Dienstag, 8. Oktober 2024

Prognose US-Repräsentantenhaus 2024


Das US-Repräsentantenhaus ist neben dem US-Senat eine der beiden Kammern des Kongresses in Washington. Das Repräsentantenhaus wird alle zwei Jahre vollständig neu gewählt, die Wahltermine fallen alle vier Jahre auf den Tag der Präsidentschaftswahl und sind dazwischen Teil der Midterm Elections (zuletzt 2022).

Neben dem Weißen Haus und dem US-Senat ist das Repräsentantenhaus eine der drei wichtigsten politischen Institutionen. Auch wenn Vergleiche zum deutschen Wahlsystem und Staatswesen nie so richtig passen, ist der Wahlprozess zum Repräsentantenhaus am ehesten mit der Wahl zum Deutschen Bundestag vergleichbar, allerdings nur bezogen auf die Erststimme, also das Direktmandat.

Die USA sind in 435 Congressional Districts aufgeteilt, aus denen Abgeordnete, die "Congressmen/Congresswomen" oder "Representatives" mit einfacher Mehrheit in das "House" gewählt werden. Eine Mehrheit ist bei 218 Sitzen erreicht.

Im Gegensatz zum Senat, in den jeder Bundesstaat zwei Senatorinnen oder Senatoren entsendet, orientiert sich die Verteilung der Sitze im Repräsentantenhaus an der Bevölkerungszahl der jeweiligen Bundesstaaten. So hat Kalifornien 52, Texas 38, Wyoming oder Delaware z. B. nur jeweils 1 Sitz.

Bei den Midterm Elections 2022 hatten die Republikaner die bis dahin bestehende Mehrheit der Demokraten abgelöst. Aktuell halten die Republikaner 220 Sitze, während die Demokraten auf 212 kommen. 3 Sitze sind derzeit vakant.


Offener Wahlausgang - Demokraten hoffen auf Machtwechsel

Während sich die Republikaner gute Chancen ausrechnen, einen Mehrheitswechsel im US-Senat zu erreichen, müssen sie im Repräsentantenhaus um ihren Einfluss bangen.

Praktisch alle seriösen Modelle sehen derzeit ein offenes Rennen um die künftige Mehrheit. Es kann angenommen werden, dass von den 435 Sitzen rund 395 Sitze relativ sicher eine der Parteien zugeordnet werden können. Entsprechend sind rund 40 Sitze in diesem Jahr besonders umkämpft, von denen wiederum die Hälfte als völlig offen gelten.

Beide Parteien kommen basierend auf Umfragen und Erfahrungen früherer Wahlen in den Einschätzungen verschiedener Modelle auf gut 205 Sitze. Von den dann noch offenen 25 Sitzen müssten entsprechend 13 Sitze für eine Mehrheit gewonnen werden.

Kurz vor der Wahl gehe ich nochmal näher auf die dann voraussichtlich entscheidenden offenen Congressional Districts ein.




Die Karte zeigt einen durchschnittlichen Stand der Umfragen und Vorhersagen vier verschiedener Modelle (Sabato's Crystal Ball, Cook Political Report, Fox News, Split Ticket,  CNalysis, Elections Daily und Inside Elections) und wurde von 270towin.com zusammengeführt.

Wie oben bereits erwähnt, entscheidet die Bevölkerungszahl maßgeblich über die Anzahl der Congressional Districts. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Landkarte für das Repräsentantenhaus meist stark rot geprägt ist. Das bedeutet, dass die großen Flächen mit wenig Bevölkerung meist für Republikaner stimmen, während die für die Demokraten stimmenden blau gefärbten Ballungszentren der Metropolen nur wenig Fläche einnehmen.

Zur Verdeutlichung habe ich exemplarisch die Congressional Districts für New York City und Los Angeles in den folgenden Karten größer dargestellt. Im Süden des Bundesstaats New York befindet sich New York City, im Süden des Bundesstaats Kalifornien befindet sich Los Angeles Jede Fläche mit einer Zahl entspricht einem Congressional District.


Bundesstaat New York


New York City


Bundesstaat Kalifornien


Großraum Los Angeles

Das Repräsentantenhaus ist neben dem Senat maßgeblich an der Gesetzgebung beteiligt und hat insbesondere das Budgetrecht als ein Alleinstellungsmerkmal. Nur in dieser Kammer können Finanz- und Haushaltsgesetze eingebracht werden. Erst danach gehen die Ergebnisse weiter an den Senat.

Die Arbeit im Repräsentantenhaus erfolgt in Fachausschüssen, die ähnlich wie in Deutschland thematisch aufgeteilt sind.

Mittwoch, 2. Oktober 2024

Vance überzeugt taktisch und stilistisch bei TV-Duell - Walz hat kritische Prüfung bestanden

Man konnte fast den Eindruck gewinnen, dass das TV-Duell der letzten Nacht etwas aus der Zeit gefallen war. Ungewöhnlich respektvoll ging es zu. Es wurde mehr über sachliche Themen gesprochen und diskutiert, als man es aus den vergangenen Präsidentschaftsdebatten gewohnt war. Kein Platz für persönliche Beleidigungen oder maßlose Selbstüberhöhungen. Tim Walz und JD Vance haben ihre Prüfungen auf großer Bühne bestanden und haben dem Wahlvolk gezeigt, wie man in aufgeheizten Zeiten auch miteinander umgehen kann.

Die komplette Debatte:




Wie viel davon aus Überzeugung oder eher taktischem Kalkül geschah, bleibt indes offen. Dass sich beide Kontrahenten aber im Laufe des Abends mit diesem Stil angefreundet hatten, war unübersehbar. Es ist lange her, dass zwei Kandidaten zur Präsidentschaftswahl sich so häufig einander zuwandten und sagten, dass man ja inhaltlich bei der einen oder anderen Zustandsbeschreibung kaum auseinander liege.


Vance gewinnt mehr Nutzen aus dem Duell

Als Zuschauer kann man natürlich nur bewerten, was man objektiv sieht. Bei der Frage, wessen Abend aber letztlich gelungener war, spielt auch die eigene Zielsetzung des Kandidaten oder dessen Wahlkampfteam eine Rolle.
Ich bewerte die Auftritte der letzten Nacht beide grundsätzlich positiv, der Republikaner Vance hat aber mehr Vorteile aus diesem Duell mitgenommen und aus meiner Sicht dieses damit auch knapp gewonnen.

