Sonntag, 28. Oktober 2018

Wann schließen die Wahllokale, wann gibt es die ersten Ergebnisse?

Der Wahlkampf zu den "Halbzeitwahlen" 2018 in den USA befindet sich auf der Zielgerade. Die Wahlnacht von Dienstag auf Mittwoch wird lang. Am 06. November sind die Wählerinnen und Wähler aufgerufen, ihre Stimmen bei den Kongresswahlen (und in einigen Bundesstaaten auch bei Gouverneurswahlen) abzugebenDie Ergebnisse kommen nach deutscher Zeit erst in der Nacht zu Mittwoch, 07. November. Es ist anzunehmen, dass ein sicheres Ergebnis zu der Frage, wer die Mehrheiten im Senat und Repräsentantenhaus hat, erst in den frühen Morgenstunden vorliegen wird.


Aufgrund der vielen verschiedenen Zeitzonen in den USA und unterschiedlicher Regelungen in den einzelnen Bundesstaaten schließen die Wahllokale nicht einheitlich. Die folgende Übersicht soll eine Orientierung geben, wann die Wahllokale schließen und mit ersten Ergebnissen, Prognosen und Hochrechnungen zu den Midterm Elections 2018 gerechnet werden kann.

Die ersten Wahllokale schließen in Teilen der Bundesstaaten Kentucky und Indiana bereits ab Mitternacht deutscher Zeit, also 07. November, 00:00 Uhr. An der Westküste in Kalifornien, Oregon und Washington schließen die Wahllokale um 05:00 Uhr. Zum Schluss kommt Alaska, wo die Wählerinnen und Wähler noch bis maximal 07:00 Uhr deutscher Zeit ihre Stimme abgeben können.

Neben den unten aufgeführten Bundesstaaten der USA sind zur Wahl des Repräsentantenhauses ebenso wahlberechtigt, deren Abgeordnete dort jedoch nicht stimmberechtigt (Schließung der Wahllokale):
Northern Marianas, 06.11., 10:00 Uhr
Guam, 06.11. 11:00 Uhr
Virgin Islands, 07.11., 00:00 Uhr 
American Samoa, 07.11., 06:00 Uhr.

Weitere Informationen zum Ablauf der Wahlnacht der Kongresswahlen werde ich hier rechtzeitig posten und einen Live-Ticker über den gesamten Wahltag und die Nacht mit allen wichtigen Informationen, Zwischenständen und Ergebnissen gibt es hier natürlich auch wieder.


Bundesstaat
Schließung der Wahllokale
nach deutscher Zeit bzw. MEZ
Kentucky
00:00, in Teilen bis 01:00
Indiana
00:00, in Teilen bis 01:00
Florida
01:00, in kleinen Teilen bis 02:00
Georgia
01:00
South Carolina
01:00
Virginia
01:00
Vermont
01:00
North Carolina
01:30
Ohio
01:30
West Virginia
01:30
Alabama
02:00
Connecticut
02:00
Delaware
02:00
District of Columbia
02:00
Illinois
02:00
Kansas
02:00, in Teilen bis 03:00
Maine
02:00
Maryland
02:00
Massachusetts
02:00
Michigan
02:00, in kleinen Teilen bis 03:00
Mississippi
02:00
Missouri
02:00
New Hampshire
02:00
New Jersey
02:00
Oklahoma
02:00
Pennsylvania
02:00
Rhode Island
02:00
South Dakota
02:00, in Teilen bis 03:00
Tennessee
02:00
Texas
02:00, in kleinen Teilen bis 03:00
Arkansas
02:30
Arizona
03:00
Colorado
03:00
New York
03:00
Louisiana
03:00
Minnesota
03:00
Nebraska
03:00
New Mexico
03:00
Wisconsin
03:00
Wyoming
03:00
Idaho
04:00, in kleinen Teilen bis 05:00
Iowa
04:00
Montana
04:00
Nevada
04:00
North Dakota
04:00, in kleinen Teilen bis 05:00
Utah
04:00
Oregon
04:00, in großen Teilen bis 05:00
Kalifornien
05:00
Washington
05:00
Hawaii
05:00
Alaska
06:00, in Teilen bis 07:00

Mittwoch, 24. Oktober 2018

Kongresswahlen in den USA: Aktuelle Lage zwei Wochen vor den Midterm Elections

Am 06. November wird gewählt. Noch zwei Wochen verbleiben den Wahlkämpfern in den USA, für die entscheidenden Stimmen zu werben. In unzähligen Telefonaten und Hausbesuchen versuchen die Wahlkampfzentralen ihren Kandidatinnen und Kandidaten einen Vorteil zu verschaffen. In TV, Rundfunk und Printmedien laufen mehr oder weniger originelle Werbespots, bei denen nicht selten die politische Konkurrenz scharf angegriffen wird. Und anders als in Deutschland prägen vor allem Wahlplakate in privaten Vorgärten das öffentliche Erscheinungsbild. Die eigene Präferenz wird offen gezeigt.

In den vergangenen zwei Monaten hat sich auch in den Umfragen einiges getan. Der Kampf um die Mehrheiten im Kongress ist noch nicht entschieden, aber es sind deutliche Tendenzen erkennbar.

Republikaner im Senat weiter vorne


Die Republikaner dürften nach aktuellen Prognosen ihre Mehrheit im Senat behalten und evtl. sogar leicht ausbauen.
Waren es noch vor Wochen rund 13 Bundesstaaten, in denen das Rennen um die jeweiligen Senatssitze als offen galt, hat sich die Anzahl inzwischen auf 5-10 reduziert.
In West Virginia, Minnesota und North Dakota wird inzwischen ein Vorsprung von jeweils über 10 % prognostiziert. Joe Manchin in West Viginia und Tina Smith in Minnesota können für die Demokraten vermutlich zwei Sitze gewinnen, wobei beide bislang auch schon in demokratischer Hand waren. In North Dakota dagegen scheint es ziemlich sicher zu sein, dass die Demokraten ihren Sitz nicht verteidigen können. Die Amtsinhaberin Heidi Heitkamp liegt in den Umfragen inzwischen rund 14 % hinter ihrem republikanischen Herausforderer Kevin Cramer zurück.

A.
Rechnet man als Prognosegrundlage nun die Sitze, die bereits vergeben sind und dieses Jahr nicht zur Wahl stehen und jene, die sicher einer Partei zugeordnet werden können und die drei vorgenannten Sitze zusammen, kommen die Republikaner aktuell auf 48 und die Demokraten auf 42 Sitze. Zehn Sitze sind noch offen. Eine Mehrheit ist bei 51 Sitzen erreicht, wobei den Republikanern formal bereits 50 Sitze reichen würden, da bei einem Patt der Vizepräsident Mike Pence die entscheidende Stimme hat und mit der GOP stimmen dürfte.

