Mittwoch, 31. Juli 2019

Gewinner und Verlierer: Eine Einschätzung der ersten TV-Debatte der Demokraten in Detroit

Für einige Kandidaten könnte es schon der letzte große Auftritt in diesem Vorwahlkampf der Demokraten gewesen sein. Bei der ersten von zwei TV-Debatten in Detroit, Michigan, standen insbesondere die beiden Parteilinken Bernie Sanders und Elizabeth Warren im Fokus. Würden sich die beiden stärksten Verfolger von Joe Biden angesichts ihrer großen inhaltlichen Übereinstimmungen überhaupt angreifen? Ein allzu langes harmonisches Nebeneinander würde doch nur Joe Biden nutzen. Die zweite Frage war, ob es den eher moderaten Kandidaten Pete Buttigieg und Beto O'Rourke gelingen würde, sich in den Vordergrund zu debattieren, um zum Spitzenquartett in den Umfragen aufzuschließen. Für alle anderen Kandidaten, Amy Klobuchar, John Hickenlooper, John Delaney, Marianne Williamson, Steve Bullock und Tim Ryan ging es bereits um das politische Überleben ihrer Kandidaturen. Wer heute nicht durchdringen konnte, wird nach dem Sommer wohl kaum noch Chancen haben, zurück in das Rampenlicht des demokratischen Wahlkampfs zu treten.

Dana Bash, Don Lemon und Jake Tapper waren die Moderatoren, der von CNN übertragenen TV-Debatte aus dem Fox Theatre in Detroit.

Bei der Bewertung nach Gewinnern und Verlierern ist bei Debatten mit einer solch hohen Teilnehmerzahl immer die individuelle Ausgangslage zu berücksichtigen. Muss jemand aufholen, sich bekannt machen, positive Eindrücke bestätigen, Eins-gegen-Eins-Duelle für sich entscheiden? Alle diese Fragen müssen einzeln für die Kandidaten beantwortet werden.


Sanders und Warren behaupten sich


Zu den Gewinnern des Abends zählen sicherlich die beiden Protagonisten. Bernie Sanders und Elizabeth Warren, die Nummern 2 und 3 in den Umfragen. Ihnen ist es gelungen, ihre Positionen klar und deutlich vorzubringen und Angriffe der anderen Kandidaten zu entgegnen. Beide haben sich keine Schwächen erlaubt, wie es beispielsweise Joe Biden in der vorigen Debatte gegen Kamala Harris passiert ist.

Sanders und Warren verzichteten auf gegenseitige Angriffe, was angesichts der großen inhaltlichen Übereinstimmungen auch verständlich ist. Ihnen ist es gelungen, im links-progressiven Bereich des Kandidatenkreises keine Zweifel aufkommen zu lassen, dass sie die richtige Wahl seien. Damit haben sie andere Kandidaten, die ebenso linke Positionen vertreten, praktisch überflüssig gemacht. Für diesen Zeitpunkt ist das richtig und ausreichend. Aber irgendwann kommt der Punkt, wo sich Sanders und Warren fragen müssen, ob sie auf diese Weise erfolgreich sein werden. Um Joe Biden zu schlagen, können es sich weder Sanders, noch Warren erlauben, die aktuell in den Umfragen gemeinsam zu erreichenden 30 % aufeinander aufzuteilen.
Aber darum ging es an diesem Abend noch nicht.


Sanders bleibt die treibende Kraft bei Medicare for all

Bernie Sanders (19197909424) (cropped)
Bernie Sanders

Der Senator aus Vermont begann den Abend mit einem Loblied auf seine Pläne zur Gesundheitsversorgung. Medicare for all bestimmte den Beginn der Debatte. Sanders führte leidenschaftlich und bestimmt seine bekannten Argumente an und verwies auf das positive Beispiel Kanada. In dem Nachbarland der USA würde z. B. Insulin nur 10 % dessen Kosten, was ein US-Amerikaner in seiner Heimat dafür zahlen müsse.
John Delaney sagte bereits vor der Debatte, dass die Pläne zu Medicare for all, politischer Selbstmord seien. Er wolle den Amerikanern nicht die Wahlfreiheit beim Thema Gesundheitsversorgung nehmen. Die Demokraten sollten nicht die Partei sein, die den Menschen etwas Gutes wegnehme. Außerdem seien Sanders Pläne nicht sinnvoll finanzierbar. Delaney stellte in Aussicht, dass Krankenhäuser schließen müssten. Er kritisierte, dass Sanders die privaten Krankenversicherungen abschaffen wolle und damit bestehende Versicherungspläne vieler Bürgerinnen und Bürger illegal werden würden.
In eine ähnliche Richtung argumentierte Tim Ryan. Der Kongressabgeordnete aus Ohio, gab zu Bedenken, dass in Michigan, er nahm damit Bezug auf den Schauplatz der Debatte, viele Arbeiter und Gewerkschafter sich Sorgen um die Zukunft ihrer funktionierenden privaten Gesundheitsabsicherung machten.

Bernie Sanders konterte die verschiedenen Angriffe. Medicare for all sei allumfassend, niemand müsse mit Leistungseinbußen rechnen. Dies sei aus seiner Sicht ein Menschenrecht. Er führte erneut Kanada an und verwies darauf, dass ein solches System dort funktioniere. Viele Amerikaner lebten derzeit zudem immer wieder in Unsicherheit, da sie bei Jobverlust oder Jobwechsel die Krankenversicherung verlören bzw. neu abschließen müssten.


Elizabeth Warren warnt die eigene Partei und kritisiert grundsätzlich das US-Gesundheitssystem

Elizabeth Warren by Gage Skidmore
Elizabeth Warren

Die Senatorin aus Massachusetts sprach angesichts der sich entwickelnden Diskussion eine klare Warnung an ihrer Mitbewerber aus. Die Demokraten sollten nicht die Argumentationsmuster der Republikaner übernehmen. Niemand in der Partei wolle den Menschen ihre Gesundheitsversorgung wegnehmen. Eine solche Argumentation sei typisch für den politischen Gegner.
Elizabeth Warren kritisierte die Gewinnorientierung der Versicherungen und Pharmaindustrie. Die Vergangenheit habe bewiesen, dass dieses Gesundheitssystem eben nicht funktioniere, wenn Unsummen an Geldern immer wieder zulasten der Versicherten an die Versicherungen und Pharmaunternehmen gingen. Dieses Problem sei auch nicht dadurch zu beheben, dass den Menschen eine Wahlfreiheit bei der Gesundheitsversorgung gegeben werde.

Pete Buttigieg nahm Bezug auf Vorwürfe, radikale Vorschläge, wie Medicare for all, würden nur den Republikanern in die Hände spielen, da sie unabhängige Wählerinnen und Wähler in deren Arme treibe. Nach Ansicht des Bürgermeisters von South Bend, Indiana, sei es egal, ob die Demokraten Pläne am linken Rand oder in der politischen Mitte vorbereiteten. Die Antwort der Republikaner sei ohnehin immer, dass es sozialistische Pläne seien. Sich mit solchen Gedanken zu befassen, sei nicht zielführend.

Eine Übersicht über die wichtigsten Begriffe zur US-Gesundheitspolitik habe ich Euch hier zusammengestellt.


Beto O'Rourke erneut enttäuschend, aber immerhin verbessert


Beto O'Rourke June 2019
Beto O'Rourke
Schon in der ersten Debatte hatte Beto O'Rourke Probleme, dieses Mal war es nur wenig besser. Möglicherweise fremdelt der Texaner etwas mit dem Format, sich pointiert kurz zu fassen und kritisch auf seine Konkurrenten eingehen zu müssen. Jedenfalls ist es O'Rourke auch an diesem Abend nicht gelungen, aufzuzeigen, dass er die eine Alternative zu Sanders und Warren ist. Zwar machte er immer wieder Unterschiede zu den beiden deutlich, aber seine Argumentation war eben nie angreifend und entwaffnend. Jeder wusste schon vorher, dass er in vielen Punkten andere Ansichten als Sanders und Warren hat, daran änderte dieser Abend nichts. Nicht nur das, ihm fehlte es auch an Überzeugungskraft, als Alternative zu Pete Buttigieg oder eben auch Joe Biden wahrgenommen zu werden. Es hätte O'Rourkes Aufgabe sein müssen, Buttigieg im Kampf um die Gunst der moderaten Wähler auszustechen. Buttigieg liegt in den Umfragen bei knapp 6 %, O'Rourke nur bei knapp 3 %.

