Sonntag, 15. November 2020

US-Repräsentantenhaus - Verkleinerte Mehrheit für Demokraten - Republikaner blicken auf Trump

Joe Biden hat die Präsidentschaftswahl für die Demokraten gewonnen, im US-Senat fällt die Entscheidung über die künftige Mehrheit in zwei Stichwahlen in Georgia am 05.01.2021. Während die Stimmungslagen bei Republikanern und Demokraten hinsichtlich des eindeutigen Ergebnissen im Rennen um das Weiße Haus klar verteilt sind, so blicken die Parteien bei den Wahlen zum Kongress mit gemischten Gefühlen auf die Ergebnisse. Im US-Senat konnten die Demokraten bislang nur wenig aufholen und ob sie den von ihnen erhofften Machtwechsel schaffen, ist noch unklar.


Republikaner verkürzen Rückstand im Repräsentantenhaus

Im US-Repräsentantenhaus ist das Ergebnis in Bezug auf die Machtverhältnisse zwar eindeutig und inzwischen auch entschieden, dennoch blicken die Demokraten mit ein wenig Sorge auf die letzten Ergebnisse.

Die Demokraten habe ihre Mehrheit im House verteidigen können. Angesichts des verringerten Abstands jubeln aber nicht wenige Republikaner über die Ergebnisse. Bislang hatten sie 197 Sitze und lagen damit 35 Sitze hinter den Demokraten, die auf 232 kamen. 1 Sitz hatte die Libertarian Party inne. Dieser eine Sitz aus Michigan ging in diesem Jahr an die Republikaner.

Für eine Mehrheit sind 218 Sitze erforderlich. Bislang kommen die Demokraten auf 219 Sitze und die Republikaner auf 206. Aktuell sind noch 10 Sitze offen, die Auszählungen laufen hier noch, in einem Fall aus Louisiana kommt es zu einer Stichwahl.

Die Demokraten konnten drei Sitze (2 in North Carolina und 1 in Georgia) von den Republikanern holen. Diese konnten jedoch 11 Sitze von den Demokraten gewinnen. Damit und durch den Gewinn von vakanten Sitzen ist der Rückstand der Republikaner von 35 Sitzen auf aktuell 13 reduziert worden. Angesichts der hohen Erwartungen, die die Demokraten hatten und auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse, die Joe Biden einfuhr, ist diese Entwicklung schon ein kleiner Dämpfer für die Demokraten.

Die 10 noch ausstehenden Sitze (5 in New York, 2 in Kalifornien, 1 in Utah, 1 in Iowa und eine Stichwahl in Louisiana) sind für die Gesamtbetrachtung der Mehrheitsverhältnisse noch recht wichtig. Aktuell gehe ich davon aus, dass davon noch 5 Sitze an die Republikaner und 3 an die Demokraten gehen, 2 sind völlig offen. Der Vorsprung für die Demokraten von aktuell 13 Sitzen dürfte wohl zumindest nicht mehr vergrößert werden.


Biden muss auf alle Strömungen der Demokraten Rücksicht nehmen

Dass es im US-Senat in den vergangenen Jahren immer wieder um jede einzelne Stimme ging, ist bekannt und wird sich auch in den kommenden zwei Jahren im Grundsatz nicht ändern. Aber auch im US-Repräsentantenhaus könnte es künftig auf eine Hand voll Abgeordneter ankommen, wenn es um die Frage geht, ob ein Gesetzentwurf durchgeht oder scheitert.

Für Joe Biden und die Demokraten ist die Mehrheit weiterhin ein wichtiger Baustein der politischen Macht in Washington, allerdings wird man schon sehr genau darauf achten müssen, alle Demokraten bei Abstimmungen mit an Bord zu haben. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die politische Ausrichtung. Der neue US-Präsident wird zusammen mit der künftigen Fraktionsführung der Demokraten im Repräsentantenhaus viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, alle Flügel und Strömungen in der Partei einzubeziehen und deren Stimmen stets sicher zu haben. Die Aussage Bidens in der TV-Debatte gegen Trump, er sei die Partei und habe gegen linke Kräfte wie Sanders oder Warren gewonnen, wird er in dieser Deutlichkeit nicht noch einmal wiederholen. Die Aussage war im Wahlkampf richtig, um moderate Unabhängige nicht zu verschrecken, aber die Realität durch die neuen knappen Mehrheitsverhältnisse wird Biden in den kommenden zwei Jahren einholen. Er wird keine radikalen Zugeständnisse machen, die fundamental entgegen seiner Überzeugung stehen. Aber seine Kompromissbereitschaft wird größer sein müssen, als er mit seinem Aussage wohl suggerieren wollte. Biden wird insbesondere zu Beginn seiner Amtszeit einige unstrittige Themen voranbringen, bei der Widerspruch aus den eigenen Reihen nicht zu erwarten ist.

Die Demokraten sind zum Erfolg gezwungen, denn das erste Feedback der Wählerinnen und Wähler zur 1. Amtszeit Bidens gibt es bereits bei den Midterm Elections 2022, wenn das komplette Repräsentantenhaus wieder neu gewählt wird. Dies dürfte die Demokraten auch zu einer gewissen Disziplin zwingen.


Das Zögern der Republikaner wirft Fragen auf

Die Republikaner werden auf mögliche inhaltliche Konflikte bei den Demokraten warten. Wie die Arbeit der GOP aussehen wird, hängt maßgeblich auch vom künftigen Einfluss Donald Trumps ab. Viele Republikaner unterstützen noch zumindest passiv den Präsidenten, in dessen Haltung, die Wahlergebnisse der Präsidentschaftswahl nicht als legal anzuerkennen. Dass die von Trump als illegal bezeichneten Stimmzettel vielerorts auch republikanische Abgeordnete ins Amt brachten, wird dabei außer Acht gelassen. Die Grand Old Party hat es bislang nicht geschafft, sich von den falschen Behauptungen Trumps zu distanzieren.

Ein Erklärungsansatz dafür könnte eine mögliche Verunsicherung sein, wie weit der Präsident nach seinem Ausscheiden aus dem Amt noch in die Partei und Politik einwirken wird. Die treuen Trump-Fans werden auch künftig einen erheblichen Anteil der republikanischen Wählerschaft ausmachen. Nun mit dem Präsidenten zu brechen, könnte einzelnen Abgeordneten oder auch Senatoren in zwei Jahren auf die Füße fallen. Dennoch, dass viele gewählte Republikaner noch immer zögern, Bidens Wahlsieg anzuerkennen, wird zunehmend zu einer Belastungsprobe. Denn bei dem anderen Teil der republikanischen Wählerschaft und insbesondere auch bei Unabhängigen wächst das Unverständnis darüber, wie Teile der Partei und deren gewählte Vertreterinnen und Vertreter teils aktiv, teils passiv an Trumps Legendenbildung einer gestohlenen Wahl mitwirken.

Auf Ebene der Bundesstaaten sind sich Demokraten und Republikaner einig. Alle lokal verantwortlichen Wahlbehörden meldeten an das Heimatschutzministerium, dass es keinen Wahlbetrug gegeben habe. Die Wahlen seien so sicher, wie noch nie gewesen.

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