Die Aufgabe für Vance war es, seine persönlichen Zustimmungswerte zu steigern und nicht zu einer Belastung für das republikanische Spitzenduo zu werden. Für Vance standen hierbei die unabhängigen Wechselwähler im Vordergrund. Dass sein Auftritt den Hardlinern unter den Trumpisten zu weichgespült gewesen sein dürfte,, spielt keine Rolle, da sie ohnehin Trump wählen und nicht Adressaten der vergangenen Nacht waren.
Vance ist es gelungen, höflich, selbstsicher, klar und inhaltlich auf der Höhe agierend aufzutreten. Das Bild, was ein Teil der Öffentlichkeit von ihm hatte, konnte er geraderücken oder hat zumindest fast alles Erforderliche dafür getan, dass zweifelnde Unentschlossene beruhigt sein können und sich nun doch zu Trump durchringen können.

Walz konnte oder wollte Vance nicht immer stellen

Dass ihm das gelungen ist, lag aber auch an seinem Gegenkandidaten. Tim Walz hat den Republikaner über weite Strecken gewähren lassen. Es war ja nicht so, als hätte Vance bei aller Freundlichkeit und Sachlichkeit nur wahre Dinge ausgesprochen. Einigen falschen Behauptungen hat er eben nur den Umhang der Sachlichkeit übergeworfen oder hat kritische Fragen vermieden zu beantworten. Dass die Republikaner die Retter der Gesundheitsreform Obamacare wären, war für die meisten Zuschauer neu. Ob Vance Kinder und Eltern bei Abschiebungen trennen würde, beantwortete er ebenso wenig, wie die Frage, ob er die republikanische Niederlage bei der letzten Präsidentschaftswahl eingestehen würde. Und auch die Darstellung, dass Trump einen friedlichen Übergang am 6.Januar 2021 ermöglichte, war ein Rückfall in seine sonst nicht selten zutage tretenden Verhaltensweisen in sozialen Netzwerken oder Wahlkampfveranstaltungen.

Tim Walz hat es nicht geschafft, JD Vance mit diesen Widersprüchen inhaltlicher und stilistischer Art unter Druck zu setzen. Zwar hat er Dinge richtig gestellt, inhaltliche Unterschiede auch gut herausgearbeitet, der richtige Zugriff fehlte aber. Vance fragliche Wandlung vom Populisten des Wahlkampfs zum sachlich-höflichen Debattierer im selbigen, ließ Walz dem Republikaner meist durchgehen. Nur ganz zum Schluss gelang es dem Demokraten, seinen Kontrahenten wirklich schwach aussehen zu lassen, als dieser es eben nicht schaffte, Trumps Wahlniederlage 2020 einzuräumen und sich so selbst ein wenig um den vollständigen Verdienst des Abends brachte.

Evtl. wollte Walz dies aber auch nicht. Es war vor dem TV-Duell klar, dass der Demokrat mit diesem Format etwas fremdelt. Er ging folglich auch sichtlich nervöser in das Duell und verlor so schon den Auftakt des Abends. Je länger die Debatte ging, desto sicherer wurde er. Aber auch bei ihm ging es darum, dieselbe Wählerschicht der Mitte für sich zu gewinnen. Hätte Walz nun übertrieben und den ruhigen Vance immer wieder attackiert, wäre der Demokrat als derjenige aus dem Duell gegangen, der den Zwist der vergangenen Jahr aufrechterhielt. Wohlwollend kann man also sagen, dass es Walz in Kauf nahm, Vance nicht allzu sehr herauszufordern, um selbst als überparteilicher souveräner und erfahrener Kandidat bei den Zuschauern in Erinnerung zu bleiben. Herausragende Debattierer hätten beide Ziele in Einklang bringen können.

Auch Vance opfert Ziele

Aber auch bei JD Vance tauchen beim zweiten Hinsehen strategische Fragen auf. Dem Republikaner ist es eben auch nicht gelungen, oder er hat darauf verzichtet, Tim Walz weiter als linksradikalen Irren zu diskreditieren. Wenn Trump also die Strategie weiter verfolgt, das Duo Harris/Walz als linke Bedrohung für die USA darzustellen, um so die Unentschlossen zu ihm zu treiben, war die letzte Nacht ein Rückschlag. Ist es also alles gar nicht so schlimm mit den Demokraten, könnten sich nun einige fragen, wenn Vance und Walz im Fernsehen so gut miteinander konnten? Und wie verhält es sich mit der Glaubwürdigkeit seiner Person, wenn Vance so unterschiedlich auftreten kann. Alles nur berechnende Taktik?

Das ist eben das Problem, wenn die eigene Authentizität anderen taktischen Zielen untergeordnet wird. Welcher Vance ist nun der echte? Solche grundlegenden Vertrauensfragen sollten bei Kandidaten zu diesem Zeitpunkt eines Wahlkampfes eigentlich nicht aufkommen. Da Vance aber von historisch schwachen Beliebtheitswerten kam, blieb ihm wohl aber auch nichts anderes übrig, als hier Prioritäten setzen.


Tim Walz musste sich seinerseits auch den Fragen zum Wahrheitsgehalts eigener Aussagen bezüglich eines Aufenthalts in Hongkong im Sommer des Jahres 1989 stellen. Walz hatte früher behauptet, zum Zeitpunkt der Proteste auf dem Tian'anmen Platz dort gewesen zu sein. Tatsächlich war er aber erst einige Monate später nach China gereist. Er gab schon in den vergangenen Wochen zu, dass er sich in diesem Punkt versprochen habe und bettete das in ein Bild von ihm selbst ein, was ihn zusammengefasst so zeichnet, als würde er rhetorisch manchmal etwas auf Abwege geraten, er sei manchmal ein Dummkopf in solchen Dingen. Ob Walz damals bewusst gelogen hat oder tatsächlich nur etwas unpräzise formulierte, muss jeder selbst bewerten. Walz wählte in der letzten Nacht aber den Weg, sich etwas verniedlichend, als nahbarer Mensch darzustellen, der auch mal Fehler machte und diese auch zugebe. Dies ist auch ein Weg, authentisch zu wirken oder auch hier wohlwollend formuliert, es tatsächlich zu sein.


Vorteile bei Vance überwiegen

Zusammengefasst denke ich, dass JD Vance insgesamt von diesem Duell profitiert hat. Er hat alles getan, um das Negativ-Image etwas abzuschütteln und zumindest oberflächlich ist ihm das gut gelungen. Gleichzeitig prägte sein Kommunikationsstil an dem Abend die Atmosphäre der gesamten Debatte, die Tim Walz aufnahm und seinerseits mit Leben füllte.
Walz hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten gefangen und konnte später auch eigene gute Akzente setzen. Der Demokrat hat aber einige Punkte liegen gelassen, die ihn zum Sieger des Abends hätten machen können. So überwiegen die Vorteile doch eher bei Vance.

