Sonntag, 29. September 2024

Demokraten erhöhen Wahlkampfausgaben in Florida und Texas - Senatssitze dabei wohl im Fokus

Alle Wahljahre wieder kommt irgendwann im Wahlkampf die Diskussion auf, ob die Republikaner mit Florida und Texas zwei so sichere Bundesstaaten haben, dass der Wahlkampf dort für beide Parteien praktisch auf Sparflamme laufen kann. Die Republikaner hoffen, dass Floridas Tage als Swing State endgültig zu ihren Gunsten gezählt sind und die Demokraten sehnen sich danach, dass sich die Bevölkerungsstruktur des Bundesstaats Texas so stark verändert hat, dass sie dort irgendwann mal einen Fuß in die Tür bekommen. Trump hat 2016 und 2020 jeweils beide Bundesstaaten gewonnen und auch die Gouverneurswahlen und die Wahlen zum US-Senat gewannen die Republikaner.

Zur diesjährigen Präsidentschaftswahl hat Kamala Harris mit sieben Battleground States genug Möglichkeiten Geld und Zeit zu investieren, da wären die teuren Medienmärkte von Texas und Florida ganz klar eine zusätzliche Belastung. Gleiches gilt für Trump, für den die Siege in diesen beiden Bundesstaaten praktisch das Fundament für eine weitere Amtszeit wären.

ABC News berichtet nun, dass die Demokraten dennoch Geld in diesen Bundesstaaten investieren.
400.000 US-Dollar sollen laut Democratic National Committee in Florida ausgegeben werden. Zudem kündigte das Democratic Senatorial Campaign Committee an, weitere Millionen USD für Werbung in Florida und Texas auszugeben.

Der Grund für diese Ausgaben dürfte aber eher bei der Wahl zum US-Senat liegen. Sollten die Demokraten ernsthaft das Ziel verfolgen, Kamala Harris in Florida oder Texas siegreich aus der Wahl hervorgehen zu lassen, müssten hier ganz andere Summen aufgebracht werden. Dennoch ist die Kombination aus Präsidentschaftswahl und der Wahl zum US-Senat in diesem Jahr für Florida und Texas besonders interessant.


Die Ausgangslage ist klar, Trump rechnet mit Siegen in Texas und Florida, die Präsidentschaftswahl wird voraussichtlich woanders entschieden.
Bei der Wahl zum US-Senat geht es wieder besonders eng zu. Die Demokraten halten hier momentan eine 51 zu 49 Mehrheit. Diese Mehrheit könnte nach aktuellem Stand im November verloren gehen, da sie einen Sitz für West Virginia sicher verlieren. Zudem droht in Montana ebenfalls ein Sitzverlust für Senator Jon Tester, der in den Umfragen teilweise recht deutlich zurück liegt. Sollte dieser Sitz für die Demokraten verloren gehen, haben sie praktisch nur zwei Möglichkeiten den Machtverlust im Senat zu verhindern. Sie müssten mindestens einen der beiden Sitze aus Texas oder Florida gewinnen.



Es ist also gut möglich, dass die Demokraten bei ihren Investitionen in diesen Bundesstaaten eher aus der Defensive heraus agieren.
Diskussionen, ob Kamala Harris hier angreifen oder zumindest ein Ablenkungsmanöver starten will, um Trump seinerseits dort zu Geldausgaben zu zwingen, erscheinen mir eher abwegig zu sein.
Dennoch richte ich den Blick nochmal genauer auf beiden Bundesstaaten und die dortigen Wahlen in diesem Jahr.

Florida


In Florida sind 30 Electoral Votes zu holen, weit mehr als jedem einzelnen anderen Bundesstaat, der aktuell als umkämpft gilt. Donald Trump hat in Florida zuletzt zweimal gewonnen. Rund 600.000 Stimmen trennten Trump und Biden im Jahr 2020, was etwa 3,3 % Abstand ausmachte. Die Demokraten waren hier zuletzt mit Barack Obama siegreich.
In Florida liegt Harris in den Umfragen aktuell zwar nur rund 4 % zurück, die letzten Erfahrungen aus den zurückliegenden Wahlen in Florida, etwa der Gouverneurswahl von Ron DeSantis, die er mit 19 % Abstand gewann, stimmen die Demokraten skeptisch. Zudem liegt Trump in den Umfragen bei 50 %, während Harris auf 46% kommt. Diese 4 % Differenz wiegen also schwerer, als eine Kombination, in der Trump bei 46 % und Harris bei 42 % liegen würden, da in einem solchen Falle schlicht noch mehr unentschiedene Stimmen zu gewinnen wären.
Sollte der Umfragenvorsprung für Donald Trump in Florida noch unter 4 % sacken, könnte der Sunshine State im Wahlkampffinale 2024 nochmal in den Fokus rücken. Eine Gefahr für die Republikaner, sollten sie diesen Bundesstaat verlieren. Eine Gefahr aber auch für die Demokraten, wenn sie sich zu sehr verzetteln und sich nicht mit aller Kraft auf die sieben bekannten Battleground States konzentrieren.

Bei der Wahl zum US-Senat will der Republikaner Rick Scott wiedergewählt werden. Er wird von der Demokratin Debbie Mucarsel-Powell herausgefordert. Scott hatte sich 2018 denkbar knapp gegen den Demokraten Bill Nelson durchsetzen können. Bei rund 8,2 Mio Stimmen hatte Scott am Ende einen Vorsprung 10.000 Stimmen, was 0,12 % ausmachte.
Aktuell führt Scott in den Umfragen mit durchschnittlich etwa 3,5 %.

Die Kombination, dass die Demokraten in Florida bei diesen beiden anstehenden Wahlen nicht so weit weg sind, könnte nun zu der Entscheidung geführt haben, entsprechende Investitionen im Wahlkampf zu tätigen. Für die Präsidentschaftswahl wäre Florida für die Demokraten eine mehr als willkommene Alternative. Für den US-Senat könnte dieser eine Sitz aber schon existenziell für den Machterhalt der Demokraten in dieser Kammer des US-Kongresses sein.

