Sonntag, 27. September 2020

Vorschau auf das erste TV-Duell Trump vs Biden - Integrität der Wahlen rückt in den Fokus

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch treffen Donald Trump und Joe Biden im Wahlkampf erstmals direkt aufeinander. Im ersten von drei TV-Duellen werden die beiden Kontrahenten 90 Minuten lang für ihre Positionen werben. Die Veranstaltung in Cleveland, Ohio wird vom "FOX News Sunday" Moderator Chris Wallace geleitet.
Da in diesem Jahr besonders viele Wählerinnen und Wähler per Briefwahl abstimmen und in einigen Bundesstaaten das Early Voting bereits begonnen hat, sind Trump und Biden bereits jetzt schon gefordert, keine größeren Fehler zu machen, da sich diese bereits direkt auf das Wahlverhalten auswirken können.


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By Case Western University and Cleveland Clinic, Public Domain

Welche Themen werden in der 1. TV-Debatte angesprochen?


Es wird 6 Themenblöcke mit jeweils 15 Minuten geben.

1. Die politischen Leistungen Trumps und Bidens
2. Der Supreme Court
3. COVID-19
4. Die Wirtschaft
5. Rassismus und Gewalt in den Städten
6. Die Integrität der Wahl


Wie bereiten sich die Kandidaten vor?


Donald Trump will sich nach eigenen Angaben nicht besonders auf die TV-Duelle gegen Joe Biden vorbereiten. Zudem kritisierte Trump die Auswahl des Moderators. Der Präsident sagte, er erwarte unfaire Fragen von Wallace, da dieser von den linksradikalen Kräften im Land kontrolliert werde. Neben der Darstellung der eigenen Leistungen seiner Präsidentschaft wird Trump insbesondere versuchen, Joe Biden mit persönlichen Vorhalten aus der Reserve zu locken. Dabei soll auch wieder die Rolle Bidens Sohn, Hunter Biden, in der Ukraine thematisiert werden. Während des Impeachmentverfahrens nahm Trumps mögliche Einflussnahme auf die Ukraine zwecks Ermittlungen gegen Bidens Sohn eine zentrale Rolle ein. Trump wird ansonsten auf die gute wirtschaftliche Situation vor der Coronakrise verweisen. Außerdem dürfte er Biden als Gefahr für Wirtschaft und Sicherheit des Landes darstellen.

Das Wahlkampfteam von Joe Biden hat seinen Kandidaten eher auf die klassische Art vorbereitet. Dabei wird ein TV-Duell simuliert, bei dem Biden auch mit zahlreichen kritischen und emotionalen Themen konfrontiert wird. Aus den Reihen der Demokraten ist zu vernehmen, dass sich Biden nicht auf eine Schlammschlacht mit Donald Trump einlassen solle. Besonders soll er bei verbalen Angriffen auf seine Familie zwar authentisch, aber nicht zu emotional reagieren. Ebenso wurde ihm empfohlen mögliche Unwahrheiten, die Trump während der Debatte behaupten wird, nicht durchgehend mit einem eigenen Fakten-Check zu beantworten. Dies sei Aufgabe des Moderators. Biden solle die Redezeit eher darauf verwenden, die eigenen Positionen darzustellen und nicht ausschließlich die des Präsidenten zu widerlegen.


Integrität der Wahl rückt zunehmend in den Mittelpunkt


Natürlich sind neben einer allgemeinen Befassung mit Trumps Präsidentschaft und Bidens alternativen Plänen die Schwerpunktthemen durch die zurückliegenden Monate gesetzt worden. Die Coronapandemie und die damit verbundenen Auswirkungen auf Gesundheit und Wirtschaft spielen eine ebenso zentrale Rolle wie die Diskussionen um Rassismus, Polizeigewalt und die gewalttätigen Ausschreitungen in einigen US-Städten.

Hinzu kommt jüngst auch die Debatte über die Neubesetzung des Supreme Court Postens. Gestern hat Donald Trump die Bundesrichterin Amy Coney Barrett offiziell als Nachfolgerin der verstorbenen Ruth Bader Ginsburg nominiert. Der US-Senat soll laut Mitch McConnell in den kommenden Wochen mit den Anhörungen beginnen und bei Möglichkeit auch zeitnah abstimmen.

Seit Monaten aber wird immer wieder und immer mehr über die Integrität der Wahlen diskutiert. Donald Trump hatte die Diskussion begonnen, indem er die allgemeine Briefwahl als unsicher darstellte. Die Demokraten würden auf diese Weise versuchen, den Ausgang der Präsidentschaftswahl zu ihren Gunsten zu manipulieren. Auch wenn von verschiedenen offiziellen und unabhängigen Stellen diese Vorwürfe zurückgewiesen werden, bleibt Trump bei seiner Haltung. Einfache Unregelmäßigkeiten und Pannen, die es bei jeder größeren Wahl gegeben hat, werden auch aktuell und in den kommenden Wochen immer wieder als Beleg herangezogen werden, dass der Ausgang der Wahl gefälscht werden könnte.

