Dienstag, 13. August 2024

Aktueller Stand zur US-Wahl 2024 - Welche Bundesstaaten müssen gewonnen werden?

Die Entscheidung über Sieg und Niederlage bei der US-Präsidentschaftswahl wird bekanntlich in wenigen Bundesstaaten fallen. Wer am Ende mindestens 270 Wahlmännerstimmen (im Folgenden als Electoral Votes bezeichnet) gewonnen hat, wird US-Präsident. Es ist also nicht entscheidend, wer landesweit die meisten Wählerstimmen gewonnen hat.

Für die Kandidaten ist es wichtig, jene Bundesstaaten zu identifizieren, die in diesem Jahr wahlentscheidend sein werden. Kein Präsidentschaftskandidat im US-Wahlkampf verschwendet Zeit und Geld in einem Bundesstaat, der schon als absolut sicher gewonnen oder verloren gilt.

Bei 50 Bundesstaaten und dem District of Columbia kann man etwas den Überblick verlieren. Die folgenden Ausführungen sollen dabei helfen, den Blick auf die wirklich wichtigen Bundesstaaten zu richten.
Dabei kommt man nicht umhin, zahlreiche Annahmen als Voraussetzungen zu formulieren. Ich versuche dabei so objektiv und so wenig spekulativ wie möglich vorzugehen.

Aktueller Stand: 04.11.2024 (Letzte Aktualisierung vor der Wahl)
  • Den Congressional District 2 von Nebraska stufe ich nun als sicher für Harris ein, was jedoch keine Veränderung bei der Frage der offenen Swing States bedeutet.
  • Bei den offenen Bundesstaaten zeichnet sich ein leichter Trend zugunsten Trumps in Georgia und Arizona ab, während Kamala Harris in Michigan leicht vorne liegt. 

1. Schritt

Sichere Bundesstaaten sind die Basis für alle Berechnungen


Im ersten Schritt sollten wir die Anzahl der zu betrachtenden Bundesstaaten deutlich reduzieren.

Die folgende Tabelle zeigt, welche Bundesstaaten heute schon sehr sicher, sicher oder zumindest sehr wahrscheinlich Kamala Harris oder Donald Trump zugeordnet werden können. Hierbei werden zurückliegende Wahlergebnisse, die Bevölkerungsstruktur und insbesondere auch die aktuellen Umfragewerte als Bewertungsbasis herangezogen. Die Zahlen hinter den Bundesstaaten zeigen die Anzahl der Electoral Votes, die es dort zu gewinnen gibt.


Als sicher geltende Bundesstaaten
Kamala
Harris
194 Electoral Votes
Donald
Trump
122 Electoral Votes
Veränderung zur Vorwoche
Kalifornien 54
Tennessee 11

New York 28
Indiana 11

Illinois 19
Missouri 10

New Jersey 14
Alabama 9

Washington 12
South Carolina 9

Massachusetts 11
Louisiana 8

Maryland 10
Kentucky 8

Colorado 10
Oklahoma 7

Oregon 8
Utah 6

Connecticut 7
Arkansas 6

Hawaii 4
Mississippi 6

Rhode Island 4
Kansas 6

Vermont 3
Montana 4

Delaware 3
West Virginia 4

D.C. 3
Idaho 4
 
Maine gesamt 2
South Dakota 3

Maine 1.CD 1
Wyoming 3

Nebraska 2.CD 1*
North Dakota 3
*von wahrs.Harris

Nebraska ges. 2


Nebraska 1.CD 1


Nebraska 3.CD 1




















Kamala Harris hätte nach 34 Bundesstaaten und den District of Columbia also erstmal 194 Electoral Votes sicher. Donald Trump dürfte demnach fest mit 122 Electoral Votes rechnen. Bleiben noch 19 Bundesstaaten und 1 District in Maine übrig.


Zur Erläuterung: In Nebraska und Maine gilt das Verfahren "Splitting the Votes". Das heißt, dass der Gesamtsieger nicht automatisch alle Electoral Votes des Bundesstaats gewinnt, sondern auch die Ergebnisse der jeweiligen Congressional Districts berücksichtigt werden.


In Nebraska erhält der Gesamtsieger 2 Electoral Votes, der jeweilige Sieger aus den 3 Districts jeweils 1 Electoral Vote.

