Der dritte Platz mit 19 % beim Iowa Caucus war für Nikki Haley zu wenig, um langfristigen Optimismus zu verbreiten, aber auch zu viel, um die Flinte ins Korn zu werfen. Die frühere Gouverneurin macht weiter, als letzte republikanische Herausforderin von Donald Trump, neben Ron DeSantis. Haley weiß aber auch, dass sie angesichts Trumps überwältigender Mehrheiten in den Umfragen nun bei der nächsten Vorwahl gewinnen muss. New Hampshire ist ihr Terrain, präziser formuliert, der kleine Bundesstaat im Nordosten der USA ist keine Trump-Hochburg. Sollte er dennoch dort gewinnen, gibt es praktisch kein realistisches Szenario mehr, das Haley oder DeSantis einen Weg zur Nominierung der Grand Old Party aufzeigt.
Nikki Haley am 14.Januar 2024 in Adel, Iowa by Gage Skidmore, CC BY-SA 2.0 |
Haleys opportunistisches Verhältnis zu Trump
Trump will die Vorwahlen möglichst schnell hinter sich bringen. Jede Woche in der er zusätzlich die letzten Risiken einer Nichtnominierung bekämpfen muss, kostet ihn Geld, was wohl das geringste Problem ist, aber insbesondere auch Kraft und Zeit. Schließlich ist sein Terminkalender im Frühling hinreichend gefüllt mit Gerichtsterminen, ein langer Wahlkampf gegen die Demokraten steht bevor und er wird diesen Sommer 78 Jahre alt, muss entsprechend mit seiner eigenen Kraft haushalten. Unlängst ist Trump also dazu übergegangen, die verbliebenen Parteikonkurrenten Haley und DeSantis direkt anzugehen. Während DeSantis praktisch schon seit über einem Jahr erfolgreich zur verbalen Zielscheibe geworden ist, geriet zuletzt verstärkt Nikki Haley ins Visier des Ex-Präsidenten.
Birther-Theorie nun auch gegen Haley
Neben der Unterstellung einer angeblichen Nähe Haleys zu China und den Demokraten greift Trump nun wieder in eine weitere altbekannte Schublade. Er stellt wider besseren Wissens infrage, ob Haley überhaupt berechtigt sei, für das Amt zu kandidieren. Trump spielt dabei auf die indischen Eltern Haleys an. Tatsächlich ist Haley in den USA geboren und damit berechtigt, Präsidentin der USA zu werden. Dieser sogenannten Birther-Theorie hat sich Trump nicht zum ersten Mal bedient. Er hat sie bei Barack Obama aufgegriffen und bei Ted Cruz 2016 gestreut. Es folgten Kamala Harris 2020 und nun auch Nikki Haley. Die Nutzung dieser rassistisch motivierten Verschwörungstheorie kommt im rechten Lager der Trump-Anhänger stets gut an. Der Spitzenkandidat der Republikaner unterfüttert sein Ansinnen weiter mit kleinen Spitzen gegen Haley, die auf die Herkunft ihrer Eltern abzielen. Auf seinem Netzwerk Truth Social postete er nach dem Iowa Caucus und nahm dabei Bezug zu Nikki "Nimrada" Haley. Die Nutzung ihres zweiten indischen Vornamens, herausgestellt durch die Verwendung von Anführungszeichen kann nicht anders als fremdenfeindlich und abwertend gedeutet werden, zumal der richtige zweite Vorname Haleys auch Nimarata ist. Seine frühere Botschafterin bei den Vereinten Nationen ist landesweit praktisch nur unter dem Namen Nikki Haley bekannt.