B.
Von den 10 noch offenen Sitzen sind bei 5 Sitzen Tendenzen für den Wahlausgang erkennbar. Dabei handelt es sich um:

- Wisconsin, hier liegt die demokratische Amtsinhaberin Tammy Baldwin etwa 9,5 % vor der Republikanerin Leah Vukmir.
- New Jersey, hier liegt der demokratische Senator Robert Menendez im Schnitt mit 7,7 % vor seinem republikanischen Herausforderer Rob Hugin.
- Texas, hier liegt der republikanische Senator Ted Cruz im Schnitt rund 7 % vor seinem demokratischen Herausforderer Beto O'Rourke.
- Tennessee, hier führt die Republikanerin Marsha Blackburn die Umfragen gegen den Demokraten Phil Bredesen mit durchschnittlich 6,5 % an.
- Montana, hier liegt der demokratische Amtsinhaber Jon Tester mit etwa 6 % vor dem Republikaner Matt Rosendale.

Auch wenn die einzelnen Umfragen in Tennessee und Montana teilweise sehr unterschiedlich ausfallen, sind auch hier Tendenzen erkennbar. Die Fehlertoleranz liegt in einigen Umfragen aber bereits bei 5% und das Wahlverhalten vieler Unabhängiger ist neben der Wahlbeteiligung schwer vorhersagbar. Es sind also noch einige Ungenauigkeiten in den Prognosen vorhanden. Zudem wird sich der Fokus des Wahlkampfes auf einige wenige Bundesstaaten konzentrieren. US-Präsident Donald Trump war bereits einige Male in Montana, um für Matt Rosendale Wahlkampf zu machen.

Nehmen wir die vorgenannten Zahlen aber mal als Wahlausgang an, würde dies folgende Auswirkungen haben:
Die Republikaner lägen bei 50 Sitzen und die Demokraten kämen auf 45 Sitze. 5 Sitze wären weiterhin noch offen.

C.
Bei diesen 5 noch völlig offenen Bundesstaaten handelt es sich um:

Indiana, hier liegt der demokratische Senator Joe Donnelly mit 0,4 % vor dem Republikaner Mike Braun: Tendenz Vorsprung sinkt
Missouri, hier liegt der republikanische Herausforderer Josh Hawley im Schnitt 0,5 % vor der demokratischen Senatorin Claire McCaskill: Tendenz unverändert
Arizona, hier liegt die Republikanerin Martha McSally im Schnitt 0,7 % vor der Demokratin Kyrsten Sinema: Tendenz Vorsprung sinkt.
Nevada, hier liegt der republikanische Amtsinhaber Dean Heller durchschnittlich 3,7 % vor seiner demokratischen Herausforderin Jacky Rosen: Tendenz Vorsprung steigt.
Florida, hier liegt der demokratische Senator Bill Nelson im Schnitt 3,5 % vor dem republikanisch Herausforderer und Gouverneur von Florida Rick Scott: Tendenz Vorsprung sinkt.

Insbesondere in diesen 5 Bundesstaaten lässt sich seriös kein Wahlausgang vorhersagen.

Um aber eine Aussage treffen zu können, wie wahrscheinlich ein Mehrheitswechsel im Senat ist, zeigen diese Umfragezahlen zwei Wochen vor dem Election Day eine klare Tendenz: unwahrscheinlich!
Selbst wenn die Demokraten alle 5 dieser eng umkämpften Bundesstaaten gewinnen würden, kämen sie nur auf einen Patt 50:50. Und dabei müssten sie auch schon die Bundesstaaten wie Montana oder New Jersey aus dem oben genannten Bereich B gewinnen.
Um es für die Wahlnacht zusammenzufassen, könnte man als Orientierung sagen: Sofern es keine Überraschungen in den oben aufgeführten Bundesstaaten der Bereiche A und B gibt, reichen den Republikanern Siege in Texas und Tennessee aus, um mindestens eine Mehrheit der Demokraten im Senat zu verhindern. Wollen die Demokraten eine Mehrheit erreichen, kann es eigentlich nur noch über diese beiden Bundesstaaten gehen. Eine Sitzverteidigung in North Dakota erscheint sehr unwahrscheinlich zu sein.



Andere Voraussetzungen im Repräsentantenhaus lassen Demokraten hoffen



Im Repräsentantenhaus stehen bekanntlich alle 435 Sitze zur Wahl. Auch hier haben sich die Prognosen der letzten Wochen fortentwickelt. Die meisten Quellen trauen sich inzwischen zu, für über 400 Abgeordnetensitze eine Aussage treffen zu können.

Waren es vor einigen Wochen noch ein bis zwei Umfragequellen, die die Republikaner leicht vorne sahen, sieht inzwischen auch Optimus die Demokraten im Vorteil. Ich habe 11 Quellen bei der Bewertung berücksichtigt. Dabei handelt es sich um CNN, FOX News, RCP, Crystal Ball, Daily Kos, Inside Elections, FiveThirtyEight, Cook PR, Politico, Optimus und Crosstab.
Hier werden den Demokraten aktuell zwischen 205 und 218 Sitze im Repräsentantenhaus als sicher oder wahrscheinlich vorhergesagt. Die Republikaner kommen demnach auf 196 bis 206 Sitze. 218 Sitze sind für eine Mehrheit erforderlich. 14-31 Sitze gelten nach den oben aufgeführten Quellen noch als offen.

Schaut man sich die maximale Anzahl offener Sitze genauer an, ist bei den 31 Sitzen keine klare Tendenz erkennbar. Fast alle offenen Sitze werden derzeit von Republikanern gehalten. Es liegen zu diesen Sitzen meist nur wenigen Umfragen vor, aber die Verteilung wäre laut dieser Umfragen nahezu ausgelichen. Sollte diese Sitze also relativ gleichmäßig verteilt werden, kämen noch für beide Seiten etwa 15-16 Sitze hinzu, was nach aktuellem Stand eher den Demokraten helfen würde, sie hätten dann wohl eine mehr oder weniger knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus.

Den Demokraten werden auch anhand dieser Zahlen gute Chancen auf eine Mehrheit im House zugerechnet. Es dürfte auch sicher sein, dass sie den Republikanern zahlreiche Sitze abringen werden. Zur Erinnerung: Derzeit haben die Republikaner eine deutliche Mehrheit von 236 zu 193 Sitzen (6 Sitze sind vakant).

