Freitag, 21. August 2020

Rede Bidens beendet Parteitag der Demokraten

Vier Tage haben die Demokraten genutzt, um eine maximale Mobilisierung ihrer Wählerschaft zu erzielen. Ob sie dabei ihr Ziel erreicht haben, ist heute noch nicht feststellbar. Objektiv ist aber festzuhalten, dass das nominierte Spitzenduo Joe Biden und Kamala Harris eine breite Unterstützung aus der Partei erfahren hat. Inhaltliche Differenzen, die es zweifelsfrei bei den Demokraten gibt, wurden nicht ausgefochten. Die Grundrichtung wurde bereits in den Vorwahlen entschieden. Dass sich die links-progressiven Strömungen kooperativ und solidarisch mit Joe Biden zeigen, dürfte auch daran liegen, dass eine inhaltliche Richtungskorrektur wohl eher über das US-Repräsentantenhaus erzielt werden wird. Dieser Konflikt liegt aber in der Zukunft und bis dahin ist es den Demokraten gelungen, ein Ziel unmissverständlich in Stein zu meißeln: Die Abwahl Donald Trumps.

Der letzte Abend des Parteitags fokussierte sich fast ausschließlich auf Joe Biden. Die Demokraten zeichneten ein Bild des anständigen, fürsorgenden, patriotischen und absolut integeren früheren Vizepräsidenten.

Biden will Krisen mit positiven Botschaften begegnen


Die knapp 25 minütige Rede, in der Biden seine Nominierung auch formal annahm, nutzte der Spitzenkandidat der Demokraten, um die vier schwersten aktuellen Krisen nochmal in Erinnerung zu rufen. Es ist anzunehmen, dass diese auch die inhaltlichen Themenschwerpunkte der kommenden Wochen sein werden.
Die Coronakrise und der damit verbundene wirtschaftliche Abschwung, der Rassimus in den USA sowie der Klimawandel werden wohl die Topthemen sein.
Anders als in den Tagen zuvor wurde das von den Demokraten ausgemachte Versagen Trumps in der Biden-Rede aber nur noch grob skizziert. Der Präsident habe seine Pflicht nicht erfüllt, uns das Land nicht ausreichend geschützt, so Biden.

Stattdessen legte der Demokrat pointiert kraftvoll und leidenschaftlich seine Sicht der Dinge dar und versuchte dabei dem Ernst der Lage mit Optimismus und Hoffnung entgegenzutreten. "Wenn Sie mir die Präsidentschaft anvertrauen, werde ich das Beste und nicht das Schlechteste hervorheben. Ich werde ein Verbündeter des Lichts und nicht der Dunkelheit sein", sagte Biden und kristisierte, dass Trump allzu häufig auf Zorn, Angst und Spaltung setze.
 



Biden verknüpfte diese Haltung aber auch bewusst mit der Notwendigkeit des aktiven eigenen entschlossenen Handels. In Richtung des Präsidenten gab er den Hinweis, dass dieser nicht auf ein Wunder zur Beendigung der Krise warten solle, es werde nämlich keines geben. "Wir werden niemals unsere Wirtschaft wieder in Schwung bringen und unsere Kinder zurück in die Schulen schicken, (...) wenn wir uns nicht mit dem Virus befassen.
Biden kündigte einen nationalen Interventionsplan an. Er wolle für effizientere Testverfahren sorgen, eine Art Maskenpflicht einführen, die notwendige medizinische Versorgung beschaffen und die Schulen so ausstatten, dass sie einen sicheren Unterrichtsablauf gewähren könnten.

Weiter kündigte Biden eine massive Verbesserung der Infrastruktur an, so dass dadurch 5 Mio neue Jobs geschaffen werden sollten. Auch Verbesserungen der Gesundheitsreform Obamacare sowie des Bildungswesens stünden auf seiner Agenda.
Den Klimawandel bezeichnete Biden nicht nur als Krise, sondern auch als große Chance, die USA als weltweiter Vorreiter bei der Entwicklung sauberer Energien zu etablieren. Auch in diesem Prozess würden Millionen gut bezahlter Jobs entstehen.
Biden stellte zudem in Aussicht, dass Reiche und Großkonzerne mit Steuererhöhungen rechnen müssten.

Die größten Herausforderungen des Wahlkampfes stehen Biden noch bevor



Es mag sicherlich die bedeutendste Rede Bidens in dessen politischer Karriere gewesen sein, die entscheidenden Auftritte für die kommende Wahl stehen Biden aber noch bevor. Die drei TV-Debatten im direkten Duell mit Donald Trump könnten den Ausschlag über Sieg und Niederlage am 03. November geben. Denn in diesen Duellen, geht es weniger um die Mobilisierung der eigenen Wählerschaft. Noch unentschlossene und unabhängige Wählerinnen und Wähler dürften diese Gelegenheiten nutzen, um ihre finale Entscheidung zu treffen - ob und wen sie wählen.