Ich würde aber nicht soweit gehen, O'Rourke als eindeutigen Verlierer des Abends zu bezeichnen. Schließlich hatte er sich verbessert und hat wohl ohnehin Zugang zur nächsten TV-Debatte im Favoritenkreis der Demokraten. Macht er aber so weiter, wird er noch in diesem Jahr in arge Bedrängnis kommen.

Einen starken Moment hatte O'Rourke, als er als erster Kandidat des Abends auf mögliche Reparationszahlungen für die Folgen der Sklaverei einging. Er erinnerte daran, dass der Wohlstand der USA auch auf dem Rücken von Sklaven erreicht worden sei. Er unterstütze Gesetzesvorlagen, die entsprechende Reparationszahlungen vorsehen. Uneinigkeit besteht dabei grundsätzlich, ob die Zahlungen personengebunden erfolgen sollen oder aber eher in Form einer "Wiedergutmachung" in Projekte fließen sollen, die insbesondere Bereiche der schwarzen Gemeinschaft zugute kommen.

In der Debatte zur Einwanderungspolitik gelang es ihm, sich differenziert von vielen anderen Kandidaten abzusetzen, ohne dabei wesentliche Mehrheitspositionen der Demokraten aufzugeben. Bei der Debatte zur Einwanderungspolitik machte er deutlich, dass er illegale Einwanderung auch als solche bezeichnen will und die Frage des Grenzschutzes nicht verwässern wolle. Die Gesetze der USA müssten gelten und eingehalten werden. Gleichzeitig wolle er aber allen DREAMers, also jenen die als Kind durch ihre Eltern illegal in die USA gebracht wurden, die Angst vor Abschiebung nehmen und einen Weg zur Erlangung der US-Staatsbürgerschaft ermöglichen. Zudem müssten Kinder und Familien, die in den USA Asyl suchten dekriminalisiert werden. Die legale Einwanderung in die USA solle gestärkt werden.

Elizabeth Warren hielt punktuell dagegen und bewies auch an dieser Stelle, dass sie ihrer Favoritenrolle des Abends gerecht wurde. Warren kritisierte die Haltung O'Rourkes. Unter diesen bestehenden rechtlichen Bedingungen würde es Trump ermöglicht werden, Kindern an den Grenzen von ihren Müttern zu trennen. Natürlich sei sie auch für einen funktionieren Grenzschutz, die grundlegenden Werte der USA dürften dabei jedoch nicht verloren gehen.


Buttigieg besser als O'Rourke und mit einem guten Auftritt

Pete Buttigieg by Gage Skidmore
Pete Buttigieg

Ähnlich argumentierte Pete Buttigieg. Illegaler Grenzübertritt würde auch unter ihm als Präsidenten illegal bleiben. Er sei aber dafür, dass illegale Einwanderung als zivilrechtlicher Verstoß zu ahnden sei und nicht kriminalisiert werden solle. Ausnahme hierbei wäre, wenn die Einreise auf betrügerische Art erfolge.

Pete Buttigieg hatte ebenso wie O'Rourke einen verbesserten Auftritt im Vergleich zur ersten TV-Debatte und konnte sich gegenüber dem Texaner auch behaupten. Dabei ähneln sich beide Kandidaten. Buttigieg versuchte immer wieder eine moderate und weitsichtige Haltung einzunehmen. Er argumentierte sachlich an den Themen entlang und machte dabei keine Fehler.
Betrachtet man seine politischen Ansichten, so sind sie weniger radikal und meist differenzierter. Er versuchte vorsichtig, den Enthusiasmus von Sanders und Warren zu bremsen. Damit erfüllte er die Erwartungen seiner Wählerinnen und Wähler. Ein leidenschaftlicher Auftritt, mit dem er auch seinen Hauptkonkurrenten Joe Biden gefährden könnte, war dies aber noch nicht. Insofern ist abseits der politischen Haltung auch immer der Auftritt als solcher bei einer TV-Debatte zu betrachten. Dies isoliert betrachtet, kam er nicht an Sanders und Warren heran, darf aber insgesamt eher als ein Gewinner des Abends bezeichnet werden. Er bestätigte sicher seine Stellung als Nr. 5 im gesamten Kandidatenfeld und hat in den kommenden Monaten die Aufgabe, einen Zeitpunkt zu wählen, den nächsten Schritt zu machen. Dieser sollte sein, das Verfolgerduell mit Beto O'Rourke eindeutig für sich zu entscheiden und sich als ernsthafte moderate Alternative zu etablieren. Eine inhaltliche Alternative zu den Warren, Sanders und Harris, aber auch eine personelle Alternative zu Joe Biden.

Buttigieg lenkte den Blick auch auf die Republikaner. Er appellierte an die republikanischen Kongressabgeordneten, auch tatsächlich Widerstand gegen Donald Trump zu leisten, wenn sie inhaltlich nicht auf einer Linie mit dem Präsidenten seien. Er redete ihnen ins Gewissen und forderte die Republikaner auf, daran zu denken, wie die Geschichte mal auf sie zurückblicken und fragen wird, ob sie den Mut aufgebracht hätten, sich aus Überzeugung gegen den Präsidenten zu stellen und ob sie das Land vor die Partei gestellt hätten.

Klare Position bezog Buttigieg auch bei der Frage nach einem möglichen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan. Im ersten Jahr seiner Präsidentschaft, würde er alle US-Truppen aus Afghanistan abziehen. An dieser Stelle wurde auch offenbar, weshalb O'Rourke hinter Buttigieg an diesem Abend einzuordnen ist. Beto O'Rourke schloss sich der Forderung an, legte sich aber "nur" darauf fest, dass er die Truppen während seiner ersten Amtszeit abziehen wolle. Eine in der Sache möglicherweise klügere Entscheidung, aber im Wahlkampf ist eine solche Unterscheidung aus taktischen Gründen nicht erforderlich. Beide fordern den Abzug, Buttigieg aber schneller.

Auch bei dieser Frage, gelang es Elizabeth Warren, sich in Position zu bringen. Die USA hätten das beste Militär der Welt, aber militärische Interventionen in Konflikte, die nicht militärisch zu lösen seien, lehne sie grundsätzlich ab. Diplomatische und wirtschaftliche Maßnahmen seien hier das Mittel der Wahl.


Rassismus-Vorwürfe gegen Donald Trump


Beginnend mit einer Frage zur Einwanderungspolitik, warf Bernie Sanders dem Präsidenten Rassismus vor. Sanders sei zwar auch für einen starken Grenzschutz, wolle aber insbesondere die Fluchtursachen bekämpfen. Das Hauptproblem sei aber Trumps rassistische Instrumentalisierung der Lage an der Grenze zu Mexiko. Der US-Präsident verteufele unsachgemäß ganze Menschengruppen, die hilfesuchend in die USA kommen wollten, um Asyl zu suchen.
Beto O'Rourke warf dem Präsidenten vor, er erzeuge durch seinen Rassismus Hasskriminalität in den USA. Elizabeth Warren sagte, dass die White Supremacy Bewegung "weißer Terrorismus" sei.

Amy Klobuchar hob hervor, dass sie nicht denke, dass alle Trump-Wähler Rassisten seien oder diese Positionen befürworteten. Sie hätten Trump gewählt, weil sie sich bessere wirtschaftliche Aussichten für ihr eigenes Leben erhofften. Darauf wolle sie sich auch konzentrieren.