In Maine erhält der Gesamtsieger 2 und der jeweilige Sieger aus den beiden Districts jeweils 1.


2. Schritt

Bundesstaaten mit einer erkennbaren Tendenz


Im nächsten Schritt müssen schon weitere Annahmen vorausgesetzt werden, ab hier wird es etwas schwieriger zu prognostizieren.

Die folgende Tabelle zeigt die Bundesstaaten, die den Kandidaten mit einiger Wahrscheinlichkeit zugerechnet werden können. Betrachtet man ausschließlich die Umfragen, habe ich folgende Grenzbereiche vorgesehen:

sicher: Vorsprung >8,0 %

wahrscheinlich Vorsprung 4,6 - 7,9 %
offen: 0 - 4,5 %

Die Bewertungsgrundlage bleibt identisch, aber die einzelnen Kriterien werden unterschiedlich gewichtet. Umfragen alleine sind also nicht ausschließlich entscheidend. Dazu aber gleich mehr.


Wahrscheinlich siegreich in…
Kamala
Harris
32 Electoral Votes
Donald
Trump
97 Electoral Votes
Veränderung zur Vorwoche
Insgesamt 226
Insgesamt 219

Virginia 13
Texas 40
Minnesota 10
Florida 30
New Mexico 5
Ohio 17
New Hampshire 4
Iowa 6

Nebraska 2.CD 1*
Alaska 3
* zu sicher Harris

Maine 2.CD 1








Nehmen wir also an, dass die Ergebnisse dieser Bundesstaaten so eintreten, läge Kamala Harris bei 226 Electoral Votes. Donald Trump bei 219 Electoral Votes. 93 Electoral Votes wären noch zu vergeben.



Es folgen nun noch die als offen eingestuften Bundesstaaten.


3. Schritt

Die entscheidenden offenen Bundesstaaten


Im dritten Schritt folgen nun die Bundesstaaten, in denen der Wahlausgang noch nicht sicher oder wahrscheinlich prognostiziert werden kann und die in diesem Jahr voraussichtlich über Sieg und Niederlage entscheiden werden - die sogenannten Battleground States.


Die aktuellen Umfragen auch zu diesen Bundesstaaten findet Ihr HIER.



offene Bundesstaaten
offene Bundesstaaten
Leichte
Tendenz zu
Letzte
Veränderung 
Pennsylvania 19
---

Georgia 16
Trump

North Carolina 16
---

Michigan 15
Harris

Arizona 11
Trump

Wisconsin 10
---

Nevada 6
---


















Zur Erläuterung: Die Spalte "Leichte Tendenz zu" basiert auf den aktuellen Umfragewerten, berücksichtigt aber wie gewohnt auch zurückliegende Ergebnisse. Ich weise aber daraufhin, dass diese Zuordnungen nun zunehmend vager werden.

Die Spalte "Letzte Veränderung" bezieht sich nicht auf die Tendenz, sondern auf den Wechsel zwischen den vorgenannten Tabellen.

Für die weiteren Prognosen behandele ich alle in dieser Tabelle aufgeführten Bundesstaaten als offen.



4. finaler Schritt

Die Siegkombinationen für Harris und Trump


Im letzten Schritt stellt sich also die Frage, welche offenen Bundesstaaten Harris und Trump mindestens gewinnen müssen bzw. zum Sieg benötigen. 

Aktuell gibt es noch keine sog. Must-Win-States unter den offenen Battleground States. Das heißt, weder Kamala Harris, noch Donald Trump wären auf einen der sieben offenen Bundesstaaten angewiesen.

Folgende Siegkombinationen kommen nun rechnerisch in Betracht:

Abkürzungen:

PA - Pennsylvania; GA - Georgia; NC - North Carolina; MI -Michigan; AZ - Arizona; WI - Wisconsin; NV - Nevada



Kamala Harris gewinnt, wenn…
mindestens siegreich in
mit mind. XXX Electoral Votes
PA, GA, MI
276
PA, GA, NC
277
PA, NC, MI
276
PA, GA, AZ
272
GA, NC, MI
273
PA, NC, AZ
272
PA, MI, AZ
271
PA, GA, WI
271
PA, NC, WI271
PA, MI, WI270
NC, GA, AZ, WI279
GA, MI, AZ, WI278
NC, MI, AZ, WI278
NC, GA, AZ, NV275
GA, MI, AZ, NV274
NC, MI, AZ, NV274
GA, NC, WI, NV274
GA, MI, WI, NV273
NC, MI, WI, NV273
PA, AZ, WI, NV272













Auch wenn es noch keinen Must-Win-State gibt, so ist erkennbar, dass Pennsylvania schon von sehr großer Bedeutung ist. 10 von 20 Siegkombinationen führen für Kamala Harris über Pennsylvania. Bei Donald Trump sind es sogar 15 von 21.

