Freitag, 13. September 2024

Trump lehnt weiteres TV-Duell ab - Was bringt die Taylor Swift Unterstützung

Inwieweit das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump tatsächliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben wird, kann man evtl. in den nächsten Tagen an den Umfragen ablesen, faktisch bleibt eine solche vermeintliche Feststellung aber auch immer etwas spekulativ.
Sicher ist, dass es kein weiteres Aufeinandertreffen zwischen Harris und Trump geben wird. Der Republikaner hat heute über "Truth Social" mitgeteilt, dass er nicht nochmal eine solche Debatte mit Kamala Harris führen wird.

Für die Demokraten ist damit zumindest die Taktik aufgegangen, die sie in dieser Frage seit Wochen verfolgten. Trump hatte zunächst drei Duelle gegen Harris vorgeschlagen, die aber zunächst nur einem zustimmte. Dieses TV-Duell hat nun stattgefunden und Harris hat gut abgeschnitten. Die Demokraten forderten direkt nach dem Duell, noch eine zweite Debatte zwischen den beiden Spitzenkandidaten, nun aber macht Trump einen Rückzieher von seinem ursprünglichen Angebot und lehnt eine erneute Debatte gegen Harris ab.
Ob es evtl. noch ein anderes Format, z. B. ein sog. "Town Hall" geben wird, an dem beide Kandidaten sich gleichzeitig in einem Studio, den Fragen des Publikums stellen, ist fraglich und aus meiner Sicht eher unwahrscheinlich. Eher werden beide einzeln in einem solchen Format auftreten.


Umfragen sehen Harris als Siegerin des TV-Duells


Kamala Harris hat in dem TV-Duell praktisch all ihre Ziele erreicht. Aufgabe war es, sich selbstbewusst und argumentativ stark zu präsentieren und dabei nicht zu negativ oder verbissen zu wirken. Die Zuschauer sollten schlicht einen positiven bis leicht überraschten Eindruck von ihr bekommen. Das ist ihr zweifelsohne gelungen. Dass es dabei auch noch gelungen ist, stilistisch einen Kontrast zu Donald Trump darzustellen, lag auch daran, dass Trump den Abend über eher verärgert wirkte. Beide warfen sich gegenseitig reichlich Versäumnisse und Negatives vor, Trump aber verpasste es, die positive Botschaft einer möglichen zweiten Amtszeit zu transportieren.
Harris hat konkrete inhaltliche Vorwürfe gegen Trump vorgebracht und diese meist mit der positiven Botschaft verknüpft, dass es mit ihr so nicht kommen werde. Sie konnte es sich dabei erlauben, an vielen Stellen auch inhaltlich vage zu bleiben. Dass dies Trump nicht gelungen ist, lag daran, dass er bereits beim ersten Schritt vage blieb, deutlich mehr Unwahrheiten platzierte und letztlich nur mit der alles erschlagenen Botschaft aufwartete, dass Harris das Land zerstören werde und er als der beste Präsident aller Zeiten, nur Positives bringen werde. Wem dies inhaltlich reicht, war vorher schon auf der Seite Trumps, wer noch unentschieden war, hat hier kein neues Angebot vom Republikaner erfahren.

Für Harris war es weniger wichtig, konkrete inhaltliche Vorhaben detailliert vorzutragen. An einigen Stellen hat sie das getan, aber nicht zu häufig. Die Dosis war letztlich richtig. Weniger konkret hätte es nicht sein dürfen, da dann kein Unterschied zu ihrem Kontrahenten in dieser Frage erkennbar gewesen wäre. Deutlich mehr Inhalte wären zu viel gewesen, da dann die Angriffe gegen Trump zu kurz gekommen wären und er dann seinerseits viel häufiger in die Offensive hätte gehen können. Es ist eben sehr schwierig, gegen einen Donald Trump zu debattieren, wenn man sich zu sehr auf detailgenaue Sachdarstellungen konzentriert. Am Ende zählt dann doch auch immer ein wenig der subjektive Eindruck, den ein solcher Abend bei den Zuschauern hinterlässt. Wenn Harris ständig in Grund und Boden runtergeredet worden wäre und sie ihrerseits nur sachliche Antworten gegeben hätte, wäre das Bild über den Verlauf der Debatte ein anderes gewesen. So war Trump etwas mehr in der Defensive als ihm lieb war und die Art der Angriffe auf ihn waren präziser als die meisten eigenen, die er in Richtung der Demokratin platzierte.

