Mittwoch, 10. Oktober 2018

Was die Midterm Elections für Donald Trump bedeuten

Noch rund vier Wochen bis zum Election Day. Ein Monat, in dem Republikaner und Demokraten versuchen werden, ihre Wählerschaft auch tatsächlich zum Wahlgang zu motivieren. Ich vermute, dass bei den diesjährigen Kongresswahlen eine höhere Wahlbeteiligung erzielt werden kann, als es bei Midterm Elections normalerweise üblich ist. Denn nicht nur die oppositionellen Demokraten dürften ein gesteigertes Interesse an einem guten Abschneiden haben, auch die Republikaner sind nach der Debatte um Brett Kavanaugh nochmal gepusht worden. Die Mobilisierung der eigenen Basis dürfte auch entscheidend für den Wahlausgang werden.
Natürlich wird die Fokussierung der Auswirkungen dieser Kongresswahlen auf das Weiße Haus und die übergeordnete politische Lage in den USA nicht all jenen gerecht, die in ihren Wahlbezirken und Bundesstaaten um die Gunst der Wählerinnen und Wähler buhlen. Dennoch ist die Bedeutung des Wahlausgangs für Donald Trump, die künftige Ausrichtung der Republikaner und die Präsidentschaftswahl 2020 nicht zu vernachlässigen.

Neben der formalen Konsequenzen, die ein Mehrheitswechsel im Kongress für die Gesetzgebung zur Folge hätten, lohnt sich aber auch ein Blick auf Trumps Stellung innerhalb der GOP und des Machtgefüges in Washington.


Die Verteidigung des Status Quo hätte für Trump eine größere Bedeutung als ein Machtverlust im Kongress


Für den US-Präsidenten wird der 06. November aus strategischer Sicht der wichtigste Tag seit seiner eigenen Wahl 2016 werden. Dabei hat Donald Trump auch mehr zu gewinnen als zu verlieren.

Szenario 1: mittlere bis schwere Niederlage der Republikaner

Sollten die Republikaner eine schwere Niederlage bei den Kongresswahlen hinnehmen müssen, also den Mehrheitsverlust im Repräsentantenhaus und dem Senat, wäre das zweifelsohne auch eine Niederlage für den US-Präsidenten. Zwei Jahre nach seiner Wahl hätte das Wahlvolk seiner Politik eine Absage erteilt. So oder ähnlich würde die öffentliche Interpretation einer solchen Niederlage aussehen und Trump wäre tatsächlich geschwächt. Insbesondere die Demokraten würden frohlocken und gleich den Blick auf eine mögliche Abwahl Trumps 2020 richten.
Und auch bereits bei dem Verlust der Mehrheit in nur einer Kammer, dürften in der öffentlichen Wahrnehmung die Demokraten als Sieger gelten. Aber hätte Donald Trump wirklich so viel verloren?
Auf die Gesetzgebung bezogen wäre dies sicherlich der Fall. Betrachtet man aber seine Auftritte und den Umgang mit objektiven Niederlagen, gelangt man schnell zur Vermutung, dass sich Trump eine Wahlniederlage der Republikaner nicht selbst anheften würde. Es passte nicht zu ihm, wenn er Selbstzweifel aufkommen ließe oder sogar öffentlich eine eigene Verantwortung dafür übernehmen würde. Trump stellte einmal etwas süffisant fest, sollte er infolge einer Niederlage der Republikaner aus dem Amt gejagt werden, wäre seine Wählerbasis Schuld, weil sie sich nicht geschlossen an der Wahl beteiligt hätte. So hatte es Trump selbst auf einer Wahlkampfveranstaltung in Montana formuliert.

Der US-Präsident würde also weiterregieren, könnte bei verschleppten Reformen und negativen Entwicklungen der Wirtschaft, des Arbeitsmarktes oder anderer politischer Felder immer auf die vermeintliche Blockadehaltung der Demokraten verweisen und ihnen die Schuld geben. Kurzum gesagt, er könnte sich mit dem formalen Machtverlust arrangieren und versuchen, die damit verbundenen Nachteile für sich zu nutzen.

Droht aus Sicht Trumps sogar ein komplett demokratisch dominierter Kongress wird immer wieder ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ins Spiel gebracht. Hierbei bin ich aber sehr zurückhaltend. Die Hürden für ein Amtsenthebungsverfahren sind nicht nur eine Frage der Mehrheitsverhältnisse im Kongress. Es reicht eben nicht aus, einfach nur einen Präsidenten des Amtes zu entheben, weil er deutlich andere politischen Positionen vertrete oder weit entfernt der political correctness agiere. Es müssen schon schwere Amtsvergehen nachgewiesen werden, die Verfassung nennt hier z. B. Landesverrat, Bestechlichkeit oder andere schwere Verbrechen. Ob dies der Fall sein wird, kann an dieser Stelle vernachlässigt werden. Interessant ist eher die Frage, wer denn tatsächlich Interesse an einer Amtsenthebung hätte?
Klar, Donald Trump und wohl auch die überwiegende Mehrheit der Republikaner ganz sicher nicht. Die Demokraten könnten den unbeliebten, teils verhassten, Präsidenten stürzen. Aber was hätten sie davon? Vizepräsident Mike Pence vertritt aus demokratischer Sicht nicht weniger problematische Positionen als Trump, ist vermutlich noch wertekonservativer und wäre aufgrund seiner ruhigen und diplomatischen Art ein sehr ernster Konkurrent für die US-Präsidentschaftswahl 2020. Zudem würde eine Amtsenthebung Trumps nochmal für eine deutliche Zunahme der Spannungen innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft führen. Die Aussichten für die Demokraten wären deutlich besser, könnten sie 2020 gegen einen amtierenden Präsidenten Trump antreten, der zwei Jahre zuvor bei den Midterm Elections eine schwere Niederlage einstecken musste. Also warum etwas daran ändern?
Die Wahrscheinlichkeit, dass Trump infolge eines demokratischen Doppelsieges am 06. November des Amtes enthoben werden würde, halte ich zwar nicht für ausgeschlossen, aus rein strategischen Gründen aber für sehr fraglich.

