Freitag, 23. Februar 2024

Biden weiter im Umfragetief - Welche Chancen hätten andere Demokraten?

US-Präsident Joe Biden hat längst in den Wahlkampfmodus geschaltet. Bei den eigenen Vorwahlen der Demokraten drohen ihm schlimmstenfalls symbolische Nadelstiche aus den eigenen Reihen. So gibt es immer mal wieder Aufrufe, insbesondere vom äußerst linken Flügel der Partei, bei den Vorwahlen gegen Biden zu stimmen, um so etwa den Unmut über dessen Linie im Israel-Gaza-Konflikt zu demonstrieren. So zuletzt, die Kongressabgeordnete Rashida Tlaib aus Michigan, wo am kommenden Dienstag gewählt wird.
Biden und große Teile der Demokraten blicken aber bereits auf das Duell, was offenbar kaum einer will, aber auch niemand so recht zu verhindern weiß. Die wenigsten fordern offen, dass Biden nicht erneut antreten soll, etwas mehr meinen aber, dass andere Kandidaten bessere Chancen hätten, Donald Trump im November zu schlagen. Aber ist diese Annahme überhaupt zutreffend? Ein Blick in die Umfragen liefert hierzu differenzierte Hinweise.

President Joe Biden attends the Annual National Police Officers' Memorial Service at the U.S. Capitol in Washington, D.C., October 16, 2021. (Photo by Benjamin Applebaum). Original public domain image from Flickr
Joe Biden
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Die Umfragewerte für Joe Biden sind tatsächlich herausfordernd schwach. Die wesentlichen Punkte zusammengefasst:

Bidens Umfragewerte historisch schwach


Bei der Frage, wie zufrieden die Amerikaner mit ihrem Präsidenten sind, wird Biden unverändert kritisch gesehen. In den letzten drei Monaten waren zwischen 55-57 % mit dessen Arbeit unzufrieden, während nur ca. 40 % angaben, zufrieden zu sein. So schwache Werte mit einer solchen Differenz von 15-17 % hatte zu einem vergleichbaren Zeitpunkt, neun Monate vor einer Wiederwahl, kein anderer Präsident seit dem 2. Weltkrieg. Lediglich Donald Trump 2020 und George H.W. Bush 1992 kamen in den letzten Jahrzehnten auf annähernd schwache Werte. Beide verloren dann noch im selben Jahr ihre Wahl und erhielten keine zweite Amtszeit.

Diese prekären Werte für Biden werden wiederum etwas relativiert, da sein vermutlicher Herausforderer Donald Trump aktuell auch nicht auf wesentlich mehr Zustimmung blicken kann. Mit Trump sind derzeit durchschnittlich 42 % zufrieden, während 54 % angeben, mit dem Republikaner unzufrieden zu sein.

Anders als 2020: Trump landesweit knapp vor Biden


Im direkten Vergleich liegt Donald Trump landesweit ca. 2 % vor Joe Biden. Laut Umfragen kommt Biden durchschnittlich auf 44 %, Trump auf 46 %. Nimmt man weitere unabhängige Kandidaten noch dazu, liegt Trump sogar 4-5 % vor Biden. 
Für Biden positiv formuliert, kann man also sagen, dass er trotz schwacher eigener Zustimmungswerte das Rennen scheinbar offen halten kann. Will man aber den aktuellen Stand im Sinne Donald Trumps deuten, ist hervorzuheben, dass Biden, im Februar 2020, also zu einem vergleichbaren Zeitpunkt, über 7 % vor Trump lag.

Biden liegt auch in Swing States nicht vor Trump


Auch in den Battleground States zeigt sich ein ähnliches Bild. Die aktuellen Umfragen sehen Trump in allen umkämpften und entscheidenden Bundesstaaten vor Joe Biden. Trump liegt zwar mit 1-4 % Vorsprung meist nur innerhalb der Fehlertoleranz vor Biden, die Werte sind in den letzten Wochen allerdings durchweg stabil. Der einfachste Weg für Biden wären Siege im Rust Belt. Pennsylvania, Michigan und Wisconsin sind die Erfolgsgaranten für den Demokraten, wenn er sonst keine der scheinbar sicheren Bundesstaaten verliert. Biden könnte sich in diesem Fall also im Vergleich zu 2020 Niederlagen in Arizona, Georgia und Nevada erlauben und käme auf exakt die erforderliche Zahl von 270 Wahlmännerstimmen. Würde bereits heute gewählt werden, dürfte laut Umfragen Trump aber das Comeback gelingen.