Was viele Zuschauer und Beobachter als Bauchgefühl nach dem TV-Duell hatten, belegen auch die Umfragen, die sich konkret mit der Frage beschäftigten, wer besser bei dem Rededuell abgeschnitten habe.
Die Behauptung Trumps, dass alle Umfragen ihn als Sieger sehen würden, ist schlicht falsch. Das Gegenteil ist der Fall.

Eine YouGov Umfrage mit 2166 Teilnehmenden (alles registrierte Wählende) zeigt, dass 54 % Harris als Siegerin sehen, Trump sagen 31 % vorne.
Eine CNN Umfrage mit 605 Teilnehmenden (alles registrierte Wählende) ergab, dass Harris 63 % vorne sahen, während 37 % Trump besser sahen.
Und auch die konservative New York Post mit einer Umfrage über Leger mit 1002 erwachsenen Befragten ergab, dass Harris 50 % vorne sahen, während Trump nur auf 29 % kam.
Hinzu kommen noch weitere Umfragen, die sowohl von Demokraten (Blueprint) als auch von Republikanern (Trafalgar) in Auftrag gegeben wurden. Beide sehen Harris ebenfalls als Siegerin, wenn auch mit deutlich unterschiedlichen Ergebnissen.

Mit der Behauptung, dass alle Umfragen ihn als Sieger sehen, liegt Trump also falsch. Worauf er sich bezieht, sind Ergebnisse von Umfragen, die bei Weitem nicht die erforderlichen Kriterien erfüllen, um als seriös angesehen zu werden.
Zwei Beispiele, auf die Trump sich noch am Abend nach dem Duell bezog. Eine Newsmax-Umfrage ergab, dass 92 % Trump als Sieger sahen, während Harris nur auf 7% kam. Hierzu muss festgestellt werden, dass Newsmax ein rechtspopulistischer Meinungssender ist, der seine Zuschauer nach einer Bewertung gefragt hat. An dieser Stelle wäre also eher die Frage zu stellen, wie Kamals Harris auf 7% kam. Bei YouGov, CNN, New York Post oder auch den eher parteinahen Blueprint und Trafalgar, wird natürlich auf eine ausgewogene Zusammenstellung der Befragten geachtet. Also in etwa zu gleichen Anteilen Demokraten und Republikaner sowie auch einige Unabhängige. Das ist bei Newsmax nicht der Fall gewesen.
Ähnlich verhält es sich bei einer zweiten Umfrage, auf die sich Trump bezog. Es ging hierbei um eine Meinungserhebung des Senders C-SPAN. Der Sender ist zwar nicht parteiisch oder neigt zu einer besonderen Ausrichtung, dennoch kann diese Umfrage nicht als repräsentativ angesehen werden. 80 % sahen hier Trump als Sieger. Hier wurde aber lediglich ein Link über X geteilt und jeder Mensch konnte weltweit mit abstimmen. Jedes Wahlkampfteam oder jeder einzelne Nutzer konnte also Einfluss darauf nehmen und gezielt in einem parteiischen Interessentenkreis auf diese Abstimmung aufmerksam zu machen.
Umfragen, die nicht den üblichen Kriterien an Neutralität und Objektivität entsprechen, sind entsprechend wertlos. Solche Umfragen werden hier im Blog auch nie mit aufgeführt.