Bei der landesweiten Umfrage nach dem Congressional Vote liegen die Demokraten durchschnittlich knapp 8 % vorne. Die Tendenz ist hier eher stabil unverändert. Bei der Wahl zum Repräsentantenhaus 2016 hatten die Demokraten in dieser Umfrage nur einen leichten Vorsprung, der sich im Endergebnis nach der Wahl in einen Vorsprung der Republikaner von ca. 1% umwandelte. Es ist also anzunehmen, dass bei Eintritt einer landesweiten Stimmenmehrheit von 8 % für die Demokraten auch so viele Districts, die noch offen sind bzw. in denen die Unabhängigen die Entscheidung bringen könnten, mit einem Mehrheitswechsel im Repräsentantenhaus zu rechnen ist.

Die Prognose für das Repräsentantenhaus bleibt aber vage und schwierig.

Welche Chancen haben die Republikaner noch für das Repräsentantenhaus?

 

Objektiv gibt es keinen Grund, die Republikaner abzuschreiben. Zu viele Unsicherheiten, wie Wahlbeteiligung, das Wahlverhalten der Unentschlossenen oder aktuelle politische Entwicklungen spielen neben der ohnehin vorhanden Fehlertoleranz der Umfragen eine Rolle.

Die Stimmungsschwankungen machen sich bei der Wahl zum Repräsentantenhaus stark bemerkbar. Die Republikaner und Donald Trump werden hier auch in den kommenden Wochen alles auf die Karte des US-Präsidenten setzen. Neben politischen Dauerbrennern wie die Waffengesetze, Obamacare oder Abtreibung und die Auswirkungen der Diskussionen um Brett Kavanaugh wird es auch um aktuelle Themen gehen, die in der Schlussphase des Wahlkampfes nochmal Rücken- oder Gegenwind bringen könnten.

Hierbei sehe ich aktuell besonders zwei Themen von Bedeutung:
Am kommenden Freitag wird das BEA (Bureau of Economic Analysis) des US-Handelsministeriums seine Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt veröffentlichen. Experten erwarten zum wiederholten Male einen guten Wert, was erfahrungsgemäß der Partei hilft, die eine Mehrheit im Kongress hat und das Weiße Haus "dominiert". Donald Trump und den Republikanern werden diese Zahlen sicher nicht schaden. Die Demokraten werden etwaige Verdienste Obamas und die Gefährdung dieser Zahlen durch den Eintritt in einen globalen Handelskrieg kommentieren.
Zudem wird auch das Thema der illegalen Einwanderung weiter in den Fokus rücken. Der Flüchtlingsstrom aus Mittelamerika nähert sich weiter den Grenzen Texas, Arizonas, New Mexicos und Kaliforniens. Da dies ohnehin eines der Topthemen Trumps ist, wird er es auch hier weiter in den Mittelpunkt der Berichterstattung rücken. Dies dürfte zur Mobilisierung von Stammwählern auf beiden Seiten führen.

Auch die Zufriedenheitswerte des US-Präsidenten werden häufig als Indikator für den Ausgang der Midterm Elections herangezogen. Hier haben sich die Werte des Präsidenten in den letzten Wochen leicht verbessert. Zwar sagt im Durchschnitt eine Mehrheit von etwa 52 %, dass sie mit der Arbeit des Präsidenten unzufrieden sind, aber ein Zufriedenheitswert von etwa 45 % ist einer der bislang höchsten Werte seit Beginn seiner Amtszeit.

Die Hoffnung der Republikaner auch im Repräsentantenhaus ihre Mehrheit verteidigen zu können, ist objektiv nicht unberechtigt. Jedenfalls sind die guten Prognosen und Umfragen für die Demokraten noch nicht so stabil, dass man das Rennen als entschieden ansehen kann. Ich denke aber, dass kurz vor der Wahl eine recht eindeutige Aussage getroffen werden kann

Mittwoch, 17. Oktober 2018

Unabhängige könnten für das Repräsentantenhaus die Entscheidung bringen

In meinem letzten Artikel hatte ich dargestellt, mit welchen Schwierigkeiten die Demokraten im Kampf um einen Mehrheitswechsel im Senat zu kämpfen haben. Sie müssen in vielen republikanisch geprägten Bundesstaaten ihre Kandidatinnen und Kandidaten durchbringen, was bei einer starken Mobilisierung beider Seiten eher den in den jeweiligen Bundesstaaten strukturell stärkeren Parteien, hier den Republikanern, helfen würde. Ein Mehrheitswechsel im Senat scheint daher eher unwahrscheinlich zu sein.

Anders ist die Ausgangslage für das Repräsentantenhaus. Nehmen wir die aktuellen Umfragen und Prognosen als Bewertungsbasis, ist festzustellen, dass etwa 20-30 Sitze nicht einer der beiden Parteien zugerechnet werden können.

Während die Schlüsselbundesstaaten für den Senat aber eher klassisch republikanisch geprägt sind, handelt es sich bei den 20-30 Wahlbezirken für das Repräsentantenhaus meist um eher ausgeglichene Bereiche, die aber 2016 mehrheitlich republikanisch gewählt haben. Weder die Demokraten, noch die Republikaner haben hier jedoch einen eindeutigen strukturellen Vorteil. Die meisten dieser Disctricts liegen in den Vororten oder im Speckgürtel der Großstädte, wie z. B. Chicago in Illinois, Richmond in Virginia, Los Angeles und San Francisco in Kalifornien oder etwa Charlotte in North Carolina. Moderate Demokraten und Republikaner prägen die Wählerstruktur. Eine starke Mobilisierung kommt beiden Parteien gleichermaßen zu Gute. Die Entscheidung aber könnten neben lokalen Themen oder individuellen Stärken und Schwächen der Kandidatinnen und Kandidaten insbesondere die unabhängigen Wählerinnen und Wähler bringen.

Insgesamt spielen hier eher jene eine entscheidende Rolle, die keine Trump-Fans sind, sich aber von ihm auch nicht unbedingt abschrecken lassen. Solange die Ergebnisse stimmen, können sie sich eine Unterstützung des Präsidenten vorstellen. Sie würden aber auch moderate oder konservative Demokraten wählen, eher nicht jedoch einen linksprogressiven Bernie Sanders z. B.  Jene, die also pragmatisch orientiert sind und nicht aus ideologischen Gründen eine bestimmte Partei wählen, können hier den entscheidenden Ausschlag geben. Es sind keine Wahlbezirke, in denen durchweg etwa Afroamerikaner oder Latinos überdurchschnittlich vertreten sind, ebenso wenig sind weiße Evangelikale hier überrepräsentiert. Eine einheitliche Ausprägung ist im Vergleich dieser Wahlbezirke nicht erkennbar. Die Wählerstruktur bildet einen unauffälligen Durchschnitt ab, mal etwas ländlicher geprägt, mal mit einem Hang zum Urbanen. Ein struktureller Vorteil für Demokraten oder Republikaner, der in allen dieser 20-30 Districts gilt, ist nicht festzustellen.
  • Anm.: Zu allen Districts findet Ihr bei Wikipedia teils sehr detaillierte Angaben zur Bevölkerungsstruktur und Übersichten früherer Wahlergebnisse (Bezeichnung ist der Bundesstaat und die Nummer des Districts, z. B. Virginia's 7th Congressional District, kurz VA7). Eine Übersicht, welche Districts besonders umkämpft sind, findet Ihr HIER (grau hinterlegt, Toss Up)

