Der Justizausschuss traf sich heute erneut, um über eine Empfehlung Kavanaughs an den US-Senat abzustimmen. Die Republikaner haben in dem Ausschuss eine Mehrheit von 11:10 Stimmen. Exakt mit diesem Ergebnis wurde nach stundenlangem Tauziehen die Empfehlung an den gesamten Senat gegeben. Damit ist das Minimalziel dieses Tages für die Republikaner erreicht.
Am Morgen wurde bekannt, dass Jeff Flake, republikanischer Senator aus Arizona, der bei den diesjährigen Kongresswahlen nicht erneut antritt, für Brett Kavanaugh stimmen wolle. Flake gilt als einer von drei Wackelkandidaten/Innen bei den Republikanern. Mit dieser Aussage gingen die GOP-Vertreter selbstbewusst und gestärkt in die finale Sitzung des Justizausschusses.
Demokraten überzeugen mit Statements im Justizausschuss des Senats
Amy Klobuchar |
Cory Booker |
Klobuchar und Booker appellierten insbesondere an die Signalwirkung, die man an all die Opfer sexueller Gewalt aussenden würde, wenn nach Fords gestriger Aussage keine unabhängigen Ermittlungen initiiert würden. Dies ist seit Tagen das erklärte (Zwischen-)ziel der Demokraten. Das FBI solle Ermittlungen aufnehmen, um eine größtmögliche Beweis- und Faktenlage vorzulegen.
Senator Flake ermöglicht den Durchbruch für beide Seiten
Die Bemühungen endeten letztlich mit einer nicht unerheblichen Überraschung. Nachdem sich Flake insbesondere auch mit dem ihm vertrauten demokratischen Senator Chris Coons aus Delaware, zu Beratungen zurückzog, stand die Entscheidung des Justizausschusses fest. Mit der Abstimmung von 11:10 für Kavanaugh erging gleichzeitig die Aufforderung an den Senat, das FBI um Ermittlungen in diesem Fall zu ersuchen. Das Bundespolizei solle eine Woche Zeit bekommen, neue Erkenntnisse für oder gegen Kavanaugh vorzulegen. Am 09.10.2018 solle dann der Senat zu seiner abschließenden Abstimmung zusammenkommen.
Senator Flakes Entscheidung
Win-win-Situation für Republikaner und Demokraten nach wochenlangem Disput
Die Entwicklungen des heutigen Tages und der getroffene Kompromiss können als Schadensbegrenzung des Senats verstanden werden. Sowohl Republikaner als auch Demokraten können heute zufrieden sein. Die Republikaner haben die letzte Hürde im Justizausschuss genommen. Das war bei den Mehrheitsverhältnissen zu erwarten. Aber mit der Berücksichtigung des Wunsches von Jeff Flake, haben sie zugleich auch den Druck auf den scheidenden Senator aus Arizona maximal erhöht. Legt das FBI keine klaren belastenden Momente gegen Kavanaugh vor, kann sich Flake eine andere Entscheidung als zuzustimmen nicht mehr erlauben. Er hat den Aufschub der Abstimmung bekommen. Und die Republikaner haben sich auch relativ geschickt gegenüber den Wählerinnen und Wählern verhalten. Sie haben Stärke und Einigkeit gezeigt, indem sie ihren Kandidaten dem Senat formal empfohlen haben. Gleichzeitig haben sie die fortschreitende Spaltung zu den Demokraten, die sich schon längst nicht mehr auf die politische Ebene beschränkt, abgewendet. Mit ihrer Zustimmung zu den FBI-Ermittlungen signalisieren sie, dass sie die Stimmung in Teilen des Landes richtig einschätzen können. Es hat schlichtweg keinen Grund gegeben, Fords Aussagen so stark in Zweifel zu ziehen, als dass man eine weitere, zeitlich begrenzte Untersuchung, als abwegig hätte ablehnen können. Dies wäre nur schwer vermittelbar gewesen.
Inwieweit hier die eigene Überzeugung maßgeblich war oder aber das Kalkül, nicht auf Flakes Stimme im Senat verzichten zu können, ist zunächst spekulativ.
