Mittwoch, 12. Oktober 2022

Wieder richtet sich die Aufmerksamkeit auf Pennsylvania

Pennsylvania ist schon häufig ein entscheidender oder zumindest äußerst wichtiger Bundesstaat für landesweite Wahlen in den USA gewesen. Auch in diesem Jahr kommt Pennsylvania wieder eine Schlüsselrolle zu. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Wahl des Senatssitzes in Washington. Die Demokraten setzen bei ihren Bestrebungen, den Republikanern einen Sitz im US-Senat abnehmen zu können, ihre größte Hoffnung auf Pennsylvania. Sollte ihnen das gelingen, wären sie ihrem Teilziel, die Mehrheit im Senat zu behalten, einen erheblichen Schritt näher.


Bevor ich auf das direkte Duell um diesen Sitz eingehe, gebe ich wie gewohnt einen kurzen Überblick über die bisherigen bundesstaatsweiten Wahlergebnisse.

Bei Präsidentschaftswahlen hat Pennsylvania in den vergangenen Jahrzehnten fast immer demokratisch gewählt. Seit 1988 (George Bush) ist es nur Donald Trump 2016 gelungen, eine hauchdünne Mehrheit für die Republikaner zu holen. Trump konnte bei seiner Siegesserie im Rust Belt der USA auch die 20 Wahlmännerstimmen aus Pennsylvania mit 0,7 % Vorsprung vor Hillary Clinton gewinnen. Vier Jahre später war der Bundesstaat ein wichtiger Bestandteil des Sieges Joe Bidens. Der Demokrat gewann mit rund 1,2 % Vorsprung vor Trump.


Bei Gouverneurswahlen ist ein deutlich abwechslungsreicheres Bild erkennbar. Hier hat es nach dem 2. Weltkrieg praktisch immer spätestens nach zwei Amtszeiten wieder ein Wechsel von Republikanern zu Demokraten und umgekehrt gegeben. Diese "Regel" wird in diesem Jahr vermutlich gebrochen, da nach zwei Amtszeiten des Demokraten Tom Wolf aller Voraussicht nach erneut ein Demokrat gewinnen wird.


Die zwei Senatssitze Pennsylvanias sind aktuell an unterschiedliche Parteien vergeben. Momentan hält der Demokrat Bob Casey einen der beiden Sitze und muss sich 2024 erneut zur Wiederwahl stellen. In diesem Jahr wird der Sitz des Republikaners Pat Toomey neu gewählt, wobei er selbst nicht erneut antritt. Dieser Sitz konnte seit 60 Jahren nicht mehr von den Demokraten gewonnen werden. Toomey gewann 2010 mit 2 % und 2016 mit 1,5 % Vorsprung.


Die Wählerstruktur Pennsylvanias kommt grundsätzlich den Demokraten entgegen. Laut Ballotpedia sind 46 % der registrierten Wählerinnen und Wähler Demokraten, 39 % sind Republikaner und 15 % Unabhängige oder Anhänger anderer Parteien.


Zwei Anti-Establishment-Kandidaten gewannen die Vorwahlen

Um die Nachfolge von Pat Toomey bewerben sich der Demokrat John Fetterman und der Republikaner Mehmet Oz.

John Fetterman ist 53 Jahre alt und in West Reading, Pennsylvania geboren. Nach vielen Jahren als Bürgermeister von Braddock bewarb er sich 2016 bei den Vorwahlen der Demokraten vergeblich um die Nominierung für die Wahl zum US-Senat. Erfolgreicher verlief die Bewerbung ein Jahr später als Running Mate für Gouverneur Tom Wolf. Fetterman gewann die Vorwahlen und wurde an der Seite von Wolf 2018 zum Vizegouverneur von Pennsylvania gewählt.

In dieser Zeit konnte sich Fettermann bundesstaatsweit bekannter machen und bewarb sich 2021 erneut um die Nominierung der Demokraten für den US-Senatssitz bei den diesjährigen Kongresswahlen. Fettermann gewann die Vorwahlen deutlich mit 58,7 % vor Conor Lamb, der auf 26,3 % kam.


Lt. Gov. John Fetterman Portrait (46874790005)
John Fetterman
Governor Tom Wolf from Harrisburg, PA, CC BY 2.0 


Fetterman ist dem links-progressiven Flügel der Demokraten zuzuordnen. Er unterstützte Bernie Sanders bei dessen Präsidentschaftskandidatur für die Demokraten und tritt für viele klassische Positionen der Partei ein. Im Wahlkampf wirbt er insbesondere für einen 15 Dollar Mindestlohn, starke Gewerkschaften, bessere Bildungschancen wirtschaftlich benachteiligter Kinder und eine Gesundheitsversorgung als Grundrecht.

Sein unkonventionelles Erscheinungsbild und für einen Politiker eher untypisches Auftreten sowie die Ablehnung von finanziellen Unternehmenseinflüssen in die Politik grenzen ihn auch innerhalb der demokratischen Partei von vielen Politikerinnen und Politikern ab. Dass er bei den Vorwahlen im Gegensatz zu dem unterlegenen Conor Lamb kaum Unterstützung von anderen Abgeordneten in Pennsylvania erhielt, belegt eine gewisse Distanz zum politischen Establishment.