Texas


Siege im Bundesstaat Texas (40 Electoral Votes) sind für die Demokraten gefühlt nochmal schwieriger zu erreichen. Seit nunmehr fast 50 Jahren haben sie hier bei Präsidentschaftswahlen nicht mehr gewinnen können. Sie haben zudem seit 1990 keine Wahl mehr in Texas gewonnen, bezogen auf bundesstaatsweite Abstimmungen. Damals hatte Ann Richards die Wahl zur Gouverneurin gewonnen.
2020 gewann Trump mit 5,6 % Vorsprung, was historisch betrachtet aber schon eher knapp war.
Die aktuellen Umfragen weisen einen solchen Vorsprung auch in diesem Jahr wieder aus. Ich sehe momentan nicht, dass Trumps dritter Sieg in Folge hier gefährdet wäre.

Weit spannender könnte sich aber hier das Rennen um den einen Senatssitz gestalten. Der Republikaner Ted Cruz strebt erneut seine Wiederwahl an. 2018 hatte er in einem viel beachteten Zweikampf den Demokraten Beto O'Rourke letztlich mit 2,6 % Vorsprung besiegen können.
In diesem Jahr wird Cruz von Colin Allred herausgefordert.
Die Umfragen sehen hier durchschnittlich einen knappen Vorsprung für Cruz von etwa 2 %, wobei eine einzelne Meinungserhebung von Morning Consult auch den Demokraten hauchdünn vorne sehen.


Texas und Florida sind für die Demokraten in diesem Jahr die einzigen realistischen Möglichkeiten, etwaige Sitzverluste im US-Senat in West Virginia, Montana oder auch Ohio auszugleichen. Hier dürfte der Fokus der Demokraten liegen, wenn über Investitionen in diesen beiden Bundesstaaten gesprochen wird. Sollte hierbei aber ein positiver Nebeneffekt für Kamala Harris entstehen, wäre der Spielraum für die Republikaner nicht sonderlich groß, diesen ignorieren zu können. Die verbleibende Zeit bis zur Wahl ist aber auch nicht mehr so lang, dass nennenswerte Stimmungsumschwünge erreicht werden können.

Donnerstag, 26. September 2024

Weshalb sieben Bundesstaaten weiter als offen gelten - Umfragen im Vergleich zu 2020

In diesem Jahr sind seit dem Kandidatenwechsel bei den Demokraten und den damit einhergegangenen Veränderungen in den Umfragen kaum größere Schwankungen im Stimmungsbild zu erkennen. Die sieben Battleground States Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, North Carolina, Georgia, Arizona und Nevada sind ausweislich der durchschnittlichen Umfragewerte weiterhin alle als offen zu betrachten. Weder für Harris, noch für Trump kann eine klare Tendenz in diesen Bundesstaaten erkannt werden. Neue Bundesstaaten, etwa Florida, Minnesota oder Texas haben den Wechsel ergänzend zu den sieben vorgenannten Swing States noch nicht erreicht.


Fehlertoleranz und Abweichungen aus 2020

Weshalb die sieben Battleground States trotz durchschnittlicher Umfragewerte teilwesie zwischen 2-3 % für Harris oder Trump weiterhin als offen zu betrachten sind, liegt auch an der Fehlertoleranz (Margin of Error), die je nach Umfrage, Quelle und Anzahl der Teilnehmenden meist zwischen 3-4 % liegt und den Erfahrungen aus dem Jahr 2020, auch wenn damals Biden korrekt als Sieger prognostiziert wurde. 

Die folgende Tabelle soll dies verdeutlichen. Die Errechnung der durchschnittlichen Umfragewerte für 2020 und heute stammen aus diesem Blog. Auf anderen Seiten können hierzu abweichende Werte gefunden werden, was daran liegt, dass andere, weniger oder mehr Umfragen berücksichtigt werden.


Zur besseren Ansicht auf dem Smartphone bitte das Querformat oder die Webansicht des Blogs nutzen.


blau = Dem
rot = Rep

ø Vorsprung
lt. Umfragen
kurz vor Wahl
2020 in %
Vorsprung
gem.
Wahlergebnis
2020 in %
Fehler-
differenz
ø Vorsprung
lt. Umfragen
heute für Wahl
2024 in %
Pennsylvania4.61,23,41,4
Georgia0,50,30,21,7
Arizona1,50,41,10,7
Michigan7,62,84,82,7
North Carolina1,41,32,70,8
Wisconsin8,00,67,42,4
Nevada4,42,42,01,2
Florida2,43,45,84,0
Texas1,55,64,14,8
Minnesota7,47,10,35,5
landesweit6,84,42,42,9


Es sind im Wesentlichen drei Punkte erkennbar.

  • In sechs von zehn Bundesstaaten lag die tatsächliche Fehlerdifferenz zwischen durchschnittlichen Umfragen und dem Wahlergebnis innerhalb einer Fehlertoleranz von bis zu 4 %. (Spalte Fehlerdifferenz), während z. B. für Wisconsin (wie auch schon 2016) und Florida deutliche Abweichungen erkennbar sind.
  • Im Durchschnitt wurde der Abstand zwischen Joe Biden und Donald Trump 2020 in allen Bundesstaaten als zu positiv für die Demokraten eingeschätzt. (Farbe blau in der Spalte Fehlerdifferenz).
  • Die aktuellen Abstände zwischen Harris und Trump liegen in allen aktuellen sieben Battleground States innerhalb der allgemeinen Fehlertoleranz und auch im Vergleich zu 2020 meist unter dem Wert der tatsächlichen Fehlerdifferenz (Ausnahme Georgia).
Da die Umfrageinstitute und -quellen fortlaufend versuchen, Veränderungen und Verbesserungen in ihren Umfrage- und Bewertungsmethoden vorzunehmen, kann nicht allgemein der Rückschluss gezogen werden, dass in Anbetracht dieser Tabelle die Fehlerdifferenzen auch in diesem Jahr wieder exakt so eintreten werden. Bei den Midterm Elections 2022 wurden beispielsweise häufig die Republikaner zu positiv eingeschätzt.
Es ist demnach unseriös, die Spalten "Fehlerdifferenz" und "durchschnittliche aktuelle Umfragen" einfach zu verrechnen (Beispielrechnung Michigan: 2,5 für Harris - 4,8 zu positiv für Demokraten = 2,3 für Trump), um so festzustellen, dass Donald Trump alle aufgeführten Bundesstaaten mit Ausnahme Minnesotas gewinnen wird. Dass dieses Szenario so oder ähnlich aber wieder eintreten kann, liegt im Bereich des Möglichen, weshalb ohne Zweifel alle Battleground States auch weiterhin als offen zu betrachten sind.