In diesen Wahlbezirken kommt es zudem besonders auf Stabilität an. Den Menschen geht es meist wirtschaftlich zumindest ausreichend gut, sie haben Interesse an einer sachlichen Politik, die ihren Status Quo sichert, leicht verbessert, aber in keinem Fall gefährdet. Das unterscheidet sie von abgehängten Regionen, in denen vorwiegend Enttäuschung und Resignation die Wahlentscheidung beeinflussen oder vom liberalen teils wohlhabenden großstädtischen Milieu, das einen andauernden Fortschritt mit Veränderungen einfordert und zudem von wirtschaftlichen Krisen nicht existenziell betroffen ist.

Um also die Wählerinnen und Wähler dieser Districts anzusprechen und eine Mehrheit zu gewinnen, reicht es nicht aus, auf die klassische eigene Basis zu setzen, obgleich es ohne die eigene Wählerinnen und Wähler natürlich auch nicht geht.
Die Unabhängigen und potenziellen Wechselwähler werden angesprochen, indem man ihnen Themen präsentiert, die auf ihren Wunsch nach Stabilität abzielen: Arbeitsplätze, Gesundheitsversorgung, Einkommen, Bildung, Sicherheit. Beide Parteien haben hier ihre eigenen Ansätze, die sie im Wahlkampf vertreten. Durchschlagenden Erfolg meinen aber die Wahlkampfstrategen insbesondere mit der Angst bzw. den Negativemotionen der Wählerinnen und Wähler erreichen zu können. So ist im Fernsehen und Radio lokal immer wieder Negativwerbung über die jeweilige Konkurrenz zu sehen und zu hören. Ein beliebtes Beispiel ist dabei insbesondere das explizite Hervorheben unbeliebter Politiker der jeweils anderen Seite. Da der US-Präsident laut Umfragen unter Unabhängigen und den meisten Demokraten eher negativ gesehen wird, lassen die Demokraten kaum eine Chance aus, darauf hinzuweisen, dass der republikanische Gegenkandidat den Präsidenten bei diesem oder jenem Gesetz unterstützt habe. Andersrum ist bei republikanischer Negativwerbung kaum ein Name häufiger zu hören als der, der als unpopulär geltenden Nancy Pelosi, Sprecherin der Demokraten im Repräsentantenhaus. Kaum eine Spitzenpolitikerin in den USA kommt bei Unabhängigen schlechter weg. Aber auch inhaltlich werden vermeintliche Ängste und Sorgen des Wahlvolks angesprochen. Republikaner weisen daraufhin, dass mit den liberalen Demokraten die illegale Migration aus Mexiko zunimmt und damit auch ein wirtschaftlicher Abschwung, der Verlust von Arbeitsplätzen und ein Anstieg der Kriminalität einhergehe. Die Demokraten warnen vor den Folgen möglicher Handelskriege, die durch Donald Trump forciert werden und zielen dabei ebenfalls auf die Bedürfnisse nach Stabilität ab.

Der Kampf um die Unabhängigen und Parteianhänger beider Seiten hin zur politischen Mitte wird den entscheidenden Ausschlag in vielen dieser als offen geltenden Wahlbezirke bringen. Insofern ist die Wahrscheinlichkeit auf einen Mehrheitswechsel im Repräsentantenhaus deutlich größer als im Senat. Die Umfragen sprechen derzeit eher für die Demokraten, aber Donald Trump und die Republikaner wissen natürlich, wie sie Wahlkampf betreiben müssen. So wird im Endspurt der heißen Wahlkampfphase auch ein drohender Stillstand des politischen Betriebs eine Rolle spielen. Wenn sich die Demokraten zu sehr auf Trump einschießen, müssen sie in Kauf nehmen, dass man ihnen nicht zutraut, konstruktiv mit dem Präsidenten und einer republikanischen Mehrheit im Senat zusammenzuarbeiten. Das Szenario von unterschiedlichen Mehrheiten in den beiden Kammern des US-Kongresses könnte die Befürchtung vor einer Lähmung des politischen Betriebs und einem zunehmenden Streit derart schüren, dass die oben beschriebenen Wählerinnen und Wähler zurückschrecken und lieber den Republikanern und Donald Trump weitere zwei Jahre der klaren Mehrheitsverhältnisse ermöglichen wollen. Die Strategie Trumps wird es also sein, gute wirtschaftliche Zahlen zu präsentieren für die er künftig nur dann garantieren könne, wenn der Kongress hinter ihm stehe.
Die Demokraten müssen in den letzten Wochen die Balance zwischen Angriff und Kooperation und Verhandlungsbereitschaft finden. Dies garantiert ihnen die Mobilisierung der eigenen Wählerbasis und soll zugleich Vertrauen bei den für das Repräsentantenhaus so wichtigen Wechselwählern und Unabhängigen schaffen.

Eine aktuelle Übersicht über die verschiedenen Prognosen zum Repräsentantenhaus findet ihr HIER.

Freitag, 12. Oktober 2018

Chancen der Demokraten auf Mehrheitswechsel im Senat schwinden

Die Möglichkeit auf einen Mehrheitswechsel im Senat ist aufgrund der Sitze, die in diesem Jahr zur Wahl stehen eher gering. Dennoch hatten die Demokraten vor einigen Wochen noch berechtigte Hoffnung, dass sie das Rennen bis zum Wahltag offen halten können. Inzwischen deuten die Umfragen aber daraufhin, dass die Republikaner ihre Mehrheit halten können.
Waren es vor etwa zwei bis drei Wochen noch rund 10 eng umkämpfte Sitze, hat sich deren Anzahl Stand heute auf 6 reduziert. Es sieht derzeit danach aus, dass sich die GOP in einigen Schlüsselstaaten durchsetzen wird, was bereits reichen würde, um ihre Mehrheit im Senat zu verteidigen.


Was ist zwischenzeitlich in den Umfragen passiert?


Aus 10 sog. Toss-Up-States, also Bundesstaaten, in denen der Wahlausgang als völlig offen bzw. laut Umfragen als nicht vorhersagbar gilt,  wurden 6. Die vier Bundesstaaten, die nun einer der beiden Seiten als wahrscheinlich zugeordnet werden können sind North Dakota, Tennessee, Texas und New Jersey. Die ersten drei sind nun den Republikanern zuzuordnen. Einzig in New Jersey geht die Tendenz in Richtung der Demokraten.

