und lies durchblicken, dass sie bereit ist, mit aller Kraft in den Wahlkampf gegen Donald Trump zu ziehen. Sie zeichnete das Bild einer durchsetzungsstarken Generalstaatsanwältin und Senatorin. In diesen Tätigkeiten in Kalifornien und im US-Senat habe sie sich für Kinder und Opfer sexuellen Missbrauchs eingesetzt, Bandenkriminalität bekämpft und es mit den größten Banken aufgenommen. "Ich erkenne ein Raubtier, wenn ich es sehe", schloss Harris diesen Gedanken ab und fügte eine rhetorische Pause ein.

Dieser Verweis dürfte wohl als Kampfansage in Richtung Donald Trump zu verstehen sein. Denn bereits Anfang Juli und wiederholt im August hatte sie dem US-Präsidenten vorgeworfen, die Instinkte eines Raubtiers zu haben und bezog sich dabei auf das gezielte Erkennen und Ausnutzen von Schwächen.

Konkret erwähnte Kamala Harris Donald Trump nur einmal: "Donald Trumps Führungsversagen hat Leben gekostet und Lebensgrundlagen zerstört", sagte Harris in Bezug auf das Krisenmanagement des Präsidenten während der Coronapandemie.

"Wir stehen an einem Wendepunkt. (...) Wir können es besser machen und haben es auch viel besser verdient", leitete Harris dann über zu Joe Biden. "Derzeit haben wir einen Präsidenten, der unsere Tragödien in politische Waffen verwandelt. Joe wird ein Präsident sein, der unsere Herausforderungen zu seiner Bestimmung macht."

Kamala Harris motivierte die Demokraten: "Lasst uns mit Überzeugung, Hoffnung und Vertrauen in uns selbst kämpfen. (...)" und schloss ihre Rede mit einem Appell: "Unsere Kinder und Enkelkinder werden uns in die Augen schauen und fragen, wo wir waren und wie es war, als so viel auf dem Spiel stand. Und wir werden ihnen sagen, nicht nur wie wir uns gefühlt haben. Wir werden ihnen sagen, was wir getan haben."

Die Rede von Harris war persönlich und kämpferisch. Sie hob die Leistungen Joe Bidens als Senator und Vizepräsident hervor, nannte dabei Gesetzesinitiativen gegen Häuslicher Gewalt gegen Frauen, gegen Sturmwaffen sowie seine Rolle bei der Gesundheitsreform Obamacare und einem Wiederaufbauprogramm nach der Großen Rezession.
Die Attacken und Warnungen in Richtung Donald Trump waren meist Anspielungen auf das aus Harris Sicht massive Versagen des Präsidenten. Als Running Mate wird sie in den nächsten Wochen bis zur Wahl diese Anspielungen weiter konkretisieren und verschärfen. Dass sie dies in der Rede der vergangenen Nacht noch mit angezogener Handbremse tat, lag auch an ihrem Vorredner, dessen Kritik kaum zu übertrumpfen gewesen wäre. 

Obamas massive Kritik an Donald Trump ist historisch


Es ist nicht üblich, dass sich frühere US-Präsidenten allzu kritisch zu einem ihrer Nachfolger äußern. Dass Barack Obama seinem direkten Nachfolger und zudem noch aktuellen Amtsinhaber derart die Kompetenzen abspricht, wie er es am gestrigen Abend getan hat, ist wohl erst- und einmalig.

Obama sagte: "Ich habe nie erwartet, dass mein Nachfolger meine Vision von Politik annimmt oder fortsetzt. Ich hoffte im Sinne unseres Landes, dass Donald Trump etwas Interesse daran gezeigt hätte, seine Aufgabe ernst zu nehmen; dass er die Bedeutung des Amtes gespürt hätte und etwas Ehrfurcht für die Demokratie entwickelt hätte, die in seine Obhut gelegt wurde. Aber das tat er nie. In den fast vier Jahren zeigte er kein Interesse an dieser Arbeit, kein Interesse, Gemeinsamkeiten zu finden, kein Interesse die unglaubliche Macht seines Amtes zu nutzen um anderen zu helfen, außer sich selbst und seinen Freunden; (...). Donald Trump ist nicht in sein Amt hineingewachsen, weil er es nicht kann. Und die Konsequenzen dieses Versagens sind ernst. 170.000 tote Amerikaner. Millionen verlorerner Arbeitsplätze (...)."



Diese vernichtende Kritik an seinem Nachfolger verband Obama mit lobenden Worten für Joe Biden und Kamala Harris. Und der frühere Präsident warnte davor, dass nicht weniger als die Demokratie auf dem Spiel stehe.
"Lasst euch von ihnen nicht eure Macht nehmen, lasst euch von ihnen nicht eure Demokratie wegnehmen," wendete sich Obama in Richtung jener, die zweifeln, zur Wahl zu gehen. "Geht so früh wie möglich wählen und erzählt Freunden und Familie, wie sie ebenfalls wählen können." Obama mobilisierte weiter: "Diese Regierung hat gezeigt, dass sie die Demokratie einreißen würden, falls es für ihren Sieg notwendig sei." Er rief dazu auf, alle Kraft in die verbleibenden 76 Tage zu stecken und eine so große Wahlbeteiligung zu erreichen, wie nie zuvor.

Donald Trump ließ diese fundamentale Kritik nicht unbeantwortet. Noch während Obama sprach, twitterte er, dass Obama seinen Wahlkampf auspioniert hätte und dabei erwischt worden sei.

Außerdem fragte Trump, weshalb Obama Joe Biden zunächst nicht unterstützt hätte als dieser in den Vorwahlen kandidierte, sondern sich erst spät auf seine Seite schlug.

Inhaltliche Schwerpunkte und ein Brief an Donald Trump


Die Demokraten haben am dritten Tag zudem erneut verschiedene Themenblöcke in Form von Einspielfilmen und Redebeiträgen platziert. Schwerpunkte waren die Migrationspolitik und die Bedeutung und Leistungen von Einwanderern, die Waffengewalt und Gesetze für eine verschärfte Kontrolle von Waffen, die Rolle starker Frauen in Politik und Gesellschaft und die Klimapolitik. In allen Bereichen wurde immer wieder der Kontrast zu Donald Trump skizziert, meist mit Ausschnitten seiner Rede und Pressekonferenzen und in einem Falle mit einem Mädchen das einen Brief an den Präsidenten verlas.



Der Parteitag vor dem Abschluss


In der kommenden Nacht endet der Parteitag der Demokraten. Joe Biden soll mit seiner Rede zur Annahme der Nominierung der Höhepunkt dieser Tage sein. Vorher werden erneut zahlreiche Redebeiträge eingespielt werden, unter anderem von Pete Buttigieg, Cory Booker und Andrew Yang.

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