Dienstag, 25. Oktober 2022

Aktuelle Lage vor der Wahl zum US-Senat 2022

Stand: 07.11.22 (letzte Aktualisierung)

Auch heute Abend kämpfen Republikaner und Demokraten nochmal um jede Stimme, bevor ab morgen Mittag MEZ die Wahllokale an der Ostküste der USA öffnen. Rund 42,5 Mio haben ihre Stimme bereits im Rahmen des Early Votings abgegeben, ein Rekordwert für Midterm Elections.

Die Stimmung in beiden politischen Lagern könnte unterschiedlicher kaum sein. Die Republikaner können es kaum erwarten, den erhofften Machtwechsel im Kongress zu erreichen und blicken, hoch motiviert durch die aktuellen Umfragen, voller Zuversicht auf den Wahltag. Nicht wenige Republikaner hoffen zudem auf eine baldige Bekanntgabe der erneuten Kandidatur ihres Ex-Präsidenten Donald Trump. Dieser lancierte jüngst wieder entsprechende Meldungen, will aber offenbar noch den perfekten Zeitpunkt der Ankündigung abwarten.

Aus Sicht der Demokraten sind dies düstere Aussichten. Mit dem Gedanken, ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verlieren, haben sich einige wohl schon abgefunden. Je näher der Wahltag rückt, desto schwieriger scheint aber auch die Lage für den US-Senat zu werden. Ein vollständiger Machtverlust im Kongress, gefolgt von einer erneuten Trump-Kandidatur, würde die Demokraten vor größtmögliche Herausforderungen stellen. Allen voran die Frage, ob sie mit Joe Biden im Weißen Haus noch die besten Voraussetzungen für die kommenden zwei Jahre bis zur US-Präsidentschaftswahl 2024 haben. Ein Präsident, der wohl kaum noch Kompromisse mit einem republikanischen Kongress erzielen dürfte, wird nur schwer als Zugpferd für die teils demotivierten Demokraten fungieren können. Andererseits hat er Trump bereits schon einmal besiegen können und in zwei Jahren kann noch vieles passieren. Auch innerhalb der republikanischen Partei stößt eine neue Kandidatur des Ex-Präsidenten nicht nur auf Begeisterung, wie etwa die Äußerungen von Liz Cheney belegen, die bei einer erneuten Trump-Kandidatur eine Abspaltung innerhalb der Partei ins Spiel brachte und ihren Bruch mit den Republikanern ankündigte.


Umfragen lassen geringere Wahlbeteiligung der Demokraten vermuten

Aber so weit ist es noch nicht und auch auf Seiten der Demokraten haben längst nicht alle aufgegeben. Vielleicht gehen doch mehr ihrer Anhänger zur Wahl, als es die Umfragen prognostizieren. In vielen Meinungserhebungen ist erkennbar, dass die Ergebnisse für die Demokraten besser ausfallen, wenn alle Befragten lediglich registrierte Wählerinnen und Wähler sind. Werden dagegen nur die Ergebnisse derer Registrierter berücksichtigt, die auch tatsächlich wählen gehen wollen, steigen die Werte der Republikaner. Ohnehin ist die Wahlbeteiligung für Umfragen schwer einzuschätzen und entsprechende Unsicherheiten auch anteilig in die Fehlerquote eingerechnet. Wenn die Demokraten dann noch an einige Ergebnisse der Special Elections im Laufe diesen Jahres zurückdenken, so schöpfen sie doch Hoffnung.

Eine Einschätzung zur Situation im US-Repräsentantenhaus findet Ihr hier.


Kurzer Blick in die einzelnen Bundesstaaten

Für den Moment aber und basierend auf den Trend der Umfragen ist festzustellen, dass kurz vor der Wahl die Sorgen der Demokraten größer geworden sind. Ich hätte selbst nicht damit gerechnet, aber in New Hampshire hat es Don Bolduc tatsächlich geschafft, das Rennen gegen Maggie Hassan scheinbar offen zu gestalten. Die Demokratin liegt nur noch 1,5 % vor Bolduc.

Ebenso muss Mark Kelly in Arizona zittern, der in den Umfragen nur noch 1 % vor Blake Masters liegt. Raphael Warnock in Georgia, John Fetterman in Pennsylvania und Catherine Cortez Masto in Nevada - sie alle sehen einem Kopf-an-Kopf-Rennen am kommenden Dienstag entgegen. Vier von den fünf vorgenannten Demokraten müssen wohl gewinnen, wenn die Demokraten ihre Mehrheit im Senat halten wollen.

Gleichzeitig zeichnen sich auch keine Überraschungssiege ab. Mandela Barnes in Wisconsin scheint hier noch am aussichtsreichsten im Rennen zu liegen, nachdem Tim Ryan in Ohio zuletzt wieder deutlicher hinter dem Republikaner J.D. Vance lag. Aber auch Barnes liegt noch 2,5 % hinter Ron Johnson zurück.

Sollte es für die Demokraten ganz schlecht laufen, könnten auch noch die lange als sicher eingestuften Senatssitze von Patty Murray in Washington und Michael Bennet in Colorado gefährdet sein. Insbesondere Murray liegt in Umfragen nur rund 3 % vor ihrer republikanischen Herausforderin Tiffany Smiley.

Die Republikaner haben ihrerseits die Ausgangsposition in Florida mit Marco Rubio, in Utah mit Mike Lee und auch in North Carolina mit Ted Budd festigen können.


Die Ausgangslage vor den Midterm Elections 2022

Jeder Bundestaat hat im US-Senat zwei Stimmen. Von den 100 Senatorinnen und Senatoren werden alle zwei Jahre etwa ein Drittel neu gewählt. Bei den diesjährigen Midterm Elections werden insgesamt 35 Sitze neu vergeben.

65 Sitze stehen also nicht zur Wahl. Davon halten die Demokraten 36 Sitze (inkl. zweier Unabhängiger) und die Republikaner 29 (siehe 2. Balken des Diagramms).

In dem folgenden Diagramm wurden die beiden Sitze der Unabhängigen zur besseren Veranschaulichung direkt den Demokraten zugeordnet, was grundsätzlich auch dem Abstimmungsverhalten der beiden Senatoren Bernie Sanders aus Vermont und Angus King aus Maine entspricht.

Die Demokraten benötigen 50 Sitze für eine Mehrheit, da die amtierende Vizepräsidentin ihnen bei einem Patt die entscheidende Stimme gibt. Die Republikaner benötigen demnach aktuell 51 Sitze für eine Mehrheit.




Von den 35 neu zu wählenden Sitzen können aufgrund früherer Ergebnisse und aktueller Umfragen 8 Sitze relativ "sicher" den Demokraten und 15 Sitze den Republikanern zugeordnet werden.

