Dienstag, 30. Juli 2019

Die wichtigsten Fragen zu den TV-Debatten der Demokraten

Von Dienstag auf Mittwoch und in der darauf folgenden Nacht finden die beiden nächsten TV-Debatten der Demokraten statt. CNN überträgt die Wahlkampfveranstaltungen live aus Detroit, Michigan. Auch wenn es bei diesen beiden Terminen weniger um den Bundesstaat Michigan geht, so wird gerade dort besonders auf die Auftritte der Demokraten geachtet werden. Mit den 16 Wahlmännerstimmen im Electoral College wird Michigan einer der meist umkämpften Bundesstaaten 2020 sein. Die Demokraten haben größtes Interesse, Michigan wieder von Donald Trump zurück zu erobern. Der Sieg des Republikaners 2016 war für ihn ein Schlüsselerfolg auf dem Weg ins Weiße Haus.


Nun geht es aber erstmal darum, die Gunst der eigenen Unterstützer zu gewinnen. Worauf es in den beiden Nächten ankommen wird, habe ich in den folgenden fünf Punkten zusammengefasst:


1. Das Duell Warren gegen Sanders


In der ersten Nacht richten sich die Blicke der politischen Beobachter insbesondere auf das Duell zwischen Elizabeth Warren und Bernie Sanders. Für beide besteht die Herausforderung darin, sich voneinander unterscheidbar zu machen, inhaltliche oder taktische Unterschiede herauszuarbeiten. Allerdings müssen auch beide darauf achten, sich nicht allzu scharf anzugreifen. Schließlich buhlen Warren und Sanders um eine sehr ähnliche linke Wählerklientel. Evtl. ist man zu einer mittleren oder späten Phase der Vorwahlen auf die gegenseitigen Stimmen angewiesen, sollte Warren oder Sanders aus dem Kandidatenrennen aussteigen. Zudem könnte ein künstlich herbeigeredeter Konflikt sehr leicht durchschaubar sein und als wenig authentisch wahrgenommen werden. In dieser frühen Phase des Wahlkampfs werden Sanders und Warren darauf bedacht sein, ihre eigenen Wählerinnen und Wähler anzusprechen und ggf. den ein oder anderen leichten neuen Akzent zu setzen.


2. Die drei moderaten Herausforderer


Bleiben wir noch in der ersten Nacht, fallen insbesondere drei weitere Kandidaten auf, die die Rolle der Herausforderer Warrens und Sanders einnehmen. Pete Buttigieg, Beto O'Rourke und Amy Klobuchar. Alle drei haben gemeinsam, dass sie im Vergleich zu vielen anderen Mitbewerbern im Kandidatenkreis der Demokraten in der Lage sind, glaubhaft moderate, nicht zu weit links stehende Positionen einzunehmen. Auch wenn die Voraussetzungen unterschiedlich sind, stehen die drei vor der klaren Aufgabe einen Schritt nach vorn zu machen. Pete Buttigieg, weiter stark beim Einsammeln von Spendengeldern, muss mindestens einen guten Auftritt abliefern und zeigen, dass er auch pointiert gegen Sanders und Warren vorgehen kann. Ihm wird es nicht helfen, weiter nur als smarter Nachwuchskandidat wahrgenommen zu werden. Er muss sich als ernsthafte Alternative präsentieren. Klare Abgrenzung zu den ganz linken Positionen, aber eben auch zu O'Rourke und Klobuchar. Im Idealfall gelingt es Buttigieg, eine muntere und erfrischende Performance abzuliefern, an die man sich eher erinnern will, als die möglicherweise wenig überraschenden Auftritte Warrens und Sanders. Wenn Buttigieg dann noch O'Rourke und Klobuchar auf Distanz hält, wäre es für ihn ein perfekter Abend.
Genau diesen wollen aber auch Beto O'Rourke und Amy Klobuchar haben und sie haben es auch bitter nötig. Während Klobuchar bereits darum kämpfen muss, nicht gänzlich im Abseits zu landen, steht Beto O'Rourke nicht viel weniger unter Druck. Sein eher bescheidener Auftritt in der ersten TV-Debatte und stagnierende Umfragewerte zwingen ihn praktisch zu einem Neustart seines Wahlkampfs. Derzeit noch die Nr. 6 im Kandidatenfeld, darf er nicht den Anschluss an Pete Buttigieg verlieren. Insofern könnte es hier quasi zu einem Duell in der zweiten Reihe kommen. Verpatzt O'Rourke diesen Abend, dürfte es enorm schwierig werden, zu Beginn des Herbstes mit neuem Elan einen Angriff auf das Spitzenquartett zu starten.



