Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2020 wurde viel über die Zuverlässigkeit des Wahlprozesses spekuliert. Als es dann Tage dauerte, bis die finalen Ergebnisse vorlagen, Zwischenstände sich noch veränderten und parallel schon Klagen gegen die Auszählungen und Ergebnisse auf den Weg gebracht wurden, nährte dies insbesondere bei nicht wenigen republikanischen Anhängerinnen und Anhängern die Zweifel, am korrekten Zustandekommen der Ergebnisse. Dabei hätte eine genauere Befassung mit dem Thema Irrtümer vermeiden können.
Umso wichtiger ist es, sich auch in diesem Jahr auf die Frage vorzubereiten, wann verlässliche Zwischen- oder Endergebnisse vorliegen und wie diese entstehen.
Wann wissen wir, wer die Wahlen gewonnen hat?
Zunächst ist anzuführen, dass es völlig normal ist, dass die Ergebnisse nicht schon wenige Stunden nach der Wahl vollständig ausgezählt sind. Je nachdem, wie eng es zwischen Demokraten und Republikanern werden wird, umso länger werden wir auf ein finales Ergebnis warten müssen; das kann erst ein bis zwei Tage nach dem Wahlgang der Fall sein.
Dennoch ist anzunehmen, dass es anders als 2020 nicht zu einer mehrtägigen Zitterpartie kommen wird. Vor zwei Jahren wurde erstmals flächendeckend in großem Ausmaß mit Briefwahlstimmen und Ballot-Drop-Boxes für das Early Voting abgestimmt. Während der Coronapandemie hat eine außergewöhnliche große Anzahl an Wählerinnen und Wählern ihre Stimme auf diese Weisen abgegeben. Auch die Auszählungen fanden unter erschwerten Coronabedingungen statt. Zwar ist dieses Jahr erneut mit einer hohen Anzahl an Briefwahlstimmen zu rechnen, an die Werte aus 2020 wird man aber nicht herankommen.
Ebenfalls von vergangenen Wahlen bekannt, ist der Eingang von Klagen zu Auszählungen, sei es der insbesondere 2020 genutzte Versuch, einen laufenden Auszählungsprozess zu stoppen oder aber Stimmen per Hand nochmals nachzuzählen, was einige Bundesstaaten ab einem bestimmten niedrigen Differenzwert zwischen den beiden Bestplatzierten ohnehin gesetzlich vorsehen. Dies kann natürlich auch zu Verzögerungen bis zur Verifizierung von Wahlergebnissen führen.
Je enger also der Wahlausgang sein wird, umso geduldiger wird man auf die Ergebnisse warten müssen. Ist dagegen insbesondere bei der Wahl zum US-Repräsentantenhaus bereits frühzeitig ein deutlicher Sieg der Republikaner erkennbar, wird es zwar bis zu finalen Verkündung aller Ergebnisse auch einige Zeit dauern, schon aber in den frühen Morgenstunden der Wahlnacht (MEZ) dürfte den Anhängerinnen und Anhängern beider Parteien klar sein, in welche Richtung es gehen wird.
Wann schließen die Wahllokale?
Bundesstaat | Schließung der Wahllokale nach deutscher Zeit bzw. MEZ |
Kentucky | 00:00, in Teilen bis 01:00 |
Indiana | 00:00, in Teilen bis 01:00 |
Florida | 01:00, in kleinen Teilen bis 02:00 |
Georgia | 01:00 |
South Carolina | 01:00 |
Virginia | 01:00 |
Vermont | 01:00 |
North Carolina | 01:30 |
Ohio | 01:30 |
West Virginia | 01:30 |
Alabama | 02:00 |
Connecticut | 02:00 |
Delaware | 02:00 |
District of Columbia | 02:00 |
Illinois | 02:00 |
Kansas | 02:00, in Teilen bis 03:00 |
Maine | 02:00 |
Maryland | 02:00 |
Massachusetts | 02:00 |
Michigan | 02:00, in kleinen Teilen bis 03:00 |
Mississippi | 02:00 |
Missouri | 02:00 |
New Hampshire | 02:00 |
New Jersey | 02:00 |
Oklahoma | 02:00 |
Pennsylvania | 02:00 |
Rhode Island | 02:00 |
South Dakota | 02:00, in Teilen bis 03:00 |
Tennessee | 02:00 |
Texas | 02:00, in kleinen Teilen bis 03:00 |
Arkansas | 02:30 |
Arizona | 03:00 |
Colorado | 03:00 |
New York | 03:00 |
Iowa | 03:00 |
Louisiana | 03:00 |
Minnesota | 03:00 |
Nebraska | 03:00 |
New Mexico | 03:00 |
Wisconsin | 03:00 |
Wyoming | 03:00 |
Idaho | 04:00, in kleinen Teilen bis 05:00 |
Montana | 04:00 |
Nevada | 04:00 |
North Dakota | 04:00, in kleinen Teilen bis 05:00 |
Utah | 04:00 |
Oregon | 04:00, in großen Teilen bis 05:00 |
Kalifornien | 05:00 |
Washington | 05:00 |
Hawaii | 06:00 |
Alaska | 06:00, in Teilen bis 07:00 |
Besonderheit Briefwahlstimmen
Auf die Briefwahlstimmen möchte ich nochmals gesondert hinweisen. Hierbei sind wesentliche Punkte zu beachten. Die Bundesstaaten haben unterschiedliche Regularien, zu welchem Zeitpunkt die Briefwahlstimmen geprüft und gezählt werden dürfen. Aus zurückliegenden Wahlen ist zudem bekannt, dass deutlich mehr Demokraten als Republikaner die Möglichkeit der Briefwahl nutzten.