Damit hätten die Demokraten und Republikaner jeweils 44 Sitze "sicher" (siehe 3. Balken).

Bleiben also noch 12 Sitze übrig, die in diesem Jahr voraussichtlich die Entscheidung über die Mehrheitsverhältnisse im US-Senat bringen werden.

Bei 7 der 12 offenen Sitze zeichnet sich eine Tendenz ab. Demnach könnten die Republikaner mit 5 und die Demokraten mit 2 weiteren Sitzen rechnen (siehe 4. Balken), wobei dies ausdrücklich nur eine Annahme darstellt. In 5 Bundesstaaten lässt sich kaum ein Prognose treffen, wobei auch diese nochmal unterschiedlich zu bewerten sind.


Übersicht der 35 neu zu wählenden Sitze

Die folgenden Tabellen zeigen die 35 Sitze, die in diesem Jahr neu gewählt werden. Tabelle 1 enthält die nach heutigem Stand und nach meiner Einschätzung 12 relevanten Bundesstaaten und Duelle. Tabelle 2 zeigt die übrigen 23 Sitze, die ich derzeit als relativ sicher für eine der beiden Parteien einstufe.


Tabelle 1: Bundesstaaten und Sitze mit offenen Wahlausgängen




Nehmen wir an, dass die Tendenzen der o.g. Bundesstaaten auch so eintreten, müssten die Demokraten noch vier und die Republikaner zwei der fünf offenen Sitze gewinnen.




Tabelle 2: Bundesstaaten und Sitze mit relativ sicherem Wahlausgang




Allgemeine Informationen zu den Kongresswahlen findet Ihr hier.


Montag, 24. Oktober 2022

In North Carolina schwinden die Hoffnungen der Demokraten

In der vorerst letzten Einzelvorschau vor den Midterm Elections 2022 blicke ich auf die Wahl zum US-Senat im Bundesstaat North Carolina. Lange Zeit war das Rennen um diesen Sitz völlig offen und das Ergebnis kaum einschätzbar, inzwischen zeichnet sich aber ein leichter Trend ab.

In North Carolina tritt der bisherige langjährige republikanische Amtsinhaber Richard Burr nicht mehr an. Das Duell um dessen Nachfolge wird zwischen Ted Budd und der demokratischen Herausforderin Cheri Beasley entschieden.


North Carolina gehört zu jenen Bundesstaaten, die für die Demokraten meist nur bei einer für sie günstigen allgemeinen politischen Stimmungslage zu gewinnen sind. Zwar gibt es laut Ballotpedia mit 35 % mehr registrierte Demokraten als Republikaner, 31 %, die Wahlergebnisse der jüngeren Vergangenheit sind aber eher zugunsten der Republikaner ausgefallen, was einerseits mit einer entsprechenden Ausrichtung der unabhängigen Wechselwähler zu tun hat, andererseits aber auch an einer schwachen Mobilisierung der Demokraten liegen könnte. Bei den Wahlen muss aber auch nochmal zwischen Präsidentschaftswahlen einerseits und andererseits Gouverneurs- und Kongresswahlen differenziert werden.


Bei Präsidentschaftswahlen verzweifeln die Demokraten in aller Regel an diesem Bundesstaat. Seit Jimmy Carter 1976 ist es nur Barack Obama 2008 einmal gelungen, die Wahlmännerstimmen in das demokratische Lager zu holen. Bei einer für die Republikaner desaströsen Wahl 2008 konnte Obama auch selbst da mit nur 0,3 % Vorsprung gewinnen. Und auch während der Clinton-Jahre in den 90ern konnten die Demokraten in North Carolina nicht gewinnen. Zuletzt gewann Donald Trump 2016 mit rund 3,6 % und 2020 mit etwa 1,3 % Vorsprung.

Ein fast gegensätzliches Bild zeigt sich bei den Gouverneurswahlen. Hier konnten im selben Betrachtungszeitraum die Republikaner nur zweimal das Amt gewinnen, während der Reagan-Ära in den 80er Jahren und 2012. Seit 2016 ist der Demokrat Roy Cooper Gouverneur von North Carolina. Er gewann 2016 hauchdünn mit 0,2 % Vorsprung und konnte 2020 bei seiner Wiederwahl einen relativ komfortablen Sieg mit 4,5 % Vorsprung einfahren.


Bei den Wahlen zum US-Senat haben die Republikaner wiederum eher punkten können. Thom Tillis wurde 2020 erst wieder für eine zweite Amtszeit gewählt. Dessen Sitz wird 2026 neu gewählt.

Der nun in gut zwei Wochen neu zu wählende Sitz ist seit 2004 dreimal in Folge von Richard Burr gewonnen worden. Der Republikaner hat sich zuletzt 2016 mit einem Vorsprung von 5,7 % durchsetzen können.


Tendenziell neigte North Carolina also bei Wahlen zum US-Senat eher zu republikanischen Kandidaten. Eine Neuwahl ohne Amtsinhaber bietet dabei aber immer auch eine neue Gelegenheit und in diesem Fall für die Republikaner ein gewisses Risiko den Wechsel zu einem Nachfolger zu verlieren.


Ted Budd - Gelingt der Wechsel vom Repräsentantenhaus zum Senat?

Ted Budd ist erst am vergangenen Freitag 50 Jahre alt geworden und stammt gebürtig auch aus North Carolina. Seine politische Karriere begann 2017, als er erstmals den damals neu zugeschnittenen 13th District of North Carolina gewann und diesen seitdem im US-Repräsentantenhaus vertritt. Bemerkenswert dabei ist, dass Budd bei seiner zweiten Wiederwahl 2020 eine Zwei-Drittel-Mehrheit erreichte und seinen Bereich mit rund 37 % Vorsprung gewinnen konnte.

Eine bessere Empfehlung seiner Wählerinnen und Wähler konnte Budd wohl kaum vorlegen, als er sich im Frühjahr 2021 bei Donald Trump nach dessen Unterstützung für eine Kandidatur für den einen Sitz im US-Senat erkundigte. Trump sicherte ihm diese zu und Budd ging somit deutlich gestärkt in die republikanischen Vorwahlen, bei denen er Pat McCrory, immerhin früherer Gouverneur des Bundesstaats, deutlich bezwingen konnte. Budd holte 58,6 % der Stimmen, während McCrory nur auf 24,6 % kam.

Anders als McCrory unterstützte Budd den früheren US-Präsidenten Trump bei dessen Versuchen, die Wahlergebnisse 2020 anzufechten.


