Jimmy Carter war 1976 der letzte Demokrat, der in Texas bei Präsidentschaftswahlen siegreich war.
Der Verlust von Texas wäre ein Albtraum für die Republikaner
In den vergangenen Jahren sind allerdings Entwicklungen erkennbar gewesen, die darauf hindeuten, dass Texas auf lange Sicht ein sog. Battleground State werden könnte; also ein Bundesstaat, in dem sich Republikaner und Demokraten ein enges Rennen um den Sieg liefern. Setzt sich dieser Trend fort, hätte dies fatale Auswirkungen auf die Erfolgschancen der Republikaner. Was der Verlust von Texas für die Grand Old Party bedeuten würde, kann man bereits mit einem Blick auf das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl 2016 erkennen.
Die folgende Karte stellt das Ergebnis 2016 dar, nur mit der fiktiven Ausnahme, dass Texas den Demokraten zugeordnet wurde (hellblau).
Die Mehrheit der Republikaner wäre verloren, selbst wenn sie (erneut) die Swing States Florida, Pennsylvania, North Carolina, Ohio gewönnen und zusätzlich noch die Überraschungen in Michigan und Wisconsin wiederholten. Die Demokraten kämen mit Texas auf die erforderlichen 270 Stimmen im Electoral College.
Nun ist dies keine einfache Rechenspielerei, es gibt tatsächlich Anzeichen dafür, die zumindest an dem unverrückbaren Status Texas als "roter Bundesstaat" zweifeln lassen.
Vier Anzeichen für eine Entwicklung hin zum Swing State
1. Tendenz der Wahlergebnisse der letzten 20 Jahre
Der Republikaner George W. Bush gewann Texas in den Jahren 2000 und 2004 mit 21,32 % und 22,87 % Vorsprung. 2008 konnte John McCain mit 11,75 % Vorsprung gegen Barack Obama gewinnen und Mitt Romney konnte Obama 2012 sogar mit 15,78 % Vorsprung in Texas schlagen.
Bei der letzten Präsidentschaftswahl 2016 konnte Donald Trump trotz seines Gesamtsiegs gegen Hillary Clinton schon nur noch einen Vorsprung von 8,96% verzeichnen.
2. Ergebnisse der letzten bundesstaatsweiten Wahlen in Texas 2018
Zwar konnte 2018 bei der Gouverneurswahl in Texas der republikanische Amtsinhaber Greg Abbott einen Vorsprung von 13,3 % gegen die Demokratin Lupe Valdez einfahren, zeitgleich erreichte der amtierende Senator Ted Cruz von den Republikanern gegen den demokratischen Herausforderer Beto O'Rourke (aktueller Kandidat der Demokraten in den Vorwahlen) bei der bundesstaatsweiten Wahl zum US-Senat nur noch eine dünne Mehrheit von 2,6 %.
Die Anzahl der texanischen Sitze im US-Repräsentantenhaus konnten die Demokraten 2018 von 11 auf 13 erhöhen.
3. Demografische Entwicklung in Texas
Texas gehört zu den wenigen Bundesstaaten, die klassisch republikanisch wählen und doch einen in Teilen urbanen Charakter haben. Mit den Metropolregionen Houston, Dallas, San Antonio und Austin gibt es vier Großstädte, die auch die politische Landschaft des "Lone Star States" dominieren. Dort und in den umliegenden Counties sind etwa zwei Drittel aller Wählerinnen und Wähler in Texas angesiedelt. Dies unterscheidet Texas wesentlich von den übrigen klassischen Südstaaten wie Alabama, Louisiana, Mississippi usw., die eine (wie im großen übrigen Teil Texas auch) eher ländliche Struktur mit einigen mittelgroßen Städten haben.
Die folgende Darstellung zeigt die Bedeutung der Metropolregionen. Es sind alle Counties des Bundesstaats Texas in Relation zu deren Einwohnerzahl dargestellt. Die farblichen Markierungen zeigen grob den Stimmenanteil bei der Wahl 2016, von demokratisch dunkelblau bis republikanisch dunkelrot.
Zur Erläuterung: Hinter Harris County verbirgt sich auch die Stadt Houston, hinter Bexar County die Stadt San Antonio, hinter Travis County die Hauptstadt Austin.
By Ali Zifan - Own work; Raw Data:[1], CC BY-SA 4.0, Link |
Es ist deutlich zu erkennen, dass die großen und wachsenden Counties mehrheitlich demokratisch wählen, während die bevölkerungskleinen ländlichen Counties klar zu den Republikanern neigen. Von besonderer Bedeutung sind nun die etwas größeren und noch hellroten Counties, wie Tarrant, Williamson und Hays. Sie grenzen an die vorgenannten Großstädte und haben bei der Wahl zum US-Senat 2018 bereits mehrheitlich demokratisch gewählt. Auch die Counties Jefferson und Nueces wechselten 2018 von rot zu blau.
