Montag, 1. Juli 2024

Supreme Court gibt US-Präsidenten weitreichende Immunität

Der Oberste Gerichtshof der USA hat ein beachtliches Grundsatzurteil gefällt. US-Präsidenten dürfen strafrechtlich nicht verfolgt werden, wenn sich die Strafe auf offizielle Handlungen bezieht. Demnach gilt diese Immunität nicht für Handlungen inoffizieller Art. Die Interpretation dieses Grundsatzes bzw. die konkrete Anwendung hat der Supreme Court wieder an die unteren Gerichte zurückgegeben. Damit beginnt nun eine juristische Auseinandersetzung, was offizielles Handeln ist und welche Handlungen auch im konkreten Fall als offiziell betrachtet werden.

Supreme Court of the United States - Roberts Court 2022
US Supreme Court
oben v.l.: Amy Coney Barrett, Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh, Ketanji Brown Jackson
unten v.l.: Sonia Sotomayor, Clarence Thomas, John Roberts, Samuel Alito, Elena Kagan

Fred Schilling, Public domain, via Wikimedia Commons


Für die laufenden Verfahren gegen Donald Trump bedeutet dies, dass die betroffenen Gerichte nun zunächst prüfen müssen, ob sich die Anklagepunkte auf offizielles Handeln beziehen und damit hinfällig wären. Eine weitere Verzögerung der Prozesse ist anzunehmen.


Unabhängig von den laufenden Verfahren, wirft die Entscheidung des Supreme Court Fragen auf. Genauer gesagt geht es um die Formulierung des "offiziellen Handelns". Natürlich soll sich kein Präsident einer wahllosen ggf. auch politisch motivierten Strafverfolgung ausgesetzt sehen. Dies würde ein Staatsoberhaupt und dessen Handlungsfähigkeit ggf. derart einschränken oder behindern, dass die Funktion dieses Organs nicht mehr gewährleistet sein könnte. Dass ein Präsident aber praktisch Narrenfreiheit für jegliche offizielle Amtshandlungen genießt, kann ggf. zu einer ernsten Bedrohung führen.

Diesen Gedanken führt auch die liberale Richterin am Supreme Court, Sonia Sotomayor, an. Wenn ein Präsident das Navy Seal Team 6 anweist, einen politischen Rivalen töten zu lassen, könnte er dafür nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden, weil dies eine offizielle Amtshandlung sei. Gleiches würde für einen angeordneten Militärputsch gelten, um im Amt zu bleiben. Oder die Annahme von Bestechungsgeldern für eine durch den Präsidenten ausgesprochene Begnadigung, so die Richterin.


Sotomayor hatte zusammen mit den anderen beiden eher liberalen Richterinnen Ketanji Brown Jackson und Elena Kagan gegen die Mehrheitshaltung gestimmt. Alle drei Richterinnen wurden von Demokraten berufen. Die eher konservativen Richterinnen und Richter, die von Republikanern berufen wurden, stimmten für diese Haltung. So votierten John Roberts, Brett Kavanaugh, Neil Gorsuch, Samuel Alito, Clarence Thomas und Amy Coney Barrett für die weitreichende Immunität für US-Präsidenten. Das Urteil fiel entsprechend mit 6:3 Stimmen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Guten Tag
Den liberalen Richterinnen ist es ja ein Anliegen, dass nicht pauschal alle Amtshandlungen strafrechtlich befreit sind (wie z.B. Anordnung eines Militärputsches), sondern dass es eine kleine Differenzierung bezüglich Machtmissbrauch gibt. Diesbezüglich frage ich mich, ob dies nicht eine Frage ist, die von den unteren Instanzen entschieden werden muss, nämlich ob solche zwar aus formaler Sicht Amtshandlungen, aber faktisch gesehen keine Amtshandlungen, offizielle Handlungen darstellen oder nicht. Falls dies keine Frage für die unteren Instanzen ist, hätte der Supreme Court diese Frage ja schon vorweggenommen und eine Untersuchung der Frage was offizielle Habdlungen sind in den unteren Instanzen würde sich erübrigen, da ja auf das formale Kriterium abgestützt werden kann/muss. Falls es jedoch schon eine Frage für die unteren Instanzen wäre, wären die Argumente der liberalen Richterinnen und Ihre Gegenstimmen in Bezug auf das Urteil verfehlt, da ja bei diesem Urteil die mit den Bedenken verbundene Frage gar noch nicht beantwortet wird.

Thomas hat gesagt…

Dieser Logik kann ich folgen. In diesem Zusammenhang wäre die Frage zu klären, ob die unteren Instanzen den Auftrag dahingehend interpretieren, eine Definition oder Auslegung des Formulierung "Offizielle Handlungen" zu erarbeiten oder eher eine Prüfung vornehmen, welche konkrete im Rahmen der Anklage in Rede stehende Handlung als "Offiziell" einzustufen ist. Ich persönlich meine, dass eine andere Formulierung seitens des Supreme Courts etwas glücklicher gewesen wäre, z. B. mit einer Art Zusatz, dass der von Dir/Ihnen genannte Machtmissbrauch das leitende Merkmal wäre. Sicherlich gäbe es hier auch noch andere Ergänzungen. Die Prüfung, ob so etwas vorliegt, obliegt dann wiederum einem neutralen Gericht.