Ted Budd official congressional photo
Ted Budd
US Congress, Public domain, via Wikimedia Commons


Bei den politischen Positionen fügt sich Budd nahtlos in das Bild eines heutigen Republikaners ein. Er verspricht seinen Wählerinnen und Wählern, sich vehement für die Fertigstellung der von Trump initiierten Mauer an der Südgrenze der USA fertigzustellen, um so die Anzahl illegaler Einwanderer zu begrenzen. Als Inhaber eines Waffengeschäfts beklagt Budd eine Kriminalisierung von Schusswaffenbesitzern und tritt dafür ein, keine weiteren Einschränkungen in Zusammenhang mit dem Erwerb und Besitz von Waffen hinzunehmen. Die Ablehnung von verbesserten staatlichen Leistungen im Gesundheitswesen und der Einsatz für Steuersenkungen komplettieren hier das politische Angebot.


Cheri Beasley - von der Judikative zur Legislative?

Cheri Beasley strebt mit 56 Jahren ihren Einstieg in die Politik an, was jedoch nicht bedeutet, dass ihr das politische Tauziehen zwischen Demokraten und Republikanern fremd ist. Als Juristin erlebte sie ihren Karrierehöhepunkt im Jahr 2019, als sie von Gouverneur Cooper zur vorsitzenden Richterin am Supreme Court North Carolinas ernannt wurde, nachdem ihr Vorgänger zurücktrat. Zuvor war Beasley dort bereits seit 2014 Richterin. Die reguläre Wahl für diesen Posten verlor Beasley im Jahr 2020 aber äußerst knapp gegen den Republikaner Paul Newby. Bei rund 5,4 Mio Stimmen fehlten Beasley am Ende 401 Stimmen. Diese Niederlage eröffnete aber zugleich auch den Weg zu einer Kandidatur für den Senatssitz. Bei den Vorwahlen der Demokraten erhielt Beasley deutliche 81,1 % in einem Feld von 11 Kandidatinnen und Kandidaten.


Cheri Beasley HBCU The Road To Justice Tour 2
Cheri Beasley
Elizabeth City State University, CC BY 3.0


Beasley setzte ihre politischen Schwerpunkte im Wahlkampf insbesondere in den Bereichen der Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik. Dabei sprach sie sich für weitere Investitionen in die Infrastruktur des Bundesstaats sowie eine Intensivierung der Förderung von Arbeitsplätzen in den Bereichen erneuerbarer Energien aus. Ebenso strebt sie einen 15 Dollar Mindestlohn an.


Umfragen sehen einen Vorsprung für Budd

Während den Sommer über die Umfragen kein klares Bild zeigten, sehen die letzten Meinungserhebungen einen Vorsprung für Ted Budd. Der Republikaner liegt demnach etwa 5 % vorne. Berücksichtigt man dazu noch die sich für die Republikaner eher günstig entwickelnde allgemeine Stimmungslage, dürfte es für Beasley eher schwierig werden, den Sitz North Carolinas zu gewinnen.


Die zehn wichtigsten Rennen zum US-Senat habe ich Euch in den letzten zwei Monaten vorgestellt. In den verbleibenden zwei Wochen bis zur Wahl behalte ich die letzten Entwicklungen im Blick, berichte über die neuesten Trends in den Umfragen für den US-Senat und das US-Repräsentantenhaus. Sollte kurzfristig noch ein weiterer Bundesstaat zu den eng umkämpften Wahlen dazukommen, nehme ich dies hier ebenfalls mit auf. Aktuell schaue ich dabei etwas genauer auf die Bundesstaaten Iowa und Colorado.

Mittwoch, 19. Oktober 2022

Manifestiert sich in Florida die Macht der Republikaner?

Bei landesweiten Wahlen in den USA lohnt es sich praktisch immer etwas genauer nach Florida zu schauen. Einst der wohl wichtigste Swing State bei Präsidentschaftswahlen ist Florida heute zu einem eher schwierigen Terrain für die Demokraten geworden. In drei Wochen wird neben den Wahlen zum US-Senat und US-Repräsentantenhaus auch der Gouverneur des Sunshine State neu gewählt. Da dieser der derzeit größte innerparteiliche Konkurrent Donald Trumps für eine mögliche Präsidentschaftskandidatur 2024 ist, sollte auch dieser Wahl etwas Aufmerksamkeit geschenkt werden.


Florida auf dem Weg zum "Red State"

Wenn man einen klassischen Swing State benennen muss, konnte man jahrzehntelang mit ruhigem Gewissen Florida nennen. In kaum einem anderen Bundesstaat ist in der Vergangenheit so viel Geld in Wahlkämpfe geflossen, zu eng waren die Ergebnisse und zu wichtig die 29 Wahlmännerstimmen für das Electoral College. Heute allerdings ist Florida de facto fest in republikanischer Hand. Gouverneur Ron DeSantis, die US-Senatoren Marco Rubio und Rick Scott, die Mehrheit der Kongressabgeordneten im US-Repräsentantenhaus, die zurückliegenden Erfolge Donald Trumps und Mehrheiten in beiden Kammern des Bundesstaats - es gibt kein wichtiges Amt bzw. keine Mehrheit, ohne die Republikaner an der Macht.


Bei Präsidentschaftswahlen hat es in der jüngeren Vergangenheit seit 2000 praktisch immer knappe bis sehr knappe Ergebnisse. In historischer Erinnerung ist dabei sicherlich die Niederlage des Demokraten Al Gore im Jahr 2000, als dieser bei rund 6 Mio. Stimmen, lediglich 500 Stimmen Rückstand zu George W. Bush hatte und damit nach vielen rechtlichen Auseinandersetzungen und Problemen bei der Auszählung die Präsidentschaftswahl an den Republikaner verlor. Nachdem Bush 2004 erneut in Florida siegreich war, konnte Barack Obama 2008 und 2012 jeweils knapp mit 1-2 % Vorsprung gewinnen. 2016 mit 1,2 % und 2020 mit 3,4 % Vorsprung war Donald Trump zweimal siegreich. Auch wenn Trump Florida zu seiner Wahlheimat gemacht hat, ist gerade das letzte Ergebnis 2020 besonders bemerkenswert. Bei einer Wahl, in der die Republikaner eigentlich rote, also republikanische, Bundesstaaten wie Arizona oder Georgia verloren, konnten sie ihren Vorsprung in Florida sogar noch ausbauen.