Abweichungen der einzelnen Umfragequellen 2020

In der folgenden Tabelle habe ich nochmal die Abweichungen der konkreten einzelnen Umfragequellen mit den tatsächlichen Ergebnissen aus 2020 verglichen und gerundet aufgeführt, also wie viel Prozentpunkte wich eine Umfrage vom Ergebnis ab, bezogen auf den Abstand zwischen den beiden Kandidaten und wer wurde dabei zu positiv eingeschätzt. Berücksichtigt wurde jeweils die letzte Umfrage einer Quelle vor der Wahl 2020, sofern sie nicht älter als sechs Wochen war, also in etwa der Zeitpunkt an dem wir heute für die diesjährige Wahl stehen. Die Umfragequellen habe ich exemplarisch ausgewählt. Alle Quellen führen auch in diesem Jahr wieder Umfragen durch. Wo keine Werte eingetragen sind, lagen 2020 keine aktuellen Umfragen für den Bundesstaat vor.


Gerundete Abweichungen in Prozent der letzten Umfrage
(nicht älter als 6 Wochen vor der Wahl 2020) zum Wahlergebnis
blau = zu positiv für Dem, rot = zu positiv für Rep
PAGAAZMINCWINVFLTXMNø
NY Times50554104625
ABC62431615
Emerson4013170953
Rasmussen25043
Susquehanna223222
Quinnipiac66867
NBC4057775
Reuters5272975
Morning Cons.81142129625
CNN9397777
FOX News49486
Trafalgar3445103043
Ins. Adv.231322


Die Zahlen sprechen für sich oder doch nicht? Ich will auf einige Werte nochmal gezielt eingehen. Dass in den USA manchmal von sog. High Quality Polls gesprochen wird, bezieht sich eher auf die Transparenz und wissenschaftliche Sorgfalt von Meinungserhebungen und nicht nur auf das tatsächliche letzte Abschneiden. Die Seite fivethirtyeight.com rankt beispielsweise die Umfragen der New York Times zusammen mit dem Siena College und die von ABC News zusammen mit der Washington Post als die "wertigsten Umfragequellen" ein. Emerson sieht das Portal auf Platz 10 von knapp 300. Die Trafalgar Group wird auf Platz 279 eingestuft, Rasmussen gar nicht mehr gerankt. 
Die Trafalgar Group wird häufig von nicht unabhängigen republikanischen Auftraggebern in Anspruch genommen und bezahlt, weshalb sie in puncto Transparenz und Unabhängigkeit besonders schlecht abschneidet.
Fraglich ist nun, ob diese Aspekte dazu beigetragen haben, dass Trafalgar 2020 Trump zu positiv eingeschätzt hat und auch ob der vergleichsweise gute Wert von 3 beim durchschnittlichen Abweichen darauf beruht, dass sie schlicht besser waren als viele andere oder sich die allgemeine Tendenz, Biden zu gut eingeschätzt zu haben, mit Trafalgars Pro-Trump Tendenz einfach nur glücklich ergänzte und zu einem ausgeglichenerem Ergebnis geführt hat. Diese Fragen wären aber wohl erst nach der diesjährigen Wahl zu beantworten, wenn nochmal eine zweite Abstimmung der gleichen Art hinzugezogen werden kann.

Das Abschneiden von Rasmussen ist ebenfalls schwierig zu bewerten. Der relativ gute Abweichungswert von 3 könnte z. B. auch darauf basieren, dass Rasmussen nur mit vier Wertungen hier berücksichtigt werden konnte und einige der Bundesstaaten mit hohen Abweichungen wie Wisconsin, Texas und Michigan (vgl. erste Tabelle) nicht mit dabei sind. Zudem hat Rasmussen in Arizona einen im Vergleich zu den anderen Quellen hohen Abweichungswert.

Auffällig ist aber auch, dass eben die als sehr gut eingestuften Quellen NY Times und ABC in Wisconsin z. B. zweistellige Abweichungswerte aufweisen. CNN und Quinnipiac schneiden bei dieser Übersicht besonders schwach ab, während das Emerson College, die häufig in Zusammenarbeit mit The Hill Umfragen veröffentlichen einen guten Wert von 3 erreichen und dabei fast alle Bundesstaaten Berücksichtigung fanden. Das Emerson College hatte auch den landesweiten Abstand 2020 zwischen Biden und Trump ziemlich genau so prognostiziert und  lag damit besser als alle anderen Quellen.
Susquehanna und Insider Advantage haben hier die besten Werte, wobei auch sie fünf Bundestaaten dabei haben, die nicht berücksichtigt werden konnten.

Abschließen will ich diese Gedanken nochmal mit dem Hinweis, dass selbst die besten Abweichungen aus 2020 von 2-3 Prozentpunkten höher liegen als die meisten in den aktuellen Umfragen erhobenen Abstände zwischen Kamala Harris und Donald Trump.

Montag, 23. September 2024

Neue Umfragen zeigen starken Trump im Süden

Die New York Times hat in Zusammenarbeit mit dem Siena College drei neue Umfragen veröffentlicht, die einen erstarkten Trump in den südlichen der Battleground States zeigen.

Insbesondere in Arizona verliert Harris im Vergleich zur Umfrage derselben Quelle aus August 4 %, während Trump 5% gewinnt und damit dort nun in dieser Einzelumfrage auch 5 Prozentpunkte vorne liegt.

In North Carolina hat Harris demnach ihren 2%-Vorsprung eingebüßt und liegt nun 2% hinter Trump.

In Georgia hält Trump demnach seinen 3%-Vorsprung.

Die Werte der New York Times überraschen etwas, da sie entgegen des landesweiten Trends liegen, bei dem Harris eher etwas zulegen konnte. Auch die Umfrage der NY Times für Pennsylvania, die bereits vor fünf Tagen veröffentlicht wurde, zeigte verbesserte Werte für Harris.


Auch The Telegraph hat eine Reihe neuer Umfragen mit Redfield & Wilton Strategies veröffentlicht. Diese zeigen wiederum ein unterschiedliches Bild.

