Für die TV-Debatte qualifiziert hatten sich die beiden in den Umfragen vorne liegenden Joe Biden und Elizabeth Warren, der drittplatzierte Bernie Sanders, die beiden Verfolger des Trios Pete Buttigieg und Kamala Harris sowie die in den Umfragen bei 1-3% liegenden Andrew Yang, Cory Booker, Beto O'Rourke, Amy Klobuchar, Julian Castro und Tulsi Gabbard. Erstmals mit dabei: der zuletzt in den Umfragen aufstrebende Tom Steyer.
Die Veranstaltung wurde von CNN und der New York Times organisiert.
Die sieben wichtigsten Fragen des Abends
1. Wie geht Joe Biden mit seiner passiven Rolle in der Ukraine-Affäre um?
2. Kann Elizabeth Warren ihre neue Rolle als Co-Spitzenkandidatin auch ausfüllen?
3. Welchen Eindruck hinterlässt der gesundheitlich angeschlagene Bernie Sanders?
4. Wer erreicht aus dem großen Mittelfeld den lang erhofften Aufschwung?
5. Wie reagieren die Demokraten auf die aktuell dominierenden Debatten der US-Politik: das angepeilte Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump und der Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien?
6. Wer sind die Gewinner und Verlierer der TV-Debatte?
Demokraten geschlossen für Trumps Amtsenthebung
Zu Beginn der Debatte hatten alle Kandidatinnen und Kandidaten die Gelegenheit, sich zum Thema des möglichen Amtsenthebungsverfahrens gegen US-Präsident Trump zu äußern. Dabei wurde deutlich, dass sich die Demokraten geschlossen für eine Amtsenthebung aussprachen. Dennoch machten sie auch klar, dass der Fokus der öffentlichen Diskussionen nicht von den eigentlichen Problemen ablenken dürfe. Andrew Yang erinnerte beispielsweise daran, dass Trump 2016 in Ohio, wo die Debatte der vergangenen Nacht stattfand, deutlich gewonnen hatte. Yang wolle nicht länger über Trump sprechen und motivierte die Demokraten mehr über die wirtschaftlichen Probleme des Landes zu sprechen. Dies ziele auch auf jene Wählerinnen und Wähler ab, die in Ohio ihre Jobs verloren hätten und Trump unterstützten.
Elizabeth Warren stellte fest, dass es manchmal Dinge gebe, die über der alltäglichen Politik stünden. Dazu gehörten auch die Untersuchungen zu einem Amtsenthebungsverfahren. Sie sei bereits nach dem Mueller-Report überzeugt gewesen, dass Trump gehen müsste. Heute nachdem er seine Fehler wiederholte, sei es umso wichtiger zu handeln.
Auch Joe Biden unterstütze ein Impeachment des Präsidenten und griff Trump dabei scharf an. Gefragt nach eigenen möglichen Fehlern bzgl. der Posten seinen Sohnes Hunter Biden, stellte der frühere Vizepräsident nur fest, dass weder sein Sohn, noch er selbst etwas falsch gemacht hätten. Im übrigen würde sein Sohn eigenständig handeln. Bidens Antwort wirkte eher juristisch als moralisch ausgerichtet.
Debatte um Kosten für Medicare for all
Elizabeth Warren by Gage Skidmore |
Yang wirbt für universelles Grundeinkommen
Andrew Yang by Gage Skidmore |
Kritik kam von Elizabeth Warren, die Yangs Modell ablehnt. Nach Vorstellung der Senatorin aus Massachusetts sollten diese Gelder eher zielorientiert im Rahmen der sozialen Fürsorge und Sozialhilfe eingesetzt werden.
Buttigieg und Gabbard streiten über US-Truppenabzug in Syrien
Pete Buttigieg by Gage Skidmore |
Tulsi Gabbard kritisierte grundsätzlich die US-Außenpolitik beim Thema Syrien. Donald Trump hätte mit seiner jüngsten Entscheidung das Blut der Kurden an seinen Händen. Das grundlegende Problem sei aber, die US-Politik des Regime-Change, die sowohl Republikaner als auch Demokraten in Syrien unterstützt hätten. Dies stehe in direktem Zusammenhang mit dem türkischen Angriff auf die Kurden.
Damit stieß Gabbard bei Pete Buttigieg auf deutliches Unverständnis. Der Einmarsch der Türken in Nordsyrien sei nicht die Folge der Truppenpräsenz der USA in Syrien, sondern eindeutig die Konsequenz aus dem Abzug des Militärs aus der betroffenen Region.