Kamala Harris verfügt über 10 Wege zum Sieg, bei der sie "nur" drei Swing States benötigt. Für Donald Trump gibt es nur einen Weg, mit drei offenen Bundesstaaten auszukommen, Pennsylvania, Georgia und North Carolina würden dem Republikaner reichen.


Donald Trump gewinnt, wenn…
mindestens siegreich in
mit mind. XXX Electoral Votes
PA, GA, NC
270
PA, GA, MI, AZ
280
PA, NC, AZ, MI
280
GA, NC, MI, AZ
277
PA, NC, MI, WI
279
PA, GA, MI, WI
279
NC, GA, MI, WI
276
PA, NC, AZ, WI
275
PA, GA, AZ, WI275
PA, MI, AZ, WI274
NC, GA, AZ, WI272
NC, MI, AZ, WI271
PA, GA, MI, NV275
PA, NC, MI, NV275
NC, GA, MI, NV272
PA, NC, AZ, NV271
PA, GA, AZ, NV271
GA, MI, AZ, WI271
PA, MI, AZ, NV270
PA, NC, WI, NV270
PA, GA, WI, NV270












An dieser Stelle will ich nochmals darauf hinweisen, dass alle aufgeführten Siegkombinationen und Aussagen zu den einzelnen Bundesstaaten natürlich nur dann zutreffend sind, wenn die Annahmen der ersten beiden Tabellen auch tatsächlich so eintreten. Ansonsten verschiebt sich alles wieder.



Wer entscheidet bei einem Patt 269 zu 269?


Abschließend habe ich noch sieben Kombinationen aufgeführt, nach der es keinen Sieger am Wahlabend geben würde. Dann würde das Repräsentantenhaus den Präsidenten bestimmen. Hier haben aktuell die Republikaner die Mehrheit. Diese Mehrheit spielt aber aus zwei Gründen keine Rolle.


1. Erst das in diesem Jahr, am Tag der Präsidentschaftswahl neu gewählte US-Repräsentantenhaus würde bei einem Unentschieden zwischen Harris und Trump entscheidend abstimmen, die Zusammensetzung ist heute also noch nicht bekannt.


2. Es gibt keine Mehrheitsabstimmung, denn jeder Bundesstaat hat eine Stimme, die sich aus der Mehrheit der Abgeordneten eines jeden Bundesstaats im US-Repräsentantenhaus ableiten lässt. So hätte das große Kalifornien mit 42 Demokraten und 11 Republikanern eine Stimme (vermutlich für Harris), aber das kleine Wyoming mit 1 Republikanerin und 0 Demokraten hätte ebenfalls eine Stimme (vermutlich für Trump). Es kommt also darauf an, die Mehrheit der Bundesstaatsdelegationen im US-Repräsentantenhaus für sich zu gewinnen. Aktuell hätte Trump hierbei die Nase mit 28-30 zu 17-19 für Harris vorne.



Keiner gewinnt (269 zu 269), bei
Harris siegreich in…
UND Trump siegreich
NC, AZ, WI, NV
PA, GA, MI
GA, AZ, WI, NV PA, NC, MI
GA, NC, AZ PA, MI, WI, NV










Wahlmänner sind nicht überall an das Votum gebunden


Ohne die Angelegenheit noch komplizierter machen zu wollen, sei nur formal erwähnt, dass es theoretisch auch "Wahlmänner" im Electoral College geben kann, die sich nicht an das Ergebnis in ihrem Bundesstaat halten (müssen). Es handelt sich dabei um die sog. "Faithless Electors". Es erscheint mir aber nicht zielführend zu sein, dies an dieser Stelle zu vertiefen. Bei einem äußerst knappen Ergebnis etwa 270 zu 268, lohnt es sich aber, die Abstimmung im Electoral College auch tatsächlich abzuwarten.