In Arizona und Nevada büßt Trump seinen 1%-Vorsprung ein und liegt nun gleichauf mit Harris.

In North Carolina wird der Trend, den die NY Times sieht, bestätigt. Aus 1% Vorsprung für Harris wurde ein 1% Vorsprung für Trump.

The Telegraph sieht zudem schwächere Werte für Harris im Rust Belt. Ihr Vorsprung vor Trump ist in Michigan demnach von 3 % auf 1 % geschmolzen, in Wisconsin sogar von 3 % auf  0 %.

Wisconsin Watch in Zusammenarbeit mit der MassINC Polling Group sieht Harris in Wisconsin allerdings 6 % vor Trump.


Es ist offensichtlich, dass die Umfragen weiterhin kein eindeutiges Bild in den Battleground States zeigen, weshalb diese Bundesstaaten auch weiterhin alle als offen betrachtet werden müssen. Die Durchschnittswerte und die letzten Änderungen für alle relevanten Bundesstaaten findet Ihr wie gewohnt HIER verlinkt.

Republikaner scheitern mit Vorstoß zur Wahlrechtsänderung in Nebraska

Der Bundesstaat Nebraska wird bei der kommenden Präsidentschaftswahl auch weiterhin seine Electoral Votes aufteilen. Das seit 1992 geltende Prinzip Splitting the Votes wird nicht aufgehoben. Demnach erhält der Gewinner in Nebraska pauschal 2 Electoral Votes. Dazu werden noch 3 weitere Electoral Votes in den 3 Congressional Districts vergeben. Der jeweilige Sieger eines Congressional Districts erhält demnach jeweils 1 Electoral Vote.
Die Republikaner werden demnach sicher 4 Electoral Votes gewinnen. Im Congressional District 2 (CD2) hat Kamala Harris eine gute Chance, vor Donald Trump zu landen und könnte damit eine wichtige Stimme aus Nebraska für das Electoral College gewinnen. Wäre das beschriebene Prinzip aufgehoben worden, hätte Trump die vollen 5 Electoral Votes sicher gehabt.

Der Vorstoß der Republikaner scheiterte, da nicht alle ihrer 33 Senatoren im Bundesstaat Nebraska das Vorhaben unterstützen. Genauer gesagt, fehlt der GOP in Nebraska eine Stimme für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Der Abweichler Mike McDonnell erklärte, dass er so kurz vor der Wahl eine solche Änderung nicht vornehmen wolle. Er habe zudem das Prinzip Splitting the Votes bislang immer unterstützt. Die Wahl zwischen Trump und Harris solle bei den Wählerinnen und Wählern liegen. Er habe sich aber dafür ausgesprochen, im kommenden Jahr eine bundesstaatsweite Abstimmung über die in Rede stehende Änderung abzuhalten. McDonnell kommt aus Omaha, das weitgehend den CD2 umfasst und wechselte Anfang diesen Jahres von den Demokraten zu den Republikanern.

Die eine Electoral Vote in Nebraskas CD2 kann unter Umständen erhebliche Auswirkungen auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl haben.

Sonntag, 22. September 2024

Trump weiter gegen erneutes TV-Duell gegen Harris

Donald Trump hatte nach der TV-Debatte gegen Kamala Harris erklärt, dass es kein weiteres Rededuell zwischen den beiden geben wird. Ungeachtet dessen hat der Sender CNN beiden Spitzenkandidaten eine Einladung zu einem weiteren Aufeinandertreffen in diesem Format übersandt.

Kamala Harris hat die Einladung für eine zweite Debatte gegen Trump bereits angenommen. Diese soll am 23. Oktober stattfinden.
Trump hat angesichts dieses neuen Termins seine Ablehnung nochmal bekräftigt. Sein Argument war aber, dass das TV-Duell rund zwei Wochen vor dem Wahltermin zu spät sei, da die Wahlen aktuell und zu diesem Zeitpunkt schon begonnen haben. Ein kategorischen Nein klingt anders. Evtl. kommt noch ein anderer Termin oder ein anderer Sender in Betracht.

Sicher ist, dass zunächst die beiden Vizekandidaten Tim Walz und JD Vance am 01. Oktober bei einem TV-Duell um die Gunst der Wählenden kämpfen.

Freitag, 20. September 2024

Republikaner wollen mit einer Stimme aus Nebraska einen Patt ermöglichen

Die US-Präsidentschaftswahl 2024 kann denkbar knapp entschieden werden. Szenarien, nach denen eine Seite mit nur 270 zu 268 Electoral Votes gewinnen könnte, sind nicht unrealistisch, evtl. sogar recht wahrscheinlich. Es kommt also auch hier auf jede gewonnene Stimme an.

Winner-Takes-All statt Splitting the Votes


Die Republikaner versuchen nun einen ungewöhnlichen Weg zu beschreiten, um sich in eine geringfügig aber evtl. entscheidend bessere Lage zu versetzen.
Lindsey Graham, Senator aus South Carolina, hat Jim Pillen, Gouverneur von Nebraska und die dortigen republikanischen Abgeordneten dazu beraten, eine Sondersitzung anzuberaumen, in der beschlossen werden soll, dass der Wahlsieger von Nebraska, wie in fast allen anderen Bundesstaaten auch, die vollen Electoral Votes erhält, also das Winner-Takes-All Prinzip gelten soll. Graham soll im Auftrag von Trumps Wahlkampfteam agieren, berichtet NBC News.

Nebraska ist neben Maine einer von zwei Bundesstaaten in denen das Prinzip "Splitting the Votes" gilt.
Das bedeutet, dass die 5 Electoral Votes nicht automatisch an den Kandidaten gehen, der die meisten Stimmen in dem Bundesstaat hat. Die 5 Electoral Votes werden wie folgt aufgeteilt: 2 für den Gesamtsieger des Bundesstaats, und jeweils 1 für den Sieger der 3 Congressional Districts.
In Maine gilt dasselbe für die 4 dortigen Electoral Votes, also 2 für den Gesamtsieger des Bundesstaats, und jeweils 1 für den Sieger der 2 Congressional Districts.