Julian Castro kritisierte Trump dafür, Kinder an der Grenze zu Mexiko einzusperren während mit dem Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien eingesperrte IS-Kämpfer laufengelassen werden.
Bernie Sanders bemängelte, dass das Wort eines US-Präsidenten in der Welt nichts mehr wert sei, wenn man seine Verbündeten so im Stich lasse, wie es Donald Trump mit den Kurden gemacht habe.
Nach dem Verbleib der Türkei in der NATO gefragt, sagte Sanders, dass die Türkei kein Verbündeter der USA sei, wenn sie wie aktuell in Nordsyrien einmarschiere.
Biden warnt vor dem Zusammenbruch der NATO
Joe Biden by Gage Skidmore |
Sollte Trump 2020 erneut eine neue Amtszeit erhalten, prophezeite Biden das Aus für die NATO. Russland wolle das Ende der NATO und der US-Präsident vertraue eher Putin als den eigenen Geheimdiensten.
Unterstützung erhielt Biden von Cory Booker, der Trump dafür kritisierte, mit Putin und Erdogan zu kooperieren und nicht mit Macron und Merkel. Booker wolle die Integrität der US-Außenpolitik wiederherstellen.
Weitere Themen des dreistündigen Abends waren z. B. die Waffengesetze, die Einkommensschere in den USA und reproduktive Rechte.
Gewinner und Verlierer der TV-Debatte
Sicherlich gehört Pete Buttigieg heute zu den Gewinnern des Abends. Der Bürgermeister von South Bend war angriffslustiger und hartnäckiger als in den vorigen Debatten. Dabei blieb er aber stets analytisch und sachlich. Wenn es darum ging, seine Stellung als stärkster Verfolger des Top-Trios zu behaupten, dürfte ihm dies heute gelungen sein.
Bernie Sanders by Gage Skidmore |
Ebenfalls zu den Gewinnern gehört auch Bernie Sanders. Ihm waren keinerlei gesundheitliche Probleme anzumerken und er debattierte so leidenschaftlich wie gewohnt. Und obwohl er nur halb so viel Redezeit wie Elizabeth Warren hatte, ließ er keine Zweifel aufkommen, in guter und humorvoller Verfassung zu sein.
Amy Klobuchar by Gage Skidmore |
Auch Amy Klobuchar konnte punkten. Die Senatorin aus Minnesota war eine der schärfsten Herausforderinnen von Elizabeth Warren an diesem Abend. Klobuchar ist es ähnlich stark wie Buttigieg gelungen, Alternativen zu den links-progressiven Ansätzen von Warren und Sanders zu setzen. Während für Andrew Yang, der heute seinen bislang stärksten Auftritt bei den TV-Debatten hatte, seinen Weg zum Iowa Caucus nehmen wird, ist dies bei Amy Klobuchar noch fraglich. Der heutige Abend war sicherlich hilfreich.
Blickt man auf die beiden Frontrunner Joe Biden und Elizabeth Warren war vorrangig ein Rollenwechsel zu erkennen. Elizabeth Warren stand heute im Fokus kritischer Nachfragen, während Joe Biden etwas vernachlässigt wurde. Es mag für den früheren Vizepräsidenten zwar angenehm gewesen sein, nicht mehr als stärkster Konkurrent wahrgenommen zu werden, was allerdings nicht das Ziel sein. Schwach waren seine Ausführungen zur Ukraine-Affäre, hier konnte er Zweifel nicht zerstreuen. Elizabeth Warren machte ihre Sache alles in allem recht ordentlich, sie nahm ihre Rolle engagiert an und ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. Dennoch blieb sie insbesondere bei der Frage nach der Finanzierung ihrer Vorstellungen zur Gesundheitsversorgung vage. Biden konnte die Gelegenheit ab und an nutzen, um sich auf kritische Nachfragen in Richtung Sanders und Warren zu konzentrieren.
Beide, Warren und Biden, haben diese Debatte sicher nicht gewonnen, aber es hätte auch wesentlich schlechter laufen können.
Kamala Harris by Gage Skidmore |
Sucht man nach Verlierern der TV-Debatte, konzentriert sich der Blick auf das hintere Bewerberfeld. So ist es weder Julian Castro, Tulsi Gabbard, Beto O'Rourke oder Cory Booker gelungen, aufzuzeigen, weshalb gerade sie und nicht die elf anderen Kandidatinnen und Kandidaten die richtige Wahl seien. Auch der erste Auftritt von Tom Steyer war nicht geeignet, um ihn auf ein Niveau mit den Top 5 zu sehen.
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