Dienstag, 9. Juli 2024

Eskalation oder Befreiungsschlag - Bidens Brief und ein weiteres Interview

Es ist ein weiterer Versuch des US-Präsidenten, die Diskussionen um seine Kandidatur zu beenden. In einem Brief an die demokratischen Kongressabgeordneten fordert er ein Ende dieser Debatte.
"Ich bin fest entschlossen, im Rennen zu bleiben" schreibt Biden an seine Parteifreunde.

Er führt nochmals aus, weshalb er der Auffassung sei, der beste Kandidat zu sein, um Donald Trump im November zu schlagen und beschreibt dabei die drohenden Veränderungen, die eine zweite Trump-Präsidentschaft zur Folge hätten, als müsste er hier noch Überzeugungsarbeit leisten.


So motivierend dieser Aufruf auch gemeint sein könnte und so richtig es auch ist, zu versuchen, die Reihen hinter sich zu schließen, der Brief offenbart an einigen Stellen aber auch deutlich die Dramatik der aktuellen Situation. Joe Biden stellt fest, dass er im Rahmen der Vorwahlen die klare Mehrheit der Delegiertenstimmen gewonnen habe. Jeder habe zudem die Möglichkeit gehabt, zu kandidieren. Nun müsse das Votum auch gehört werden.
In einem Interview in der Sendung "Morning Joe" auf MSNBC wirken Bidens Worte noch etwas provokativer. Wer der Auffassung sei, es besser zu können, solle doch auf dem Nominierungsparteitag gegen ihn antreten. Diese offene Konfrontation, die Biden einerseits erwidert, andererseits aber auch selbst weiter befeuert, steht im Widerspruch zu dem, wozu er seine Parteifreunde am Ende seines Briefes auffordert. 

Die Partei solle nun geeint antreten, um Donald Trump zu schlagen. Es sei genug darüber diskutiert worden, wie es nun weitergehe. Dies sei nun zu beenden, eine Fortsetzung dessen, wäre eine Schwächung der eigenen Erfolgsaussichten.




Joe Biden steht massiv unter Druck. Jeder Versuch, die Zweifel an ihm zu zerstreuen, wirft wieder weitere Fragen auf. Die Demokraten befinden sich aktuell in einer Abwärtsspirale und niemand scheint einen Weg zu finden, diese zu stoppen. Wie auch immer das Ergebnis am Ende aussieht, ob mit oder ohne Biden als Spitzenkandidat, die Fortsetzung dieser Konfrontation ist Ausdruck einer Hilflosigkeit und führt nur zu einer Demobilisierung des eigenen Lagers.

Der Präsident greift zu Methoden, die jemand wählt, der mit dem Rücken zur Wand steht. Auf formelle Prozesse wie die Vorwahlen zu verweisen, anstatt den Kern der aktuellen Debatte zu begreifen. Kritiker offensiv herauszufordern, anstatt sie zu überzeugen. Alternativlosigkeit zu suggerieren, anstatt selbst aktiv kompromissfähige Lösungswege aufzuzeigen.

Sollte auch dieser Brief nicht dazu führen, die Debatte um seine Kandidatur zu beenden, stellt sich die Frage, was Biden noch tun will, um diese Negativentwicklung zu stoppen? Das ist das Problem, mit so klaren Forderungen und Ankündigungen, wie er sie an die demokratischen Kongressabgeordneten formuliert hat. Sollten sie nicht den gewünschten Erfolg erzielen, muss die nächste Eskalationsstufe gezündet werden. Am Ende dieses Prozesses finden die Demokraten und ihr Präsident dann nur noch einen hausgemachten Scherbenhaufen vor.

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