Montag, 3. Oktober 2022

Republikaner Johnson in Wisconsin unter Druck

Wollen die Republikaner die Mehrheit im US-Senat erlangen, müssen sie neben der Eroberung eines demokratischen Sitz auch alle eigenen Sitze verteidigen. Andernfalls müssten weitere Sitze dazugewonnen werden, was allerdings hinreichend schwierig ist. Da mit Pennsylvania bereits ein Bundesstaat an die Demokraten gehen könnte, dessen Sitz zuvor durch einen Republikaner gehalten wurde, wäre ein weiterer Verlust für die GOP kaum noch zu stemmen.

Im Bundesstaat Wisconsin rechnen sich die Demokraten Chancen aus, einen solchen Erfolg gegen den republikanischen Amtsinhaber Senator Ron Johnson setzen zu können. Die Aussichten, dass dies auch gelingen wird, schienen im Laufe des Sommers allerdings schon mal besser gewesen zu sein.


Wisconsin wählt wechselhaft

Wisconsin kann durchaus als Swing State betrachtet werden, wobei die Stärke der Republikaner bei den Wahlen zum US-Repräsentantenhaus liegen. Während die Demokraten in und um die Großstädte Milwaukee und Madison punkten können, sind die ländlichen Regionen fest in der Hand der Republikaner.

Bei Präsidentschaftswahlen wurden in Wisconsin zuletzt sehr knappe Ergebnisse verzeichnet. Im Jahr 2020 konnte Joe Biden gegen Trump hauchdünn mit etwa 0,6 % Vorsprung gewinnen. Vier Jahre zuvor konnte Donald Trump die 10 Wahlmännerstimmen mit etwa 0,8 % Vorsprung gegen Hillary Clinton holen. Ansonsten wählte Wisconsin über Jahrzehnte demokratisch.

Wesentlich abwechslungsreicher fielen die Ergebnisse bei Gouverneurswahlen aus. Hier hat es im Prinzip immer wieder Wechsel zwischen Demokraten und Republikaner gegeben. 

Die zwei aktuellen Senatssitze für den US-Kongress halten aktuell die Demokratin Tammy Baldwin, die 2018 mit knapp 11 % Vorsprung gewann und der nun im November zur erneuten Wiederwahl stehende republikanische Senator Ron Johnson.


Der republikanische Amtsinhaber - Ron Johnson

Ron Johnson wurde 2010 erstmals für die Republikaner in den US-Senat gewählt. Ihm gelang es in einer für die Demokraten schwierigen allgemeinen Stimmungslage im Land den demokratischen Amtsinhaber Russ Feingold mit knapp 5 % Vorsprung aus dem Amt zu drängen.

Bei seiner ersten Wiederwahl 2016 wurde Johnson durch seinen Vorgänger herausgefordert und konnte Feingold erneut bezwingen. Sein Vorsprung betrug dabei 3,4 %.

Nun will Johnson für eine weitere Wahlperiode die Interessen Wisconsins in Washington vertreten und erhielt bei den republikanischen Vorwahlen 83,7 %.

Ron Johnson portrait 117th Congress
Ron Johnson
US Senate Photographic Studio, Public domain


Dass der 67-jährige Ron Johnson um seine erneute Wiederwahl bangen muss hat im Kern zwei wesentliche Gründe. Er gilt laut einer Umfrage von Morning Consult aus März 2022 nach Mitch McConnell als einer der unbeliebtesten Senatoren. Seine Kritiker werfen ihm vor, dass er nicht genügend für die Interessen Wisconsins eintritt und eher die eigenen im Blick habe.

Die links-progressive Zeitung The American Independent führte dazu aus, dass Johnson für einen Gesetzesantrag zu Steuerentlastungen votierte, von denen insbesondere auch sehr reiche Personen profitierten, ihn selbst eingeschlossen. Zugleich unterstützte er Pläne, nach denen die Steuern für niedrige Einkommen erhöht werden sollten. Johnson sei der Auffassung, dass die Topverdiener bereits einen auskömmlichen und gerechten Anteil zahlten.

Zudem setzte er sich nicht für den Erhalt von rund 1000 Arbeitsplätzen eines in Wisconsin gegründeten und ansässigen Unternehmens ein. Das Unternehmen investierte und verlagerte sie stattdessen nach South Carolina. Johnson hielt dagegen, dass es nicht seine Aufgabe sei, sich in die Unternehmensentscheidungen einzumischen.