Klobuchar nutzte ihre Chance nicht


Amy Klobuchar April 2019
Amy Klobuchar
Amy Klobuchar ist es an diesem Abend nicht gelungen, einen deutlichen Schritt nach vorne zu machen. Sicherlich gehörte sie zu den vier schwächsten Kandidaten des Abends. Dabei hätte sie ihre Chance viel stärker suchen und nutzen müssen, sich mit klaren Positionen eindringlich in das Gedächtnis des Publikums zu debattieren. So aber bleibt nicht viel von ihr in Erinnerung. Es droht, dass sie die Qualifikation zur nächsten TV-Debatte der Demokraten verpassen könnte. Das wäre wohl auch das Aus ihrer Kampagne.
Ihren stärksten Moment hatte sie wohl, als sie bei der Diskussion um die Waffengewalt explizit dazu ausführte, dass sie die Konfrontation mit der mächtigen und einflussreichen Waffenlobby NRA suche. 

Beto O'Rourke stimmte ihr dabei zu und kritisierte den Zustand, dass in den USA mit Geld politischer Einfluss zu kaufen sei. Jeder wisse, welche Schritte erforderlich seien, Waffengewalt einzudämmen. Eine Verschärfung der Waffengesetze würden aber immer wieder am Widerstand im Kongress scheitern, was er auf den Einfluss der NRA zurückführte.



Marianne Williamson und John Delaney kämpfen sich ins Rampenlicht


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Marianne Williamson
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Marianne Williamson erweiterte die Diskussion daraufhin und forderte, dass nicht nur der Einfluss der NRA beschnitten werden müsse. Auch in anderen Politikfeldern sei der finanzielle Einfluss z. B. von Pharmaunternehmen und der Öl-Industrie schädlich.

Wenn man im hinteren Kandidatenfeld, also der dritten und vierten Reihe, nach Gewinnern des Abends sucht, kommt man an Williamson nicht vorbei. Da sie nicht aus dem politischen Umfeld kommt, sind ihre Redebeiträge immer von denen der anderen Kandidaten allein schon wegen ihres Vokabulars zu unterscheiden. Manchmal etwas befremdlich, wie in der ersten Debatte, an diesem Abend gelang es ihr aber, sich erfrischend und häufig in die Diskussion einzubringen.
Einen erheblichen Anteil dabei hatten ihre Ausführungen, zur strukturellen Diskriminierung von wirtschaftlich schwachen Regionen des Landes. Sie bezog sich dabei auf die Situation in Flint, Michigan, wo immer noch Wasser nur aus Flaschen und nicht aus öffentlichen Leitungen getrunken werden könne. Ein Umstand, der schon 2016, damals gerade aktuell als Flint Water Crisis bekannt, bei Hillary Clinton und Bernie Sanders Thema waren. Dass sich seitdem unter Präsident Trump nicht viel geändert habe, sei eine strukturelle Benachteiligung, die auch an vielen anderen Orten des Landes zu beobachten sei. Häufig seien es Regionen, mit einem großen Anteil schwarzer Bevölkerung und Menschen mit wenig Geld und geringer Beschwerdemacht. Wenn die Demokraten in diesen Regionen von diesen Menschen gewählt werden wollten, müsste dieser Umstand der Benachteiligung und Vernachlässigung angesprochen werden. Die Partei und die Präsidentschaftskandidaten müssten das Grundproblem thematisieren, sich aktiver für Lösungen einsetzen, ansonsten könnten sie nicht erwarten, von den betroffenen Menschen gewählt zu werden.
An dieser Stelle folgte der wohl lauteste Applaus des Abends.


John Delaney
John Delaney
Ebenso ein Gewinner der hinteren Reihen ist John Delaney. Er hatte das Glück, gleich zu Beginn des Abends durch die Moderatoren in eine Rededuell mit Bernie Sanders geraten zu sein (s. o.), aber Delaney gelang es auch, als offensiver Angreifer wahrgenommen zu werden. Er holte sich die Redezeit und versuchte dabei, immer wieder schnell auf den Punkt zu kommen und wählte dabei meist pragmatische Ansätze, die sich von den ideologischen Plänen der führenden Senatoren Sanders und Warren unterschieden.

Ob die Auftritte von Delaney und Williamson dazu führen, dass sie in den Umfragen nennenswert steigen, ist gewiss nicht gesichert, Vorwürfe müssen sie sich an diesem Abend allerdings nicht gefallen lassen.


Hickenlooper und Ryan gehören zu den Verlierern des Abends


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Steve Bullock
Pragmatiker gegen Ideologen: Das war der Ansatz, den auch die übrigen Kandidaten wählten. Während dabei noch am ehesten Steve Bullock zu überzeugen wusste, blieben Tim Ryan und allen voran John Hickenlooper hinter den Anforderungen des Abends zurück. Während Bullock sich als auch für die Republikaner wählbarer Pragmatiker aus Montana präsentierte und insbesondere in der ersten Hälfte des Abends wahrzunehmen war, dauerte es bei Tim Ryan eine ganze Weile, bis er sich verstärkt Redeanteile sichern konnte.
Ryan und Hickenlooper bezweifelten, dass mit den ideologischen linken Positionen die klassischen Arbeiter im Rust Belt wieder in das Lager der Demokraten zurückkommen würden. Diese möglicherweise nicht falsche und wichtige Erkenntnis klang aber im Gegensatz zu Bernie Sanders und Elizabeth Warren wiederum so nüchtern, dass sie schlichtweg in diesem schnelllebigen Format nicht wahlkampftauglich erschienen. Sanders wolle gerade die jungen Menschen mit einer neuen Vision für die USA für politische Beteiligung begeistern, Warren fragte sich, weshalb bei den Pragmatikern im Kandidatenkreis immer wieder mehr darüber diskutiert würde, was alles nicht gehe, anstatt um den anzustrebenden Zustand mehr zu kämpfen.
John Hickenlooper by Gage Skidmore
John Hickenlooper

Für Ryan und Hickenlooper war es der zweite enttäuschende Auftritt in Folge. Sie dürften mit Sicherheit zu den Kandidaten gehören, die bei der nächsten TV-Debatte nicht mehr antreten dürfen.

Marianne Williamson, John Delaney und mit Abstrichen auch Steve Bullock bestehen noch einige Restchancen. Das hängt aber auch von den Auftritten der anderen Kandidaten in der kommenden Nacht ab.







In der kommenden Nacht folgt bereits die nächste TV-Debatte, dieses Mal mit dabei Joe Biden, Kamala Harris, Cory Booker, Andrew Yang, Julian Castro, Kirsten Gillibrand, Tulsi Gabbard, Bill de Blasio, Jay Inslee und Michael Bennet.

Quelle der Fotos: Gage Skidmore, CC BY-SA 3.0

Dienstag, 30. Juli 2019

Die wichtigsten Fragen zu den TV-Debatten der Demokraten

Von Dienstag auf Mittwoch und in der darauf folgenden Nacht finden die beiden nächsten TV-Debatten der Demokraten statt. CNN überträgt die Wahlkampfveranstaltungen live aus Detroit, Michigan. Auch wenn es bei diesen beiden Terminen weniger um den Bundesstaat Michigan geht, so wird gerade dort besonders auf die Auftritte der Demokraten geachtet werden. Mit den 16 Wahlmännerstimmen im Electoral College wird Michigan einer der meist umkämpften Bundesstaaten 2020 sein. Die Demokraten haben größtes Interesse, Michigan wieder von Donald Trump zurück zu erobern. Der Sieg des Republikaners 2016 war für ihn ein Schlüsselerfolg auf dem Weg ins Weiße Haus.