Maine hat dieses Prinzip 1972 und Nebraska 1992 eingeführt.
In Maine hatte Donald Trump zuletzt zweimal 2016 und 2020 den Congressional District 2 gewonnen, während die Demokraten die Mehrheit der Stimmen in Maine gewannen. Damit hatten sie 3 Electoral Votes und die Republikaner 1 Electoral Vote gewonnen.
In Nebraska hatte Barack Obama 2008 und Joe Biden 2020 den Congressional District 2 gewonnen, sodass hier zuletzt 4 Electoral Votes an die Republikaner gingen, die den Bundesstaat gewannen und 1 an die Demokraten.

Um diese 1 Electoral Vote geht es in der jetzigen Diskussion. Der betroffene Congressional District 2 umfasst das Gebiet der Stadt Omaha, wo die Demokraten deutlich besser abschneiden als im Rest Nebraskas. Wird das Prinzip Splitting the Votes abgeschafft, haben die Demokraten keine Chance in Nebraska und alle 5 Electoral Votes wären den Republikanern sicher.

Eine einzige Electoral Vote könnte Trump den Sieg bringen


Welch große Auswirkungen das haben könnte, zeigt das aktuell meist diskutierte Szenario. Gehen wir von dem bekannten Ausgangsszenario mit sieben Battleground States aus, wobei alle anderen Bundesstaaten erwartungsgemäß wählen, würden Kamala Harris Siege in Pennsylvania, Michigan und Wisconsin reichen, WENN sie die eingeplante 1 Electoral Vote aus Nebraska gewinnt.

Fällt diese weg, käme es zu einem 269 zu 269 Patt im Electoral College, sofern sie in Georgia, North Carolina, Arizona und Nevada verliert.

Beispiel mit WInner-Takes-All Prinzip in Nebraska:




Dann würden die Bundesstaatsdelegationen im Repräsentantenhaus über den Sieger der Präsidentschaftswahl entscheiden. Selbst wenn die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen würden, ist aktuell anzunehmen, dass die Republikaner aber die Mehrheit der Bundesstaatsdelegationen stellen können. Jeder Bundesstaat hat hier eine Stimme. Die Mehrheit der gewählten Abgeordneten in einem Bundesstaat bestimmt in ihrer Delegation, ob diese Stimme dem Kandidaten der Demokraten oder der Republikaner gegeben wird. Ein Bundesstaat mit 3 Abgeordneten hat also das gleiche Stimmrecht wie ein Bundesstaat mit z. B. 40 Abgeordneten, was die vielen kleinen eher republikanischen Bundesstaaten bevorzugt. Kurzum, bei einem 269 zu 269 Patt, dürfte der Sieg an Donald Trump gehen, weshalb das Anliegen den Republikanern so wichtig ist und die Demokraten alarmiert sind.

Mehrheit für Gesetzesänderung in Nebraska steht noch nicht


Der Senat von Nebraska hat 49 Sitze. Für eine solche geplante Änderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, also 33 Stimmen. Die Republikaner hätten formal diese  Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat, es dürfte aber niemand aus den eigenen Reihen dagegen stimmen. Genau das ist aber aktuell noch nicht sicher und ein wesentlicher Grund, weshalb Lindsey Graham hier noch Überzeugungsarbeit leisten sollte. Einer aktuellen Einschätzung des republikanischen Senators in Nebraska, Tom Brewer, zufolge könnten 30-31 republikanische Senatoren dafür stimmen. Ob die nötige Anzahl für die Änderung noch erreicht wird ist unklar. In 10 Tagen beginnt in Nebraska das Early Voting. Eine Änderung nach Beginn der Wahl erscheint eher schwierig zu werden.

Demokraten in Maine könnten ihrerseits kontern


In Maine haben sich derweil die Demokraten zu Wort gemeldet und ihrerseits in Aussicht gestellt, dass auch sie für den Fall, dass Nebraska ihr Splitting the Votes Prinzip abschafft, im Gegenzug ebenfalls auf ein Winner-Takes-All Prinzip wechseln könnten, was wiederum die vollen 4 Electoral Votes für die Demokraten zufolge hätte. Damit fehlten den Republikanern bei dem o.g. Szenario dann wieder diese eine Stimme zum Patt im Electoral College.

Mittwoch, 18. September 2024

Kandidaten der Third Parties in Swing States

Der Einfluss weiterer Kandidaten von anderen Parteien, den Third Party Candidates, wird bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl eher gering ausfallen. Kamala Harris und Donald Trump werden wenig Zeit darauf verwenden, sich mit diesen Kandidaten zu befassen, um den Support deren Wählerinnen und Wähler zu erhalten.

Ohnehin sind nur die Battleground States in dieser Frage von Relevanz. Die Umfragen zeigen aber, dass andere Kandidaten hier zusammen nur auf 1-2 % kommen. In manchen Fällen kann das einen Unterschied zu einem sog. Heads-Up-Race zwischen Harris und Trump machen. Eine klare Tendenz, wer aber mehr unter der Teilnahme der anderen Kandidaten leidet, ist nicht erkennbar.

Grundsätzlich gilt natürlich, dass libertäre und konservative Kandidaten (Oliver und Terry) eher den Republikanern und progressive und linke Kandidaten (Stein, West, De La Cruz, Kishore) eher den Demokraten Stimmen wegnehmen könnten, wobei letztere teilweise so linksradikal sind, dass deren Anhänger sich in keinem Fall für eine der beiden großen Parteien in den USA entscheiden würden.
Kennedy hat bereits erklärt, Donald Trump zu unterstützen.

Die folgende Übersicht zeigt, in welchen der sieben Battleground States die jeweiligen Kandidaten der anderen Parteien antreten (GRÜN) und wo sie nicht auf dem Wahlzettel stehen (ROT).

Chase Oliver, Libertarian Party 
Jill Stein, Green Party 
Cornel West, Justice for All Party / Independent 
Randall Terry, Constitution Party / US Taxpayers Party
Robert F. Kennedy Jr., We the People Party / Independent 
Claudia De La Cruz, Socialism and Liberation Party / Independent 
Joseph Kishore, Independent

PA - Pennsylvania
NC - North Carolina
GA - Georgia
MI - Michigan
AZ - Arizona
WI - Wisconsin
NV - Nevada

Thrid Party Candidates in Swing States


Robert F. Kennedy Jr. hatte erklärt, Donald Trump zu unterstützen und daraufhin seine Kandidatur in den o.g. Battleground States zurückgezogen. Michigan und Wisconsin beließen ihn jedoch auf dem Wahlzettel.
Die Übersicht kann sich noch leicht verändern, da auch immer noch Wahlkommissionen und Gerichte über die Kandidatur einzelner Personen in den o.g. Bundesstaaten entscheiden können. 