Im Wahlkampf versucht Johnson nun insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung Wisconsins in den Fokus zu nehmen, wobei er den Ansatz verfolgt, dass Steuersenkungen und der Abbau von Regularien zur Ansiedlung von mehr und besseren Arbeitsplätzen führen sollen.


Der demokratische Herausforderer - Mandela Barnes

Mandela Barnes zeichnet im Wahlkampf das Bild eines Kandidaten, der aus schwierigen aber geordneten Verhältnissen in Wisconsin aufgewachsen ist und sich seinen Aufstieg in politische Spitzenämter erarbeitet hat. Die gewerkschaftsnahen Eltern haben als Lehrkraft und Fabrikarbeiter eine solide Basis für den 1986 in Milwaukee geborenen Sohn gelegt und begleiten ihn auch in diesen Wochen des Wahlkampfs.

Barnes präsentiert sich persönlich, nahbar, familiär und steht mit seinen 35 Jahren auch für einen Generationenwechsel. Trotz eines eher gemäßigten Auftretens steht Barnes inhaltlich klar für progressive Themen, die wohl dosiert auch der politischen Mitte schmackhaft gemacht werden sollen. Das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, Medicare for All, der Green New Deal, Wählerrechte und der Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt zählen in diesem Wahlkampf zu seinen Schwerpunkten.

MandelaBarnesSpeech
Mandela Barnes
Public Domain Dedication, CC BY-SA 4.0


Barnes politische Karriere begann 2013 als Abgeordneter im Unterhaus von Wisconsin. Nach einer erfolglosen innerparteilichen Kampagne für die Kandidatur für den Senat des Bundesstaats Wisconsin im Jahr 2016 gelang es ihm zwei Jahre später an der Seite von Tony Evers für das Amt des stellv. Gouverneurs von Wisconsin zu kandidieren. Das Duo Evers/Barnes gewann die Wahl knapp, Anfang 2019 wurde Barnes in das Amt eingeführt. Viel Zeit sollte nun offenbar nicht vergehen und so verkündete er im Sommer 2021 seine Kandidatur für den US-Senat als Herausforderer von Ron Johnson. Barnes gewann die demokratischen Vorwahlen knapp 78 % Zustimmung.

Barnes wäre im Falle eines Sieges der erste schwarze Senator aus Wisconsin, einem Bundesstaat mit ca. 82 % weißer Bevölkerung.


Umfragen sehen Johnson knapp vorn

Zwischen Johnson und Barnes wird es ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben. Nachdem der Demokrat in den Sommermonaten die Umfragen anführte, konnte der republikanische Amtsinhaber in den letzten Wochen wieder an Barnes vorbeiziehen. Im Durchschnitt liegt Johnson aktuell mit 2-3 % vorne. Da dieser Wert allerdings innerhalb der üblichen Fehlertoleranz liegt, sollte Barnes noch nicht voreilig abgeschrieben werden.

Dennoch bleibt festzuhalten, dass das Momentum aktuell nicht bei Barnes zu liegen scheint. Wisconsin wählt strukturell eher leicht zugunsten der Republikaner, im Vergleich zum durchschnittlichen Gesamtergebnis in den USA. Da die Stimmung im Land gemessen an den Umfragen zum Generic Congressional Vote ausgeglichen ist, müsste Barnes hier rein rechnerisch als Kandidat einige Prozentpunkte gegen Johnson aufholen. Da der Republikaner, wie bereits erwähnt, in Umfragen eher schwache Zufriedenheitswerte für einen Amtsinhaber erhält, könnte Barnes mit einem Kandidatenfaktor punkten. Ob dies ausreichend sein wird, werden wir ziemlich sicher erst in der Wahlnacht oder später erfahren.

Für die Demokraten ist es eine Chance, den Republikanern einen Sitz im US-Senat abzunehmen, anderenorts erscheint mir dieses Vorhaben aber etwas aussichtsreicher zu sein. Mit Pennsylvania, North Carolina und Florida schließe ich in den kommenden zwei Wochen die Vorschaureihe zu den einzelnen Bundesstaaten für die Wahlen zum US-Senat ab. Sollte noch ein Bundesstaat dazukommen, nehme ich ihn natürlich noch mit auf.

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