DeSantis könnte an Trumps Stelle treten

Bei Gouverneurswahlen haben die Republikaner traditionell schon bessere Karten in Florida. Seit 28 Jahren hat kein Demokrat mehr gewinnen können. Hier wurden die Ergebnisse zuletzt knapper. Der nun zur Wiederwahl antretende Ron DeSantis gewann 2018 mit nur 0,4 % Vorsprung vor dem Demokraten Andrew Gillum. In drei Wochen wird er nun von Charlie Crist herausgefordert. Crist tritt für die Demokraten an und war selbst bereits Gouverneur von Florida. 2006 gewann er die Wahl relativ deutlich, damals noch als Republikaner. Dass DeSantis sein Amt verteidigen können wird, ist zu erwarten. Je stärker dabei sein Ergebnis ausfällt, desto mehr Rückenwind könnte es ihm für eine mögliche Präsidentschaftskandidatur 2024 geben. In diesem Zusammenhang sei jedoch erwähnt, dass gegen eine erneute Kandidatur Trumps derzeit auch DeSantis wohl keine Chance hätte. Nur wenn der Ex-Präsident auf eine eigene Kandidatur verzichtet, hätte DeSantis gute Aussichten auf eine Nominierung. In Umfragen liegt Trump durchschnittlich bei gut 50 %, dahinter DeSantis bei 23 %, andere folgen mit jeweils einstelligen Werten. Gewinnt DeSantis in drei Wochen deutlich mit mindestens 5 % Vorsprung würde dies seinen Ambitionen sicherlich weiteren Auftrieb geben. Inhaltlich und stilistisch dürften die Trump-Anhänger mit DeSantis kaum ein Problem haben, sollte der frühere Präsident nicht noch einmal kandidieren.


Bei den Wahlen der beiden Sitze zum US-Senat haben die Wählerinnen und Wähler zuletzt ebenfalls die Republikaner mit Siegen bedacht. 2018 konnte Rick Scott den langjährigen demokratischen Senator Bill Nelson äußerst knapp mit 0,1 % Vorsprung besiegen. Scotts Wiederwahl steht 2024 an.

Den nun in drei Wochen neu zu wählenden Sitz will der Republikaner Marco Rubio verteidigen. Es wäre nach 2010 und 2016 Rubios dritter Sieg in Folge. 2016 gewann er souverän mit 8 % Vorsprung.


Republikaner überholen Demokraten bei Wählerregistrierungen

Die Dominanz der Republikaner bei den letzten Wahlen zeigt sich auch bei der Verteilung der Wählerregistrierungen. Ballotpedia hat 2021 noch erhoben, dass Demokraten und Republikaner jeweils auf 36 % kommen, mit einem kleinen Plus für die Demokraten. 28 % sehen sich als Unabhängige oder Anhänger anderer Parteien. Jüngste Analysen des Miami Herald sehen jedoch inzwischen einen Vorsprung der Republikaner von bis zu einem Prozentpunkt, berichtet die Tampa Bay Times.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass sich Florida in den letzten zehn Jahren tendenziell in Richtung der Republikaner entwickelt hat. In dem aktuellen politischen Umfeld, in dem die Demokraten mit Problemen der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes zu Kämpfen haben, dürfte es eher schwierig werden, republikanische Amtsinhaber in Florida abzulösen. Dies gilt sowohl für einen relativ bekannten Gouverneur DeSantis wie auch den langjährigen Senator Rubio, auf dessen angestrebte Wiederwahl wir nun genauer blicken.


Marco Rubio - Senator auf der Suche nach der politischen Zukunft

Marco Rubio dürfte vielen Lesern dieses Blogs noch von der Präsidentschaftswahl 2016 bekannt sein. Er war einer der hoffnungsvollen Kandidaten der Republikaner bei deren Vorwahlen, die nach und nach im Rennen gegen Donald Trump das Handtuch werfen mussten. Als Trump dann auch die Wahl gegen Hillary Clinton gewann, war für eben diese Kandidaten klar, dass sie erstmal ihre Ambitionen auf das Weiße Haus ruhen lassen müssen. Ihre Zeit würde in der Nach-Trump-Ära wiederkommen. Nun ist Trump aber nach wie vor äußerst präsent in der Partei und Rubio keineswegs mehr ein innerparteilicher Gegner des Ex-Präsidenten. Wie die meisten Republikaner hat Rubio auch verstanden, dass dessen Zukunft in der Partei auch davon abhängt, ob und in welchem Ausmaß er Trump unterstützt. Und selbst für den Fall, dass Trump einmal Platz machen sollte, hätte Rubio selbst in Florida mit weiteren prominenten Republikanern zu kämpfen, denen landesweite Ambitionen nachgesagt werden. Sowohl Ron DeSantis als auch Senator Rick Scott sind über die Grenzen des Bundesstaats Florida bekannt. Was Rubio also bleibt, ist die beharrliche Sacharbeit im US-Senat und im Idealfall größere Wahlerfolge in Florida als sie DeSantis oder Scott einfahren können.


Der 51-jährige Rubio ist in der Politik Floridas fest verankert. In den Jahren 2000 bis 2009 war er Abgeordneter des Repräsentantenhaus des Bundesstaats Floridas, wovon er zwei Jahre als Sprecher der Kammer agierte.

2010 bewarb sich Rubio dann erfolgreich für einen der beiden Sitze Floridas im US-Senat und gewann die Wahl mit 48,9 %. Damals hatte er zwei relevante Gegenkandidaten, den Demokraten Kendrick Meek 20,2 % und den damals unabhängigen Charlie Crist 29,7 %.

2016 bewarb sich Rubio als amtierender Senator für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner. Er galt als einer der jüngeren Kompromisskandidaten, die zwischen dem Außeneinsteiger Trump und einem Establishmentkandidaten wie Jeb Bush keine geringen Chancen auf einen Erfolg gehabt hätten. An Trump führte aber 2016 bekanntlich kein Weg vorbei und Rubio landete bei den Vorwahlen auf Platz 3 hinter dem zweitplatzierten Ted Cruz. Rubio beendete nach dem zweiten sogenannten Super Tuesday seine Kandidatur, nachdem er bei den Vorwahlen in seinem Heimatbundesstaat Florida mit fast 20 % Rückstand hinter Trump nur Zweiter wurde. Rubio holte insgesamt 167 Delegiertenstimmen, wobei er mit Minnesota, Puerto Rico und dem District of Columbia drei Vorwahlen gewinnen konnte. Nach heftigen gegenseitigen Attacken während der Vorwahlen unterstützte Rubio später Donald Trump bei dessen Kandidatur gegen Hillary Clinton.


Nach der eigenen gescheiterten Kandidatur stand fest, dass sich Rubio 2016 um die Wiederwahl als US-Senator bemühen würde. Mit 52 % fuhr der Republikaner ein beeindruckendes Ergebnis gegen seinen demokratischen Herausforderer Patrick Murphy ein, der lediglich auf 44,3 % kam. Rubio profitierte hier sicherlich auch von seiner durch die Präsidentschaftskandidatur deutlich gesteigerte Bekanntheit.

Im Jahr 2022 hatte Rubio keinen Gegenkandidaten in den republikanischen Vorwahlen.