Sonntag, 15. September 2024

Wenig Bewegung in Battleground States

Nach dem Wechsel an der Spitze der Demokraten von Biden zu Harris gab es relativ schnell erkennbare Veränderungen in den Meinungsumfragen, sowohl landesweit wie auch in den einzelnen umkämpften Bundesstaaten. Nach einigen Wochen aber stagnierten die Zahlen sowohl von Kamala Harris als auch von Donald Trump. Aktuell sind kaum nennenswerte Entwicklungen erkennbar. Landesweit liegt Harris im Schnitt rund 2 % vor Trump. Der Blick auf die entscheidenden Bundesstaaten zeigt weiterhin, dass sich ein völlig offenes Rennen abzeichnet.





Nach wie vor sieben Battleground States


Weder Harris, noch Trump haben es laut Umfragen in der Wählergunst geschafft, einen der sog. Swing States auf ihre Seite zu ziehen. In Pennsylvania, Georgia, North Carolina und Nevada liegen beide Kandidaten weniger als 1% auseinander. In Wisconsin und Michigan liegt Harris rund 1,5-2,8 % vor Trump, der wiederum in Arizona mit rund 1,5 % führt. Alle Werte liegen innerhalb der Fehlertoleranz, weshalb der Ausgang der Wahl in den betroffenen Bundesstaaten durchweg als offen betrachtet werden muss.



Kommen noch weitere umkämpfte Bundesstaaten dazu?


Ich habe in der vorgenannten Umfragenübersicht noch weitere Bundesstaaten aufgeführt, bei denen es möglich erscheint, dass sie während des Wahlkampfs ebenfalls noch zu Battleground States werden. Neu aufgenommen habe ich unter anderem die Bundesstaaten Iowa und Alaska. In solchen Bundesstaaten sind Umfragen sehr selten, umso spannender ist es, wenn wie in dieser Woche geschehen, mal eine Umfrage von meist lokalen Medien veröffentlicht wird.

Iowa, Alaska und Oregon


Laut Des Moines Register liegt Donald Trump in Iowa bei 47 %. Kamala Harris kommt demnach auf 43 % und liegt damit nur 4 Prozentpunkte dahinter. Kennedy, der in Iowa auf dem Wahlzettel erscheint kommt demnach auf 6 %.
Die 6 Electoral Votes aus Iowa gingen zuletzt zweimal an Donald Trump. 2020 hatte er 8,2 % Vorsprung vor Biden. Die grundlegende republikanische Wählerstruktur Iowas, das Ergebnis von vor vier Jahren und der weiterhin vorhandene Vorsprung Trumps in den Umfragen deuten daraufhin, dass es wahrscheinlich ist, dass Iowa auch in diesem Jahr wieder von Trump gewonnen wird. Sollte es jedoch noch eine zweite Umfrage geben, die einen noch geringeren Vorsprung Trumps aufweist, könnte Iowa in der Schlussphase des Wahlkampfs evtl. noch in den Fokus beider Kandidaten rücken.

Ähnlich verhält es sich mit Alaska. Laut einer Umfrage von Alaska Survey Research führt Trump mit 47 % zu 42 % vor Harris. Hier kommt Kennedy auf 4 %.
Die 5 Prozentpunkte Vorsprung für Trump sind weit weniger als die 10 %, die er 2020 vor Biden lag.
Während sehr optimistische Demokraten also auf Iowa und Alaska blicken, schauen die Republikaner auf Oregon. Biden hatte hier 2020 über 16 % Vorsprung auf Trump, der Bundesstaat gilt im Prinzip als sichere Bank für die Demokraten. Eine Umfrage der Hoffman Research Group sieht Kamala Harris allerdings nur rund 5 Prozentpunkte vor Trump. Diese Umfrage ist die aktuellste die vorliegt, allerdings muss einschränkend erwähnt werden, dass diese Meinungserhebung bereits 7 Wochen alt ist und damit kurz nach dem Wechsel von Biden zu Harris erhoben wurde.

Gibt Florida ein Comeback als Swing State?


Und dann sind da wie seit Monaten bekannt natürlich noch die Bundesstaaten Texas, Florida, Virginia, Minnesota, New Mexico und New Hampshire.

Virginia ist laut Umfragen auf dem Sprung zu "sicher Harris". Auch in Minnesota, New Mexico und New Hampshire liegt die Demokratin stabil vor Trump. In diesen vier Bundesstaaten hat sie Vorsprünge von 6,5-10,0 %.

In Texas dürfte sich Donald Trump auch wenig Sorgen machen. Durchschnittlich liegt der Republikaner hier 6 % vor Harris.

Etwas enger geht es dagegen schon in Florida zu. Hier ist Trumps Vorsprung auf 4 % zusammengeschmolzen. Trump hatte Florida 2020 mit 3,3 % vor Biden gewonnen. Es ist anzunehmen, dass der Republikaner den Bundesstaat seiner Wahlheimat wieder gewinnen wird, aber ähnlich wie in Iowa müssen die nächsten Umfragen genau beobachtet werden.
Florida ist für Trump praktisch ein Must-Win-State. Gehen die 30 Electoral Votes überraschend an die Demokraten, hätte Trump die Wahl bereits fast sicher verloren. In einem solchen Fall müsste Trump schon die vier wichtigsten Battleground States Pennsylvania, Georgia, North Carolina und Michigan sowie zwei der drei Bundesstaaten Arizona, Wisconsin und Nevada gewinnen, was in der Kombination mit einer Niederlage in Florida sehr unwahrscheinlich wäre.

Keine Veränderung bei Siegkombinationen


Ich gehe aber weiterhin von Trumps Sieg in Florida aus. Dies vorausgesetzt und angesichts weniger Veränderungen bei den Battleground States gibt es in dieser Woche letztlich auch keine Anpassungen bei der Übersicht, welche Bundesstaaten Harris und Trump gewinnen müssen, um ins Weiße Haus einzuziehen.