Eine Übersicht über den aktuellen Umfragestand für den Senat findet Ihr hier.

Dass gerade North Dakota, Tennessee und Texas nun nicht mehr als offen gelten, ist kein Zufall. Alle drei Bundesstaaten habe eine eher republikanische Wählerstruktur. Dass sich hier demokratische Kandidatinnen und Kandidaten durchsetzen können, hat meist sehr indivduelle Gründe. Wenn etwa die demokratischen Kandidaten eher dem konservativen Flügel ihrer Partei zuzurechenen sind oder sich eher überparteilich präsentieren, liegen die Chancen natürlich deutlich besser, als wenn es Vertreter des linksprogressiven Flügels sind.
Was sich in den Umfragen der letzten Wochen abbildete, ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf den Mobilisierungsschub der jeweiligen Wählerbasis zurückzuführen. Die hitzigen Debatten um die Ernennung Brett Kavanaughs als Richter am Supreme Court hat die Stimmung nochmals polarisiert. Republikaner gegen Demokraten, Demokraten gegen Republikaner, mit allen Mitteln. Das fördert auch die Spaltung der jeweiligen Wählerlager. Jene, die sich zwar einer Seite zugehörig fühlen, aber in Ausnahmefällen auch mal die Kandidatin oder den Kandidaten der anderen Partei wählen würden, haben sich vermutlich mehrheitlich für die eigene, eigentliche Wahlausrichtung entschieden. Genau das spiegelt sich nun in den Umfragen wider. In North Dakota, Tennessee und Texas gehen die Republikaner gestärkt aus diesen Wochen hervor. Im demokratisch geprägten New Jersey hat der Demokrat Robert Menendez dagegen seinen Vorsprung in den Prognosen ausbauen können.

Wäre heute die Wahl zum US-Senat, kämen die Republikaner laut Umfragen mindestens auf 50 Sitze, selbst wenn man die 6 offenen Bundesstaaten aus der Betrachtung außen vor ließe. Würden diese 6 Bundesstaaten (Nevada, Arizona, Florida, Missouri, Montana und Indiana) alle durch die Demokraten gewonnen werden, hätten sie dennoch keine Chance mehr auf einen Mehrheitswechsel. Bei einem 50:50 Patt entscheidet der republikanische Vizepräsident Mike Pence mit seiner Stimme. Demnach würden den Republikanern rein formal schon 50 Sitze für eine Mehrheit reichen.

Nimmt man an, dass die oben genannte Entwicklung auch auf die offenen 6 Bundesstaaten übertragen werden kann, könnte es beispielsweise in Montana und Indiana ebenfalls zu einem Stimmungsumschwung zugunsten der Republikaner kommen. Die demokratischen Kandidaten Jon Tester in Montana und Joe Donnelly in Indiana lagen zuletzt in den Umfragen noch leicht vorne. Da diese Bundesstaaten aber auch republikanisch geprägt sind, würde es mich nicht überraschen, wenn sich hier ähnliche Entwicklungen wie in North Dakota oder Tennessee abzeichnen würden. Für Arizona und Missouri könnte ähnliches gelten. Die nächsten Tage und Wochen werden es zeigen.
 

Ist das Rennen um den Senat damit entschieden?


Müsste ich mich heute festlegen, würde ich sagen, dass die Republikaner ihre Mehrheit im Senat halten und sogar noch leicht ausbauen können. Seriös betrachtet ist diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht abschließend zu beantworten. Eine so intensive und polarisierende Debatte wie um Brett Kavanaugh, die auch noch Strahlkraft über die gesamten USA haben, gibt es nun nicht in jeder Woche. Dennoch können in dem verbleibendem Monat bis zur Wahl noch bundesweite Themen eine Rolle spielen, die zu ebenso kurzfristigen Stimmungsbewegungen führen können, wie es in den letzten zwei Wochen zu beobachten war. Möglich ist beispielsweise, dass erste Ergebnisse von Sonderermittler Robert Mueller zur Frage möglicher Verbindungen Trumps Wahlkampfteam nach Russland durchsickern oder veröffentlicht werden könnten. Auch eher lokalpolitische Entwicklungen in den jeweiligen Bundesstaaten könnten wieder in den Vordergrund treten, sofern keine bundespolitischen Themen gesetzt werden.
Und letztlich darf eben auch nicht vergessen werden, dass sämtliche Bewertungen zum möglichen Wahlausgang insbesondere auf Umfragen und früheren Wahlergebnissen basieren.
 

Mittwoch, 10. Oktober 2018

Was die Midterm Elections für Donald Trump bedeuten

Noch rund vier Wochen bis zum Election Day. Ein Monat, in dem Republikaner und Demokraten versuchen werden, ihre Wählerschaft auch tatsächlich zum Wahlgang zu motivieren. Ich vermute, dass bei den diesjährigen Kongresswahlen eine höhere Wahlbeteiligung erzielt werden kann, als es bei Midterm Elections normalerweise üblich ist. Denn nicht nur die oppositionellen Demokraten dürften ein gesteigertes Interesse an einem guten Abschneiden haben, auch die Republikaner sind nach der Debatte um Brett Kavanaugh nochmal gepusht worden. Die Mobilisierung der eigenen Basis dürfte auch entscheidend für den Wahlausgang werden.
Natürlich wird die Fokussierung der Auswirkungen dieser Kongresswahlen auf das Weiße Haus und die übergeordnete politische Lage in den USA nicht all jenen gerecht, die in ihren Wahlbezirken und Bundesstaaten um die Gunst der Wählerinnen und Wähler buhlen. Dennoch ist die Bedeutung des Wahlausgangs für Donald Trump, die künftige Ausrichtung der Republikaner und die Präsidentschaftswahl 2020 nicht zu vernachlässigen.

Neben der formalen Konsequenzen, die ein Mehrheitswechsel im Kongress für die Gesetzgebung zur Folge hätten, lohnt sich aber auch ein Blick auf Trumps Stellung innerhalb der GOP und des Machtgefüges in Washington.


Die Verteidigung des Status Quo hätte für Trump eine größere Bedeutung als ein Machtverlust im Kongress


Für den US-Präsidenten wird der 06. November aus strategischer Sicht der wichtigste Tag seit seiner eigenen Wahl 2016 werden. Dabei hat Donald Trump auch mehr zu gewinnen als zu verlieren.