Nun geht es aber erstmal darum, die Gunst der eigenen Unterstützer zu gewinnen. Worauf es in den beiden Nächten ankommen wird, habe ich in den folgenden fünf Punkten zusammengefasst:


1. Das Duell Warren gegen Sanders


In der ersten Nacht richten sich die Blicke der politischen Beobachter insbesondere auf das Duell zwischen Elizabeth Warren und Bernie Sanders. Für beide besteht die Herausforderung darin, sich voneinander unterscheidbar zu machen, inhaltliche oder taktische Unterschiede herauszuarbeiten. Allerdings müssen auch beide darauf achten, sich nicht allzu scharf anzugreifen. Schließlich buhlen Warren und Sanders um eine sehr ähnliche linke Wählerklientel. Evtl. ist man zu einer mittleren oder späten Phase der Vorwahlen auf die gegenseitigen Stimmen angewiesen, sollte Warren oder Sanders aus dem Kandidatenrennen aussteigen. Zudem könnte ein künstlich herbeigeredeter Konflikt sehr leicht durchschaubar sein und als wenig authentisch wahrgenommen werden. In dieser frühen Phase des Wahlkampfs werden Sanders und Warren darauf bedacht sein, ihre eigenen Wählerinnen und Wähler anzusprechen und ggf. den ein oder anderen leichten neuen Akzent zu setzen.


2. Die drei moderaten Herausforderer


Bleiben wir noch in der ersten Nacht, fallen insbesondere drei weitere Kandidaten auf, die die Rolle der Herausforderer Warrens und Sanders einnehmen. Pete Buttigieg, Beto O'Rourke und Amy Klobuchar. Alle drei haben gemeinsam, dass sie im Vergleich zu vielen anderen Mitbewerbern im Kandidatenkreis der Demokraten in der Lage sind, glaubhaft moderate, nicht zu weit links stehende Positionen einzunehmen. Auch wenn die Voraussetzungen unterschiedlich sind, stehen die drei vor der klaren Aufgabe einen Schritt nach vorn zu machen. Pete Buttigieg, weiter stark beim Einsammeln von Spendengeldern, muss mindestens einen guten Auftritt abliefern und zeigen, dass er auch pointiert gegen Sanders und Warren vorgehen kann. Ihm wird es nicht helfen, weiter nur als smarter Nachwuchskandidat wahrgenommen zu werden. Er muss sich als ernsthafte Alternative präsentieren. Klare Abgrenzung zu den ganz linken Positionen, aber eben auch zu O'Rourke und Klobuchar. Im Idealfall gelingt es Buttigieg, eine muntere und erfrischende Performance abzuliefern, an die man sich eher erinnern will, als die möglicherweise wenig überraschenden Auftritte Warrens und Sanders. Wenn Buttigieg dann noch O'Rourke und Klobuchar auf Distanz hält, wäre es für ihn ein perfekter Abend.
Genau diesen wollen aber auch Beto O'Rourke und Amy Klobuchar haben und sie haben es auch bitter nötig. Während Klobuchar bereits darum kämpfen muss, nicht gänzlich im Abseits zu landen, steht Beto O'Rourke nicht viel weniger unter Druck. Sein eher bescheidener Auftritt in der ersten TV-Debatte und stagnierende Umfragewerte zwingen ihn praktisch zu einem Neustart seines Wahlkampfs. Derzeit noch die Nr. 6 im Kandidatenfeld, darf er nicht den Anschluss an Pete Buttigieg verlieren. Insofern könnte es hier quasi zu einem Duell in der zweiten Reihe kommen. Verpatzt O'Rourke diesen Abend, dürfte es enorm schwierig werden, zu Beginn des Herbstes mit neuem Elan einen Angriff auf das Spitzenquartett zu starten.



3. Das Duell Biden gegen Harris


In der zweiten Nacht sind zunächst alle Augen auf die beiden Protagonisten der ersten TV-Debatte gerichtet. Kommt es zu einer Revanche des Spitzenreiters der Demokraten? Joe Biden war einer der Verlierer des Wahlkampfauftakts. Will er nicht seinen Kritikern einen Gefallen tun, muss er einen deutlichen verbesserten Auftritt abliefern. Zwar hat er in den vergangenen Wochen an Zustimmung verloren, aber er bleibt die Nummer 1 in den Umfragen und insbesondere wird er weiterhin als der aussichtsreichste Herausforderer von Donald Trump wahrgenommen. Spielt er diese Karte weiter aus, hält er weiterhin alle Trümpfe in den eigenen Händen.
Kamala Harris war die Gewinnerin des Wahlkampfauftakts. Geschickt hatte sie den früheren Vizepräsidenten ins Stolpern gebracht und ihr Auftritt wurde mit einem satten Plus in den Umfragen belohnt. Jetzt aber muss Harris aufpassen, den Bogen nicht zu überspannen. Ein erneutes scharfes Attackieren Bidens könnte ihr auch etwas Zustimmung bei den Demokraten kosten. Dass sie klug und zielgerichtet argumentieren und angreifen kann, hat sie bewiesen, nun muss sie aber an dem Defizit arbeiten, was sie von Joe Biden unterscheidet. Sie muss den Demokraten vermitteln, dass sie in der Lage ist, gegen Donald Trump bestehen zu können. Die Diskussionen um die Rassismusvorwürfe gegen den US-Präsidenten aus den vergangenen Wochen, spielen ihr dabei in gewisser Weise in die Karten. Sie kann mit dem Gegner Donald Trump inhaltlich dort weitermachen, wo sie in der ersten TV-Debatte bei Joe Biden bereits angefangen hat.
Insofern könnte es sein, dass es zu einer entschärften direkten Auseinandersetzung zwischen Biden und Harris kommen wird. Beide könnten sich weit mehr auf den republikanischen Amtsinhaber einschießen, als es noch vor einigen Wochen der Fall war. Für Harris kommt es aber gerade in Michigan auch darauf an, zu zeigen, was sie programmatisch für die Bundesstaates des Rust Belts mitbringen kann. Aus dem fernen Kalifornien ist es eben kein Selbstläufer, auch dort zu punkten, wo Donald Trump den Demokraten eine schwere Niederlage beigefügt hat.


4. Wird Cory Booker der neue Angreifer?


Möglicherweise bekommt es Joe Biden dieses Mal allerdings auch mit Cory Booker zu tun. Für Booker gilt das, was auch schon zuvor für Beto O'Rourke beschrieben wurde. Booker muss einen starken Treffer landen. Seine Umfragewerte stagnieren ebenfalls und sehen ihn abwechselnd mal auf Platz 6, mal auf Platz 7. Er kommt dabei kaum über die drei Prozent hinaus. Und so könnte er sich gezwungen sehen, dem positiven Beispiel Kamala Harris zu folgen. Offenbar lohnt es sich ja den Frontrunner gelungen anzugreifen. Dass Booker das Temperament und auch die rhetorischen Fähigkeiten dazu besitzt, steht außer Frage. Aber es könnte ungleich schwieriger für ihn werden. Wenn Biden eines gelernt haben sollte, dann ist es die Erkenntnis, nicht allzu sehr auf Vorwürfe eingehen zu müssen und besser die eigene souveräne Linie durchzuziehen. Gelingt dies Biden in dieser zweiten TV-Debatte besser, besteht für Cory Booker die Gefahr, dass er sich wenig charmant und zudem vergeblich an Biden abarbeitet. Hier wird Flexibilität gefragt sein. Booker muss in der Lage sein, mindestens zwischen zwei Linien an diesem Abend alternieren zu können.


5. Die Kandidatenfeld wird schrumpfen


An beiden Abenden sind aber noch zahlreiche weitere Kandidatinnen und Kandidaten anwesend. Alle sind aufgefordert zu verhindern, dass ihre Auftritte eben nicht als bloße Anwesenheit mit ein paar Redebeiträgen wahrgenommen werden. Julian Castro, Kirsten Gillibrand, Bill de Blasio, Andrew Yang, John Hickenlooper usw. kämpfen bereits um die Fortsetzung ihrer Kandidaturen. Für alle wird es darauf ankommen, sich in den Vordergrund zu debattieren. Inhaltlich sattelfest, rhetorisch versiert und insbesondere durchsetzungsstark, wenn es darum geht, von den Moderatoren mit ausreichend Redezeit bedacht zu werden. Ab sofort beginnt sukzessive ein harter Ausscheidungskampf. Die Demokraten und die TV-Anstalten werden zunehmend ein Interesse daran haben, dass nur noch die aussichtsreichen Kandidaten zusammen antreten. Das heißt zunächst einmal die Top 10. Wer es da nicht schafft, mit auf der Bühne zu stehen, ist chancenlos. Da helfen dann auch keine guten Auftritte in einer möglichen B-Debatte mehr weiter. Wer ohnehin schon in den Umfragen nur gerade so an der Wahrnehmungsgrenze von 1-2 % rangiert, kann es sich nicht erlauben, aus dem öffentlichen Fokus zu geraten.
Was an diesen beiden Abenden also bleibt, ist das volle Risiko. Alles oder nichts. Das wird nicht jeder/jedem gelingen, daher rechne ich damit, dass sich das Kandidatenfeld in den kommenden Wochen bis zum Herbstbeginn reduzieren wird.