Dort habe ich die o.g. Veränderungen für Iowa, Alaska und Oregon eingepflegt. Sowohl Harris als auch Trump haben demnach weiterhin beide über 20 Siegkombinationen, wobei Pennsylvania mit seinen 19 Electoral Votes weiterhin der wichtigste Bundesstaat in der Reihe der offenen Battleground States bleibt. Laut Umfragen liegt Harris hier durchschnittlich mit 0,1 % vor Trump.

Gut sieben Wochen vor der Wahl könnte das Rennen also kaum offener und spannender sein.

Freitag, 13. September 2024

Trump lehnt weiteres TV-Duell ab - Was bringt die Taylor Swift Unterstützung

Inwieweit das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump tatsächliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben wird, kann man evtl. in den nächsten Tagen an den Umfragen ablesen, faktisch bleibt eine solche vermeintliche Feststellung aber auch immer etwas spekulativ.
Sicher ist, dass es kein weiteres Aufeinandertreffen zwischen Harris und Trump geben wird. Der Republikaner hat heute über "Truth Social" mitgeteilt, dass er nicht nochmal eine solche Debatte mit Kamala Harris führen wird.

Für die Demokraten ist damit zumindest die Taktik aufgegangen, die sie in dieser Frage seit Wochen verfolgten. Trump hatte zunächst drei Duelle gegen Harris vorgeschlagen, die aber zunächst nur einem zustimmte. Dieses TV-Duell hat nun stattgefunden und Harris hat gut abgeschnitten. Die Demokraten forderten direkt nach dem Duell, noch eine zweite Debatte zwischen den beiden Spitzenkandidaten, nun aber macht Trump einen Rückzieher von seinem ursprünglichen Angebot und lehnt eine erneute Debatte gegen Harris ab.
Ob es evtl. noch ein anderes Format, z. B. ein sog. "Town Hall" geben wird, an dem beide Kandidaten sich gleichzeitig in einem Studio, den Fragen des Publikums stellen, ist fraglich und aus meiner Sicht eher unwahrscheinlich. Eher werden beide einzeln in einem solchen Format auftreten.


Umfragen sehen Harris als Siegerin des TV-Duells


Kamala Harris hat in dem TV-Duell praktisch all ihre Ziele erreicht. Aufgabe war es, sich selbstbewusst und argumentativ stark zu präsentieren und dabei nicht zu negativ oder verbissen zu wirken. Die Zuschauer sollten schlicht einen positiven bis leicht überraschten Eindruck von ihr bekommen. Das ist ihr zweifelsohne gelungen. Dass es dabei auch noch gelungen ist, stilistisch einen Kontrast zu Donald Trump darzustellen, lag auch daran, dass Trump den Abend über eher verärgert wirkte. Beide warfen sich gegenseitig reichlich Versäumnisse und Negatives vor, Trump aber verpasste es, die positive Botschaft einer möglichen zweiten Amtszeit zu transportieren.
Harris hat konkrete inhaltliche Vorwürfe gegen Trump vorgebracht und diese meist mit der positiven Botschaft verknüpft, dass es mit ihr so nicht kommen werde. Sie konnte es sich dabei erlauben, an vielen Stellen auch inhaltlich vage zu bleiben. Dass dies Trump nicht gelungen ist, lag daran, dass er bereits beim ersten Schritt vage blieb, deutlich mehr Unwahrheiten platzierte und letztlich nur mit der alles erschlagenen Botschaft aufwartete, dass Harris das Land zerstören werde und er als der beste Präsident aller Zeiten, nur Positives bringen werde. Wem dies inhaltlich reicht, war vorher schon auf der Seite Trumps, wer noch unentschieden war, hat hier kein neues Angebot vom Republikaner erfahren.

Für Harris war es weniger wichtig, konkrete inhaltliche Vorhaben detailliert vorzutragen. An einigen Stellen hat sie das getan, aber nicht zu häufig. Die Dosis war letztlich richtig. Weniger konkret hätte es nicht sein dürfen, da dann kein Unterschied zu ihrem Kontrahenten in dieser Frage erkennbar gewesen wäre. Deutlich mehr Inhalte wären zu viel gewesen, da dann die Angriffe gegen Trump zu kurz gekommen wären und er dann seinerseits viel häufiger in die Offensive hätte gehen können. Es ist eben sehr schwierig, gegen einen Donald Trump zu debattieren, wenn man sich zu sehr auf detailgenaue Sachdarstellungen konzentriert. Am Ende zählt dann doch auch immer ein wenig der subjektive Eindruck, den ein solcher Abend bei den Zuschauern hinterlässt. Wenn Harris ständig in Grund und Boden runtergeredet worden wäre und sie ihrerseits nur sachliche Antworten gegeben hätte, wäre das Bild über den Verlauf der Debatte ein anderes gewesen. So war Trump etwas mehr in der Defensive als ihm lieb war und die Art der Angriffe auf ihn waren präziser als die meisten eigenen, die er in Richtung der Demokratin platzierte.

Was viele Zuschauer und Beobachter als Bauchgefühl nach dem TV-Duell hatten, belegen auch die Umfragen, die sich konkret mit der Frage beschäftigten, wer besser bei dem Rededuell abgeschnitten habe.
Die Behauptung Trumps, dass alle Umfragen ihn als Sieger sehen würden, ist schlicht falsch. Das Gegenteil ist der Fall.

Eine YouGov Umfrage mit 2166 Teilnehmenden (alles registrierte Wählende) zeigt, dass 54 % Harris als Siegerin sehen, Trump sagen 31 % vorne.
Eine CNN Umfrage mit 605 Teilnehmenden (alles registrierte Wählende) ergab, dass Harris 63 % vorne sahen, während 37 % Trump besser sahen.
Und auch die konservative New York Post mit einer Umfrage über Leger mit 1002 erwachsenen Befragten ergab, dass Harris 50 % vorne sahen, während Trump nur auf 29 % kam.
Hinzu kommen noch weitere Umfragen, die sowohl von Demokraten (Blueprint) als auch von Republikanern (Trafalgar) in Auftrag gegeben wurden. Beide sehen Harris ebenfalls als Siegerin, wenn auch mit deutlich unterschiedlichen Ergebnissen.