2016 hatte es mit 10 Abweichlern so viele gegeben, wie nie zuvor in der Geschichte der USA. Niemand allerdings stimmte für den direkten Gegner, also weder Trump, noch Clinton erhielten mehr stimmen. Drei Stimmen wurden ungültig gemacht und sieben Stimmen gingen an andere Personen. So erhielt beispielsweise der frühere US-Außenminister Colin Powell drei Stimmen von "Clinton-Wahlmännern", auch der Republikaner John Kasich und sogar Bernie Sanders erhielten jeweils eine Stimme.

9 Kommentare:

Benjamin hat gesagt…

Hallo Thomas,

vielen Dank für deine sehr differenzierte Darstellung der US-Wahl Ereignisse – viel informativer als alle gewöhnlichen Medienportale.

Ich habe eine Frage: Sowohl in 2016 als auch in 2020 hat Trump überraschend besser abgeschnitten als in den letzten Prognosen vor der Wahl. Zwar lagen die Unterschiede meistens innerhalb der Fehlertoleranz aber sie waren fast ausschließlich zu Trumps Vorteil. Bidens Ergebnisse waren 2020 bestenfalls in einzelnen Bundesstaaten auf gleicher Höhe mit seinen Prognosen, sie waren (zumindest in den Swing-States) nie besser als die Prognosen. Diese Tendenz lässt sich im Nachhinein gut mithilfe deines Blogs nachvollziehen und wir erinnern uns ja auch noch an die ersten Ergebnisse 2020, bei denen wesentlich mehr auf Bidens Seite gezittert wurde als vorab erwartet worden war. Gibt es zu diesem Sachverhalt Untersuchungen oder zumindest Einschätzungen warum Trump zweimal in den Umfragen derart systematisch unterschätzt wurde?
Und die Frage, die sich anschließt: Ist in 2024 wieder damit zu rechnen, dass die Umfragen Trumps Wahlergebnis unterschätzen? Oder hat sich seit den letzten beiden Wahlen etwas an den Umfragen weiterentwickelt? Gibt es andere Faktoren die hineinspielen (…mit Sicherheit…)?

Vielen Dank für eine kurze Antwort bzw. Einschätzung von deiner Seite!

Herzliche Grüße aus Berlin
Benjamin

Thomas hat gesagt…

Hallo Benjamin,

danke für Dein Interesse und das Lob! Deine Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Aber ich will zumindest versuchen, ein paar Erklärungsansätze zu skizzieren.

Überspringen wir mal die Logik der Fehlertoleranz von Umfragen. Die erklärt ja nur plausibel, wie schnell es passieren kann, dass Umfrageergebnisse bis zu 7-8 % vom tatsächlich Ergebnis abweichen können, nicht aber, weshalb diese Ungenauigkeiten zuletzt meist so aussahen, dass Trump tendenziell zu schwach gesehen wurde und die Zahlen von Clinton 2016 und Biden 2020 überbewertet wurden.

Zunächst kann ziemlich sicher ausgeschlossen werden, dass die Umfrageinstitute grundsätzlich bewusst zu sehr in Richtung der Demokraten neigen. Alle wollen möglichst realistische Ergebnisse prognostizieren. Und 2022 bei den Midterms wurden die Republikaner tendenziell zu gut eingeschätzt.

Die Umfrageinstitute arbeiten natürlich fortwährend daran, ihre Umfragen zu verbessern und vergangene Fehler oder Ungenauigkeiten zu identifizieren und künftig zu vermeiden. Dennoch war 2020 das Jahr mit den größten Abweichungen seit rund vier Jahrzehnten. Und eine Garantie, dass es in diesem Jahr besser oder zumindest in der Ungenauigkeit ausgeglichener wird, gibt es nicht. Tatsächlich tun sich die Umfrageinstitute schwer, verlässliche Verbesserungsansätze zu identifizieren, zumal die Abweichungen 2022 die Herausforderung nicht geringer gemacht haben. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Institute haben zu viel in eine Richtung verändert, wissen aber nicht genau, welche ihrer getroffenen Veränderungen betroffen ist. Nichtsdestotrotz scheinen für die meisten Institute zwei Ansätze nun vielversprechend zu sein. Diese will ich hier kurz darstellen.