Die Demokraten haben ein Etappenziel erreicht. Es war ihr Gespür und ihre leidenschaftlichen Auftritte im Ausschuss, die wesentlich dazu geführt haben, dass der straffe Zeitplan der Republikaner aufgeweicht wurde. Normalerweise hätte es am Wochenende eine Probeabstimmung unter den Republikanern gegeben. Am 02.09. sollte der Senat dann Kavanaugh als Richter am Supreme Court bestätigen. Eine Woche Aufschub haben die Demokraten erreicht. Ob diese Woche ausreichen wird, Licht ins Dunkel zu bringen und ggf. zum Scheitern Kavanaughs führen wird, ist für die Demokraten nicht mehr allein entscheidend. Sie haben erfolgreich die Erwartungen ihrer Wählerinnen und Wähler erfüllt. Gegen die formale Mehrheit der Republikaner konnten sie die Interessen jener durchsetzen, die auf Seiten Fords stehen. Nicht zwingend weil die Menschen ihr glauben, sondern weil sie wünschen, dass sie ernst genommen werden soll. Durch die FBI-Ermittlungen erlangt Fords Schritt an die Öffentlichkeit nochmals eine höhere Bedeutung und motiviert jene Opfer, die sich nicht trauen, mit ihren Erlebnissen offensiv umzugehen. Selbst wenn Fords Darstellung nicht weiter untermauert werden kann bzw. ein nicht weiter belasteter oder gar entlasteter Kavanaugh gewählt wird, ist der heutige Tag für sie ein Erfolg, der ihnen nicht mehr zu nehmen ist. Dies dürften sie eng mit dem Engagement der Demokraten verbinden.
Insofern erlebte Washington einen bemerkenswerten Tag der Erfolge.
Wie geht es nun weiter?
Das FBI ermittelt, während am Capitol Hill die Einzelgespräche beginnen.
Das FBI wird nun mit Hochdruck versuchen, in kürzester Zeit die Vorwürfe aufzuklären. Eine Woche ist sehr kurz, aber man darf wohl davon ausgehen, dass im J. Edgar Hoover Building nicht erst seit heute Stift und Zettel in dieser Angelegenheit zur Hand genommen wurden. Zumindest organisatorisch dürfte ein Team bereits zusammengestellt sein, dass nun Zeugen vernehmen und Dokumente sichten und auswerten wird. Das Ergebnis dieser Ermittlungen ist jetzt abzuwarten.
Zwischenzeitlich wird bei den Parteien alles daran gesetzt werden, eine Mehrheit im Senat zu organisieren. Denn, und das machte Senator Blumenthal heute für die Demokraten klar, die Anschuldigungen Fords sind natürlich nicht der einzige Grund der Ablehnung. Auch aus inhaltlichen Gründen, wird Kavanaugh als Richter am obersten Gerichtshof der USA abgelehnt.
51:49 Stimmen zugunsten der Republikaner ist die Ausgangslage. Die Republikaner müssen ihre Senatorinnen und Senatoren zusammenhaben, dann wechselt Kavanaugh an den Supreme Court, die konservative Mehrheit am höchsten Gericht wäre gesichert. Die Demokraten dagegen, müssen neben den eigenen Reihen noch zwei Republikaner/Innen auf ihre Seite ziehen. Neben dem schon bereits erwähnten Jeff Flake fokussieren sich die Bemühungen auf die beiden Senatorinnen Lisa Murkowski aus Alaska und Susan Collins aus Maine. Beide haben sich noch nicht für Kavanaugh ausgesprochen und begrüßen die weiteren Aufklärungsversuche.
Springen zwei der drei GOP-Senatorinnen und Senatoren ab, müssten die Demokraten noch ihre eigenen Reihen zusammen haben. Hier richtet sich der Blick aktuell immer wieder auf jene, deren Wiederwahlen in einem eigentlich eher republikanisch geprägten Bundesstaat bei den Midterm Elections anstehen und bei denen dabei mit einem knappen Rennen zu rechnen ist.
Konkret geht es dabei um Heidi Heitkamp in North Dakota, Joe Manchin in West Virginia und Joe Donnelly aus Indiana. Donnelly hatte sich heute aber bereits öffentlich gegen Brett Kavanaugh ausgesprochen.
Mit diesen Bemühungen um Mehrheiten hat die Causa Kavanaugh den Wahlkampf voll im Griff und dies wird sicherlich noch mindestens bis zum 09.10.2018 der Fall sein.