Insgesamt dürfte der Ausgang dieses Duells aber doch eher nur marginalen bis gar keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt haben. Dafür hätte einer der beiden Kandidaten sich deutlich disqualifizieren müssen oder aber in so herausragender Form argumentieren müssen, dass dessen Performance über Wochen noch in den Köpfen bleibt und Gesprächsthema ist. Beide Kandidaten haben darauf verzichtet, dieses hohe Ziel zu erreichen und waren erfolgreich darin, keine Bürde für ihre Spitzenkandidaten zu sein. Somit liegt nun alles wieder in den Händen von Kamala Harris und Donald Trump, bzw. in denen aller Wählenden in den USA.

Dienstag, 1. Oktober 2024

Walz und Vance vor der Vizepräsidentendebatte

In der kommenden Nacht kommt es zum einzigen direkten Aufeinandertreffen zwischen den Vizekandidaten Tim Walz (Demokrat) und JD Vance (Republikaner). Um 03:00 Uhr beginnt das TV-Duell, das vom Sender CBS ausgestrahlt wird, aber auch auf anderen US-Kanälen und im Internet zu sehen ist. In Deutschland kann die Debatte ab 02:40 Uhr auf phoenix und Das Erste verfolgt werden.

Traditionell haben die Duelle zwischen den sog. Running Mates der Spitzenkandidaten keinen signifikanten Einfluss auf den Wahlausgang. In diesem Jahr lohnt es sich dennoch etwas genauer hinzusehen. Bei komplett offenen Wahlausgängen in sieben Swing States können auch kleine Verschiebungen entscheidend sein. Und die Konstellation in diesem Jahr ermöglicht es sowohl Walz als auch Vance für sich und für Harris oder Trump zu werben.


Letztes direktes Aufeinandertreffen beider Lager?

Normalerweise gibt es nach dem TV-Duell der beiden Vizekandidaten immer noch eine Debatte zwischen den beiden Spitzenkandidaten. Das ist derzeit zumindest nicht final geplant, so dass das Duell heute Nacht ggf. das letzte Aufeinandertreffen zwischen dem Spitzenpersonal beider Parteien sein wird. Die Eindrücke dieses Auftrittes haben allein deswegen schon eine etwas größere Bedeutung, obwohl der überwiegende Teil der Wählerschaft ihre Entscheidung schon von der Frage abhängig macht, ob sie Kamala Harris oder Donald Trump bevorzugen. Aber es gibt eben auch noch einen kleinen Teil unentschlossener Wähler, an die sich Walz und Vance heute Nacht richten werden. Jene könnten den letzten nötigen Impuls erhalten, sich für die eine oder andere Seite zu entscheiden. Auch wenn es natürlich die Aufgabe ist, für Harris und Trump zu werben, kommt dem persönlichen Auftreten der beiden Running Mates in diesem Jahr eine hohe Bedeutung zu. Wer kein Vertrauen gewinnen kann oder unsympathisch wirkt, wird den evtl. letzten Eindruck vor einer Wahlentscheidung nicht in die eigene Richtung lenken können.


Walz präferiert andere Formate

Tim Walz hat den Vorteil, den richtigen politischen Instinkt zu haben und er weiß, wie er sprechen und agieren muss, um bei den Zuschauern einen authentischen Eindruck erwecken zu können. Das Format ist allerdings nicht auf ihn zugeschnitten. Walz kann seine Stärken vor großen Mengen oder in direktem Kontakt mit den Bürgern ausspielen. Eine ruhige strikt durchgeplante Debatte in einem direkten Duell mit seinem Gegenkandidaten, gesteuert durch Moderatoren, können die Stärken von Walz hemmen. Er selbst betrachtet sich auch nicht als guten Debattierer in solchen Formaten. Es wird also sehr spannend zu beobachten sein, ob es Walz gelingt, auf einer solch großen "Bühne" eine gute Verbindung zu den Zuschauern herzustellen. Außerdem muss er seine verbalen Angriffe auf JD Vance wohl dosieren. Ein Auftritt wie in einer mit ihm zujubelnden Menge von Anhängern der Demokraten wäre unangemessen und könnte als "over the top" wahrgenommen werden. Andererseits darf er sich auch nicht auf eine Art intellektuelles Kamingespräch einlassen, denn hierbei könnte JD Vance seine Vorteile besonders gut ausspielen.


Vance kann Walz mit Sachlichkeit auf dem falschen Fuß erwischen

Die Wahrnehmung von Vance hat nach dessen Nominierung gelitten. Seine Beliebtheitswerte liegen hinter denen von Tim Walz. Hinzukommt, dass Vance mit seinen Bemerkungen zu "childless cat ladys" und erfundene Geschichten über Haustiere essende Einwanderer in Ohio zwar die Wählerschaft Trumps bediente, bei den Unabhängigen Wählern aber kaum gepunktet haben dürfte.

Die Gefahr dass Walz den Republikaner unterschätzt ist grundsätzlich vorhanden, sollte dem Demokraten aber auch bekannt sein. Vance ist klug genug, sich auf solche Formate gut vorzubereiten und seine Angriffspunkte gegen Walz geschickt auszuspielen, so dass dieser in die Defensive kommt. Spontanität oder emotionale Reden sind dagegen meiner Wahrnehmung nach nicht Vance Stärken, in der kommenden Nacht aber auch nicht unbedingt gefragt, es sei denn Walz gelingen Überraschungsangriffe, mit denen Vance nicht gut umgehen kann. Der Republikaner verfügt über eine gute Auffassungsgabe und kann auch überzeugend argumentieren, wenn er denn will. Gelingt es ihm in dieser Nacht, Tim Walz mit weniger populistischen, dafür aber präzise sachlichen Argumenten zu stellen, könnte der Demokrat ins Schwimmen kommen.

Für beide Kandidaten gilt, dass dies der wichtigste Auftritt in ihrer bisherigen Karriere ist.


Ziel sollte für beide Kandidaten sein, diese Nacht nicht als klarer Verlierer vom Platz zu gehen. Die Erwartungshaltung, dass sie den ausschlaggebenden Punkt für Harris oder Trump setzen können, wäre vermessen. Es wäre schon viel gewonnen, gelänge es einem der Kandidaten das Thema der kommenden ein bis zwei Wochen zu bestimmen, sei es durch eigene gelungene Äußerungen, provozierte misslungene Äußerungen des Kontrahenten oder einem neuen Inhalt, der bislang noch nicht so sehr im Fokus lag.