Szenario 1: mittlere bis schwere Niederlage der Republikaner

Sollten die Republikaner eine schwere Niederlage bei den Kongresswahlen hinnehmen müssen, also den Mehrheitsverlust im Repräsentantenhaus und dem Senat, wäre das zweifelsohne auch eine Niederlage für den US-Präsidenten. Zwei Jahre nach seiner Wahl hätte das Wahlvolk seiner Politik eine Absage erteilt. So oder ähnlich würde die öffentliche Interpretation einer solchen Niederlage aussehen und Trump wäre tatsächlich geschwächt. Insbesondere die Demokraten würden frohlocken und gleich den Blick auf eine mögliche Abwahl Trumps 2020 richten.
Und auch bereits bei dem Verlust der Mehrheit in nur einer Kammer, dürften in der öffentlichen Wahrnehmung die Demokraten als Sieger gelten. Aber hätte Donald Trump wirklich so viel verloren?
Auf die Gesetzgebung bezogen wäre dies sicherlich der Fall. Betrachtet man aber seine Auftritte und den Umgang mit objektiven Niederlagen, gelangt man schnell zur Vermutung, dass sich Trump eine Wahlniederlage der Republikaner nicht selbst anheften würde. Es passte nicht zu ihm, wenn er Selbstzweifel aufkommen ließe oder sogar öffentlich eine eigene Verantwortung dafür übernehmen würde. Trump stellte einmal etwas süffisant fest, sollte er infolge einer Niederlage der Republikaner aus dem Amt gejagt werden, wäre seine Wählerbasis Schuld, weil sie sich nicht geschlossen an der Wahl beteiligt hätte. So hatte es Trump selbst auf einer Wahlkampfveranstaltung in Montana formuliert.

Der US-Präsident würde also weiterregieren, könnte bei verschleppten Reformen und negativen Entwicklungen der Wirtschaft, des Arbeitsmarktes oder anderer politischer Felder immer auf die vermeintliche Blockadehaltung der Demokraten verweisen und ihnen die Schuld geben. Kurzum gesagt, er könnte sich mit dem formalen Machtverlust arrangieren und versuchen, die damit verbundenen Nachteile für sich zu nutzen.

Droht aus Sicht Trumps sogar ein komplett demokratisch dominierter Kongress wird immer wieder ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ins Spiel gebracht. Hierbei bin ich aber sehr zurückhaltend. Die Hürden für ein Amtsenthebungsverfahren sind nicht nur eine Frage der Mehrheitsverhältnisse im Kongress. Es reicht eben nicht aus, einfach nur einen Präsidenten des Amtes zu entheben, weil er deutlich andere politischen Positionen vertrete oder weit entfernt der political correctness agiere. Es müssen schon schwere Amtsvergehen nachgewiesen werden, die Verfassung nennt hier z. B. Landesverrat, Bestechlichkeit oder andere schwere Verbrechen. Ob dies der Fall sein wird, kann an dieser Stelle vernachlässigt werden. Interessant ist eher die Frage, wer denn tatsächlich Interesse an einer Amtsenthebung hätte?
Klar, Donald Trump und wohl auch die überwiegende Mehrheit der Republikaner ganz sicher nicht. Die Demokraten könnten den unbeliebten, teils verhassten, Präsidenten stürzen. Aber was hätten sie davon? Vizepräsident Mike Pence vertritt aus demokratischer Sicht nicht weniger problematische Positionen als Trump, ist vermutlich noch wertekonservativer und wäre aufgrund seiner ruhigen und diplomatischen Art ein sehr ernster Konkurrent für die US-Präsidentschaftswahl 2020. Zudem würde eine Amtsenthebung Trumps nochmal für eine deutliche Zunahme der Spannungen innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft führen. Die Aussichten für die Demokraten wären deutlich besser, könnten sie 2020 gegen einen amtierenden Präsidenten Trump antreten, der zwei Jahre zuvor bei den Midterm Elections eine schwere Niederlage einstecken musste. Also warum etwas daran ändern?
Die Wahrscheinlichkeit, dass Trump infolge eines demokratischen Doppelsieges am 06. November des Amtes enthoben werden würde, halte ich zwar nicht für ausgeschlossen, aus rein strategischen Gründen aber für sehr fraglich.

Bliebe noch das Problem mit der eigenen Partei. Eine klare Niederlage bei den Zwischenwahlen könnte die inzwischen sehr leise gewordenen kritischen Stimmen des republikanischen Establishments gegen Trump wieder zunehmend hörbarer werden lassen. Eine Revolte gegen Donald Trump, die etwa mit einem koordiniert unterstützten parteiinternen Gegenkandidaten in den Vorwahlen 2020 münden würde, ist für die Republikaner eigentlich viel zu risikoreich. Eine völlige Spaltung der Partei würde drohen; folglich die Niederlage 2020. Ein solches parteiinternes Aufbegehren gegen den US-Präsidenten wäre eher unwahrscheinlich, von all den möglichen negativen Konsequenzen für Trump, aber wohl noch das gefährlichste Szenario.

Dennoch, die Nachteile und Risiken für Donald Trump, die ihm durch eine schwere republikanische Niederlage entstehen würden, sind politisch zwar offensichtlich, aber für den US-Präsidenten letztlich kalkulierbar. Eine Wiederwahl 2020 wäre zumindest nicht ausgeschlossen.
Dass ein Sieg der Republikaner bei den Midterm Elections für Trump natürlich besser wäre, liegt auf der Hand. Der nachdrückliche Erfolg in diesem Herbst wäre aber insbesondere die Chance für Trump, den Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2016 zu perfektionieren.


Szenario 2: Sieg der Republikaner

Sollten die Republikaner also ihre Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses verteidigen können, wäre dies ein riesiger Erfolg für Donald Trump. Dann war 2016 kein Zufall, kein Unfall oder auch nicht nur das Ergebnis einer vermeintlich unbeliebten demokratischen Gegenkandidatin. Donald Trump würde gefühlt im Amt bestätigt werden, auch wenn er gar nicht zur Wahl steht.
Eine solche indirekte Bestätigung seiner bisherigen Amtszeit, würde den von ihm eingeschlagenen Weg innerhalb der Grand Old Party finalisieren. Überlegungen, einen anderen Kandidaten 2020 aufzustellen würden dann nicht nur aus den oben genannten Gründen unterbleiben, sie kämen erst gar nicht auf. Die Republikaner wären dann voll und ganz in der Hand Donald Trumps. Ein solcher Macht- und Prestigeerfolg wäre für Trump insbesondere auch persönlich von enormer Bedeutung. Es wäre für ihn die nachträgliche Genugtuung, die ihm 2016 durch das Establishment der GOP in Teilen verwehrt blieb.