Dienstag, 23. Juli 2019

Das Gesundheitssystem der USA - wichtige Begriffe kurz erklärt

Themenschwerpunkt: Gesundheitsversorgung


Im Wahlkampf zur US-Präsidentschaftswahl 2020 wird die Gesundheitsversorgung in den USA wieder ein Themenschwerpunkt sein. Sowohl während der Vorwahlen der Demokraten als auch bei der General Election wird die Debatte um die richtigen Reformen in der Gesundheitspolitik eine zentrale Rolle einnehmen. Während der US-Präsident politisch und gerichtlich noch immer die Auswirkungen von "Obamacare", einem innenpolitischen Vermächtnis seines Vorgängers im Weißen Haus, bekämpft, debattieren auch die Demokraten intern um die besten Lösungen, unterschiedliche Positionen sind deutlich erkennbar. Um den Überblick während dieser Diskussionen zu behalten, ist es empfehlenswert, sich mit einigen Schlagwörtern des amerikanischen Gesundheitssystems vertraut zu machen.

Im Folgenden sind die wichtigsten Begriffe wie Medicare, Medicare for all, Medicaid, Obamacare kurz erklärt. Zudem wird auf die Auswirkungen der bisherigen Amtszeit Donald Trumps und die aktuellen Diskussionen im Vorwahlkampf der Demokraten eingegangen.

In den USA gibt es eine Mischung aus privater und staatlicher Krankenversicherung. Weltweit gibt es kein Land, das mehr Geld für die Gesundheitsversorgung (17-18% des BIP der USA) ausgibt, da auch die Behandlungskosten enorm hoch sind. Die hohe Anzahl der Nichtversicherten sowie die hohen Kosten des Gesundheitswesens beschäftigen die Politik seit Jahrzehnten. Die meisten Amerikaner (ca. 58-60%) sind über ihre Arbeitgeber krankenversichert. Die Zahlen sind jedoch rückläufig. Die Arbeitgeber zahlen zwischen 50-100% der Versicherungsprämien. Hierzu gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichsten Versicherungsmodellen, z. B. auch Gruppenversicherungen und Kooperationen mit Ärzten und Pharmaunternehmen, die direkt mit Versicherungen zusammenarbeiten. Die Arbeitgeber sind in den USA außerhalb von Tarifverträgen nicht verpflichtet, ihren Mitarbeitern einen Krankenversicherungsschutz anzubieten. Verliert man den Job, verliert man auch die Krankenversicherung, die bislang über den Arbeitgeber vorhanden war. Dies führt nicht selten dazu, dass die hohen Behandlungskosten teils zu existentiellen finanziellen Nöten führen können. Wer es sich leisten kann, hat auch die Möglichkeit, sich ausschließlich privat zu versichern. Dies ist inzwischen über den staatlich regulierten Health Insurance Marketplace möglich.

Die aktuell geführte Diskussion zur staatlichen Gesundheitsversorgung ist geprägt durch die Reform, die seit 2010 unter dem Begriff „ObamaCare“ oder Patient Protection and Affordable Care Act „PPACA“ bekannt ist. Außerdem gibt es einige Demokraten, die eine umfassende staatliche Gesundheitsversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger fordern, "MediCare for all".

Medicaid und MediCare sowie die Notfallregelung EMTALA


Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze fallen, bzw. mit einem Einkommen unter 133% der Armutsgrenze von 12.190 USD (Stand 2019) leben, werden durch die sozialhilfeartige Notversorgung Medicaid grundversorgt. Problematisch ist es für jene Menschen, die knapp über der Armutsgrenze leben, jedoch nicht genügend finanzielle Mittel haben, um sich eine private Krankenversicherung leisten zu können. Die Kosten für Medicaid werden paritätisch durch Bund und Bundesstaaten aus Steuermitteln finanziert. Die Bedingungen und organisatorischen Ausgestaltungen obliegen jedoch den einzelnen Bundesstaaten.
Im Jahr 2017 waren rund 74 Mio US-Bürger über Medicaid abgesichert.

Unabhängig jeglicher Versicherungsverhältnisse besteht für Krankenhäuser die Pflicht, in akuten Notfällen alle Patienten zu behandeln. Die Kosten dafür teilen sich die öffentlichen Einrichtungen. Diese Notfallregelung basiert auf dem Emergency Medical Treatment and Labor Act (EMTALA). Schwere Erkrankungen, die keinen akuten Notfall darstellen, müssen in den Kliniken nicht behandelt werden.

Ein weiterer Baustein des öffentlichen Krankenversicherungssystems ist MediCare. Es wird erwartet, dass im kommenden Jahr der US-Präsidentschaftswahl 2020 mehr als 63 Mio US-Bürger über MediCare versichert sind. MediCare richtet sich an über 65-Jährige, Behinderte oder unheilbar kranke Menschen. Es handelt sich hierbei um eine Versicherung mit Selbstbeteiligung. MediCare ist in vier Bereiche unterteilt, die verschiedene Leistungen umfassen. So wird beispielsweise unterschieden zwischen der verpflichtenden Absicherung für Krankenhausbehandlungen und der freiwilligen Zusatzversicherung für ambulante Behandlungen.
MediCare wird durch Abgaben auf Löhne und selbstständige Einkommen finanziert.
MediCare und Medicaid gibt es seit 1965 und wurden im Rahmen des Social Security Act eingeführt.
Weitere Hilfsprogramme gibt es beispielsweise für Soldaten (TRICARE) und Kinder einkommensschwacher Familien, die jedoch nicht für Medicaid qualifiziert sind (CHIP).

Knapp 30 Mio US-Bürger sind weiterhin ohne jegliche Krankenversicherung. Die Zahl ist seit der Einführung von ObamaCare jedoch gesunken.

ObamaCare


2010 folgte dann also ObamaCare, eine Reform, die zeitlich gestaffelt zahlreiche Änderungen enthielt. Hauptziel von ObamaCare war und ist es, dass nahezu alle Amerikaner in einer Krankenversicherung sein sollen. Die Reform betrifft also hauptsächlich diejenigen, die nicht privat oder über den Arbeitgeber (freiwillige Sozialleistung) versichert sind oder unter den Schutz von Medicaid fallen. Mit dem sog. individual mandate wurden zunächst alle Amerikaner verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen. Wer keiner Ausnahmeregelung unterliegt und sich dennoch nicht versichert hat, musste eine Strafzahlung über das Steuersystem an den Staat abführen. Damit sollte der gesetzlichen Regelung auch Nachdruck verliehen werden. Dieser Teil von ObamaCare wurde inzwischen allerdings wieder gekippt. Der Kongress beschloss mit republikanischer Mehrheit, mit Wirkung vom 01.01.2019, dass die Bundesstaaten selbst entscheiden dürfen, wie sie mit dem ursprünglichen "individual mandate" umgehen. Die Versicherungpflicht ist damit aufgehoben worden.

ObamaCare wird in einer Art Basispaket als Grundsicherung (Bronze) angeboten, ein Leistungsumfang, der nicht unterschritten werden darf. Mit Zuzahlungen ist es aber möglich, die erweiterten Pakete (Silber, Gold) abzuschließen. Die Krankenversicherer treten mit diesen Paketen in den Wettbewerb um die besten Leistungen und günstigsten Prämien ein und müssen diese transparent darstellen.