Senator Rubio official portrait
Marco Rubio
US Senate, Public domain, via Wikimedia Commons


Im US-Senat liegen Rubios Schwerpunkte in der Sicherheits-, Außen- und Verteidigungspolitik. Auch in der TV-Debatte mit seiner Herausforderin Val Demings konnte Rubio mit detaillierten Fachwissen in diesen Bereichen punkten, während Demings hier eher vage blieb und ihre Punkte eher bei klassischen innenpolitischen Themen setzte. In dieser Debatte sprach sich Rubio erneut für ein restriktives Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen aus. Jegliche Verschärfung von Waffengesetzen lehnt er grundsätzlich ab, befürwortet aber eine Form der sogenannten Red Flag Gesetze, die es Strafverfolgungsbehörden und Gerichten - und in Florida eben nur diesen - ermöglichen, Einzelpersonen Waffen wegzunehmen, wenn Tatsachen nachgewiesen sind, dass sie anderen oder sich selbst damit schaden könnten. Privatpersonen dürften damit keine entsprechenden Anträge bei Gerichten einreichen. Ein solches Gesetz existiert bereits in Florida, wie auch in teilweise abgewandelten Formen in anderen Bundesstaaten.


Val Demings - Herausforderin aus Orlando

Die Demokratin Val Demings will im November die republikanische Dominanz in Florida zumindest etwas minimieren. Demings ist eng mit der Stadt Orlando verbunden. Hier arbeitete sie seit 1983 als Polizistin und war von 2007 bis 2011 Chefin des Orlando Police Departments.

Die inzwischen 65-jährige Demings startete ihre politische Laufbahn erst nach ihrer aktiven beruflichen Zeit. Nachdem 2012 ein erster Versuch scheiterte, wurde sie 2016 für Floridas 10th District, der Teile Orlandos umfasst, in das US-Repräsentantenhaus gewählt. Sie gewann deutlich mit rund 30 % Vorsprung. Die Republikaner stellten 2018 niemanden auf, so dass Demings ohne Gegenkandidat wiedergewählt wurde. 2020 fand sich eine republikanische Gegenkandidatin, die aber deutlich mit etwa 27 % Rückstand gegen Demings verlor.


Val Demings, Official Portrait, 115th Congress
Val Demings
Phi Nguyen, U.S. House Office of Photography/House Creative Services,
Public domain

Politisch ist Demings eher dem moderaten Flügel der Demokraten zuzuordnen, wobei sie zu nahezu allen wichtigen Themen fest hinter den klassischen Positionen der Partei steht. In der bereits erwähnten TV-Debatte mit Marco Rubio setzte Demings auf die Themen, die insbesondere die eigenen Wählerinnen und Wähler der Demokraten mobilisieren sollten. Sie sei der Auffassung, dass es nicht die Aufgabe eines Senators oder einer Senatorin sei, zu entscheiden, ob eine Frau ein Kind austragen müsse oder nicht. Dies sei ausschließlich eine Entscheidung der betroffenen Frauen zusammen mit ihren Familien und Ärzten. Sie wolle nicht, dass ein vergewaltigtes 10-jähriges Mädchen verpflichtet sei, das Kind des Täters auszutragen und bezog sich damit auf einen Fall aus Ohio, der landesweit Beachtung erfuhr. Im Sommer musste das Kind für einen Schwangerschaftsabbruch in den Nachbarbundesstaat Indiana fahren, da Ohios Gesetze entsprechende ärztliche Eingriffe auch in einem solchen Fall nicht erlauben.

Weiter kritisierte sie Rubio in Bezug auf dessen nach ihrer Darstellung nicht eingehaltenen Zusagen an Angehörige von Opfern des Schulmassakers in Parkland, wo 2018 ein 19-jähriger 17 Menschen mit einem halbautomatischen Gewehr tötete, darunter viele Schülerinnen und Schüler. Rubio lehnt ein Verbot des Verkaufs solcher Waffen an unter 21-jährige weiter ab.

Demings warf Rubio zudem vor, dass er als Senator bzw. auch schon zuvor als Abgeordneter im Repräsentantenhaus Floridas zu wenig getan hätte, um die Kosten für Immobilienversicherungen in Florida zu senken. In keinem anderen Bundesstaat müssen Immobilienbesitzer so hohe Versicherungsprämien zahlen wie in Florida, wo sie etwas dreimal so hoch wie im Landesdurchschnitt sind. Viele Menschen können sich zudem eine Versicherung gegen Hochwasserschäden gar nicht leisten und sind entsprechend auch nicht versichert. Zahlreiche Rechtsstreitigkeiten zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern, eine weiter steigende Anzahl an Leistungsanträgen und insolvente Versicherungsunternehmen vergrößerten diese Krise in den letzten Jahren. Nach dem jüngsten schweren Hurrikan Ian stehen viele Einwohner Floridas vor der Frage, ob und in welchem Umfang, Versicherungen für die entstandenen Schäden eintreten können.


Hat Hurrikan Ian auch Auswirkungen auf die Wahl?

Ob die katastrophalen Schäden infolge des Hurrikan Ian sich auch auf die Wahlen in Florida auswirken werden, ist ungewiss. Gouverneur DeSantis will so viel Normalität bei den Wahlen haben, wie es unter diesen Umständen möglich ist. Insbesondere der Südwesten rund um Fort Meyers ist von den Überflutungen und Sturmschäden betroffen. Eine Region, die für die Republikaner besonders wichtig ist, da sie deren bevölkerungsreiche Hochburg ist. Dass die betroffenen Menschen ihre Positionen in Bezug auf den Klimawandel überdenken und davon sogar ihre Wahlentscheidung abhängig machen, ist eher nicht anzunehmen. Wichtiger ist jedoch, dass das Krisenmanagement im Bundesstaat funktioniert. Präsident Joe Biden und Gouverneur DeSantis hatten angesichts der großen Herausforderungen eine enge Zusammenarbeit angekündigt und wollen den Wahlkampf außen vor lassen. Ein weiterer Punkt ist natürlich auch die Wahlbeteiligung in dieser Region. Geht sie signifikant zurück, da nur wenige provisorische Wahllokale eingerichtet wurden, die ggf. nur schwer erreichbar sind oder die Menschen ganz einfach andere existenzielle Sorgen haben und dem Wahlgang keine Priorität einräumen, könnte dies bei einem knappen Wahlausgang, wie er in Florida nicht ungewöhnlich wäre, durchaus eine Relevanz entfalten.