Treten Trump und Harris doch nochmal gegeneinander an?

Hauptverantwortlich für das Wahlergebnis werden aber Kamala Harris und Donald Trump sein. Dass sie sich beide noch nicht auf ein weiteres Duell einigen konnten, überrascht doch ein wenig. Weder die eine, noch die andere Seite können sich eines Sieges gewiss sein. Normalerweise müssten sie jede Möglichkeit nutzen, um die Wählerschaft zu überzeugen und das Heft des Handelns selbst in der Hand zu behalten. Eine Einladung von CNN hat Harris angenommen, Trump lehnt bisher ab. Zwei Gründe kann dies haben. Entweder ist er sich tatsächlich so siegessicher, dass er meint, dies nicht mehr zu brauchen oder er fürchtet, dass sich seine Ausgangslage dadurch verschlechtert. Es entspricht aber eigentlich nicht seiner Art, die Bühne eines finalen Aufeinandertreffens auszulassen. Die direkte Konfrontation scheut Trump in der Regel nicht. Spätestens für den Fall, dass der Wahlausgang doch droht, zu seinen Ungunsten zu verlaufen, dürfte Trump einem solchen Format nochmal zustimmen. Bleibt es bei einem offenen Rennen, was derzeit wahrscheinlich ist, kann es aber tatsächlich sein, dass Trump ein letztes Duell eher als Risiko betrachtet.

Sonntag, 29. September 2024

Demokraten erhöhen Wahlkampfausgaben in Florida und Texas - Senatssitze dabei wohl im Fokus

Alle Wahljahre wieder kommt irgendwann im Wahlkampf die Diskussion auf, ob die Republikaner mit Florida und Texas zwei so sichere Bundesstaaten haben, dass der Wahlkampf dort für beide Parteien praktisch auf Sparflamme laufen kann. Die Republikaner hoffen, dass Floridas Tage als Swing State endgültig zu ihren Gunsten gezählt sind und die Demokraten sehnen sich danach, dass sich die Bevölkerungsstruktur des Bundesstaats Texas so stark verändert hat, dass sie dort irgendwann mal einen Fuß in die Tür bekommen. Trump hat 2016 und 2020 jeweils beide Bundesstaaten gewonnen und auch die Gouverneurswahlen und die Wahlen zum US-Senat gewannen die Republikaner.

Zur diesjährigen Präsidentschaftswahl hat Kamala Harris mit sieben Battleground States genug Möglichkeiten Geld und Zeit zu investieren, da wären die teuren Medienmärkte von Texas und Florida ganz klar eine zusätzliche Belastung. Gleiches gilt für Trump, für den die Siege in diesen beiden Bundesstaaten praktisch das Fundament für eine weitere Amtszeit wären.

ABC News berichtet nun, dass die Demokraten dennoch Geld in diesen Bundesstaaten investieren.
400.000 US-Dollar sollen laut Democratic National Committee in Florida ausgegeben werden. Zudem kündigte das Democratic Senatorial Campaign Committee an, weitere Millionen USD für Werbung in Florida und Texas auszugeben.

Der Grund für diese Ausgaben dürfte aber eher bei der Wahl zum US-Senat liegen. Sollten die Demokraten ernsthaft das Ziel verfolgen, Kamala Harris in Florida oder Texas siegreich aus der Wahl hervorgehen zu lassen, müssten hier ganz andere Summen aufgebracht werden. Dennoch ist die Kombination aus Präsidentschaftswahl und der Wahl zum US-Senat in diesem Jahr für Florida und Texas besonders interessant.


Die Ausgangslage ist klar, Trump rechnet mit Siegen in Texas und Florida, die Präsidentschaftswahl wird voraussichtlich woanders entschieden.
Bei der Wahl zum US-Senat geht es wieder besonders eng zu. Die Demokraten halten hier momentan eine 51 zu 49 Mehrheit. Diese Mehrheit könnte nach aktuellem Stand im November verloren gehen, da sie einen Sitz für West Virginia sicher verlieren. Zudem droht in Montana ebenfalls ein Sitzverlust für Senator Jon Tester, der in den Umfragen teilweise recht deutlich zurück liegt. Sollte dieser Sitz für die Demokraten verloren gehen, haben sie praktisch nur zwei Möglichkeiten den Machtverlust im Senat zu verhindern. Sie müssten mindestens einen der beiden Sitze aus Texas oder Florida gewinnen.



Es ist also gut möglich, dass die Demokraten bei ihren Investitionen in diesen Bundesstaaten eher aus der Defensive heraus agieren.
Diskussionen, ob Kamala Harris hier angreifen oder zumindest ein Ablenkungsmanöver starten will, um Trump seinerseits dort zu Geldausgaben zu zwingen, erscheinen mir eher abwegig zu sein.
Dennoch richte ich den Blick nochmal genauer auf beiden Bundesstaaten und die dortigen Wahlen in diesem Jahr.

Florida


In Florida sind 30 Electoral Votes zu holen, weit mehr als jedem einzelnen anderen Bundesstaat, der aktuell als umkämpft gilt. Donald Trump hat in Florida zuletzt zweimal gewonnen. Rund 600.000 Stimmen trennten Trump und Biden im Jahr 2020, was etwa 3,3 % Abstand ausmachte. Die Demokraten waren hier zuletzt mit Barack Obama siegreich.
In Florida liegt Harris in den Umfragen aktuell zwar nur rund 4 % zurück, die letzten Erfahrungen aus den zurückliegenden Wahlen in Florida, etwa der Gouverneurswahl von Ron DeSantis, die er mit 19 % Abstand gewann, stimmen die Demokraten skeptisch. Zudem liegt Trump in den Umfragen bei 50 %, während Harris auf 46% kommt. Diese 4 % Differenz wiegen also schwerer, als eine Kombination, in der Trump bei 46 % und Harris bei 42 % liegen würden, da in einem solchen Falle schlicht noch mehr unentschiedene Stimmen zu gewinnen wären.
Sollte der Umfragenvorsprung für Donald Trump in Florida noch unter 4 % sacken, könnte der Sunshine State im Wahlkampffinale 2024 nochmal in den Fokus rücken. Eine Gefahr für die Republikaner, sollten sie diesen Bundesstaat verlieren. Eine Gefahr aber auch für die Demokraten, wenn sie sich zu sehr verzetteln und sich nicht mit aller Kraft auf die sieben bekannten Battleground States konzentrieren.