Mit der Behauptung, dass alle Umfragen ihn als Sieger sehen, liegt Trump also falsch. Worauf er sich bezieht, sind Ergebnisse von Umfragen, die bei Weitem nicht die erforderlichen Kriterien erfüllen, um als seriös angesehen zu werden.
Zwei Beispiele, auf die Trump sich noch am Abend nach dem Duell bezog. Eine Newsmax-Umfrage ergab, dass 92 % Trump als Sieger sahen, während Harris nur auf 7% kam. Hierzu muss festgestellt werden, dass Newsmax ein rechtspopulistischer Meinungssender ist, der seine Zuschauer nach einer Bewertung gefragt hat. An dieser Stelle wäre also eher die Frage zu stellen, wie Kamals Harris auf 7% kam. Bei YouGov, CNN, New York Post oder auch den eher parteinahen Blueprint und Trafalgar, wird natürlich auf eine ausgewogene Zusammenstellung der Befragten geachtet. Also in etwa zu gleichen Anteilen Demokraten und Republikaner sowie auch einige Unabhängige. Das ist bei Newsmax nicht der Fall gewesen.
Ähnlich verhält es sich bei einer zweiten Umfrage, auf die sich Trump bezog. Es ging hierbei um eine Meinungserhebung des Senders C-SPAN. Der Sender ist zwar nicht parteiisch oder neigt zu einer besonderen Ausrichtung, dennoch kann diese Umfrage nicht als repräsentativ angesehen werden. 80 % sahen hier Trump als Sieger. Hier wurde aber lediglich ein Link über X geteilt und jeder Mensch konnte weltweit mit abstimmen. Jedes Wahlkampfteam oder jeder einzelne Nutzer konnte also Einfluss darauf nehmen und gezielt in einem parteiischen Interessentenkreis auf diese Abstimmung aufmerksam zu machen.
Umfragen, die nicht den üblichen Kriterien an Neutralität und Objektivität entsprechen, sind entsprechend wertlos. Solche Umfragen werden hier im Blog auch nie mit aufgeführt.


Taylor Swift als Spin Doctor


Warum aber ist den Kandidaten so daran gelegen, auch als starke Gewinner eines solchen Duells angesehen zu werden. Schließlich könnten sie sich auch einfach darauf verlassen, dass diejenigen, die sie überzeugt haben, bei der Wahl auch für sie stimmen werden. Da spielt es ja keine Rolle, ob sie ein TV-Duell gewonnen oder verloren haben, unabhängig von der Frage, wie stark überhaupt ein solches Duell Einfluss auf das Wahlverhalten nimmt.
Bei dieser Frage müssen die Unentschlossenen in den Fokus genommen werden. Die Unentschlossenen, die sich noch nicht für Harris oder Trump bei der Wahl am 05. November entschieden haben und von diesem Personenkreis insbesondere auch diejenigen, die sich auch nach dem TV-Duell nicht ganz sicher waren, wer ihnen besser gefallen hat. An diese Personen richten sich Kandidaten und ihre Unterstützenden, wenn sie nach einem TV-Duell Einfluss darauf nehmen wollen, wie die öffentliche Meinung eine solche Debatte beurteilt. Denn wer wie oben beschrieben im doppelten Sinne unentschlossen ist, könnte sich ja noch davon überzeugen lassen, wie denn die breite Öffentlichkeit die beiden Kandidaten gesehen hat. Personen, die diese öffentliche Meinung lenken wollen und das Bild des Abends noch den in ihrem Sinne richtigen Anschein geben wollen, nennt man Spin Doctors.

Ob genau so gewollt oder nicht, Taylor Swift wurde an diesem Abend zu einem besonders wichtigen Spin Doctor, wenn auch sie nicht klassicherweise diese Funktion im engeren Sinne erfüllt. Aber mit ihrer Unterstützungszusage für Kamals Harris verknüpft eben mit dem Auftritt beim TV-Duell sorgte die Sängerin bei ihrem Publikum natürlich dafür, dass der Harris-Auftritt auch entsprechend positiv wahrgenommen wurde.


Was kann die Unterstützung Taylor Swifts bewirken?



Dass die Demokraten grundsätzlich eine stärkere Bindung an die Musik- und Filmbranche haben, ist bekannt. Taylor Swift ist aber doch allein schon aufgrund ihrer aktuellen Popularität und ihrer potenziellen Reichweite etwas Besonderes.
Bei Instagram folgen ihr 284 Mio Menschen. Den o. g. Beitrag mit der Unterstützung für Kamala Harris haben bereits über 10 Mio ihrer Follower geliked. Eine solche Reichweite erzielt man auch als Präsidentschaftskandidat in den USA mit kaum einer noch so teuren Werbemaßnahme.

Um es klar zu sagen, nur weil sich Taylor Swift für Kamala Harris ausgesprochen hat, wird kein Trump-Wähler nun ins Grübeln kommen. Die Harris-Fans hätten diesen Anschub ebenfalls nicht gebraucht. Und ob sich Unabhängige hiervon beeinflussen lassen, bleibt auch fraglich. Was aber die Swift-Unterstützung für Harris so wertvoll macht, ist der Zugang zu einem Personenkreis, den politische Vertreter in diesem Umfang nicht haben. Wenn also von den vielen Millionen Fans, die Swift in den USA hat, auch nur ein Bruchteil sich nun zur Wahl registrieren lässt und dann auch die Stimme für Harris abgibt, könnten das am Ende einige Tausend Stimmen sein, die bei besonders eng umkämpften Bundesstaaten sehr wertvoll werden könnten. Es ist also letztlich eine zusätzliche mehr als ordentliche Mobilisierungschance von in diesem Fall meist jungen Menschen, die sich bislang nicht für Politik interessierten.
Die New York Times hat ermittelt, dass der Link, den Swift in ihrer Instagram Story zur Wahlregistrierung veröffentlicht hat, über 400.000 Mal angeklickt wurde. Die üblichen täglichen Zugriffszahlen liegen demnach bei insgesamt 30.000. Ob diese Klicks aber zu tatsächlichen Registrierungen geführt haben, kann nicht gesagt werden.

Grundsätzlich ist aber letztlich der tatsächliche Wert solcher Unterstützungen nur schwer messbar. Kamala Harris und die Demokraten werden sich aber so oder so freuen, denn geschadet haben, dürfte ihnen der prominente Support ganz sicher nicht.