Bliebe noch das Problem mit der eigenen Partei. Eine klare Niederlage bei den Zwischenwahlen könnte die inzwischen sehr leise gewordenen kritischen Stimmen des republikanischen Establishments gegen Trump wieder zunehmend hörbarer werden lassen. Eine Revolte gegen Donald Trump, die etwa mit einem koordiniert unterstützten parteiinternen Gegenkandidaten in den Vorwahlen 2020 münden würde, ist für die Republikaner eigentlich viel zu risikoreich. Eine völlige Spaltung der Partei würde drohen; folglich die Niederlage 2020. Ein solches parteiinternes Aufbegehren gegen den US-Präsidenten wäre eher unwahrscheinlich, von all den möglichen negativen Konsequenzen für Trump, aber wohl noch das gefährlichste Szenario.

Dennoch, die Nachteile und Risiken für Donald Trump, die ihm durch eine schwere republikanische Niederlage entstehen würden, sind politisch zwar offensichtlich, aber für den US-Präsidenten letztlich kalkulierbar. Eine Wiederwahl 2020 wäre zumindest nicht ausgeschlossen.
Dass ein Sieg der Republikaner bei den Midterm Elections für Trump natürlich besser wäre, liegt auf der Hand. Der nachdrückliche Erfolg in diesem Herbst wäre aber insbesondere die Chance für Trump, den Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2016 zu perfektionieren.


Szenario 2: Sieg der Republikaner

Sollten die Republikaner also ihre Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses verteidigen können, wäre dies ein riesiger Erfolg für Donald Trump. Dann war 2016 kein Zufall, kein Unfall oder auch nicht nur das Ergebnis einer vermeintlich unbeliebten demokratischen Gegenkandidatin. Donald Trump würde gefühlt im Amt bestätigt werden, auch wenn er gar nicht zur Wahl steht.
Eine solche indirekte Bestätigung seiner bisherigen Amtszeit, würde den von ihm eingeschlagenen Weg innerhalb der Grand Old Party finalisieren. Überlegungen, einen anderen Kandidaten 2020 aufzustellen würden dann nicht nur aus den oben genannten Gründen unterbleiben, sie kämen erst gar nicht auf. Die Republikaner wären dann voll und ganz in der Hand Donald Trumps. Ein solcher Macht- und Prestigeerfolg wäre für Trump insbesondere auch persönlich von enormer Bedeutung. Es wäre für ihn die nachträgliche Genugtuung, die ihm 2016 durch das Establishment der GOP in Teilen verwehrt blieb.

Dieser eher persönliche Aspekt, wird aber auch von ganz praktischen Überlegungen flankiert. Donald Trump würde sich so sehr bestätigt sehen, dass er die Hemmungen verlieren würde, die er vermutlich aktuell noch teilweise gegenüber dem republikanischen Establishment bzw. den GOP-Vertretern im Kongress hat. Gemessen an der Anzahl der Entlassungen und Rücktritte im Weißen Haus und im Kabinett, ist es schon bemerkenswert, dass sich Justizminister Jeff Sessions überhaupt noch im Amt halten kann. Nachdem Trump aus Enttäuschung über Sessions relativ schmucklos feststellte, dass er gar keinen Justizminister habe, wäre dessen Ablösung die logische Folge gewesen. Dies ist wohl aber nicht geschehen, weil der Präsident genau weiß, wie beliebt und angesehen Sessions innerhalb des rechtskonservativen Flügels der Partei ist. Mit dem Rückenwind gewonnener Kongresswahlen dürften die Tage Sessions im Kabinett Trump aber gezählt sein.
Für die Personalie Robert Mueller gilt dies entsprechend. Der von verschiedenen Seiten geschätzte Sonderermittler schwebt weiter wie ein Damoklesschwert über Trump. Die Ablösung Muellers vor den Midterm Elections wäre viel zu risikoreich, da dann gemäßigte Republikaner, deren Zustimmung sich Trump im Laufe der Zeit erarbeitet hat, irritiert zurückschrecken könnten.
Störfaktoren im politischen Alltag zu beseitigen, wäre für Trump auch in Hinblick auf 2020 viel wert.

Insofern ist festzuhalten, dass die Chancen, die sich für Trump durch einen republikanischen Sieg ergeben, für ihn persönlich schwerer wiegen, als die Nachteile einer Niederlage der Republikaner. Mit einem Verlust der Mehrheit und damit auch der politischen Gestaltungsmöglichkeiten, würde sich Trump arrangieren können. Die ausbleibende Bestätigung seiner bisherigen Amtszeit, würde aber an ihm nagen. 

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