Das Siena Institute, das für die NY Times die Umfragen macht, hat festgestellt, dass sich die Bereitschaft der Befragten, an Umfragen teilzunehmen, verändert hat und die Art und Weise, wie Teilnahmen stattfinden ebenfalls. Das Vertrauen in staatliche Institutionen und eben auch in Umfrageinstitute ist insbesondere unter Trump-Wählern eher gering, zumindest geringer als es 2020 unter Biden-Wählern war. So haben eine nicht unerhebliche Anzahl an Befragten nur angegeben, Trump wählen zu wollen, die übrigen Fragen, die üblicherweise aber noch gestellt werden, ausgelassen und z. B. ein Telefonat beendet oder bei Online-Befragungen nichts mehr ausgefüllt. Dabei handelt es sich um Fragen, wie z. B. Alter, Einkommen, vorige Wahlentscheidung, Bildungsabschluss, welche Themen einem wichtig sind, wie zufrieden man mit verschiedenen Politikern ist etc. Diese unvollständigen Befragungen wurden zuletzt nicht berücksichtigt und man hat einfach mehr Leute befragt, bis man die Mindestanzahl erreicht hatte. Im Nachhinein hat man festgestellt, dass das Trump-Ergebnis rund 1,5 % besser prognostiziert worden wäre, hätte man diese "Telefonabbrecher", die für Trump stimmten, mit in die Wertung einbezogen. Dies hätte ca. 35-40 % der Abweichens erklärt. Künftig wolle man dies besser berücksichtigen.

Hinzu kämen noch diejenigen Trump-Wähler, die erst gar nicht mit den Umfrageinstituten zusammen arbeiten wollen und gar nicht antworten. Es ist schwer, die Stimmen zu zählen und zu werten, von denen, die gar nichts sagen bzw. die man gar nicht kennt.

Fortsetzung im nächsten Kommentar...

Thomas hat gesagt…

Fortsetzung zum vorigen Kommentar...

Ebenso wird von einigen Umfrageinstituten angeführt, dass sie Probleme hatten, den Befragtenkreis ausreichend ausgewogen in Bezug auf den Bildungsstand auszuwählen. Dies soll aber nicht das Ausmaß der Abweichung erklären und zum Teil ein schon behobenes Problem darstellen. Trump sagte selbst mal, dass er die "poorly educated" liebe. Tatsächlich hat Trump innerhalb dieser Gruppe mit geringem Bildungsstand einen besonders hohen Zuspruch. Diese waren offenbar in Umfragen aus verschiedenen Gründen unterrepräsentiert, so dass Trumps Ergebnis in den Umfragen entsprechend schwächer als tatsächlich vorliegend ausfiel. Das o.g. Siena Institute will zudem den Anteil an Befragten aus ländlichen Regionen erhöhen, was ebenfalls tendenziell das Ergebnis in Richtung Trump verändern würde.

Ein weiterer Punkt ist, dass es zumindest 2016 noch ein Teil der Befragten gegeben haben soll, die sich nicht getraut haben, zuzugeben, dass sie für Trump stimmen würden. Dieses Problem soll aber absolut zu vernachlässigen sein, so die meisten Institute.


Die Methoden wurden also etwas angepasst, vermeintliche Probleme behoben. Ob dies nun aber dazu führen wird, dass Trump Werte präziser eingeschätzt werden, wird man erst wieder nach der Wahl sehen. Ich persönlich vermute, dass die Umfragen ihre Fehlertoleranz wieder weitgehend ausschöpfen werden, hoffe aber, dass dies nicht zu einseitig ausfallen wird. Für die Bewertung der Umfragen und meinen eigenen Rückschlüssen daraus, bleibe ich daher auch eher vorsichtig.

Ich hoffe, Dir einen Eindruck von der aktuellen Diskussion um die Genauigkeit der Umfragen vermittelt zu haben.

Viele Grüße, Thomas

Benjamin hat gesagt…

Hallo Thomas,
vielen Dank für die schnelle Rückmeldung und die Details zur Arbeit der Umfrage-Institute – sehr interessant! Es bleibt auf jeden Fall ein sehr spannender Wahlkampf. Nochmal danke für deine sehr gute Arbeit hier auf dem Blog!