Bei der Wahl zum US-Senat will der Republikaner Rick Scott wiedergewählt werden. Er wird von der Demokratin Debbie Mucarsel-Powell herausgefordert. Scott hatte sich 2018 denkbar knapp gegen den Demokraten Bill Nelson durchsetzen können. Bei rund 8,2 Mio Stimmen hatte Scott am Ende einen Vorsprung 10.000 Stimmen, was 0,12 % ausmachte.
Aktuell führt Scott in den Umfragen mit durchschnittlich etwa 3,5 %.

Die Kombination, dass die Demokraten in Florida bei diesen beiden anstehenden Wahlen nicht so weit weg sind, könnte nun zu der Entscheidung geführt haben, entsprechende Investitionen im Wahlkampf zu tätigen. Für die Präsidentschaftswahl wäre Florida für die Demokraten eine mehr als willkommene Alternative. Für den US-Senat könnte dieser eine Sitz aber schon existenziell für den Machterhalt der Demokraten in dieser Kammer des US-Kongresses sein.

Texas


Siege im Bundesstaat Texas (40 Electoral Votes) sind für die Demokraten gefühlt nochmal schwieriger zu erreichen. Seit nunmehr fast 50 Jahren haben sie hier bei Präsidentschaftswahlen nicht mehr gewinnen können. Sie haben zudem seit 1990 keine Wahl mehr in Texas gewonnen, bezogen auf bundesstaatsweite Abstimmungen. Damals hatte Ann Richards die Wahl zur Gouverneurin gewonnen.
2020 gewann Trump mit 5,6 % Vorsprung, was historisch betrachtet aber schon eher knapp war.
Die aktuellen Umfragen weisen einen solchen Vorsprung auch in diesem Jahr wieder aus. Ich sehe momentan nicht, dass Trumps dritter Sieg in Folge hier gefährdet wäre.

Weit spannender könnte sich aber hier das Rennen um den einen Senatssitz gestalten. Der Republikaner Ted Cruz strebt erneut seine Wiederwahl an. 2018 hatte er in einem viel beachteten Zweikampf den Demokraten Beto O'Rourke letztlich mit 2,6 % Vorsprung besiegen können.
In diesem Jahr wird Cruz von Colin Allred herausgefordert.
Die Umfragen sehen hier durchschnittlich einen knappen Vorsprung für Cruz von etwa 2 %, wobei eine einzelne Meinungserhebung von Morning Consult auch den Demokraten hauchdünn vorne sehen.


Texas und Florida sind für die Demokraten in diesem Jahr die einzigen realistischen Möglichkeiten, etwaige Sitzverluste im US-Senat in West Virginia, Montana oder auch Ohio auszugleichen. Hier dürfte der Fokus der Demokraten liegen, wenn über Investitionen in diesen beiden Bundesstaaten gesprochen wird. Sollte hierbei aber ein positiver Nebeneffekt für Kamala Harris entstehen, wäre der Spielraum für die Republikaner nicht sonderlich groß, diesen ignorieren zu können. Die verbleibende Zeit bis zur Wahl ist aber auch nicht mehr so lang, dass nennenswerte Stimmungsumschwünge erreicht werden können.

Donnerstag, 26. September 2024

Weshalb sieben Bundesstaaten weiter als offen gelten - Umfragen im Vergleich zu 2020

In diesem Jahr sind seit dem Kandidatenwechsel bei den Demokraten und den damit einhergegangenen Veränderungen in den Umfragen kaum größere Schwankungen im Stimmungsbild zu erkennen. Die sieben Battleground States Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, North Carolina, Georgia, Arizona und Nevada sind ausweislich der durchschnittlichen Umfragewerte weiterhin alle als offen zu betrachten. Weder für Harris, noch für Trump kann eine klare Tendenz in diesen Bundesstaaten erkannt werden. Neue Bundesstaaten, etwa Florida, Minnesota oder Texas haben den Wechsel ergänzend zu den sieben vorgenannten Swing States noch nicht erreicht.


Fehlertoleranz und Abweichungen aus 2020

Weshalb die sieben Battleground States trotz durchschnittlicher Umfragewerte teilwesie zwischen 2-3 % für Harris oder Trump weiterhin als offen zu betrachten sind, liegt auch an der Fehlertoleranz (Margin of Error), die je nach Umfrage, Quelle und Anzahl der Teilnehmenden meist zwischen 3-4 % liegt und den Erfahrungen aus dem Jahr 2020, auch wenn damals Biden korrekt als Sieger prognostiziert wurde. 

Die folgende Tabelle soll dies verdeutlichen. Die Errechnung der durchschnittlichen Umfragewerte für 2020 und heute stammen aus diesem Blog. Auf anderen Seiten können hierzu abweichende Werte gefunden werden, was daran liegt, dass andere, weniger oder mehr Umfragen berücksichtigt werden.


Zur besseren Ansicht auf dem Smartphone bitte das Querformat oder die Webansicht des Blogs nutzen.


blau = Dem
rot = Rep

ø Vorsprung
lt. Umfragen
kurz vor Wahl
2020 in %
Vorsprung
gem.
Wahlergebnis
2020 in %
Fehler-
differenz
ø Vorsprung
lt. Umfragen
heute für Wahl
2024 in %
Pennsylvania4.61,23,41,4
Georgia0,50,30,21,7
Arizona1,50,41,10,7
Michigan7,62,84,82,7
North Carolina1,41,32,70,8
Wisconsin8,00,67,42,4
Nevada4,42,42,01,2
Florida2,43,45,84,0
Texas1,55,64,14,8
Minnesota7,47,10,35,5
landesweit6,84,42,42,9


Es sind im Wesentlichen drei Punkte erkennbar.

  • In sechs von zehn Bundesstaaten lag die tatsächliche Fehlerdifferenz zwischen durchschnittlichen Umfragen und dem Wahlergebnis innerhalb einer Fehlertoleranz von bis zu 4 %. (Spalte Fehlerdifferenz), während z. B. für Wisconsin (wie auch schon 2016) und Florida deutliche Abweichungen erkennbar sind.
  • Im Durchschnitt wurde der Abstand zwischen Joe Biden und Donald Trump 2020 in allen Bundesstaaten als zu positiv für die Demokraten eingeschätzt. (Farbe blau in der Spalte Fehlerdifferenz).
  • Die aktuellen Abstände zwischen Harris und Trump liegen in allen aktuellen sieben Battleground States innerhalb der allgemeinen Fehlertoleranz und auch im Vergleich zu 2020 meist unter dem Wert der tatsächlichen Fehlerdifferenz (Ausnahme Georgia).
Da die Umfrageinstitute und -quellen fortlaufend versuchen, Veränderungen und Verbesserungen in ihren Umfrage- und Bewertungsmethoden vorzunehmen, kann nicht allgemein der Rückschluss gezogen werden, dass in Anbetracht dieser Tabelle die Fehlerdifferenzen auch in diesem Jahr wieder exakt so eintreten werden. Bei den Midterm Elections 2022 wurden beispielsweise häufig die Republikaner zu positiv eingeschätzt.
Es ist demnach unseriös, die Spalten "Fehlerdifferenz" und "durchschnittliche aktuelle Umfragen" einfach zu verrechnen (Beispielrechnung Michigan: 2,5 für Harris - 4,8 zu positiv für Demokraten = 2,3 für Trump), um so festzustellen, dass Donald Trump alle aufgeführten Bundesstaaten mit Ausnahme Minnesotas gewinnen wird. Dass dieses Szenario so oder ähnlich aber wieder eintreten kann, liegt im Bereich des Möglichen, weshalb ohne Zweifel alle Battleground States auch weiterhin als offen zu betrachten sind.