Zahlreiche ehemalige Mitbewerber aus den Vorwahlen wie Bernie Sanders, Pete Buttigieg, Cory Booker, Elizabeth Warren, Andrew Yang, Mike Bloomberg und Amy Klobuchar, aber auch amtierende Senatorinnen wie Tammy Baldwin und Tammy Duckworth ergriffen im Vorfeld der Biden-Ansprache nochmal das Wort für den früheren Vizepräsidenten.

In der kommenden Woche startet dann der Parteitag der Republikaner. Donald Trump hat aber bereits in diesen Tagen kein Zweifel daran aufkommen lassen, dass sein Urteil über Biden und die Demokraten nicht weniger vernichtend sein wird, als jenes, das über ihn gefällt wurde. Noch gestern hatte Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Pennsylvania davor gewarnt, die Demokraten würden die Wirtschaft vernichten und die Polizei abschaffen wollen.

Die Demokraten haben die Reihen scheinbar geschlossen, denn sie wissen, dass die Attacken auf ihr Spitzenduo in den kommenden 10 Wochen des Wahlkampfs von bislang nicht bekannter Schärfe sein dürften.

3 Kommentare:

Rainbow-Warrior21 hat gesagt…

An dieser Stelle von mir erst mal herzlichen Danke, lieber Thomas, für die "Berichterstattung" bzw. übersichtliche und informative Zusammenfassung :-) !

Mich hat dieser virtuelle Parteitag stellenweise auch echt beeindruckt, besonders die Nominierung aus den diversen Bundesstaaten, teils in der Landessprache oder spanisch. Ein Highlight war sicherlich auch Kamala Harris.

Um hier meine Neutralität kurz zu verlassen: Ich denke mal, dass sich Trump an der noch "die Zähne ausbeisst" . Harris ist keine Hillary Clinton ;-) ! Obwohl ja jetzt schon gegen sie unfair Stimmung mit teilweise schrägsten Behauptungen gemacht wird :
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/usa-harris-fakenews-101.html

Problematisch könnten aber die TV-Debatten für Biden werden, oder ?

Zur GOP noch die Frage wegen dem "Lincoln-Project":

An dieser Stelle ist bei mir die Frage entstanden, ob sich das "Lincoln-Project" evtl.,-zumindest bei einem knappen Ergebnis,- wahlentscheidend auswirken könnte ?
Dazu :
https://www.tagesschau.de/ausland/usa-lincoln-project-101.html
https://www.deutschlandfunk.de/usa-republikaner-gegen-trumps-wiederwahl.799.de.html?...


Thomas hat gesagt…

Danke für deinen Kommentar! Das Lincoln Project ist sicherlich nicht förderlich für Trump. Allerdings bezweifle ich, dass sich deren Arbeit nennenswert auf das Wahlergebnis auswirken wird. Der Einfluss derer, die dort meines Wissens nach tätig sind, ist eher als gering einzustufen. Dazu kommt vermutlich, dass deren Anhänger schon 2016 nicht für Trump gestimmt haben. Möglich ist aber natürlich, dass man sich vor vier Jahren nicht zu einer Stimme für Hillary Clinton durchringen konnte und dies bei Biden wahrscheinlicher ist. Aber diesen Gedanken hätten diese Republikaner wohl auch ohne das Lincoln Project gehabt. Ich denke, dass solche Initiativen erst dann wirklich an Bedeutung gewinnen, wenn sie prominente amtierende Unterstützer, etwa Gouverneure oder Senatoren, haben.
Wenn es aber um wenige Hundert Stimmen in einem Bundesstaat geht, kann natürlich auch die Arbeit des Lincoln Projects relevant werden. Dann zählt tatsächlich jede Stimmen.

Zu den TV-Debatten: Biden könnte Probleme bekommen, wenn Trump ihn mit einzelnen Entscheidungen aus den letzten Jahrzehnten konfrontiert, da Biden dazu neigt, direkt darauf einzugehen. Das könnte ihn etwas aus dem Konzept bringen und viel Redezeit kosten. Zudem dürfte Trump versuchen, Biden konkrete Entscheidungen abzuringen, die ihn entweder als linken Demokraten aussehen lassen oder aber eben jene linke Wählerschaft verschrecken. Biden wird also Mühe haben, die ausgewogene Mitte so zu repräsentieren, dass es auf keiner Seite zu einer Demobilisierung kommt. Aber derzeit bin ich noch etwas unschlüssig, welche Strategie für Trump und Biden die beste wäre. Es ist ja auch noch etwas hin.

Rainbow-Warrior21 hat gesagt…

Danke für Deine Antwort :-) ! Wie bisher empfehle ich Deinen Blog gern weiter. Schönen Sonntag :-D !