Haley sieht offenbar Dilemma
Haley blendet diese Angriffe gegen sie weitgehend aus, übersieht dabei aber, dass deren Wirkung nicht nur sie selbst trifft. Das politisch und gesellschaftlich polarisierende Klima, das Trump aufgreift und befeuert, will Haley entschärfen und versäumt es, hier zum wiederholten Male klar Position zu beziehen. Sie weicht nur allzu gerne auf sachliche politische Fragen aus, betont, dass die Menschen es leid seien, sich mit persönlichen Anfeindungen zu befassen. Der Wunsch sich als die Überwinderin der spalterischen Rhetorik darzustellen verfängt möglicherweise zurecht bei einigen Wählerinnen und Wählern. Diejenigen, die aber unter rassistischen Anfeindungen leiden und jene die auch ohne selbst betroffen zu sein, dies verurteilen, erwarten mehr als ausweichende Antworten von einer möglichen künftigen Präsidentin. Und so passt es eben auch ins Bild, dass Haley versäumt hat, die Sklaverei als Ursache für den Bürgerkrieg zu benennen und jüngst behauptete, dass die USA nie ein rassistisches Land gewesen seien.
Die frühere opportunistische Vorgehensweise Haleys setzt sich auch in diesem Wahlkampf fort. Haley will einerseits eine moderne konservative Alternative zu Donald Trump sein, umwirbt die moderaten Wählerinnen und Wähler und blickt doch mit einem Auge auch immer wieder auf die Trump-Anhänger, um sie mit einer Kritik an ihrem Vorbild nicht zu verschrecken. Dabei hätten sie mit Ron DeSantis eine ihnen weitaus näher stehende Alternative. Warum also Haley hier weiterhin so zögerlich auftritt, bleibt zunächst ihr Geheimnis. Die Losung, nicht ohne die Stimmen der Trump-Anhänger gewinnen zu können, ist zwar nachvollziehbar, verfehlt aber solange das Ziel, wie Donald Trump noch selbst im Rennen ist. Er und kein anderer ist der zu bezwingende Gegner Nikki Haleys in diesem Vorwahlkampf.
Zumindest hat Haley ihren Wahlkampf nun in diesem Sinne neu justiert. Ron DeSantis, der beim Iowa Caucus vor ihr lag, wird ausgeblendet. Sie rief den Zweikampf mit Donald Trump aus. Folgerichtig verweigerte sie auch die TV-Debatten mit DeSantis, solange Trump nicht daran teilnimmt. Die Debatten wurden inzwischen abgesagt. Haley schaltete zuletzt einen
Wahlspot, in dem sie nur noch gegen Donald Trump und Joe Biden als die beiden angeblich unbeliebtesten Politiker der USA wetterte.
Die Handbremse immer noch fest angezogen, schließt Haley aber nicht kategorisch aus, als Vizepräsidentin unter Trump zu kandidieren, auch wenn sie immer wieder hervorhebt, nicht dafür, sondern für das Amt der Präsidentin zu kandidieren. Anders als Chris Christie oder Liz Cheney, zwei entschiedene Trump-Kritiker in den Reihen der Republikaner, geht Haley eben nicht so weit und verzichtet darauf, Trump die persönliche Eignung für das Amt abzusprechen. Offenbar erkennt die frühere Gouverneurin von South Carolina hier ein Dilemma, was sie einerseits zu einer Tonverschärfung gegen und andererseits zu keinem vollständigen Bruch mit Donald Trump veranlasst.
Haleys Strategie reicht von Vorwahl zu Vorwahl
Ob das Konzept Haleys aufgehen wird, entscheiden auch die unabhängigen Wählerinnen und Wähler in New Hampshire. Anders als in Iowa dürfen sie nämlich hier bei den Vorwahlen der Republikaner teilnehmen. Aufgrund der starken Dominanz Trumps in den eigenen Reihen, ist Haley auf eine Rekordbeteiligung dieser Unabhängigen und deren Unterstützung angewiesen. Will sie diese aber erreichen, wird es eine klarere Haltung gegenüber Donald Trump geben müssen. Nicht ohne Grund kam der sonst bei den Republikanern praktisch komplett abgemeldete Chris Christie in den Umfragen in New Hampshire immerhin auf 12 %. Er verweigert Haley weiterhin die ausdrückliche Unterstützung, solange sie sich nicht unmissverständlich von Trump abwendet. Da sie das nicht tut, lässt sie in der Mitte Wählerstimmen liegen. Dies könnten mehr Stimmen sein, als die inzwischen neo-republikanischen, die sie durch ihre Haltung glaubt, sichern zu müssen.