Abweichungen der einzelnen Umfragequellen 2020

In der folgenden Tabelle habe ich nochmal die Abweichungen der konkreten einzelnen Umfragequellen mit den tatsächlichen Ergebnissen aus 2020 verglichen und gerundet aufgeführt, also wie viel Prozentpunkte wich eine Umfrage vom Ergebnis ab, bezogen auf den Abstand zwischen den beiden Kandidaten und wer wurde dabei zu positiv eingeschätzt. Berücksichtigt wurde jeweils die letzte Umfrage einer Quelle vor der Wahl 2020, sofern sie nicht älter als sechs Wochen war, also in etwa der Zeitpunkt an dem wir heute für die diesjährige Wahl stehen. Die Umfragequellen habe ich exemplarisch ausgewählt. Alle Quellen führen auch in diesem Jahr wieder Umfragen durch. Wo keine Werte eingetragen sind, lagen 2020 keine aktuellen Umfragen für den Bundesstaat vor.


Gerundete Abweichungen in Prozent der letzten Umfrage
(nicht älter als 6 Wochen vor der Wahl 2020) zum Wahlergebnis
blau = zu positiv für Dem, rot = zu positiv für Rep
PAGAAZMINCWINVFLTXMNø
NY Times50554104625
ABC62431615
Emerson4013170953
Rasmussen25043
Susquehanna223222
Quinnipiac66867
NBC4057775
Reuters5272975
Morning Cons.81142129625
CNN9397777
FOX News49486
Trafalgar3445103043
Ins. Adv.231322


Die Zahlen sprechen für sich oder doch nicht? Ich will auf einige Werte nochmal gezielt eingehen. Dass in den USA manchmal von sog. High Quality Polls gesprochen wird, bezieht sich eher auf die Transparenz und wissenschaftliche Sorgfalt von Meinungserhebungen und nicht nur auf das tatsächliche letzte Abschneiden. Die Seite fivethirtyeight.com rankt beispielsweise die Umfragen der New York Times zusammen mit dem Siena College und die von ABC News zusammen mit der Washington Post als die "wertigsten Umfragequellen" ein. Emerson sieht das Portal auf Platz 10 von knapp 300. Die Trafalgar Group wird auf Platz 279 eingestuft, Rasmussen gar nicht mehr gerankt. 
Die Trafalgar Group wird häufig von nicht unabhängigen republikanischen Auftraggebern in Anspruch genommen und bezahlt, weshalb sie in puncto Transparenz und Unabhängigkeit besonders schlecht abschneidet.
Fraglich ist nun, ob diese Aspekte dazu beigetragen haben, dass Trafalgar 2020 Trump zu positiv eingeschätzt hat und auch ob der vergleichsweise gute Wert von 3 beim durchschnittlichen Abweichen darauf beruht, dass sie schlicht besser waren als viele andere oder sich die allgemeine Tendenz, Biden zu gut eingeschätzt zu haben, mit Trafalgars Pro-Trump Tendenz einfach nur glücklich ergänzte und zu einem ausgeglichenerem Ergebnis geführt hat. Diese Fragen wären aber wohl erst nach der diesjährigen Wahl zu beantworten, wenn nochmal eine zweite Abstimmung der gleichen Art hinzugezogen werden kann.

Das Abschneiden von Rasmussen ist ebenfalls schwierig zu bewerten. Der relativ gute Abweichungswert von 3 könnte z. B. auch darauf basieren, dass Rasmussen nur mit vier Wertungen hier berücksichtigt werden konnte und einige der Bundesstaaten mit hohen Abweichungen wie Wisconsin, Texas und Michigan (vgl. erste Tabelle) nicht mit dabei sind. Zudem hat Rasmussen in Arizona einen im Vergleich zu den anderen Quellen hohen Abweichungswert.

Auffällig ist aber auch, dass eben die als sehr gut eingestuften Quellen NY Times und ABC in Wisconsin z. B. zweistellige Abweichungswerte aufweisen. CNN und Quinnipiac schneiden bei dieser Übersicht besonders schwach ab, während das Emerson College, die häufig in Zusammenarbeit mit The Hill Umfragen veröffentlichen einen guten Wert von 3 erreichen und dabei fast alle Bundesstaaten Berücksichtigung fanden. Das Emerson College hatte auch den landesweiten Abstand 2020 zwischen Biden und Trump ziemlich genau so prognostiziert und  lag damit besser als alle anderen Quellen.
Susquehanna und Insider Advantage haben hier die besten Werte, wobei auch sie fünf Bundestaaten dabei haben, die nicht berücksichtigt werden konnten.

Abschließen will ich diese Gedanken nochmal mit dem Hinweis, dass selbst die besten Abweichungen aus 2020 von 2-3 Prozentpunkten höher liegen als die meisten in den aktuellen Umfragen erhobenen Abstände zwischen Kamala Harris und Donald Trump.

Montag, 23. September 2024

Neue Umfragen zeigen starken Trump im Süden

Die New York Times hat in Zusammenarbeit mit dem Siena College drei neue Umfragen veröffentlicht, die einen erstarkten Trump in den südlichen der Battleground States zeigen.

Insbesondere in Arizona verliert Harris im Vergleich zur Umfrage derselben Quelle aus August 4 %, während Trump 5% gewinnt und damit dort nun in dieser Einzelumfrage auch 5 Prozentpunkte vorne liegt.

In North Carolina hat Harris demnach ihren 2%-Vorsprung eingebüßt und liegt nun 2% hinter Trump.

In Georgia hält Trump demnach seinen 3%-Vorsprung.

