Freitag, 31. Juli 2020

Trumps Vorstoß zur Verlegung der Wahl wird durch Republikaner und Demokraten abgelehnt

Bereits vor einigen Wochen hatte der Demokratische Präsidentschaftsbewerber Joe Biden in einem Interview gesagt, dass seine größte Sorge sei, Donald Trump könne die Rechtmäßigkeit der diesjährigen Präsidentschaftswahl anzweifeln. Immer wieder hatte der republikanische Amtsinhaber davor gewarnt, dass eine stark steigende Anzahl an Briefwahlstimmen das Wahlergebnis in betrügerischer Weise beeinflussen könne.

Heute legte Donald Trump noch einmal nach und brachte dabei sogar eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl ins Spiel. Der US-Präsident twitterte:

Mit einer generellen Möglichkeit der Briefwahl würde die US-Präsidentschaftswahl 2020 die ungenaueste und betrügerischste Wahl in der Geschichte der USA werden, so Trump. Weiter bringt der Präsident deshalb eine Verschiebung des Wahltermins ins Spiel. So müssten die Wählerinnen und Wähler nicht während der Coronapandemie ins Wahllokal gehen und die "unsichere" Verfahrensweise der Briefwahl wäre ebenfalls nicht mehr erforderlich.

Schaut man sich Trumps Tweet genauer an, kann man einige wichtige Aussagen aufgreifen, die Bidens eingangs erwähnte Sorge verstärken dürften.

Verschiedene Formen der Briefwahl


Zum einen stellt Trump fest, dass Briefwahl grundsätzlich "ungenau" und "betrügerisch" sei. Hierfür gibt es aber keine Belege. Zudem differenziert Trump zwischen der generellen Briefwahl, die er kritisiert, und der Briefwahl aus Gründen der eigenen Abwesenheit am Wahltag, die er für korrekt hält.
Richtig ist, dass unterschieden werden muss zwischen verschiedenen Arten der Briefwahl. Vorweg sei gesagt, dass es Angelegenheit der einzelnen Bundesstaaten ist, festzulegen, welche Form der Stimmabgabe möglich ist. Neben der "normalen" persönlichen Stimmabgabe in einem Wahllokal am Wahltag ist auch die Möglichkeit der Briefwahl in allen Bundesstaaten möglich. Hierbei ist wesentlich zwischen drei verschiedenen Arten zu unterscheiden.

Die sogenannten "absentee ballots" sind in allen Bundesstaaten zugelassen. Das bedeutet dass jeder registrierte Wähler eine Briefwahl beantragen kann, wenn er aus Gründen der eigenen Abwesenheit am Wahltag nicht persönlich im Wahllokal erscheinen kann. Die zugelassenen Gründe variieren. Offizielle Vertreter der Wahlbehörden prüfen dabei, ob die Wahlunterlagen rechtmäßig beantragt, ausgefüllt und wieder abgegeben wurden.
Aktuell sind in 16 Bundesstaaten die absentee ballots die einzige Möglichkeit der Briefwahl.

Zudem gibt es noch die sog. "no-excuse absentee ballots". Hierbei können alle registrierten Wähler eine Briefwahl beantragen, ohne einen Grund dafür zu benennen. Diese Möglichkeit besteht in 29 Bundesstaaten.

In fünf Bundesstaaten, Washington, Oregon, Utah, Colorado und Hawaii besteht die dritte Möglichkeit der Briefwahl. Hier werden allen registrierten Wählern mit der Wahlbenachrichtigung auch direkt ohne Antrag die Briefwahlunterlagen zugesandt. Ohne weitere Begründung besteht dann die Möglichkeit der Briefwahl. Diese Form nennt sich z. B. "mail-in ballot".

Der Präsident differenziert also zwischen absentee ballots und mail-in ballots. Einen Unterschied in Bezug auf die Sicherheit der Wahl erschließt sich dabei jedoch nicht.
In allen drei Varianten der Briefwahl wird nur den registrierten Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit eingeräumt, per Brief den Stimmzettel abzugeben. Auch ändern sich nicht die Abläufe des Briefversands und der Briefentgegennahme bzw. dessen Prüfung.
Dass Trump hier also unterscheidet, hat zumindest nichts mit der Frage zu tun, ob die Briefwahl sicher ist oder nicht.

Über grundlegende Punkte des Wahlrechts in den USA und insbesondere zu den Registrierungen für Wahlen gehe ich in einem meiner nächsten Artikel nochmal gesondert sein.