Dieser eher persönliche Aspekt, wird aber auch von ganz praktischen Überlegungen flankiert. Donald Trump würde sich so sehr bestätigt sehen, dass er die Hemmungen verlieren würde, die er vermutlich aktuell noch teilweise gegenüber dem republikanischen Establishment bzw. den GOP-Vertretern im Kongress hat. Gemessen an der Anzahl der Entlassungen und Rücktritte im Weißen Haus und im Kabinett, ist es schon bemerkenswert, dass sich Justizminister Jeff Sessions überhaupt noch im Amt halten kann. Nachdem Trump aus Enttäuschung über Sessions relativ schmucklos feststellte, dass er gar keinen Justizminister habe, wäre dessen Ablösung die logische Folge gewesen. Dies ist wohl aber nicht geschehen, weil der Präsident genau weiß, wie beliebt und angesehen Sessions innerhalb des rechtskonservativen Flügels der Partei ist. Mit dem Rückenwind gewonnener Kongresswahlen dürften die Tage Sessions im Kabinett Trump aber gezählt sein.
Für die Personalie Robert Mueller gilt dies entsprechend. Der von verschiedenen Seiten geschätzte Sonderermittler schwebt weiter wie ein Damoklesschwert über Trump. Die Ablösung Muellers vor den Midterm Elections wäre viel zu risikoreich, da dann gemäßigte Republikaner, deren Zustimmung sich Trump im Laufe der Zeit erarbeitet hat, irritiert zurückschrecken könnten.
Störfaktoren im politischen Alltag zu beseitigen, wäre für Trump auch in Hinblick auf 2020 viel wert.

Insofern ist festzuhalten, dass die Chancen, die sich für Trump durch einen republikanischen Sieg ergeben, für ihn persönlich schwerer wiegen, als die Nachteile einer Niederlage der Republikaner. Mit einem Verlust der Mehrheit und damit auch der politischen Gestaltungsmöglichkeiten, würde sich Trump arrangieren können. Die ausbleibende Bestätigung seiner bisherigen Amtszeit, würde aber an ihm nagen. 

Samstag, 6. Oktober 2018

Republikaner im Aufwind: Kavanaugh-Sieg, Trumps Umfragehoch, Arbeitslosenrate nahe 50-Jahres-Tief

Gut einen Monat vor den Kongresswahlen gehen die Republikaner mit Rückenwind in die heiße Phase des Wahlkampfs. Das Tauziehen um die Ernennung Brett Kavanaughs zum Richter am Supreme Court haben die GOP-Senatorinnen und Senatoren wohl gewonnen. Jedenfalls haben sie die erforderlichen Stimmen zusammen, nachdem Jeff Flake und Susan Collins ankündigten, für den Richterkandidaten zu stimmen. Senatorin Murkowski aus Alaska wird die einzige Repulikanerin sein, die nicht für Kavanaugh stimmen wird. Die Demokraten haben ihrerseits offenbar nicht alle Stimmen zusammen. Mit Joe Manchin wird auch ein Demokrat für Kavanaugh stimmen. Der Senator aus West Virginia stellt sich am 06. November zur Wiederwahl und das in einem eher republikanisch geprägten Bundesstaat, indem insbesondere Donald Trump 2016 ein starkes Ergebnis erzielen konnte. Manchin führt in West Virginia aktuell deutlich die Umfragen an.
Im Laufe des Tages wurde bekannt, dass der republikanische Senator aus Montana, Steve Daines, wegen der Hochzeit seiner Tochter evtl. nicht an der Senatsabstimmung teilnehmen werde. Daines Sprecher gab jedoch am Abend bekannt, dass der Senator vorbereitet sei, an der Abstimmung teilzunehmen, falls dies nötig sei. Im Falle eines Patts, könnte aber auch noch Vizepräsident Pence die entscheidende Stimme für Kavanaugh abgeben.
Damit ist der Weg frei gemacht und der oberste Gerichtshof der USA wird künftig eine mehrheitlich konservative Ausprägung haben.


The Kavanaugh family and Donald Trump (cropped)
Brett Kavanaugh mit Familie bei dessen Nominierung durch Donald Trump

Aus Sicht eines Wahlkämpfers haben die letzten zwei Wochen für nicht unwesentliche Turbulenzen gesorgt. Der Blick richtete sich deutlich häufiger nach Washington als es sich manch eine/r wünschte.
Die öffentliche Auseinandersetzung hat die Fronten zwischen Republikanern und Demokraten verhärtet. Die Polarisierung könnte die Wahlbeteiligung bei den Midterm Elections erhöhen. Beide Seiten haben ihre Wählerschichten angesprochen. Der Frust und die Empörung über die Ernennung Kavanaughs dürfte mehrheitlich und insbesondere die weiblichen Unabhängigen und Demokratinnen sowie Anhängerinnen und Anhänger der #MeToo Bewegung motivieren, bei den Halbzeitwahlen nicht zuhause zu bleiben. Und die Republikaner haben die letzten Wochen ebenfalls ein Stück weiter zusammengeschweißt. Sie haben erlebt, wie bedeutend eine Mehrheit im Senat für die Durchsetzung konservativer Positionen ist. Jene, die ohnehin nicht an die Vorwürfe Blasey Fords glaubten, sind zudem angestachelt und fühlen sich bzw. ihren Kandidaten Kavanaugh zu Unrecht an den Pranger gestellt.
Die Diskussionen und gegenseitigen Vorwürfe könnten aber auch dazu führen, dass gerade Wählerinnen und Wähler nicht an den Zwischenwahlen teilnehmen werden, weil sie die letzten Wochen nur noch als unwürdiges und nervendes Schauspiel betrachten. Traditionell liegt die Wahlbeteiligung bei den Midterm Elections niedriger als etwa bei der Präsidentschaftswahl.

Dass die öffentliche Diskussion den Republikanern und insbesondere dem US-Präsidenten offenbar nicht geschadet haben, scheint eine Umfrage von Rasmussen Reports zu belegen. Bei der Abfrage nach Trumps Job Approval, also wie zufrieden die Befragten mit Trumps Arbeit sind, liegt der Präsident seit Monaten erstmals wieder im Plus. Zwar sieht Rasmussen Reports Trump ohnehin etwas besser als andere Umfrageinstitute, aber ein so gutes Ergebnis hat der US-Präsident in Umfragen schon lange nicht mehr verzeichnen können.
Ein weiterer Grund dafür könnte aber auch eine gewisse Zufriedenheit mit seiner Arbeitsmarktpolitik sein. Die Arbeitslosenrate in den USA ist so niedrig wie seit fast 50 Jahren nicht mehr. 


Gerade in diesem Bereich sehen die Befragten über verschiedene Umfragen hinweg Trumps Arbeit mehrheitlich positiv.
Beim Generic Congressional Vote 2018 halten die Demokraten jedoch weiterhin einen Vorsprung von etwa 7-8 %. Das Rennen um die Mehrheiten im Senat und Repräsentantenhaus bleibt weiter offen.