Umfragen zeigen republikanische Tendenz

Leider liegen derzeit keine aktuellen Umfragen für Florida vor. Die letzten veröffentlichten Meinungserhebungen stammen noch aus September. Sie zeigen durchweg einen Vorsprung für Marco Rubio von durchschnittlich 4-5 %. Abzuwarten wäre nun, wie sich die TV-Debatte auf das Stimmungsbild auswirkt und ob Hurrikan Ian einen Einfluss auf das Wahlverhalten haben wird. Die nächsten Umfragen werden hier sicherlich schon Antworten geben können. Sollte Demings die Wählerinnen und Wähler bei der TV-Debatte nicht überzeugt haben, wird Rubio als Favorit in die Wahl am 08. November gehen. Das allgemeine Stimmungsbild mit einer schwächelnden Wirtschaft und einer hohen Inflation machen Erfolge für die in Washington verantwortlichen Demokraten in einem tendenziell eher republikanischen Bundesstaat wie Florida kaum möglich. Hier müssten lokale Themen Floridas in den Vordergrund rücken und zugleich die Kandidierenden auch Lösungsansätze anbieten, die die Wählerinnen und Wähler überzeugen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob dies Val Demings noch gelingen wird.

Sobald es aktuelle Umfragen gibt, findet Ihr sie hier an gewohnter Stelle: Umfragen zum US-Senat.

Mittwoch, 12. Oktober 2022

Wieder richtet sich die Aufmerksamkeit auf Pennsylvania

Pennsylvania ist schon häufig ein entscheidender oder zumindest äußerst wichtiger Bundesstaat für landesweite Wahlen in den USA gewesen. Auch in diesem Jahr kommt Pennsylvania wieder eine Schlüsselrolle zu. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Wahl des Senatssitzes in Washington. Die Demokraten setzen bei ihren Bestrebungen, den Republikanern einen Sitz im US-Senat abnehmen zu können, ihre größte Hoffnung auf Pennsylvania. Sollte ihnen das gelingen, wären sie ihrem Teilziel, die Mehrheit im Senat zu behalten, einen erheblichen Schritt näher.


Bevor ich auf das direkte Duell um diesen Sitz eingehe, gebe ich wie gewohnt einen kurzen Überblick über die bisherigen bundesstaatsweiten Wahlergebnisse.

Bei Präsidentschaftswahlen hat Pennsylvania in den vergangenen Jahrzehnten fast immer demokratisch gewählt. Seit 1988 (George Bush) ist es nur Donald Trump 2016 gelungen, eine hauchdünne Mehrheit für die Republikaner zu holen. Trump konnte bei seiner Siegesserie im Rust Belt der USA auch die 20 Wahlmännerstimmen aus Pennsylvania mit 0,7 % Vorsprung vor Hillary Clinton gewinnen. Vier Jahre später war der Bundesstaat ein wichtiger Bestandteil des Sieges Joe Bidens. Der Demokrat gewann mit rund 1,2 % Vorsprung vor Trump.


Bei Gouverneurswahlen ist ein deutlich abwechslungsreicheres Bild erkennbar. Hier hat es nach dem 2. Weltkrieg praktisch immer spätestens nach zwei Amtszeiten wieder ein Wechsel von Republikanern zu Demokraten und umgekehrt gegeben. Diese "Regel" wird in diesem Jahr vermutlich gebrochen, da nach zwei Amtszeiten des Demokraten Tom Wolf aller Voraussicht nach erneut ein Demokrat gewinnen wird.


Die zwei Senatssitze Pennsylvanias sind aktuell an unterschiedliche Parteien vergeben. Momentan hält der Demokrat Bob Casey einen der beiden Sitze und muss sich 2024 erneut zur Wiederwahl stellen. In diesem Jahr wird der Sitz des Republikaners Pat Toomey neu gewählt, wobei er selbst nicht erneut antritt. Dieser Sitz konnte seit 60 Jahren nicht mehr von den Demokraten gewonnen werden. Toomey gewann 2010 mit 2 % und 2016 mit 1,5 % Vorsprung.


Die Wählerstruktur Pennsylvanias kommt grundsätzlich den Demokraten entgegen. Laut Ballotpedia sind 46 % der registrierten Wählerinnen und Wähler Demokraten, 39 % sind Republikaner und 15 % Unabhängige oder Anhänger anderer Parteien.


Zwei Anti-Establishment-Kandidaten gewannen die Vorwahlen

Um die Nachfolge von Pat Toomey bewerben sich der Demokrat John Fetterman und der Republikaner Mehmet Oz.

John Fetterman ist 53 Jahre alt und in West Reading, Pennsylvania geboren. Nach vielen Jahren als Bürgermeister von Braddock bewarb er sich 2016 bei den Vorwahlen der Demokraten vergeblich um die Nominierung für die Wahl zum US-Senat. Erfolgreicher verlief die Bewerbung ein Jahr später als Running Mate für Gouverneur Tom Wolf. Fetterman gewann die Vorwahlen und wurde an der Seite von Wolf 2018 zum Vizegouverneur von Pennsylvania gewählt.

In dieser Zeit konnte sich Fettermann bundesstaatsweit bekannter machen und bewarb sich 2021 erneut um die Nominierung der Demokraten für den US-Senatssitz bei den diesjährigen Kongresswahlen. Fettermann gewann die Vorwahlen deutlich mit 58,7 % vor Conor Lamb, der auf 26,3 % kam.


Lt. Gov. John Fetterman Portrait (46874790005)
John Fetterman
Governor Tom Wolf from Harrisburg, PA, CC BY 2.0 


Fetterman ist dem links-progressiven Flügel der Demokraten zuzuordnen. Er unterstützte Bernie Sanders bei dessen Präsidentschaftskandidatur für die Demokraten und tritt für viele klassische Positionen der Partei ein. Im Wahlkampf wirbt er insbesondere für einen 15 Dollar Mindestlohn, starke Gewerkschaften, bessere Bildungschancen wirtschaftlich benachteiligter Kinder und eine Gesundheitsversorgung als Grundrecht.

Sein unkonventionelles Erscheinungsbild und für einen Politiker eher untypisches Auftreten sowie die Ablehnung von finanziellen Unternehmenseinflüssen in die Politik grenzen ihn auch innerhalb der demokratischen Partei von vielen Politikerinnen und Politikern ab. Dass er bei den Vorwahlen im Gegensatz zu dem unterlegenen Conor Lamb kaum Unterstützung von anderen Abgeordneten in Pennsylvania erhielt, belegt eine gewisse Distanz zum politischen Establishment.

Im Mai diesen Jahres erlitt Fetterman einen Schlaganfall, von dem er sich zwar erholte, einige Zeit aber mit dem Wahlkampf aussetzen musste. In den Medien wird dennoch spekuliert, inwieweit Fetterman gesundheitlich bereits wieder in der Lage ist, den möglichen künftigen Aufgaben eines Senators auskömmlich nachzukommen. Diese Diskussionen nahmen zu, als Fetterman einer TV-Debatte gegen Mehmet Oz zwar grundsätzlich zustimmte, sich aber zunächst nicht auf einen Termin im September einlassen wollte. Inzwischen steht fest, dass die Debatte am 25. Oktober in Harrisburg stattfinden wird.


