Mittwoch, 7. August 2024

Demokraten lassen sich von Harris und Walz begeistern

Kamala Harris und Tim Walz haben ihre mehrtägige Auftakttour in den Wahlkampf begonnen. In Philadelphia traten beide erstmals gemeinsam als neues Spitzenduo der Demokraten auf.

Der Auftritt in der Temple University zeigte deutlich, wie sehr die Demokraten einen Wechsel an ihrer Spitze benötigten. Harris und Walz ist es gelungen, die anwesenden Anhänger mit ihren Reden zu begeistern. Dass sich diese Begeisterung auch auf die nicht so eng mit den Demokraten verbundene Wählerschaft übertragen lässt, wird die Kernaufgabe der Wahlkampfstrategen für die kommenden Monate sein.

Reden von Kamala Harris und Tim Walz
(Start bei 03:40, Wechsel bei 33:45)


Dynamik, die nur in wenigen Wahlkämpfen vorkommt


Für den Moment jedenfalls lassen sich die Demokraten geradezu in einen Enthusiasmus-Rausch versetzen. Tim Walz brachte es auf den Punkt. Kamala Harris habe die Freude zurück in Wahlkampf gebracht.

Dass am heutigen Abend niemand mehr über Joe Biden sprach, mag evtl. etwas respektlos gewesen sein, Kamala Harris wird aber auch erkennen, dass von Biden kaum noch Motivationsschübe ausgehen werden. Die Stimmung in der Partei hat sich binnen zwei Wochen komplett gewandelt. Frust und Angst vor der Niederlage wurden durch Freude und Zuversicht an der Zukunft ersetzt. Dazu passend ein erfrischend unkonventioneller Humor des neuen Vizekandidaten. Solche Phasen eines Wahlkampfs sind rar und nicht selbstverständlich, weil man sie immer nur mit den richtigen Personen und den richtigen Instinkten erwirken und nicht einfach so planen und umsetzen kann. So surreal diese Tage für die Demokraten auch sein mögen, diese Stimmung gilt es solange wie möglich aufrecht zu halten.

Harris und Walz motivieren anders


Auch aus diesem Grund war deutlich erkennbar, dass Harris und Walz ihre republikanischen Kontrahenten zwar nicht aus ihren Reden verbannten, die Kernbotschaft sollte aber eine positive und keine warnende sein. Donald Trump und JD Vance setzen dagegen weiter auf die Angriffskarte. Noch nie habe es ein so linksradikales Kandidatenteam der Demokraten gegeben, so die Republikaner.

Freude und Zuversicht auf der einen Seite und Angst auf der anderen sind verschiedene Antreiber, die aber beide zu einem hohen Maß an Motivation und Mobilisierung führen können. Der Unterschied ist nur, dass Trumps Republikaner schon etwas zu lange auf diese eine Karte der Angst und Warnung vor radikalen Kräften in der Politik setzen und der Effekt mit der Zeit nachlässt. Was mit einiger Wahrscheinlichkeit in einem Rennen gegen Joe Biden gereicht hätte, kann nun die genau falsche Strategie sein. Biden hatte zu lange ebenfalls auf die Angst-Karte gegen Trump gesetzt und dies wesentlich weniger energisch getan als sein republikanischer Widersacher. Dies führte zu einer breiten Demobilisierung, weil sich die erzeugten Gedankenbilder beidseitig abnutzten.

Die Demokraten dagegen geben Teilen der amerikanischen Wählerschaft nun ein neues Gefühl, was in den letzten drei Jahren verloren gegangen ist. Kurioserweise basiert der durch Harris und Walz herbeigeführte Stimmungswandel insbesondere auf der Abkehr vom eigenen Präsidenten bzw. den mit dessen jahrelangen Kampf gegen Donald Trump verbundenen Ermüdungserscheinungen. Das Duo Harris-Walz will also den Eindruck vermitteln, sowohl gegen die Republikaner zu kandidieren als auch den festgefahrenen Konflikt zwischen Biden und Trump hinter sich und dem ganzen Land zu lassen. Kamala Harris hat es explizit gesagt - es sei in erster Linie kein Wahlkampf gegen Trump sondern ihr eigener, den sie gewinnen will.


Josh Shapiro - Hoffnungsträger in der Warteschleife


Quasi als Gastgeber für die Veranstaltung fungierte Josh Shapiro, Gouverneur von Pennsylvania. Wann genau Shapiro von seiner Nicht-Nominierung erfahren hat, ist mir nicht bekannt, aber in den Tag gestartet ist er noch als leichter Favorit auf den Posten des Running Mate. Warum ihn viele Demokraten gerne an Harris Seite gesehen hätten, machte er nochmal deutlich, als er die Vorrede für Harris und Walz hielt.

Harris hat zweifelsfrei mit Tim Walz den Kandidaten ausgewählt, mit dem sie glaubt, die besten Chancen zu haben. Evtl. spielte dabei aber auch der Gedanke eine Rolle, nicht von ihrem Running Mate an Popularität übertroffen zu werden. Mit Josh Shapiro haben die Demokraten einen künftigen Kandidaten, der vom Charisma das Potenzial hat als Hoffnungsträger der Partei aus einem breiten Feld an Durchschnittskandidaten herauszustechen.

Die Art seiner Rede und seiner Mimik und Gestik erinnert stark an Barack Obama, der in den Reihen der Demokraten immer noch sehr beliebt ist. Shapiro wird, wenn es ihm gelingt über die kommenden Jahre hinweg eine solide Politik in Pennsylvania zu betreiben ganz sicher einer der aussichtsreichsten Anwärter auf die Spitzenkandidatur der Demokraten 2028 oder 2032 sein. In seiner heutigen Rede, ließ er keine Zweifel aufkommen, dass er voll und ganz hinter Harris und Walz stehe uns seinen Teil zu einem Erfolg der Demokraten in Pennsylvania beisteuern werde.

Rede von Josh Shapiro
(Start bei 01:30)


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