Die Sehnsucht nach einem Aufbruch und einen Generationenwechsel sind mitunter in beiden Parteien spürbar. Nikki Haley wird zwar mehrheitlich von ihrer Partei nicht gegenüber Donald Trump bevorzugt, kann jedoch immerhin knapp ein Drittel der Republikaner für sich gewinnen. Bei den Demokraten gibt es niemanden, die oder der Joe Biden in ähnlicher Form herausfordert. Dennoch kursieren reflexartig immer wieder Namen, wenn Biden mal wieder ein verbaler Fauxpas unterläuft oder eine weitere für den Präsidenten negative Umfrage veröffentlicht wird. Aber hätten andere Demokraten tatsächlich bessere Chancen gegen Trump zu bestehen?

Kamala Harris - die schnelle und einfache Alternative


Alternative Namen bei den Demokraten werden immer wieder diskutiert. Allen voran natürlich die Vizepräsidentin Kamala Harris. Dazu die Gouverneure von Kalifornien, Gavin Newsom, Pennsylvania, Josh Shapiro, und Michigan, Gretchen Whitmer. Beispielhaft gehe ich mal auf zwei dieser vorgenannten Demokraten näher ein.

Kamala Harris
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Der einfachste Weg für Biden einen ordentlichen Übergang zu schaffen, wäre ein Rücktritt. Vizepräsidentin Harris würde übernehmen und kein ernsthafter Demokrat würde sie unter diesen Umständen in den Vorwahlen noch herausfordern. Auch die Ankündigung auf einen Verzicht einer zweiten Amtszeit, verknüpft mit der Kandidatur seine Vizepräsidentin wäre noch möglich. Harris ist bekannter als Newsom und könnte also im Einvernehmen mit Biden jederzeit übernehmen.
Kamala Harris liegt landesweit aktuell laut Emerson 3 % hinter Trump, also auch noch etwas schwächer als Biden. Trump hätte gegenüber Harris laut Emerson in Arizona 7 %, in Nevada 9 %, in Georgia 10 %, in North Carolina 9 %, in Pennsylvania 10 % Vorsprung.
Auch hier liegt Biden also immer noch etwas besser im Rennen als Harris.

Gavin Newsom - langer Weg bei wenig Zeit


Gavin Newsom liegt bei einer landesweiten Umfrage des Emerson College 10 % hinter Trump, während Biden nur 1 % Rückstand auf den Republikaner hat. Auch in den Battleground States steht Newsom schwächer da als Joe Biden. Trump hätte gegenüber Newsom laut Emerson in Arizona 13 %, in Nevada 18%, in Georgia 18%, in North Carolina 15 %, in Pennsylvania 15 % Vorsprung.

Gavin Newsom
by Gage Skidmore, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Gavin Newsom hätte also eine weitaus schwierigere Ausgangslage als Biden und Harris. Allerdings darf hierbei nicht vergessen werden, dass Newsom einen weitaus geringeren Bekanntheitsgrad hat als Biden. Für den fiktiven Fall, dass Newsom gegen Trump antreten würde, dürfte sich dessen Popularität in Kürze rasant erhöhen, das Zeitfenster, in dem ein einigermaßen geordneter Übergang möglich wäre, schließt sich aber logischerweise von Tag zu Tag immer mehr.
Was für Newsom gilt, ist ähnlich auch für Josh Shapiro und Gretchen Whitmer anwendbar, wobei diese beiden den Vorteil mitbrächten, direkt aus den so wichtigen Swing States Pennsylvania und Michigan zu kommen.


Es ist also deutlich erkennbar, dass die viel diskutierten Alternativen zu Joe Biden bei den Demokraten, zumindest laut aktueller Umfragen, nicht unbedingt bessere Chancen gegen Donald Trump hätten. Sollte Biden aber mit dem Gedanken spielen, in "letzter Minute" doch noch auf eine zweite Kandidatur verzichten zu wollen, müsste dies eher heute als morgen geschehen, um einerseits Harris, Newsom und Co. genügend Zeit für den eigenen Wahlkampf zu geben und andererseits auch noch Raum für den Aufbau eines gewissen Enthusiasmus zu lassen.

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