Hier ein nicht abschließender Überblick über die wichtigsten bereits in Kraft getretenen Änderungen durch ObamaCare (in Teilen wieder aufgehoben):


  • Einführung des staatlich regulierten Health Insurance Marketplace, wo sich jeder nach Bedarf krankenversichern kann.
  • Krankenversicherungen ist es verboten, Patienten wegen Vorerkrankungen abzulehnen oder höhere Prämien zu verlangen.
  • Vorsorgeuntersuchungen sind durch die Krankenversicherungen ohne Zuzahlung verpflichtend.
  • Steuerliche Erleichterungen für kleinere Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Krankenversicherungsschutz anbieten.
  • Versicherungsmindeststandard (Bronze)
  • Die Versicherungsbeträge bei älteren Menschen dürfen maximal 300% der Beträge jüngerer Patienten kosten.
  • Staatliche Bezuschussung für der Versicherungsprämien für Einkommen zwischen 133%-400% der Armutsgrenze.
  • Für Medicare-Patienten gibt es eine Kostenrückerstattung für verschreibungspflichtige Medikamente in Höhe von 250 USD.
  • Anhebung der „Strafzahlung“ für weiterhin Nichtversicherte um 0,5% des Einkommens
  • Bislang waren die Zahlungen an Ärzte für Medicaid-Patienten um 20% niedriger als die von MediCare-Patienten. Diese Lücke soll nun verringert werden, in dem die Zahlungen von Medicaid-Patienten an Ärzte erhöht wird. Grund dafür ist die zunehmende Ablehnung von Medicaid-Patienten durch Ärzte.
  • Strafzahlungen für Firmen mit mehr als 30 unversicherten Vollzeitbeschäftigten, wenn diese ihren Mitarbeitern keinen geeigneten Versicherungsschutz anbieten.

Gem. früherer Schätzungen für die ersten 10 Jahre kostet ObamaCare rund 940 Milliarden USD. Die Gegenfinanzierung war wie folgt geplant: 400 Milliarden durch Steuererhöhungen und 483 Milliarden durch Einsparung bei MediCare durch Effizienzsteigerung.

Kritik an ObamaCare


Die Kritik an ObamaCare zielt insbesondere auf die durch die Regierung „socialized medicine“ ab. Also eine verstaatlichte Medizinversorgung. Damit ist gemeint, dass die Regierung einen individuellen Gesundheitsschutz anordnet. Dieser Eingriff in die freie Entscheidung wird insbesondere bei den Republikanern massiv kritisiert. Libertären Kräften sind bereits die seit Jahrzehnten geltenden MediCare und Medicaid zu weitgehend.
Ein Großteil der republikanischen Abgeordneten haben unterschiedlichste Vorschläge, ObamaCare wieder abzuschaffen, zu modifizieren oder ganz andere Modelle zu installieren.
Ebenso gelten die seit der Einführung teils stark gestiegenen Kosten für die Versicherungen als großer Nachteil der Reform. Geringverdiener erhalten Zuschüsse vom Staat, Normal- und Gutverdiener müssen die hohen Prämien selbst tragen.


US-Präsident Trump und sein Kampf gegen ObamaCare



Bereits im Wahlkampf 2016 kündigte Donald Trump an, ObamaCare wieder abzuschaffen und etwas Besseres anzubieten. Nach Trumps Wahl zum US-Präsidenten hatten die Republikaner zunächst (bis zu den Midterm Elections 2018) eine Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses. Es herrschte die allgemeine Einstellung seitens der GOP, ObamaCare wieder abschaffen zu wolllen. Während man sich im inhaltlich eher oberflächlich geführten Wahlkampf noch auf das Feindbild ObamaCare hatte einigen können, traten im alltäglichen politischen Prozess die Unterschiede innerhalb der Republikaner (heute im Übrigen genauso bei den Demokraten) zutage. Es bestand keine Einigkeit darüber, wie und in welcher Form ObamaCare abgeschafft werden sollte, welche Bestandteile der Reform ggf. beibehalten und welche Elemente eines neuen Gesundheitssystems entwickelt werden sollten.
Donald Trump nutzte seine qua Amt geschaffenen Möglichkeiten, die Gesundheitsreform seines Vorgängers mit verschiedenen Anordnungen zu modifizieren. Mögliche finanzielle Belastungen für alle Beteiligten, also Versicherungen, Leistungserbringer und Versicherte, die auf ObamaCare zurückzuführen sind, sollten abgefedert werden.
Den schnellen und öffentlichkeitswirksamen Schritten Trumps folgten allerdings im Kongress eine Reihe von gescheiterten Versuchen, ObamaCare abzuschaffen. Schon bald nach Trumps Amtsantritt legten die Republikaner einen Gesetzentwurf vor, nach dem ein neues Gesundheitssystem ObamaCare ersetzen sollte. Die zahlenmäßige Mehrheit der Republikaner fand sich aber nicht in deren Abstimmungsverhalten wider. Einigen waren die Einschnitte zu stark, anderen gingen die Einschränkungen nicht weit genug. Der Versuch scheiterte.
In den Folgemonaten gab es zahlreiche Versuche, mit neuen Vorschlägen und wiederum abgespeckten Versionen eine Mehrheit zur Abschaffung des Affordable Care Acts zu erreichen. Alle Versuche scheiterten, entweder am Repräsentantenhaus oder im Senat. Berechnungen des Budgetbüros des Kongresses, dem CBO, wiesen darauf hin, dass durch die verschiedenen Gesetzentwürfe in den Folgejahren bis 2020 14 bis 19 Mio Amerikaner ihren Versicherungsschutz wieder verlieren würden. Die Einsparungen würden zudem auch hinter den Erwartungen der Gegner ObamaCares zurückbleiben.
Während die Republikaner im Kongress keine Mehrheit finden konnten, nutzt Donald Trump aber weiter seine Möglichkeiten aus, den Affordable Care Act rückgängig zu machen.
Den Versicherungen wurde mehr Freiraum gegeben, Leistungen mit einem geringeren Mindeststandard anbieten zu können, als es der Marketplace aus ObamaCare vorsieht. Weiter wurde wie oben erwähnt das Individual Mandate ausgehebelt.
Inzwischen haben die Demokraten im Repräsentantenhaus die Mehrheit, eine Entwicklung im Sinne der Republikaner ist damit zunächst vom Tisch, eine Einigung im Streit um das Gesundheitssystem der USA jedoch noch längst nicht erreicht.
 

Vorwahlkampf der Demokraten 2020: Medicare for all

 

Während Trump und die Republikaner noch mit ObamaCare hadern, entwickelt sich im Vorwahlkampf der Demokraten eine weit darüber hinausgehende Debatte. Im Zentrum dieser Diskussion steht der Vorschlag Medicare for all

Insbesondere die progressiven Kräfte der Partei treiben die Idee des Universal Single-Payer-Healthcare voran, wonach alle Gesundheitskosten durch die öffentliche Hand, steuerfinanziert, getragen werden. 
2017 und erneut 2019 brachten Bernie Sanders und weitere Demokraten, darunter auch die ebenfalls zur Präsidentschaftswahl kandidierende Elizabeth Warren einen Gesetzentwurf zur Ausweitung von Medicare in den Senat ein.

Es gibt viele verschiedene Vorschläge zur Fortentwicklung von Medicare. Beispielsweise sollen Leistungen erweitert oder aber das Zugangsalter gesenkt werden. Der am weitesten gehende Vorschlag kommt von Bernie Sanders und beinhaltet eine vollständige öffentliche Gesundheitsversorgung inkl. der Abschaffung der Privaten Krankenversicherungen. Demnach würden alle, die derzeit privat und/oder über ihre Arbeitgeber versichert sind, in das öffentliche System überführt werden. Die Kosten würden vollständig durch den Staat getragen werden. Sanders räumte bereits ein, dass sein Vorschlag auch für die Mittelschicht mit Steuererhöhungen bzw. größeren Steuerbelastungen verbunden wären. Dieses als Medicare for all bezeichnete Reformidee basiert auf dem Grundgedanken, die Gesundheitsversorgung als Menschenrecht anzusehen, an der alle in den USA lebenden teilhaben müssten. Die Befürworter behaupten auch, dass durch ein solches System, die enorm hohen Verwaltungskosten im Gesundheitssektor massiv reduziert werden könnten.
Im Wahlkampf werden aber diverse Unterschiede deutlich. So gibt es auch Vorschläge, die die Beibehaltung der privaten Krankenversicherungen in Aussicht stellen, um etwa zusätzliche Leistungen zu erwerben. Auch die Idee zwangsweise in Medicare for all wechseln zu müssen, stößt teilweise auf Kritik.