Im Mai diesen Jahres erlitt Fetterman einen Schlaganfall, von dem er sich zwar erholte, einige Zeit aber mit dem Wahlkampf aussetzen musste. In den Medien wird dennoch spekuliert, inwieweit Fetterman gesundheitlich bereits wieder in der Lage ist, den möglichen künftigen Aufgaben eines Senators auskömmlich nachzukommen. Diese Diskussionen nahmen zu, als Fetterman einer TV-Debatte gegen Mehmet Oz zwar grundsätzlich zustimmte, sich aber zunächst nicht auf einen Termin im September einlassen wollte. Inzwischen steht fest, dass die Debatte am 25. Oktober in Harrisburg stattfinden wird.


Erneut setzt sich ein Trump-Kandidat bei den Vorwahlen durch

Mehmet Oz, einigen besser bekannt als Dr. Oz, ist 62 Jahre alt und in Cleveland, Ohio geboren. Als Sohn türkischer Einwanderer ist Oz unter dem Namen Mehmet Cengiz Öz in Wilmington, Delaware aufgewachsen. Er besitzt neben der US-amerikanischen auch die türkische Staatsbürgerschaft, wofür er für zwei Monate auch bei den türkischen Streitkräften diente. Oz erreichte einen Abschluss an der Havard University in Massachussets und den Abschluss als Doktor der Medizin an der Pennsylvania University.

Nach einer zunächst erfolgreichen medizinischen Karriere trat Oz seit 2003 in der Oprah Winfrey Show als medizinischer Experte regelmäßig auf, ehe er ab 2009 seine eigene Show erhielt. The Dr. Oz Show war eine tägliche Talkshow, in der insbesondere medizinische Themen diskutiert und gesundheitliche Produkte insbesondere zur Gewichtsreduktion beworben wurden. Da Oz selbst solche Produkte vertrieb und auch immer wieder pseudowissenschaftliche Ansichten vertrat, gab es auch Kritik aus Kreisen der klassischen Medizin. Während der Coronapandemie riet Oz, früherer Leibarzt von Donald Trump dazu, das Medikament Hydroxychloroquin als Heilmittel einzunehmen, was später auch von Donald Trump propagiert wurde. Wissenschaftlich konnte jedoch keine Positivwirkung belegt werden. Da Oz Anteile an Firmen hält, die das Medikament vertreiben, wurde auch hier Kritik laut, dass Oz eher im eigenen wirtschaftlichen Interesse als im Sinne der allgemeinen Gesundheit agierte.

Donald Trump unterstützte Oz Kandidatur in den republikanischen Vorwahlen.


Dr. Mehmet Oz, August 2016
Mehmet Oz
SAMHSA from Rockville, Public domain, via Wikimedia Commons


Mehmet Oz wurde in den Vorwahlen durch die republikanischen Mitbewerber auch wegen seiner türkischen Staatsbürgerschaft angegriffen. Mehmet Oz ist der erste muslimische Kandidat für den US-Senat, betrachtet man die beiden großen Parteien der Republikaner und Demokraten. Damit wäre er auch der erste muslimische Senator im Kongress der USA, sollte Oz die Wahl gewinnen.

Die Vorwahlen der Republikaner in Pennsylvania waren die wohl spannendsten in diesem Jahr. Oz wurde von der innerparteilichen Konkurrenz vorgeworfen, inhaltlich kein echter Republikaner zu sein. Zu häufig hätte er in konservativen Kernthemen seine Meinung gewechselt. Ein typisch konservativer Kompass sei nicht erkennbar. Tatsächlich sah sich Oz häufig mit früheren Positionen konfrontiert, die er inzwischen im Sinne der republikanischen Parteilinie korrigiert bzw. ausgeschärft hat. Im Vorwahlkampf verwies Oz immer wieder auf die Unterstützung Trumps, um hier einen Vorteil gegenüber seinen republikanischen Mitbewerbern sichtbar zu machen. Aber auch bei Trumps Anhängern hat es Kritik an dessen Unterstützung für Oz gegeben. Am Ende der Vorwahlen gewann Oz die Nominierung der Republikaner denkbar knapp und erst nach einer Nachzählung der Stimmen. Oz kam auf 31,21 %, dahinter landete David McCormick mit 31,14 % auf Platz drei Kathy Barnette mit 24,66 %. Bei über 1,3 Mio abgegebenen Stimmen hatte Oz nur einen Vorsprung von weniger als 1000 Stimmen.


Umfragen sehen Fetterman leicht vorn

In den Umfragen liegt John Fetterman vor Mehmet Oz. Aktuell beträgt der durchschnittliche Vorsprung für Fetterman rund 3-4 %, wobei es keine einzige Umfrage gibt, die den Republikaner als Sieger sehen. Allerdings muss auch festgestellt werden, dass Oz seinen Rückstand im Laufe des Sommers mehr als halbiert hat. Der jetzige Abstand von 3-4 % ist inzwischen zwar konstant, liegt aber gerade noch innerhalb der durchschnittlichen Fehlertoleranz der meisten Umfrageinstitute. Berücksichtigt man zudem noch die leichte Tendenz Pennsylvanias bei Kongresswahlen etwas stärker republikanisch zu wählen als der Landesdurchschnitt, können sich die Demokraten noch nicht sicher sein, am Ende auch tatsächlich diesen Sitz um US-Senat erobern zu können.

Dennoch, Fetterman ist in Pennsylvania leicht favorisiert und das aussichtsreichste Rennen der Demokraten in diesem Sinne. Der TV-Debatte zwischen Fetterman und Oz könnte am 25. Oktober tatsächlich eine entscheidende Bedeutung zukommen.

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