In Texas hat es in den vergangenen 20 Jahren einen Bevölkerungszuwachs von etwa 20,8 auf 28,8 Mio Einwohner gegeben. Sollte sich diese Tendenz fortsetzen, dürfte insbesondere mit Ansiedlungen in den Großräumen der vorgenannten Städte gerechnet werden. Eine entsprechend hohe Bedeutung für Wahlstrategen haben daher die Vorstädte dieser Metropolen.
Hispanics eine schneller wachsende Bevölkerungsgruppe
Die bereits angesprochenen Counties sind auch jene, mit einem sehr hohen Anteil an Hispanics. Laut dem US Census Bureau bezeichneten sich im Jahr 2018 rund 11,4 Mio Texaner als Hispanics, dass sind etwa 1,9 Mio mehr als noch 2010. Es wird geschätzt, dass die Hispanics im Jahr 2022 die größte Bevölkerungsgruppe in Texas stellen, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss, dass es sich um Schätzungen handelt und die Daten sich auf Selbsteinschätzungen der Befragten beziehen.
Es ist aber nicht nur eine Frage der Gesamtzahlen, vielmehr wird es darauf ankommen, ob die mehrheitlich klar zu den Demokraten neigenden Hispanics auch tatsächlich zur Wahl gehen, bzw. wahlberechtigt sind. Rund 1,7 Mio Hispanics sind 2018 zur Wahl gegangen, im Vergleich dazu waren es 2014 nur 0,7 Mio. Dennoch lag die Wahlbeteiligung der Hispanics in Texas bei den Midterm Elections bei knapp 47%. Hier ist noch deutlich Luft nach oben, wenn es um die Frage der Registrierung und tatsächlichen Wahlbeteiligung geht.
4. Umfragen für Texas 2020
Wie bereits oben erwähnt, hat Donald Trump 2016 die Demokratin Clinton mit knapp 9% Abstand geschlagen. Zweifelsfrei ist Texas nicht unbedingt das Lieblingsterrain für Donald Trump. Es gibt andere Bundesstaaten, in denen er deutlich stärkere Ergebnisse mit einem Vorsprung von 15-30% vor Clinton erzielte.
Trump hatte in den Vorwahlen 2016 in Texas nur knapp 27% der Stimmen geholt und war damit Ted Cruz deutlich unterlegen. Dieser konnte auch seinen Heimatbonus ausspielen und erreichte mit einem Ergebnis von rund 44% deutlich mehr Stimmen als der Favorit Trump. An Marco Rubio entfielen damals knapp 18%.
Viele Umfragen für Texas 2020 liegen derzeit noch nicht vor. Aber es ist schon zu erkennen, dass die Republikaner ihren größten und wichtigsten Bundesstaat nicht gänzlich als gesetzt ansehen sollten. In einem direkten Duell zwischen Trump und Biden hätte der Demokrat laut der letzten zwei Umfragen von Emerson und Quinnipiac aus diesem Sommer leicht die Nase vorne. Biden hatte hier einen Vorsprung von 2 und 4%. Dieselben Umfragen sahen im Durchschnitt Sanders, Warren, Buttigieg und O'Rourke hinter Donald Trump. Alle Abstände lagen aber noch im Bereich der Fehlertoleranz.
2020 könnte für die Demokraten noch zu früh kommen
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine objektive Annäherung der Ergebnisse von Republikanern und Demokraten in Texas erkennbar ist. Es darf angenommen werden, dass beide Parteien im kommenden Jahr auch ein Auge auf Texas werfen werden. Das Ausmaß des jeweiligen Engagements hängt dann aber wesentlich von der eigenen Strategie und als Reaktion auch auf der des Gegners ab.
Während die Republikaner es sich nicht erlauben können, den Bundesstaat allzu früh als Selbstläufer zu betrachten, könnten sich die Demokraten allerdings mit einem zu großem Engagement verrennen. Dass im Vergleich zu 2016 ein Rückstand von knapp 9% wettzumachen ist, wäre schon sehr ungewöhnlich. Der Einsatz der Demokraten in anderen Bundesstaaten wie Florida und im Rust Belt wird aufwendig genug sein, wenn sie Trump 2020 schlagen wollen. Aber mit Wählerregistrierungen und Mobilisierungen und evtl. auch mit einem in Texas prominenten Beto O'Rourke als Running Mate könnte man die Republikaner schon beschäftigen.
Sollten sich die Umfragen für Texas in einem Bereich bewegen, bei denen die Kandidaten nur 5% auseinander sind, könnte der Bundesstaat aber tatsächlich schon 2020 zum Battleground State werden. Wäre dies der Fall, dürfte der Weg zum Gesamtsieg künftig wohl nur selten ohne Texas zu beschreiten sein, insbesondere für die Republikaner wäre es ein Must-Have.
Swing States 2020
Für das kommende Jahr können nach heutigem Stand vermutlich die Bundesstaaten Florida, Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, North Carolina, Ohio und Arizona als besonders heiß umkämpfte Swing States identifiziert werden. Evtl. wird sich Texas hier einreihen, auch ein Blick auf Georgia wird sich im kommenden Jahr lohnen
Auf die Swing States 2020 werde ich aber nochmal zeitgerecht eingehen, wenn klar ist, wer gegen Donald Trump antreten wird.