In der medialen Berichterstattung wird darüber spekuliert, dass Trump auf diese Weise eine mögliche Wahlniederlage nicht akzeptieren wird. Um wiederum für einen solchen Schritt eine Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu schaffen, baue er praktisch seit Monaten vor und versuche ein Gefühl der Verunsicherung zu erzeugen, so die Vorwürfe.
Tatsächlich äußerte sich Trump bereits selbst dazu und bestätigte dieses Bild. Auf seinen Wahlkampfveranstaltungen rief er seinen Anhängern zu, dass er die Wahl nur durch Betrug der Demokraten verlieren könne. Auf die Frage, ob er eine Wahlniederlage akzeptieren und eine friedliche Machtübergabe garantieren würde, antwortete Trump, dass er erstmal sehen müsse, wie sich die Dinge entwickeln. Diese ausweichende Antwort provozierte dann selbst einige Republikaner zu einer Klarstellung. Der US-Senat ließ in einer parteiübergreifenden Erklärung keinen Zweifel an einem friedlichen und korrekten Übergang der Macht, sofern es das Wahlergebnis erfordert.

Verzögerungen bei den Auszählungen sind zu erwarten


Aber was ist nun dran an den Befürchtungen, dass es nach der Wahl zu Schwierigkeiten kommen könnte? Dass es irgendwo im Land zu Unregelmäßigkeiten und Pannen kommen wird, wäre, wie oben schon erwähnt, nichts Ungewöhnliches. Je knapper aber die Ergebnisse in den einzelnen Bundesstaaten ausfallen, desto wahrscheinlicher werden juristische Schritte beider Wahlkampfteams und ihrer Anwälte.

In diesem Jahr ist ein Umstand aber besonders, der aus meiner Sicht auch die größte Herausforderung darstellt. Es wird von allen Beteiligten vermutlich viel Geduld aufgebracht werden müssen, bis im Zweifel die finalen Wahlergebnisse feststehen. Das liegt eben an der zu erwartenden deutlich steigenden Anzahl an Briefwahlstimmen. In verschiedenen Bundesstaaten sind Briefwahlstimmen auch dann gültig, wenn sie am Wahltag abgestempelt wurden und innerhalb einer Frist, z. B. drei Tage oder eine Woche nach dem Wahltag an der entsprechenden Stelle eingegangen sind. Je nach Anzahl der auf diese Weise versandten Stimmzettel, müsste entsprechend lange gewartet werden, sollte der Ausgang der Wahl in einem Bundesstaat so eng sein, dass diese Stimmen entscheidend wären.

Und noch ein Detail muss berücksichtigt werden. In der Regel werden zunächst die Stimmen ausgezählt, die am Wahltag abgegeben wurden. Aus Umfragen weiß man, dass deutlich mehr Trump-Wähler eine Stimmabgabe am Wahltag bevorzugen. Bei den Anhängern Bidens ist dagegen die Briefwahl deutlich beliebter. Unter gewissen Umständen könnte es also sein, dass die ersten Ergebnisse der Wahlnacht auf einen Trump-Sieg hindeuten. Je mehr Briefwahlstimmen dann entweder im Laufe der Nacht, oder aber auch erst in den Folgetagen ausgezählt werden, dürfte Biden immer weiter aufholen. Dieses Szenario könnte Trump nutzen, um die o.g. Legende vom Wahlbetrug der Demokraten weiter zu propagieren - gem. dem Motto: Ohne die gefälschten Briefwahlstimmen hätte Trump gewonnen.
Die gewissen Umstände, die ich eben erwähnte, sind auch weiter zu präzisieren. Gemeint ist z. B., dass es in verschiedenen Bundesstaaten möglich ist, die Briefwahlstimmen fortlaufend bereits Wochen vor der Wahl auszuzählen. Diese Möglichkeit gibt es aber nicht überall. Je nachdem wie dann die bereits ausgezählten Briefwahlstimmen nach Schließung der Wahllokale veröffentlicht werden, könnte es also auch zu einem gegenteiligen Effekt kommen. Joe Biden könnte dann nach ersten Ergebnissen deutlicher vorne liegen, als es das Endergebnis final aussagt. Wo, wann auf welche Weise ausgezählt werden kann, werde ich hier zeitnah zum Wahltag nochmal detaillierter darstellen.

In jedem Fall müssen die Wahlergebnisse der Wahlnacht mit besonderer Aufmerksamkeit und Vorsicht bewertet werden. Hier kommt eine besondere Verantwortung auf die großen US-Fernsehsender zu, die traditionell die Sieger der jeweiligen Bundesstaaten in der Wahlnacht ausrufen. Ein zu frühes und letztlich falsches Ausrufen kann das Vertrauen in den Wahlausgang erheblich erschüttern.
Karine Jean-Pierre, Wahlkampfleiterin von Kamala Harris, sagte in dem Podcast "Campaign HQ with David Plouffe", dass sich Biden und Harris aber vollständig auf ihre eigentlichen Inhalte konzentrieren und keine Zeit darauf verschwenden, sich mit den verschiedenen Szenarien eines Wahlchaos auseinandersetzen.

Beide Lager werden vermutlich eine Rekordzahl an Anwälten und Wahlbeobachtern am Wahltag und in den dann folgenden Tagen insbesondere in den wichtigen Battleground States im Einsatz haben.

Wann und wie kann ich das TV-Duell sehen?


Am Mittwoch um 03:00 Uhr deutscher Zeit beginnt das TV-Duell. Es wird auf praktisch allen großen US-Sendern übertragen (CNN, FOX News, CBS, ABC, C-SPAN, NBC, MSNBC). Zudem bieten zahlreiche weitere Medien wie die Washington Post oder New York Times auch Livestreams im Internet an. Werbeunterbrechungen wird es während des Duells nicht geben.
Auch im deutschen Fernsehen wird es live übertragen. Der Sender Phoenix beginnt um 02:45 Uhr mit der Berichterstattung und wird während des Duells auch eine Simultanübersetzung anbieten. Ebenso wird das ZDF ab 02:45 Uhr live übertragen.

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