3. Das Duell Biden gegen Harris


In der zweiten Nacht sind zunächst alle Augen auf die beiden Protagonisten der ersten TV-Debatte gerichtet. Kommt es zu einer Revanche des Spitzenreiters der Demokraten? Joe Biden war einer der Verlierer des Wahlkampfauftakts. Will er nicht seinen Kritikern einen Gefallen tun, muss er einen deutlichen verbesserten Auftritt abliefern. Zwar hat er in den vergangenen Wochen an Zustimmung verloren, aber er bleibt die Nummer 1 in den Umfragen und insbesondere wird er weiterhin als der aussichtsreichste Herausforderer von Donald Trump wahrgenommen. Spielt er diese Karte weiter aus, hält er weiterhin alle Trümpfe in den eigenen Händen.
Kamala Harris war die Gewinnerin des Wahlkampfauftakts. Geschickt hatte sie den früheren Vizepräsidenten ins Stolpern gebracht und ihr Auftritt wurde mit einem satten Plus in den Umfragen belohnt. Jetzt aber muss Harris aufpassen, den Bogen nicht zu überspannen. Ein erneutes scharfes Attackieren Bidens könnte ihr auch etwas Zustimmung bei den Demokraten kosten. Dass sie klug und zielgerichtet argumentieren und angreifen kann, hat sie bewiesen, nun muss sie aber an dem Defizit arbeiten, was sie von Joe Biden unterscheidet. Sie muss den Demokraten vermitteln, dass sie in der Lage ist, gegen Donald Trump bestehen zu können. Die Diskussionen um die Rassismusvorwürfe gegen den US-Präsidenten aus den vergangenen Wochen, spielen ihr dabei in gewisser Weise in die Karten. Sie kann mit dem Gegner Donald Trump inhaltlich dort weitermachen, wo sie in der ersten TV-Debatte bei Joe Biden bereits angefangen hat.
Insofern könnte es sein, dass es zu einer entschärften direkten Auseinandersetzung zwischen Biden und Harris kommen wird. Beide könnten sich weit mehr auf den republikanischen Amtsinhaber einschießen, als es noch vor einigen Wochen der Fall war. Für Harris kommt es aber gerade in Michigan auch darauf an, zu zeigen, was sie programmatisch für die Bundesstaates des Rust Belts mitbringen kann. Aus dem fernen Kalifornien ist es eben kein Selbstläufer, auch dort zu punkten, wo Donald Trump den Demokraten eine schwere Niederlage beigefügt hat.


4. Wird Cory Booker der neue Angreifer?


Möglicherweise bekommt es Joe Biden dieses Mal allerdings auch mit Cory Booker zu tun. Für Booker gilt das, was auch schon zuvor für Beto O'Rourke beschrieben wurde. Booker muss einen starken Treffer landen. Seine Umfragewerte stagnieren ebenfalls und sehen ihn abwechselnd mal auf Platz 6, mal auf Platz 7. Er kommt dabei kaum über die drei Prozent hinaus. Und so könnte er sich gezwungen sehen, dem positiven Beispiel Kamala Harris zu folgen. Offenbar lohnt es sich ja den Frontrunner gelungen anzugreifen. Dass Booker das Temperament und auch die rhetorischen Fähigkeiten dazu besitzt, steht außer Frage. Aber es könnte ungleich schwieriger für ihn werden. Wenn Biden eines gelernt haben sollte, dann ist es die Erkenntnis, nicht allzu sehr auf Vorwürfe eingehen zu müssen und besser die eigene souveräne Linie durchzuziehen. Gelingt dies Biden in dieser zweiten TV-Debatte besser, besteht für Cory Booker die Gefahr, dass er sich wenig charmant und zudem vergeblich an Biden abarbeitet. Hier wird Flexibilität gefragt sein. Booker muss in der Lage sein, mindestens zwischen zwei Linien an diesem Abend alternieren zu können.


5. Die Kandidatenfeld wird schrumpfen


An beiden Abenden sind aber noch zahlreiche weitere Kandidatinnen und Kandidaten anwesend. Alle sind aufgefordert zu verhindern, dass ihre Auftritte eben nicht als bloße Anwesenheit mit ein paar Redebeiträgen wahrgenommen werden. Julian Castro, Kirsten Gillibrand, Bill de Blasio, Andrew Yang, John Hickenlooper usw. kämpfen bereits um die Fortsetzung ihrer Kandidaturen. Für alle wird es darauf ankommen, sich in den Vordergrund zu debattieren. Inhaltlich sattelfest, rhetorisch versiert und insbesondere durchsetzungsstark, wenn es darum geht, von den Moderatoren mit ausreichend Redezeit bedacht zu werden. Ab sofort beginnt sukzessive ein harter Ausscheidungskampf. Die Demokraten und die TV-Anstalten werden zunehmend ein Interesse daran haben, dass nur noch die aussichtsreichen Kandidaten zusammen antreten. Das heißt zunächst einmal die Top 10. Wer es da nicht schafft, mit auf der Bühne zu stehen, ist chancenlos. Da helfen dann auch keine guten Auftritte in einer möglichen B-Debatte mehr weiter. Wer ohnehin schon in den Umfragen nur gerade so an der Wahrnehmungsgrenze von 1-2 % rangiert, kann es sich nicht erlauben, aus dem öffentlichen Fokus zu geraten.
Was an diesen beiden Abenden also bleibt, ist das volle Risiko. Alles oder nichts. Das wird nicht jeder/jedem gelingen, daher rechne ich damit, dass sich das Kandidatenfeld in den kommenden Wochen bis zum Herbstbeginn reduzieren wird.

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