Die Werte der New York Times überraschen etwas, da sie entgegen des landesweiten Trends liegen, bei dem Harris eher etwas zulegen konnte. Auch die Umfrage der NY Times für Pennsylvania, die bereits vor fünf Tagen veröffentlicht wurde, zeigte verbesserte Werte für Harris.


Auch The Telegraph hat eine Reihe neuer Umfragen mit Redfield & Wilton Strategies veröffentlicht. Diese zeigen wiederum ein unterschiedliches Bild.

In Arizona und Nevada büßt Trump seinen 1%-Vorsprung ein und liegt nun gleichauf mit Harris.

In North Carolina wird der Trend, den die NY Times sieht, bestätigt. Aus 1% Vorsprung für Harris wurde ein 1% Vorsprung für Trump.

The Telegraph sieht zudem schwächere Werte für Harris im Rust Belt. Ihr Vorsprung vor Trump ist in Michigan demnach von 3 % auf 1 % geschmolzen, in Wisconsin sogar von 3 % auf  0 %.

Wisconsin Watch in Zusammenarbeit mit der MassINC Polling Group sieht Harris in Wisconsin allerdings 6 % vor Trump.


Es ist offensichtlich, dass die Umfragen weiterhin kein eindeutiges Bild in den Battleground States zeigen, weshalb diese Bundesstaaten auch weiterhin alle als offen betrachtet werden müssen. Die Durchschnittswerte und die letzten Änderungen für alle relevanten Bundesstaaten findet Ihr wie gewohnt HIER verlinkt.

Republikaner scheitern mit Vorstoß zur Wahlrechtsänderung in Nebraska

Der Bundesstaat Nebraska wird bei der kommenden Präsidentschaftswahl auch weiterhin seine Electoral Votes aufteilen. Das seit 1992 geltende Prinzip Splitting the Votes wird nicht aufgehoben. Demnach erhält der Gewinner in Nebraska pauschal 2 Electoral Votes. Dazu werden noch 3 weitere Electoral Votes in den 3 Congressional Districts vergeben. Der jeweilige Sieger eines Congressional Districts erhält demnach jeweils 1 Electoral Vote.
Die Republikaner werden demnach sicher 4 Electoral Votes gewinnen. Im Congressional District 2 (CD2) hat Kamala Harris eine gute Chance, vor Donald Trump zu landen und könnte damit eine wichtige Stimme aus Nebraska für das Electoral College gewinnen. Wäre das beschriebene Prinzip aufgehoben worden, hätte Trump die vollen 5 Electoral Votes sicher gehabt.

Der Vorstoß der Republikaner scheiterte, da nicht alle ihrer 33 Senatoren im Bundesstaat Nebraska das Vorhaben unterstützen. Genauer gesagt, fehlt der GOP in Nebraska eine Stimme für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Der Abweichler Mike McDonnell erklärte, dass er so kurz vor der Wahl eine solche Änderung nicht vornehmen wolle. Er habe zudem das Prinzip Splitting the Votes bislang immer unterstützt. Die Wahl zwischen Trump und Harris solle bei den Wählerinnen und Wählern liegen. Er habe sich aber dafür ausgesprochen, im kommenden Jahr eine bundesstaatsweite Abstimmung über die in Rede stehende Änderung abzuhalten. McDonnell kommt aus Omaha, das weitgehend den CD2 umfasst und wechselte Anfang diesen Jahres von den Demokraten zu den Republikanern.

Die eine Electoral Vote in Nebraskas CD2 kann unter Umständen erhebliche Auswirkungen auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl haben.

Sonntag, 22. September 2024

Trump weiter gegen erneutes TV-Duell gegen Harris

Donald Trump hatte nach der TV-Debatte gegen Kamala Harris erklärt, dass es kein weiteres Rededuell zwischen den beiden geben wird. Ungeachtet dessen hat der Sender CNN beiden Spitzenkandidaten eine Einladung zu einem weiteren Aufeinandertreffen in diesem Format übersandt.

Kamala Harris hat die Einladung für eine zweite Debatte gegen Trump bereits angenommen. Diese soll am 23. Oktober stattfinden.
Trump hat angesichts dieses neuen Termins seine Ablehnung nochmal bekräftigt. Sein Argument war aber, dass das TV-Duell rund zwei Wochen vor dem Wahltermin zu spät sei, da die Wahlen aktuell und zu diesem Zeitpunkt schon begonnen haben. Ein kategorischen Nein klingt anders. Evtl. kommt noch ein anderer Termin oder ein anderer Sender in Betracht.

Sicher ist, dass zunächst die beiden Vizekandidaten Tim Walz und JD Vance am 01. Oktober bei einem TV-Duell um die Gunst der Wählenden kämpfen.

Freitag, 20. September 2024

Republikaner wollen mit einer Stimme aus Nebraska einen Patt ermöglichen

Die US-Präsidentschaftswahl 2024 kann denkbar knapp entschieden werden. Szenarien, nach denen eine Seite mit nur 270 zu 268 Electoral Votes gewinnen könnte, sind nicht unrealistisch, evtl. sogar recht wahrscheinlich. Es kommt also auch hier auf jede gewonnene Stimme an.

Winner-Takes-All statt Splitting the Votes


Die Republikaner versuchen nun einen ungewöhnlichen Weg zu beschreiten, um sich in eine geringfügig aber evtl. entscheidend bessere Lage zu versetzen.
Lindsey Graham, Senator aus South Carolina, hat Jim Pillen, Gouverneur von Nebraska und die dortigen republikanischen Abgeordneten dazu beraten, eine Sondersitzung anzuberaumen, in der beschlossen werden soll, dass der Wahlsieger von Nebraska, wie in fast allen anderen Bundesstaaten auch, die vollen Electoral Votes erhält, also das Winner-Takes-All Prinzip gelten soll. Graham soll im Auftrag von Trumps Wahlkampfteam agieren, berichtet NBC News.

Nebraska ist neben Maine einer von zwei Bundesstaaten in denen das Prinzip "Splitting the Votes" gilt.
Das bedeutet, dass die 5 Electoral Votes nicht automatisch an den Kandidaten gehen, der die meisten Stimmen in dem Bundesstaat hat. Die 5 Electoral Votes werden wie folgt aufgeteilt: 2 für den Gesamtsieger des Bundesstaats, und jeweils 1 für den Sieger der 3 Congressional Districts.
In Maine gilt dasselbe für die 4 dortigen Electoral Votes, also 2 für den Gesamtsieger des Bundesstaats, und jeweils 1 für den Sieger der 2 Congressional Districts.