Herzliche Grüße
Benjamin

Anonym hat gesagt…

Würden Sie meiner These zustimmen, dass Joe Biden bei einer Niederlage von Kamala Harris der Hauptschuldinge wäre? Weil in meinen Augen hätte er wegen seines Alters, und der Gefahr, dass Harris spontan übernehmen muss, ihr in ihrem Amt mehr Möglichkeiten müssen, sich ein besseres Image zu erarbeiten. Zudem hätte, wenn er von vorne herein bei dieser Wahl nicht angetreten wäre, kamala Harris deutlich mehr Zeit für ihren wahlkampf gehabt oder man hätte noch eher die Möglichkeit gehabt, eine beliebtere Kandidatin, wie z.b gretchen whitmar bekannt zu machen und zu nominieren.

Thomas hat gesagt…

Joe Biden hätte sicherlich seinen Anteil, verlöre Kamala Harris die Wahl. Ich würde diesen Blick aber doch auf die Demokraten insgesamt ausweiten bei dieser Frage. Zulange wurden die schwachen Umfragewerte Bidens völlig ignoriert, zumindest aber klein geredet. Die Partei hat ihren Präsidenten geschützt und nicht den Mut gehabt, einen Wechsel auch gegen dessen Willen zu forcieren. Das ist sicherlich auch kein einfaches Unterfangen, aber so war es doch sehr holprig und letztlich war es Biden, der dann die Lösung herbeiführte (zu einem Problem, dass er selbst auch mit geschaffen hat).

Der sauberste Schnitt wäre meines Erachtens 2022 nach den soliden Ergebnissen bei den Midterm Elections gewesen, spätestens aber im zweiten Halbjahr 2023. Ein Rückzug oder zumindest die Ankündigung, nicht wieder zu kandidieren, verbunden mit ordentlichen Vorwahlen, hätte die/den besten Kandidaten hervorgebracht und zugleich auch dazu geführt, dass der Frust über den Präsidenten in Teilen der Bevölkerung etwas abgeklungen wäre.

Was aber im Falle einer Harris-Niederlage gilt, wäre bei ihrem Sieg aber auch zu berücksichtigen. Man kann auch sagen, dass Biden den Wechsel so gut hinbekommen hat, dass Harris nur kurze Zeit im Visier der Republikaner stehen musste, keine kritischen Entscheidungen treffen musste und letztlich nur die emotionale Ebene ihrer Wählerschaft triggern musste. Eine Vizepräsidentin, von der ein bis zwei Jahre bekannt ist, dass sie es werden wird, hätte auch keine einfache Zeit. Auch das Modell amtierender Präsident und eine ganz andere Kandidatin oder ein anderer Kandidat birgt Risiken.

Insgesamt würde ich aber schon sagen, dass es hätte besser laufen können, unabhängig vom Wahlausgang. Man darf zudem auch nicht vergessen, dass Trumps Wahlkampf und dessen Zuspruch jeden anderen Demokraten auch vor Herausforderungen gestellt hätte. Die wenigen sachlichen Punkte, die Trump vorbringt, können die Demokraten als Versäumnisse nicht besser wegdiskutieren, wenn ein anderer Name auf dem Wahlzettel steht. Die übrigen Wahlkampfmethoden Trumps sind für eine sachliche Auseinandersetzung nicht geeignet.

Anonym hat gesagt…

Danke für die ausführliche Antwort. Glauben Sie die Demokraten würden aktuell mit Gretchen Whitmer besser dastehen ?

Thomas hat gesagt…

Ich persönlich denke, dass Gretchen Whitmer oder Josh Shapiro bessere Chancen gehabt hätten. Zu dem späten Zeitpunkt des Biden-Rückzugs hätte das aber auch nur funktionieren können, wenn Harris ausdrücklich verzichtet hätte. Einen offenen Wettbewerb zwischen diesen und ggf. weiteren Kandidaten wenige Monate vor der Wahl hätte die Demokraten auch ins Chaos stürzen können. Insofern war Harris zu diesem Zeitpunkt des Biden-Rückzugs schon eine vernünftige Entscheidung. Hätten es im Frühjahr einen offenen Wettbewerb im Rahmen der Vorwahlen gegeben, wären Whitmer oder Shapiro meine Empfehlung für die Demokraten gewesen.

massa1 hat gesagt…

Ab wie viel Uhr kann man heute Nacht wahrscheinlich erste Tendenzen sehen? (Also auf wie viel Uhr sollte ich den Wecker stellen?) Danke übrigens für die Informationen hier, das ist die beste deutsche Seite zu dem Thema, die ich kenne