Erneut setzt sich ein Trump-Kandidat bei den Vorwahlen durch

Mehmet Oz, einigen besser bekannt als Dr. Oz, ist 62 Jahre alt und in Cleveland, Ohio geboren. Als Sohn türkischer Einwanderer ist Oz unter dem Namen Mehmet Cengiz Öz in Wilmington, Delaware aufgewachsen. Er besitzt neben der US-amerikanischen auch die türkische Staatsbürgerschaft, wofür er für zwei Monate auch bei den türkischen Streitkräften diente. Oz erreichte einen Abschluss an der Havard University in Massachussets und den Abschluss als Doktor der Medizin an der Pennsylvania University.

Nach einer zunächst erfolgreichen medizinischen Karriere trat Oz seit 2003 in der Oprah Winfrey Show als medizinischer Experte regelmäßig auf, ehe er ab 2009 seine eigene Show erhielt. The Dr. Oz Show war eine tägliche Talkshow, in der insbesondere medizinische Themen diskutiert und gesundheitliche Produkte insbesondere zur Gewichtsreduktion beworben wurden. Da Oz selbst solche Produkte vertrieb und auch immer wieder pseudowissenschaftliche Ansichten vertrat, gab es auch Kritik aus Kreisen der klassischen Medizin. Während der Coronapandemie riet Oz, früherer Leibarzt von Donald Trump dazu, das Medikament Hydroxychloroquin als Heilmittel einzunehmen, was später auch von Donald Trump propagiert wurde. Wissenschaftlich konnte jedoch keine Positivwirkung belegt werden. Da Oz Anteile an Firmen hält, die das Medikament vertreiben, wurde auch hier Kritik laut, dass Oz eher im eigenen wirtschaftlichen Interesse als im Sinne der allgemeinen Gesundheit agierte.

Donald Trump unterstützte Oz Kandidatur in den republikanischen Vorwahlen.


Dr. Mehmet Oz, August 2016
Mehmet Oz
SAMHSA from Rockville, Public domain, via Wikimedia Commons


Mehmet Oz wurde in den Vorwahlen durch die republikanischen Mitbewerber auch wegen seiner türkischen Staatsbürgerschaft angegriffen. Mehmet Oz ist der erste muslimische Kandidat für den US-Senat, betrachtet man die beiden großen Parteien der Republikaner und Demokraten. Damit wäre er auch der erste muslimische Senator im Kongress der USA, sollte Oz die Wahl gewinnen.

Die Vorwahlen der Republikaner in Pennsylvania waren die wohl spannendsten in diesem Jahr. Oz wurde von der innerparteilichen Konkurrenz vorgeworfen, inhaltlich kein echter Republikaner zu sein. Zu häufig hätte er in konservativen Kernthemen seine Meinung gewechselt. Ein typisch konservativer Kompass sei nicht erkennbar. Tatsächlich sah sich Oz häufig mit früheren Positionen konfrontiert, die er inzwischen im Sinne der republikanischen Parteilinie korrigiert bzw. ausgeschärft hat. Im Vorwahlkampf verwies Oz immer wieder auf die Unterstützung Trumps, um hier einen Vorteil gegenüber seinen republikanischen Mitbewerbern sichtbar zu machen. Aber auch bei Trumps Anhängern hat es Kritik an dessen Unterstützung für Oz gegeben. Am Ende der Vorwahlen gewann Oz die Nominierung der Republikaner denkbar knapp und erst nach einer Nachzählung der Stimmen. Oz kam auf 31,21 %, dahinter landete David McCormick mit 31,14 % auf Platz drei Kathy Barnette mit 24,66 %. Bei über 1,3 Mio abgegebenen Stimmen hatte Oz nur einen Vorsprung von weniger als 1000 Stimmen.


Umfragen sehen Fetterman leicht vorn

In den Umfragen liegt John Fetterman vor Mehmet Oz. Aktuell beträgt der durchschnittliche Vorsprung für Fetterman rund 3-4 %, wobei es keine einzige Umfrage gibt, die den Republikaner als Sieger sehen. Allerdings muss auch festgestellt werden, dass Oz seinen Rückstand im Laufe des Sommers mehr als halbiert hat. Der jetzige Abstand von 3-4 % ist inzwischen zwar konstant, liegt aber gerade noch innerhalb der durchschnittlichen Fehlertoleranz der meisten Umfrageinstitute. Berücksichtigt man zudem noch die leichte Tendenz Pennsylvanias bei Kongresswahlen etwas stärker republikanisch zu wählen als der Landesdurchschnitt, können sich die Demokraten noch nicht sicher sein, am Ende auch tatsächlich diesen Sitz um US-Senat erobern zu können.

Dennoch, Fetterman ist in Pennsylvania leicht favorisiert und das aussichtsreichste Rennen der Demokraten in diesem Sinne. Der TV-Debatte zwischen Fetterman und Oz könnte am 25. Oktober tatsächlich eine entscheidende Bedeutung zukommen.

Montag, 3. Oktober 2022

Republikaner Johnson in Wisconsin unter Druck

Wollen die Republikaner die Mehrheit im US-Senat erlangen, müssen sie neben der Eroberung eines demokratischen Sitz auch alle eigenen Sitze verteidigen. Andernfalls müssten weitere Sitze dazugewonnen werden, was allerdings hinreichend schwierig ist. Da mit Pennsylvania bereits ein Bundesstaat an die Demokraten gehen könnte, dessen Sitz zuvor durch einen Republikaner gehalten wurde, wäre ein weiterer Verlust für die GOP kaum noch zu stemmen.

Im Bundesstaat Wisconsin rechnen sich die Demokraten Chancen aus, einen solchen Erfolg gegen den republikanischen Amtsinhaber Senator Ron Johnson setzen zu können. Die Aussichten, dass dies auch gelingen wird, schienen im Laufe des Sommers allerdings schon mal besser gewesen zu sein.


Wisconsin wählt wechselhaft

Wisconsin kann durchaus als Swing State betrachtet werden, wobei die Stärke der Republikaner bei den Wahlen zum US-Repräsentantenhaus liegen. Während die Demokraten in und um die Großstädte Milwaukee und Madison punkten können, sind die ländlichen Regionen fest in der Hand der Republikaner.

Bei Präsidentschaftswahlen wurden in Wisconsin zuletzt sehr knappe Ergebnisse verzeichnet. Im Jahr 2020 konnte Joe Biden gegen Trump hauchdünn mit etwa 0,6 % Vorsprung gewinnen. Vier Jahre zuvor konnte Donald Trump die 10 Wahlmännerstimmen mit etwa 0,8 % Vorsprung gegen Hillary Clinton holen. Ansonsten wählte Wisconsin über Jahrzehnte demokratisch.