Taylor Swift als Spin Doctor


Warum aber ist den Kandidaten so daran gelegen, auch als starke Gewinner eines solchen Duells angesehen zu werden. Schließlich könnten sie sich auch einfach darauf verlassen, dass diejenigen, die sie überzeugt haben, bei der Wahl auch für sie stimmen werden. Da spielt es ja keine Rolle, ob sie ein TV-Duell gewonnen oder verloren haben, unabhängig von der Frage, wie stark überhaupt ein solches Duell Einfluss auf das Wahlverhalten nimmt.
Bei dieser Frage müssen die Unentschlossenen in den Fokus genommen werden. Die Unentschlossenen, die sich noch nicht für Harris oder Trump bei der Wahl am 05. November entschieden haben und von diesem Personenkreis insbesondere auch diejenigen, die sich auch nach dem TV-Duell nicht ganz sicher waren, wer ihnen besser gefallen hat. An diese Personen richten sich Kandidaten und ihre Unterstützenden, wenn sie nach einem TV-Duell Einfluss darauf nehmen wollen, wie die öffentliche Meinung eine solche Debatte beurteilt. Denn wer wie oben beschrieben im doppelten Sinne unentschlossen ist, könnte sich ja noch davon überzeugen lassen, wie denn die breite Öffentlichkeit die beiden Kandidaten gesehen hat. Personen, die diese öffentliche Meinung lenken wollen und das Bild des Abends noch den in ihrem Sinne richtigen Anschein geben wollen, nennt man Spin Doctors.

Ob genau so gewollt oder nicht, Taylor Swift wurde an diesem Abend zu einem besonders wichtigen Spin Doctor, wenn auch sie nicht klassicherweise diese Funktion im engeren Sinne erfüllt. Aber mit ihrer Unterstützungszusage für Kamals Harris verknüpft eben mit dem Auftritt beim TV-Duell sorgte die Sängerin bei ihrem Publikum natürlich dafür, dass der Harris-Auftritt auch entsprechend positiv wahrgenommen wurde.


Was kann die Unterstützung Taylor Swifts bewirken?



Dass die Demokraten grundsätzlich eine stärkere Bindung an die Musik- und Filmbranche haben, ist bekannt. Taylor Swift ist aber doch allein schon aufgrund ihrer aktuellen Popularität und ihrer potenziellen Reichweite etwas Besonderes.
Bei Instagram folgen ihr 284 Mio Menschen. Den o. g. Beitrag mit der Unterstützung für Kamala Harris haben bereits über 10 Mio ihrer Follower geliked. Eine solche Reichweite erzielt man auch als Präsidentschaftskandidat in den USA mit kaum einer noch so teuren Werbemaßnahme.

Um es klar zu sagen, nur weil sich Taylor Swift für Kamala Harris ausgesprochen hat, wird kein Trump-Wähler nun ins Grübeln kommen. Die Harris-Fans hätten diesen Anschub ebenfalls nicht gebraucht. Und ob sich Unabhängige hiervon beeinflussen lassen, bleibt auch fraglich. Was aber die Swift-Unterstützung für Harris so wertvoll macht, ist der Zugang zu einem Personenkreis, den politische Vertreter in diesem Umfang nicht haben. Wenn also von den vielen Millionen Fans, die Swift in den USA hat, auch nur ein Bruchteil sich nun zur Wahl registrieren lässt und dann auch die Stimme für Harris abgibt, könnten das am Ende einige Tausend Stimmen sein, die bei besonders eng umkämpften Bundesstaaten sehr wertvoll werden könnten. Es ist also letztlich eine zusätzliche mehr als ordentliche Mobilisierungschance von in diesem Fall meist jungen Menschen, die sich bislang nicht für Politik interessierten.
Die New York Times hat ermittelt, dass der Link, den Swift in ihrer Instagram Story zur Wahlregistrierung veröffentlicht hat, über 400.000 Mal angeklickt wurde. Die üblichen täglichen Zugriffszahlen liegen demnach bei insgesamt 30.000. Ob diese Klicks aber zu tatsächlichen Registrierungen geführt haben, kann nicht gesagt werden.

Grundsätzlich ist aber letztlich der tatsächliche Wert solcher Unterstützungen nur schwer messbar. Kamala Harris und die Demokraten werden sich aber so oder so freuen, denn geschadet haben, dürfte ihnen der prominente Support ganz sicher nicht.


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