Maine hat dieses Prinzip 1972 und Nebraska 1992 eingeführt.
In Maine hatte Donald Trump zuletzt zweimal 2016 und 2020 den Congressional District 2 gewonnen, während die Demokraten die Mehrheit der Stimmen in Maine gewannen. Damit hatten sie 3 Electoral Votes und die Republikaner 1 Electoral Vote gewonnen.
In Nebraska hatte Barack Obama 2008 und Joe Biden 2020 den Congressional District 2 gewonnen, sodass hier zuletzt 4 Electoral Votes an die Republikaner gingen, die den Bundesstaat gewannen und 1 an die Demokraten.

Um diese 1 Electoral Vote geht es in der jetzigen Diskussion. Der betroffene Congressional District 2 umfasst das Gebiet der Stadt Omaha, wo die Demokraten deutlich besser abschneiden als im Rest Nebraskas. Wird das Prinzip Splitting the Votes abgeschafft, haben die Demokraten keine Chance in Nebraska und alle 5 Electoral Votes wären den Republikanern sicher.

Eine einzige Electoral Vote könnte Trump den Sieg bringen


Welch große Auswirkungen das haben könnte, zeigt das aktuell meist diskutierte Szenario. Gehen wir von dem bekannten Ausgangsszenario mit sieben Battleground States aus, wobei alle anderen Bundesstaaten erwartungsgemäß wählen, würden Kamala Harris Siege in Pennsylvania, Michigan und Wisconsin reichen, WENN sie die eingeplante 1 Electoral Vote aus Nebraska gewinnt.

Fällt diese weg, käme es zu einem 269 zu 269 Patt im Electoral College, sofern sie in Georgia, North Carolina, Arizona und Nevada verliert.

Beispiel mit WInner-Takes-All Prinzip in Nebraska:




Dann würden die Bundesstaatsdelegationen im Repräsentantenhaus über den Sieger der Präsidentschaftswahl entscheiden. Selbst wenn die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen würden, ist aktuell anzunehmen, dass die Republikaner aber die Mehrheit der Bundesstaatsdelegationen stellen können. Jeder Bundesstaat hat hier eine Stimme. Die Mehrheit der gewählten Abgeordneten in einem Bundesstaat bestimmt in ihrer Delegation, ob diese Stimme dem Kandidaten der Demokraten oder der Republikaner gegeben wird. Ein Bundesstaat mit 3 Abgeordneten hat also das gleiche Stimmrecht wie ein Bundesstaat mit z. B. 40 Abgeordneten, was die vielen kleinen eher republikanischen Bundesstaaten bevorzugt. Kurzum, bei einem 269 zu 269 Patt, dürfte der Sieg an Donald Trump gehen, weshalb das Anliegen den Republikanern so wichtig ist und die Demokraten alarmiert sind.

Mehrheit für Gesetzesänderung in Nebraska steht noch nicht


Der Senat von Nebraska hat 49 Sitze. Für eine solche geplante Änderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, also 33 Stimmen. Die Republikaner hätten formal diese  Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat, es dürfte aber niemand aus den eigenen Reihen dagegen stimmen. Genau das ist aber aktuell noch nicht sicher und ein wesentlicher Grund, weshalb Lindsey Graham hier noch Überzeugungsarbeit leisten sollte. Einer aktuellen Einschätzung des republikanischen Senators in Nebraska, Tom Brewer, zufolge könnten 30-31 republikanische Senatoren dafür stimmen. Ob die nötige Anzahl für die Änderung noch erreicht wird ist unklar. In 10 Tagen beginnt in Nebraska das Early Voting. Eine Änderung nach Beginn der Wahl erscheint eher schwierig zu werden.

Demokraten in Maine könnten ihrerseits kontern


In Maine haben sich derweil die Demokraten zu Wort gemeldet und ihrerseits in Aussicht gestellt, dass auch sie für den Fall, dass Nebraska ihr Splitting the Votes Prinzip abschafft, im Gegenzug ebenfalls auf ein Winner-Takes-All Prinzip wechseln könnten, was wiederum die vollen 4 Electoral Votes für die Demokraten zufolge hätte. Damit fehlten den Republikanern bei dem o.g. Szenario dann wieder diese eine Stimme zum Patt im Electoral College.

Mittwoch, 18. September 2024

Kandidaten der Third Parties in Swing States

Der Einfluss weiterer Kandidaten von anderen Parteien, den Third Party Candidates, wird bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl eher gering ausfallen. Kamala Harris und Donald Trump werden wenig Zeit darauf verwenden, sich mit diesen Kandidaten zu befassen, um den Support deren Wählerinnen und Wähler zu erhalten.

Ohnehin sind nur die Battleground States in dieser Frage von Relevanz. Die Umfragen zeigen aber, dass andere Kandidaten hier zusammen nur auf 1-2 % kommen. In manchen Fällen kann das einen Unterschied zu einem sog. Heads-Up-Race zwischen Harris und Trump machen. Eine klare Tendenz, wer aber mehr unter der Teilnahme der anderen Kandidaten leidet, ist nicht erkennbar.

Grundsätzlich gilt natürlich, dass libertäre und konservative Kandidaten (Oliver und Terry) eher den Republikanern und progressive und linke Kandidaten (Stein, West, De La Cruz, Kishore) eher den Demokraten Stimmen wegnehmen könnten, wobei letztere teilweise so linksradikal sind, dass deren Anhänger sich in keinem Fall für eine der beiden großen Parteien in den USA entscheiden würden.
Kennedy hat bereits erklärt, Donald Trump zu unterstützen.

Die folgende Übersicht zeigt, in welchen der sieben Battleground States die jeweiligen Kandidaten der anderen Parteien antreten (GRÜN) und wo sie nicht auf dem Wahlzettel stehen (ROT).

Chase Oliver, Libertarian Party 
Jill Stein, Green Party 
Cornel West, Justice for All Party / Independent 
Randall Terry, Constitution Party / US Taxpayers Party
Robert F. Kennedy Jr., We the People Party / Independent 
Claudia De La Cruz, Socialism and Liberation Party / Independent 
Joseph Kishore, Independent

PA - Pennsylvania
NC - North Carolina
GA - Georgia
MI - Michigan
AZ - Arizona
WI - Wisconsin
NV - Nevada

Thrid Party Candidates in Swing States


Robert F. Kennedy Jr. hatte erklärt, Donald Trump zu unterstützen und daraufhin seine Kandidatur in den o.g. Battleground States zurückgezogen. Michigan und Wisconsin beließen ihn jedoch auf dem Wahlzettel.
Die Übersicht kann sich noch leicht verändern, da auch immer noch Wahlkommissionen und Gerichte über die Kandidatur einzelner Personen in den o.g. Bundesstaaten entscheiden können.