Dienstag, 2. Oktober 2018

Prognosen für die Wahl zum Repräsentantenhaus 2018

Die Vorhersagen für die Wahlen zum US-Repräsentantenhaus 2018 gestalten sich deutlich schwieriger als etwa eine Prognose zur neuen Zusammensetzung des Senats. Während man sich beim Senat auf etwa 10-12 Bundesstaaten und den dortigen Einzelkandidaturen konzentrieren kann, ist die Ausgangslage für das Repräsentantenhaus weitaus unübersichtlicher.
Zum einen liegt das daran, dass in allen 435 Kongresswahlbezirken (Districts) der USA neu gewählt wird, zum anderen liegen für viele dieser Districts gar keine aktuellen repräsentativen Umfragewerte vor. Dazu kommt auch noch eine relativ große Unsicherheit in Bezug auf die Höhe der Wahlbeteiligung.

Aus diesen Gründen möchte ich Euch bei der Prognose zur Wahl des Repräsentantenhauses einen Überblick über verschiedene Gesamtberechnungen unterschiedlicher Quellen anbieten.
Anders als bei der Präsidentschaftswahl oder der Wahl zum US-Senat gehe ich hier zunächst nicht auf einzelnen Districts ein. Sollte dies vor der Wahl dennoch sinnvoll möglich und geboten sein, werde ich dazu berichten.

Die folgende Übersicht stellt die aktuellen Prognosen, Stand 05.11., verschiedener Quellen zu den Halbzeitwahlen 2018 in den USA dar. Die Übersicht wird täglich aktualisiert.
218 Sitze sind für eine Mehrheit im US-Repräsentantenhaus erforderlich; dargestellt durch die schwarze vertikale Linie.

Stand: 05.11.2018





Grundsätzlich ist eine Tendenz zu erkennen, nach der den Demokraten eine derzeit höhere Anzahl an sicheren oder wahrscheinlichen Sitzen zugerechnet wird. Bei allen Umfragen liegen sie aktuell vor den Republikanern.
Die Zahl dieser sicheren oder wahrscheinlichen Sitze für die Demokraten schwankt zwischen 202 und 216.

Die Anzahl der sicheren oder wahrscheinlichen Sitze für die Republikaner liegt etwa zwischen 194 und 205.

Bei 14-39 Sitzen gilt der Ausgang als völlig offen. Fast alle dieser offenen Sitze werden aktuell von den Republikanern gehalten.
 
Im aktuellen Repräsentantenhaus haben die Republikaner 235 und die Demokraten 193 Sitze. Die übrigen 7 Sitze sind vakant. Tendenziell scheinen die Demokraten bei den diesjährigen Midterm Elections also mehr Sitze zu gewinnen, als es noch 2016 der Fall war.

Veraltet: Um nun eine etwas genauere Vorhersage auf Basis der o. g. Berechnungen und Umfragen zu erstellen, lohnt sich ein Blick auf die Sitze, die nach diesen Prognosen wechseln könnten:
Mit einem District in Pennsylvania geht ein bislang demokratischer Sitz zu den Republikanern. Bei zwei weiteren demokratischen Sitzen aus Minnesota wird ein offenes Rennen vorhergesagt.
Demgegenüber stehen etwa 14 republikanische Sitze (4x Pennsylvania, 2x New Jersey, je 1x Iowa, Virginia, Colorado, Florida, Minnesota, North Carolina, Arizona und Kalifornien), die 2018 zu den Demokraten wechseln könnten.
Wendet man dieses Verhältnis nun auch auf die noch offenen Sitze an, zur Erinnerung es sind fast alles republikanische Sitze, wäre eine Mehrheit der Demokraten wahrscheinlich.

Diese Annahme kann auch auf den allgemeinen Umfragen "Generic Congressional Vote" gestützt werden. Vor den Kongresswahlen 2016 lagen die Demokraten hier 0,6 % vorne. Im Endergebnis gewannen die Republikaner mit 1,1% Vorsprung. Das Verhältnis der Sitze spiegelte jedoch noch ein deutlicheres Ergebnis für die Republikaner wider, was z. B. auch an den Zuschnitten der Wahlbezirke liegt.

In diesem Jahr liegen die Demokraten beim "Generic Congressional Vote" deutlicher vorne. Der Vorsprung beträgt hier aktuell rund 7 %. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der jüngsten Umfragen.

Stand: 05.11.2018

Quelle der Umfrage
Enddatum der Befragung
Republikaner
Demokraten
Differenz
Durchschnitt
29.10.-03.10.
42,9 %
50,0 %
+7,1 %
Economist
30.10.
42
47
+5
NPR
29.10.
43
52
+9
Reuters
30.10.
42
49
+7
CNN
03.11.
42
55
+13
IBD TIPP
03.11.
41
50
+9
Rasmussen
01.11.
46
45
+1
NBC News
03.11.
43
50
+7
ABC News
01.11.
44
52
+8


Es kann angenommen werden, dass bei Eintritt eines solchen Ergebnisses die sich aktuell abzeichnende Tendenz bestätigt und in Teilen bei den noch offenen Sitzen fortsetzt. Aber natürlich hängt es maßgeblich davon ab, wie sich die hier prognostizierten rund 7 % Stimmenvorsprung auf die einzelnen Districts verteilen. Den Demokraten ist nicht geholfen, wenn sie ihren Vorsprung in den eigenen Hochburgen deutlich ausbauen, bei den knappen Rennen aber stagnieren.

Die Mehrheit der politischen Beobachter rechnet eher mit einem Mehrheitswechsel im Repräsentantenhaus. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Basis für diese Einschätzungen Umfragen sind, die teilweise kombiniert mit Ergebnissen früherer Wahlen eine entsprechende Prognose zulassen. In den letzten Wochen können aber noch starke politische Stimmungsschwankungen zu nicht unwesentlichen Veränderungen führen. Gelingt es Donald Trump und den Republikanern in den verbleibenden Wochen ihre Wählerinnen und Wähler besonders stark zu mobilisieren, ist eine Verteidigung der Mehrheit nicht ausgeschlossen. Gerade stark polarisierende Themen, wie die aktuelle Diskussion um die Besetzung des Supreme Courts oder auch zahlreiche Erfolgsmeldungen aus dem Weißen Haus, können hier noch etwas bewirken.
Auch bei den Demokraten wird es weniger darum gehen, politische Überzeugungsarbeit zu leisten. Vielmehr müssen sie ihr eigenes Wählerpotenzial ausschöpfen. Die besten Umfragewerte helfen nicht, wenn sie am Tag der Wahl nicht in Stimmen umgesetzt werden.