Keine Belege für Wahlbetrug bei Briefwahlen


Es gibt in den USA keinerlei wissenschaftlich fundierte Beweise dafür, dass Briefwahlen unsicherer seien, als die gewöhnliche Stimmabgabe. Auch wenn die Briefwahl in den USA weniger verbreitet ist, als in Deutschland, so sind in den vergangenen 20 Jahren rund 250 Mio Stimmen per Briefwahl abgegeben worden. Hierbei sind laut der konservativ geprägten Heritage Foundation keine betrügerischen Stimmabgaben bekanntgeworden, die in ihrer Anzahl ansatzweise ins Gewicht fallen würden. Zudem hat im Frühjahr 2020 die Stanford University in einer Studie festgestellt, dass es bei Briefwählern keine besondere Präferenz für Demokraten oder Republikaner gebe. Auch würde die Briefwahl keinen nennenswerten Einfluss auf die Wahlbeteiligung haben.

Auch wenn kein Wahlbetrug mit der Briefwahl einhergeht, so ist jedoch schon festzuhalten, dass viele Bundesstaaten nicht erprobt sind, in hohem Maße mit Briefwahlstimmen umzugehen. So dürften eher Fehler und Verzögerungen in den Abläufen, im übrigen auch bei der Auszählung, zum Tragen kommen. Dies könnte dazu führen, dass bei einem knappen Wahlausgang erst mit einigen Tagen Verzug ein Endergebnis feststehen könnte.
In diesem Sinne wäre Trump zuzustimmen. Allerdings ist dies eher ein organisatorisches Problem.

Zurück zu Trumps Tweet:
Es drängt sich also der Verdacht auf, dass Donald Trump ein Problem an die Wand malt, dass sachlich betrachtet, nicht vorhanden ist. Er verknüpft es mit der Behauptung des Wahlbetrugs und fragt, ob nicht die Verschiebung der Wahl eine sinnvolle Lösung sei.
Hierbei geht er vorsichtig fragend vor. Er testet aus, wie weit er gehen kann, um seine Ziel der Wiederwahl zu erreichen. Eine Verschiebung der Wahl käme Trump sehr gelegen. Seine Umfragewerte sind nicht gut, die Coronakrise hält an und die wirtschaftliche Entwicklung ist massiv eingebrochen.

Ablehnung von Republikanern und Demokraten


Dass Trump nicht derjenige ist, der über eine Verschiebung der Wahl entscheiden kann, wird er selbst wissen. Gesetzlich ist das Datum im Jahr 2020 auf den 3. November festgelegt. Nur der Kongress kann eine Verschiebung erwirken. Dort haben bekanntlich die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus und die Republikaner haben eine Mehrheit im Senat.
Sowohl Nancy Pelosi, Demokratin und Sprecherin im Repräsentantenhaus, als auch Mitch McConnell, Republikaner und Mehrheitsführer im Senat, haben bereits ihre Ablehnung zu Trumps Vorstoß signalisiert. McConnell sagte, dass die USA zu Kriegszeiten und in schwersten wirtschaftlichen Krisen gewählt hätten, auch in diesem Jahr würde man einen Weg finden.
Genau das ist der Punkt, es gibt schlichtweg keinen Grund für die Verlegung der Wahl. Viele Bundesstaaten sind bemüht, eine mit der Coronakrise verträgliche Form der Stimmabgabe zu ermöglichen. Sei es die bereits erwähnte Briefwahl, eine Art des Drive-In-Votings oder sog. Drop-Off-Boxen in denen die Stimmzettel eingeworfen werden können. Auch das bereits bekannte Early Voting wird hier zum Tragen kommen.

Auch andere prominente Republikaner wie Lindsey Graham, Kevin McCarthy oder Marco Rubio lehnen allein schon die Diskussion über eine Verschiebung der Wahl ab.

Republikaner und Demokraten haben Trump eine deutliche Absage für seine Idee erteilt, den Wahltermin zu verschieben. Gemeinsam sind sie aber auch in allen Bundesstaaten gefordert, die handelnden Verantwortlichen bei der Umsetzung des Wahlrechts zu unterstützen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wenn die Wahl mal theoretisch gedacht z B auf Feb oder märz 2021 verschoben würde, wäre Trump und sein Vize ja nicht mehr im Amt oder ? Die Amtszeit länge ist doch unabhängig von der Wahl und was passiert dann? Gäb es einen Interimspräsidenten/in?

Thomas hat gesagt…

Nach meinem Kenntnisstand erhält dann der US-Kongress das Recht, einen sog. "acting president" zu benennen, bis ein neuer Präsident gewählt wurde.