Die New York Times hat zuletzt aufgeführt, dass es in New Hampshire 343.000 Unabhängige und 268.000 registrierte Republikaner gibt. Die höchste Wahlbeteiligung von Unabhängigen an republikanischen Vorwahlen habe es demnach 2012 mit knapp 40 % gegeben. Die Unterstützung Trumps gegenüber Haley in New Hampshire ist laut Umfragen unter Republikanern aber tendenziell höher (65 % zu 25%), als die Haleys gegenüber Trump unter Unabhängigen (52% zu 37%). Auch wenn Haleys Strategie hier zwar mathematisch folgerichtig ist, darf nicht übersehen werden, dass wankelmütige Trump-Anhänger mit Ron DeSantis noch eine weitere Alternative haben. DeSantis Ansehen bei Unabhängigen ist dagegen eher überschaubar.
Haley hat also in New Hampshire die Chance alles auf die Karte der Unabhängigen zu setzen. Wie weit sie das ausreizen wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist jedoch, dass sie gewinnen muss. Einem wie auch immer gearteten Erfolg in New Hampshire vorausgesetzt, müssten dann in ihrem Heimatbundesstaat South Carolina praktisch ihr zweiter Must-Have-Sieg folgen. Allerdings liegt auch dort Trump in Umfragen knapp 30 % vor Haley. Es ist unwahrscheinlich, dass Haley New Hampshire verliert und South Carolina gewinnt. Aber ein solches Szenario würde ihr zumindest die Tür zum Super Tuesday öffnen, an dem erstmals ein signifikanter Anteil der Delegiertenstimmen vergeben wird. Verliert sie beide Vorwahlen gegen Trump, dürfte die Entscheidung zu dessen Gunsten gefallen sein.
Nevada - ein kluges Ausweichen Haleys?
Zeitlich zwischen den Vorwahlen in New Hampshire und South Carolina liegt noch Nevada. Hier hat ein Streit zwischen der republikanischen Partei und dem Bundesstaat Nevada dazu geführt, dass es sowohl einen Caucus als auch einen Primary gibt. Die Gesetze des Bundesstaats Nevada sehen vor, dass die Parteien ihre Vorwahlen in Form eines Primary abhalten müssen, sofern dies ein Kandidat beantragt. Dies war der Fall und die Republikaner sahen sich gezwungen einen Primary abzuhalten. Da sie aber einen Caucus für sinnvoller erachten, lassen sie zusätzlich auch Vorwahlen in Form eines Caucus zu. Die Kandidaten mussten sich nun entscheiden, an welcher Vorwahl sie teilnehmen werden. Die Partei hat aber ausdrücklich festgelegt, dass es Delegiertenstimmen nur bei dem von ihr bevorzugten Caucus zu gewinnen gibt. Der Primary ist dagegen nur eine Formalität ohne faktischen Wert. Von dem jetzt noch übrig gebliebenen Spitzentrio hat sich nur Nikki Haley dazu entschieden beim Primary anzutreten. Trump und DeSantis nehmen am Caucus und damit am Kampf um die Delegiertenstimmen teil.
Weshalb Haley darauf verzichtete, Delegiertenstimmen in Nevada gewinnen zu können, ließ sie offen. Vermutlich hat es einen taktischen Grund. In Nevada gibt es "nur" 26 Delegiertenstimmen zu gewinnen. Die Republikaner in Nevada sind starke Trump-Anhänger. Haley spielt dort praktisch keine Rolle. Da sie aber beim Primary keine prominenten Gegner mehr hat, sollte es da für einen Erfolg reichen, zumindest geht sie einer klaren Niederlage gegen Trump beim Caucus aus dem Weg.
Haley Fahrplan und Eintrittskarte zum Super Tuesday
Ihr Plan dürfte demnach sein:
- Sieg in New Hampshire
- eine DeSantis-Schlappe gegen Trump beim Nevada Caucus und ein eigener wenn auch nur symbolischer Sieg beim Nevada Primary
- und ein Sieg in South Carolina.
Um diese doch recht ambitionierten Ziele zu erreichen, muss für Haley alles aufgehen. Ob ihr Taktieren der richtige Weg ist, werden die nächsten Tage (New Hampshire am kommenden Dienstag) und Wochen zeigen.
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