Wenn nun in einem Bundesstaat die Briefwahlstimmen nicht vor Schließung der Wahllokale geöffnet, auf Zulässigkeit geprüft und gezählt werden dürfen, dann kann dies dazu führen, dass die am Wahltag abgegebenen Stimmen zuerst bzw. schneller gezählt und gemeldet werden. Da diese dann durchschnittlich ein im Vergleich zum Gesamtergebnis höheren Anteil an republikanischen Stimmen beinhalten, lägen die Demokraten hier zunächst deutlich zurück und können erst im späteren Verlaufe der Auszählung von ihrem höheren Anteil der Briefwahlstimmen profitieren. Dies führte etwa 2020 in Pennsylvania dazu, dass Joe Biden einen deutlichen Rückstand zu Donald Trump erst spät aufholte. In anderen Bundesstaaten können die Briefwahlstimmen bereits im Vorfeld geöffnet und geprüft werden, so dass sie dann bereits zu Auszählungsbeginn mit berücksichtigt werden. Sind Briefwahlstimmen teilweise sogar schon fertig ausgezählt, bevor die Wahllokale geschlossen haben, kann dies eben zu dem gegenteiligen Effekt führen. Ein überraschend starkes Abschneiden der Demokraten wird im späteren Verlauf der Auszählung durch republikanische Stimmen wettgemacht.
Beispiele aus einzelnen Bundesstaaten
Ich erwähnte eben bereits Pennsylvania, was auch in diesem Jahr insbesondere durch die Wahl des Senatssitzes zwischen John Fetterman und Mehmet Oz wieder sehr spannend werden dürfte. Hier dürfen die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer erst am Morgen des Wahltags mit der Prüfung der Briefwahlstimmen beginnen. Ebenso können sie dann auch schon gezählt werden. Die Übermittlung und Veröffentlichung dieser Ergebnisse darf aber erst nach Schließung der Wahllokale erfolgen.
In Wisconsin darf zur Öffnung der Wahllokale am Wahltag mit der Prüfung und Auszählung der Briefwahlstimmen begonnen werden.
In Nevada darf mit der Auszählung bereits 15 Tage vor dem Wahltag begonnen werden, dort hat man aber auch Zeit bis eine Woche nach der Wahl. Ergebnisse dürfen erst nach Schließung der Wahllokale veröffentlicht werden.
In Georgia darf die Prüfung der Briefwahlstimmen bereits rund drei Wochen vor dem Wahltag erfolgen, die Auszählung ab 07:00 Uhr Ortszeit am Wahltag.
In Colorado können die Briefwahlstimmen bereits mit Beginn des Wahltags fertig ausgezählt sein, Ergebnisse dürfen aber erst ab 19:00 Uhr Ortszeit veröffentlicht werden.
In Texas durfte mit der Prüfung bereits 20 Tage vor dem Wahltermin begonnen werden. Die Auszählung darf in Wahlbereichen mit mehr als 100.000 Einwohnern bereits mit Ablauf der Abgabefrist zur Briefwahl begonnen werden.
Es gibt noch weitere zahlreiche unterschiedlichen Regelungen in den Bundesstaaten.
Die Auswirkungen der verschiedenen Vorgehensweisen dürften aber in diesem Jahr nicht das Ausmaß aus 2020 erreichen, da eben deutlich weniger Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit der Briefwahl nutzten und die Bundesstaaten auch besser auf die Erfordernisse vorbereitet sind.
Stichwahl in Georgia könnte Entscheidung über die Senatsmehrheit verzögern
Sollte es bei der Frage nach der Mehrheit im künftigen US-Senat auf den Bundesstaat Georgia ankommen, was durchaus kein unrealistisches Szenario ist, könnte es erneut wie schon 2020 zu einer Hängepartie bis Dezember kommen. In Georgia ist ein Kandidat erst dann gewählt, wenn er mehr als 50 % der Stimmen gewonnen hat. Sollten also weder der amtierende Senator Warnock noch dessen republikanischer Herausforderer Herschel Walker diesen Wert im ersten Wahlgang erreichen, kommt es am 06. Dezember zu einer Stichwahl.
1 Kommentar:
Danke für die praktische und übersichtliche Darstellung
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