ObamaCare vs. Medicare for all (who want it)


Den intensivsten Diskurs gibt es allerdings nicht in der Ausgestaltung von Medicare for all. Die Demokraten haben mit Joe Biden einen der aussichtsreichsten Kandidaten, der sich eindeutig gegen die Reformvorschläge Sanders positioniert. Biden will an ObamaCare festhalten und die Reformen seines Vorgängers optimieren. Er will dadurch Steuererhöhungen für die Mittelklasse vermeiden und an dem Grundkonzept von ObamaCare festhalten. Zudem hat er eine "public option" vorgeschlagen, die es allen ermöglicht, sich in eine Versorgung ähnlich der von Medicare einzukaufen. Dies wäre allerdings weiterhin auf freiwilliger Basis.
In eine ähnliche Richtung geht auch der Vorschlag Pete Buttigiegs. Er befürwortet grundsätzlich Sanders Konzept, will es aber den Menschen nicht vorschreiben. Er nennt dies "Medicare for All who want it". Damit will er auch auf die Haltung derer eingehen, die mit ihrer bisherigen Gesundheitsversicherung zufrieden sind und eben keine zwangsweise Veränderung haben wollen.
Bei diesen Alternativvorschlägen, die auch etwa bei Amy Klobuchar zu finden sind, liegt der Fokus auch bereits auf der General Election und dem anstehenden Wahlkampf gegen Donald Trump. Während es bei den Demokraten im Vorwahlkampf möglicherweise populärer sein wird, eine radikale Form des Medicare for All zu fordern, könnte diese Haltung im Wettbewerb mit den Republikanern deutlich mehr Probleme erzeugen. Hier könnte eine moderate Reform, die immer noch Entscheidungsfreiheiten lässt deutlich einfacher zu bewerben sein. Letztlich muss eine Reform auch durchsetzbar sein. Hierbei spielt wie oben beschrieben der Kongress eine maßgebliche Rolle. Würden sich Sanders Konkurrenten nun allzu weit auf seine Position zubewegen, könnte ihnen dies in einem möglichen Wahlkampf gegen Donald Trump auf die Füße fallen.

Weitere relevante Begriffe in der Debatte um Gesundheitsversorgung:


Mit managed care sollen die Behandlungskosten gesenkt und die Versorgungsqualität erhöht werden. Dabei werden z. B. die freie Arztwahl eingeschränkt und vertraglich geregelte und planbare Abläufe festgelegt. Es ist sozusagen als Steuerungsinstrument anzusehen. Patienten, die sich freiwillig einem solchen System anschließen, können beispielsweise mit Beitragssenkungen rechnen. Die Health Maintenance Organizations (HMO‘s) bieten eine solche Möglichkeit. Patienten können sich über ihre Arbeitgeber in einer HMO versichern lassen. Eine HMO ist ein Verbund aus verschiedenen Leistungserbringern im Gesundheitswesen. Die Ärzte, Therapeuten etc. werden für die Gesundheit und nicht für die Krankheit der Patienten bezahlt. Dies wird dadurch realisiert, dass die Leistungserbringer ein Budget erhalten, aus denen sie die medizinischen Behandlungskosten abdecken müssen. Je mehr Behandlungen angeordnet werden, desto geringer wird das Budget und damit auch der Lohn jedes einzelnen, da das nicht verbrauchte Budget teilweise auf den Lohn des Arztes aufgeschlagen wird. Die Verpflichtung zum erforderlichen Leistungsumfang und zum Versicherungsschutz für die Patienten sind per Gesetz geregelt. Ein bedeutender qualitativer Unterschied zum herkömmlichen Behandlungssystem konnte bislang nicht festgestellt werden.

Health Savings Accounts (HSAs) sind individuelle Absicherungen. Dabei soll jeder Bürger sein eigenes Krankheitsrisiko selbst durch Ansparen von Rücklagen abdecken.

Freitag, 19. Juli 2019

Revanche: Biden vs Harris und Sanders vs Warren - TV-Debatten der Demokraten ausgelost

Democratic Donkey - 3D Icon
Die nächsten beiden TV-Debatten der Demokraten finden am 30. und 31. Juli 2019 statt. Die Wahlkampfveranstaltungen werden live aus Detroit, Michigan, von CNN übertragen.
Aufgrund des großen Bewerberfeldes werden die Kandidatinnen und Kandidaten wie schon bei den ersten beiden Debatten aufgeteilt. CNN hatte zunächst festgelegt, welche 20 Demokraten an den TV-Debatten teilnehmen dürfen. Im Vergleich zu den ersten beiden Debatten hat es nur eine Änderung gegeben. Den aus dem Rennen ausgestiegenen Eric Swalwell ersetzt Steve Bullock, Gouverneur von Montana.
CNN hat nun die genaue Zusammensetzung ausgelost. Es gab drei Lostöpfe, einen mit den Top 4 der Umfragen, einen mit dem Verfolgerfeld von weiteren sechs Kandidaten und einen großen Topf von zehn Kandidaten, die in den Umfragen nicht auf mindestens 1% kommen.
Mit diesem Losverfahren legte CNN zunächst fest, dass es keine Debatte mit allen Spitzenkandidaten geben sollte, sondern beide Veranstaltungen nominell gleich attraktiv sein sollten.

Die Besetzung der TV-Debatten im Detail


TV-Debatte am 30. Juli:
Bernie Sanders, Elizabeth Warren, Pete Buttigieg, Beto O'Rourke, Amy Klobuchar, Steve Bullock, Tim Ryan, John Hickenlooper, Marianne Williamson, John Delaney   


TV-Debatte am 31. Juli:
Joe Biden, Kamala Harris, Cory Booker, Julian Castro, Andrew Yang, Bill de Blasio, Kirsten Gillibrand, Tulsi Gabbard, Michael Bennet, Jay Inslee,   

Chance auf Revanche: Biden vs Harris - Sanders vs Warren - Pete Buttigieg und Cory Booker unter Druck

 
Damit kommt es am 31. Juli erneut zum Duell zwischen Joe Biden und Kamala Harris. Der frühere Vizepräsident muss dabei die Chance nutzen, nach seinem schwachen Auftritt gegen Harris in der vorigen Debatte zu punkten und seinerseits einen Gegenangriff setzen. 
Zugleich kommt es zwischen Bernie Sanders und Elizabeth Warren zu einem Wettlauf um die Gunst der Stimmen aus dem linken Lager der Demokraten. 

Zudem steht Pete Buttigieg in der Debatte am 30. Juli unter Druck, sich gegen Sanders und Warren durchzusetzen, um nicht nachhaltig den Anschluss an das Spitzenquartett zu verlieren.
Am 31. Juli ist neben dem Top-Duell auch auf Cory Booker zu achten, der erstmals direkt auf Joe Biden trifft und Harris evtl. sogar bei Angriffen auf Biden unterstützen kann.

Außerdem kann damit gerechnet werden, dass sich nach diesen beiden Debatten das Kandidatenfeld weiter verkleinern wird. Im hinteren Bereich könnte es durchaus zu Rückziehern kommen.

Mittwoch, 10. Juli 2019

Tom Steyer steigt ein, Eric Swalwell gibt auf - Kandidatenfeld der Demokraten weiter in Bewegung

Man sollte meinen, das Bewerberfeld der Demokraten wird nun sukzessive kleiner werden, je länger der Wahlkampf andauert und je größer die finanziellen Ausgaben sind. Aber noch gibt es immer wieder weitere Interessenten, die gegen Donald Trump antreten wollen.