Wesentlich abwechslungsreicher fielen die Ergebnisse bei Gouverneurswahlen aus. Hier hat es im Prinzip immer wieder Wechsel zwischen Demokraten und Republikaner gegeben. 

Die zwei aktuellen Senatssitze für den US-Kongress halten aktuell die Demokratin Tammy Baldwin, die 2018 mit knapp 11 % Vorsprung gewann und der nun im November zur erneuten Wiederwahl stehende republikanische Senator Ron Johnson.


Der republikanische Amtsinhaber - Ron Johnson

Ron Johnson wurde 2010 erstmals für die Republikaner in den US-Senat gewählt. Ihm gelang es in einer für die Demokraten schwierigen allgemeinen Stimmungslage im Land den demokratischen Amtsinhaber Russ Feingold mit knapp 5 % Vorsprung aus dem Amt zu drängen.

Bei seiner ersten Wiederwahl 2016 wurde Johnson durch seinen Vorgänger herausgefordert und konnte Feingold erneut bezwingen. Sein Vorsprung betrug dabei 3,4 %.

Nun will Johnson für eine weitere Wahlperiode die Interessen Wisconsins in Washington vertreten und erhielt bei den republikanischen Vorwahlen 83,7 %.

Ron Johnson portrait 117th Congress
Ron Johnson
US Senate Photographic Studio, Public domain


Dass der 67-jährige Ron Johnson um seine erneute Wiederwahl bangen muss hat im Kern zwei wesentliche Gründe. Er gilt laut einer Umfrage von Morning Consult aus März 2022 nach Mitch McConnell als einer der unbeliebtesten Senatoren. Seine Kritiker werfen ihm vor, dass er nicht genügend für die Interessen Wisconsins eintritt und eher die eigenen im Blick habe.

Die links-progressive Zeitung The American Independent führte dazu aus, dass Johnson für einen Gesetzesantrag zu Steuerentlastungen votierte, von denen insbesondere auch sehr reiche Personen profitierten, ihn selbst eingeschlossen. Zugleich unterstützte er Pläne, nach denen die Steuern für niedrige Einkommen erhöht werden sollten. Johnson sei der Auffassung, dass die Topverdiener bereits einen auskömmlichen und gerechten Anteil zahlten.

Zudem setzte er sich nicht für den Erhalt von rund 1000 Arbeitsplätzen eines in Wisconsin gegründeten und ansässigen Unternehmens ein. Das Unternehmen investierte und verlagerte sie stattdessen nach South Carolina. Johnson hielt dagegen, dass es nicht seine Aufgabe sei, sich in die Unternehmensentscheidungen einzumischen.

Im Wahlkampf versucht Johnson nun insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung Wisconsins in den Fokus zu nehmen, wobei er den Ansatz verfolgt, dass Steuersenkungen und der Abbau von Regularien zur Ansiedlung von mehr und besseren Arbeitsplätzen führen sollen.


Der demokratische Herausforderer - Mandela Barnes

Mandela Barnes zeichnet im Wahlkampf das Bild eines Kandidaten, der aus schwierigen aber geordneten Verhältnissen in Wisconsin aufgewachsen ist und sich seinen Aufstieg in politische Spitzenämter erarbeitet hat. Die gewerkschaftsnahen Eltern haben als Lehrkraft und Fabrikarbeiter eine solide Basis für den 1986 in Milwaukee geborenen Sohn gelegt und begleiten ihn auch in diesen Wochen des Wahlkampfs.

Barnes präsentiert sich persönlich, nahbar, familiär und steht mit seinen 35 Jahren auch für einen Generationenwechsel. Trotz eines eher gemäßigten Auftretens steht Barnes inhaltlich klar für progressive Themen, die wohl dosiert auch der politischen Mitte schmackhaft gemacht werden sollen. Das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, Medicare for All, der Green New Deal, Wählerrechte und der Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt zählen in diesem Wahlkampf zu seinen Schwerpunkten.

MandelaBarnesSpeech
Mandela Barnes
Public Domain Dedication, CC BY-SA 4.0


Barnes politische Karriere begann 2013 als Abgeordneter im Unterhaus von Wisconsin. Nach einer erfolglosen innerparteilichen Kampagne für die Kandidatur für den Senat des Bundesstaats Wisconsin im Jahr 2016 gelang es ihm zwei Jahre später an der Seite von Tony Evers für das Amt des stellv. Gouverneurs von Wisconsin zu kandidieren. Das Duo Evers/Barnes gewann die Wahl knapp, Anfang 2019 wurde Barnes in das Amt eingeführt. Viel Zeit sollte nun offenbar nicht vergehen und so verkündete er im Sommer 2021 seine Kandidatur für den US-Senat als Herausforderer von Ron Johnson. Barnes gewann die demokratischen Vorwahlen knapp 78 % Zustimmung.

Barnes wäre im Falle eines Sieges der erste schwarze Senator aus Wisconsin, einem Bundesstaat mit ca. 82 % weißer Bevölkerung.


Umfragen sehen Johnson knapp vorn

Zwischen Johnson und Barnes wird es ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben. Nachdem der Demokrat in den Sommermonaten die Umfragen anführte, konnte der republikanische Amtsinhaber in den letzten Wochen wieder an Barnes vorbeiziehen. Im Durchschnitt liegt Johnson aktuell mit 2-3 % vorne. Da dieser Wert allerdings innerhalb der üblichen Fehlertoleranz liegt, sollte Barnes noch nicht voreilig abgeschrieben werden.

Dennoch bleibt festzuhalten, dass das Momentum aktuell nicht bei Barnes zu liegen scheint. Wisconsin wählt strukturell eher leicht zugunsten der Republikaner, im Vergleich zum durchschnittlichen Gesamtergebnis in den USA. Da die Stimmung im Land gemessen an den Umfragen zum Generic Congressional Vote ausgeglichen ist, müsste Barnes hier rein rechnerisch als Kandidat einige Prozentpunkte gegen Johnson aufholen. Da der Republikaner, wie bereits erwähnt, in Umfragen eher schwache Zufriedenheitswerte für einen Amtsinhaber erhält, könnte Barnes mit einem Kandidatenfaktor punkten. Ob dies ausreichend sein wird, werden wir ziemlich sicher erst in der Wahlnacht oder später erfahren.

Für die Demokraten ist es eine Chance, den Republikanern einen Sitz im US-Senat abzunehmen, anderenorts erscheint mir dieses Vorhaben aber etwas aussichtsreicher zu sein. Mit Pennsylvania, North Carolina und Florida schließe ich in den kommenden zwei Wochen die Vorschaureihe zu den einzelnen Bundesstaaten für die Wahlen zum US-Senat ab. Sollte noch ein Bundesstaat dazukommen, nehme ich ihn natürlich noch mit auf.