Milliardär Tom Steyer gibt Kandidatur bekannt


Nun hat sich auch Tom Steyer dazu entschlossen, in das Rennen um die Spitzenkandidatur der Demokraten einzusteigen. Steyer ist kein Politiker der Demokraten, allerdings seit langer Zeit ein finanzstarker Unterstützer und Spender. Nach aktuellen Schätzungen verfügt der 62-jährige Fondsmanager und frühere Banker von Morgan Stanley und Goldman Sachs über ein Vermögen von rund 1,6 Milliarden US-Dollar. Manch einer bezeichnet ihn auch als Wohltäter, da er die Hälfte seines Vermögens für das soziale Zwecke, den Klimaschutz und das Gemeinwesen spende. Steyer schloss sich auch The Giving Pledge an, einer von Bill Gates und Warren Buffett ins Leben gerufenen Kampagne, nach der besonders wohlhabende Menschen einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens für das Gemeinwohl spenden.


Steyers Kampagne zur Amtsenthebung Trumps


Steyer hat sich seit der Wahl Trumps insbesondere mit dem Anliegen beschäftigt, ein Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten durchzusetzen. 2017 gründete er die Organisation "Need to impeach" und unterstütze bei den Kongresswahlen 2018 solche Kandidaten, die sich später auch für eine Amtsenthebung einsetzen würden. Ein Bestreben, was bei den Demokraten aus unterschiedlichen Gründen nicht nur Zuspruch findet. So wird befürchtet, dass ein Amtsenthebungsverfahren nochmal zu einer zusätzlichen Mobilisierung der Republikaner und insbesondere der Anhänger Trumps führen könnte. Und selbst für den Fall, dass Trump gehen müsste, würde ein Wahlkampf gegen einen Präsidenten Mike Pence nicht unbedingt einfacher werden.


Klimaschutz und Reform des politischen Systems im Fokus Steyers



Von den Bestrebungen, Trump frühzeitig aus dem Amt zu jagen, ist in Steyers Wahlkampfvideo jedoch nichts mehr zu sehen. Hier konzentriert sich der in New York City geborene und heute in San Francisco lebende Steyer insbesondere auf zwei Themen. Zum einen setzt er sich seit vielen Jahren für den Klimaschutz ein. Er gründete bereits im Jahr 2013 die Organisation "Next Generation Climate" und engagierte sich auch gegen die umstrittene Keystone XL Öl-Pipeline-Erweiterung zwischen Kanada und dem Golf von Mexiko.
Außerdem kritisiert er den Einfluss großer Konzerne auf die Politik in Washington, was aus Sicht Steyers letztlich der Demokratie schade und zudem die Gesellschaft in den USA wirtschaftlich immer weiter auseinander treibe. Die Kritik richtet Steyer auch parteiübergreifend an den Kongress. Damit wird er auch versuchen, ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu einem Großteil seiner Konkurrenz bei den Vorwahlen der Demokraten hervorzuheben.


Eric Swalwell gibt Kandidatur auf

Eric Swalwell 114th official photo (cropped 2)Nach dem sehr frühen Ausstieg von Richard Ojeda ist Eric Swalwell nun der zweite Kandidat der Demokraten, der aufgibt. Swalwell hatte keine Chance mehr gesehen, einen erfolgreichen Start in die Vorwahlen erreichen zu können.
Swalwell hatte in der NBC TV-Debatte einen Generationswechsel bei den Demokraten gefordert und damit insbesondere Joe Biden angesprochen. Dem 38-jährigen Swalwell gelang es jedoch nicht, sich in den Umfragen in die Top 10 der Demokraten zu kämpfen und war bundesweit zu unbekannt. Nun wolle er die Erfahrungen des Wahlkampfs für die Arbeit im US-Repräsentantenhaus nutzen.

Dienstag, 2. Juli 2019

TV-Debatten zeigen ihre Wirkung: Viel Bewegung bei Harris und Biden

Die Eindrücke der ersten beiden TV-Debatten der Demokraten zeichnen sich auch in den Umfragen danach ab. Es liegen inzwischen drei Umfragen* im Auftrag von Politico, CNN und The Hill vor. In der folgenden Gegenüberstellung vergleiche ich die Werte mit den Umfragen derselben Institute zu einem Zeitpunkt vor den TV-Auftritten. Dargestellt sind die aktuellen Werte und die jeweiligen Veränderungen. Berücksichtigt sind die Top 4 der Demokraten:

*Update, 02.07.: Quinnipiac-Umfrage:
Biden 22 % (-8), Harris 20 % (+13), Warren 14 % (-1), Sanders 13 % (-6)


Politico
CNN
The Hill

28.06.
Verän-derung
30.06.
Verän-derung
30.06.
Verän-derung
Joe
Biden
33 %
- 5 %
22 %
- 10 %
33 %
- 2 %
Bernie Sanders
19 %
0 %
14 %
+ 4 %
15 %
+ 2 %
Elizabeth Warren
12 %
- 1 %
15 %
+ 8 %
9 %
+ 2 %
Kamala Harris
12 %
+ 6 %
17 %
+ 9 %
11 %
+ 6 %

Die Tendenzen bei Joe Biden und Kamala Harris sind eindeutig. Zwar führt Biden alle Umfragen weiterhin an, jedoch verliert er insbesondere bei CNN 10 %, während Kamala Harris fast in gleichem Umfang hinzugewinnen kann und nun sogar vor Elizabeth Warren und Bernie Sanders auf Rang 2 liegt.

Betrachten wir die CNN-Umfrage etwas genauer fallen drei Werte besonders auf:

41 % der Befragten sind der Auffassung, dass Kamala Harris die beste Performance bei der TV-Debatte hatte. Gefolgt von Elizabeth Warren mit 13 % und Joe Biden mit 10 %. Bernie Sanders und Julian Castro kommen noch auf 4 %.


Joe Bidens Trumpf gegen Trump


Joe Bidens großes Plus bleibt weiterhin der Vergleich zu Donald Trump. Bei der Frage, welchem Kandidaten die besten Chancen eingeräumt werden, den amtierenden US-Präsidenten zu schlagen, erhielt Biden 43 %, gefolgt von Sanders mit 13 % und Harris und Warren mit je 12 %.
Das fällt insbesondere ins Gewicht, da 61 % sagen, dass die Aussicht auf einen Sieg der Demokraten gegen Trump wichtiger ist, als die inhaltlichen Schnittmengen mit den eigenen Positionen (30 %).


Second Choice könnte bei Vorwahlen 2020 besonders wichtige Rolle spielen.


Je größer das Bewerberfeld, desto interessanter die Frage nach der Second Choice. Wen würden also die Unterstützer von z. B. Elizabeth Warren wählen, sollte die Senatorin aus Massachusetts bei den Vorwahlen aus dem Rennen aussteigen. Werte dazu liefert die Morning Consult Umfrage von Politico:


Unterstützer
Biden
Sanders
Warren
Harris
Buttigieg
Second Choice
Sanders
32 %
Biden
27 %
Harris
27 %
Warren
23 %
Harris
29 %
Harris
15 %
Warren
22 %
Sanders
17 %
Buttigieg
20 %
Warren
22 %
Warren
14 %
Harris
8 %
Biden
14 %
Biden
16 %
Booker
10 %


Nehmen wir mal an, dass Joe Biden bis zuletzt im Rennen bleiben wird, gibt es dieser Befragung nach nicht besonders viele Unterstützer, auf die etwa Bernie Sanders zusätzlich zählen könnte. Kamala Harris könnte insbesondere vom Ausstieg Warrens und Buttigiegs profitieren. Joe Biden und Bernie Sanders würden jeweils durch den Ausstieg des anderen am meisten dazu gewinnen. Entscheidend wird aber auch sein, ob die jeweils ausscheidenden Kandidaten Unterstützungen zugunsten anderer Bewerber aussprechen.