Dienstag, 25. Oktober 2022

Aktuelle Lage vor der Wahl zum US-Senat 2022

Stand: 07.11.22 (letzte Aktualisierung)

Auch heute Abend kämpfen Republikaner und Demokraten nochmal um jede Stimme, bevor ab morgen Mittag MEZ die Wahllokale an der Ostküste der USA öffnen. Rund 42,5 Mio haben ihre Stimme bereits im Rahmen des Early Votings abgegeben, ein Rekordwert für Midterm Elections.

Die Stimmung in beiden politischen Lagern könnte unterschiedlicher kaum sein. Die Republikaner können es kaum erwarten, den erhofften Machtwechsel im Kongress zu erreichen und blicken, hoch motiviert durch die aktuellen Umfragen, voller Zuversicht auf den Wahltag. Nicht wenige Republikaner hoffen zudem auf eine baldige Bekanntgabe der erneuten Kandidatur ihres Ex-Präsidenten Donald Trump. Dieser lancierte jüngst wieder entsprechende Meldungen, will aber offenbar noch den perfekten Zeitpunkt der Ankündigung abwarten.

Aus Sicht der Demokraten sind dies düstere Aussichten. Mit dem Gedanken, ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verlieren, haben sich einige wohl schon abgefunden. Je näher der Wahltag rückt, desto schwieriger scheint aber auch die Lage für den US-Senat zu werden. Ein vollständiger Machtverlust im Kongress, gefolgt von einer erneuten Trump-Kandidatur, würde die Demokraten vor größtmögliche Herausforderungen stellen. Allen voran die Frage, ob sie mit Joe Biden im Weißen Haus noch die besten Voraussetzungen für die kommenden zwei Jahre bis zur US-Präsidentschaftswahl 2024 haben. Ein Präsident, der wohl kaum noch Kompromisse mit einem republikanischen Kongress erzielen dürfte, wird nur schwer als Zugpferd für die teils demotivierten Demokraten fungieren können. Andererseits hat er Trump bereits schon einmal besiegen können und in zwei Jahren kann noch vieles passieren. Auch innerhalb der republikanischen Partei stößt eine neue Kandidatur des Ex-Präsidenten nicht nur auf Begeisterung, wie etwa die Äußerungen von Liz Cheney belegen, die bei einer erneuten Trump-Kandidatur eine Abspaltung innerhalb der Partei ins Spiel brachte und ihren Bruch mit den Republikanern ankündigte.


Umfragen lassen geringere Wahlbeteiligung der Demokraten vermuten

Aber so weit ist es noch nicht und auch auf Seiten der Demokraten haben längst nicht alle aufgegeben. Vielleicht gehen doch mehr ihrer Anhänger zur Wahl, als es die Umfragen prognostizieren. In vielen Meinungserhebungen ist erkennbar, dass die Ergebnisse für die Demokraten besser ausfallen, wenn alle Befragten lediglich registrierte Wählerinnen und Wähler sind. Werden dagegen nur die Ergebnisse derer Registrierter berücksichtigt, die auch tatsächlich wählen gehen wollen, steigen die Werte der Republikaner. Ohnehin ist die Wahlbeteiligung für Umfragen schwer einzuschätzen und entsprechende Unsicherheiten auch anteilig in die Fehlerquote eingerechnet. Wenn die Demokraten dann noch an einige Ergebnisse der Special Elections im Laufe diesen Jahres zurückdenken, so schöpfen sie doch Hoffnung.

Eine Einschätzung zur Situation im US-Repräsentantenhaus findet Ihr hier.


Kurzer Blick in die einzelnen Bundesstaaten

Für den Moment aber und basierend auf den Trend der Umfragen ist festzustellen, dass kurz vor der Wahl die Sorgen der Demokraten größer geworden sind. Ich hätte selbst nicht damit gerechnet, aber in New Hampshire hat es Don Bolduc tatsächlich geschafft, das Rennen gegen Maggie Hassan scheinbar offen zu gestalten. Die Demokratin liegt nur noch 1,5 % vor Bolduc.

Ebenso muss Mark Kelly in Arizona zittern, der in den Umfragen nur noch 1 % vor Blake Masters liegt. Raphael Warnock in Georgia, John Fetterman in Pennsylvania und Catherine Cortez Masto in Nevada - sie alle sehen einem Kopf-an-Kopf-Rennen am kommenden Dienstag entgegen. Vier von den fünf vorgenannten Demokraten müssen wohl gewinnen, wenn die Demokraten ihre Mehrheit im Senat halten wollen.

Gleichzeitig zeichnen sich auch keine Überraschungssiege ab. Mandela Barnes in Wisconsin scheint hier noch am aussichtsreichsten im Rennen zu liegen, nachdem Tim Ryan in Ohio zuletzt wieder deutlicher hinter dem Republikaner J.D. Vance lag. Aber auch Barnes liegt noch 2,5 % hinter Ron Johnson zurück.

Sollte es für die Demokraten ganz schlecht laufen, könnten auch noch die lange als sicher eingestuften Senatssitze von Patty Murray in Washington und Michael Bennet in Colorado gefährdet sein. Insbesondere Murray liegt in Umfragen nur rund 3 % vor ihrer republikanischen Herausforderin Tiffany Smiley.

Die Republikaner haben ihrerseits die Ausgangsposition in Florida mit Marco Rubio, in Utah mit Mike Lee und auch in North Carolina mit Ted Budd festigen können.


Die Ausgangslage vor den Midterm Elections 2022

Jeder Bundestaat hat im US-Senat zwei Stimmen. Von den 100 Senatorinnen und Senatoren werden alle zwei Jahre etwa ein Drittel neu gewählt. Bei den diesjährigen Midterm Elections werden insgesamt 35 Sitze neu vergeben.

65 Sitze stehen also nicht zur Wahl. Davon halten die Demokraten 36 Sitze (inkl. zweier Unabhängiger) und die Republikaner 29 (siehe 2. Balken des Diagramms).

In dem folgenden Diagramm wurden die beiden Sitze der Unabhängigen zur besseren Veranschaulichung direkt den Demokraten zugeordnet, was grundsätzlich auch dem Abstimmungsverhalten der beiden Senatoren Bernie Sanders aus Vermont und Angus King aus Maine entspricht.

Die Demokraten benötigen 50 Sitze für eine Mehrheit, da die amtierende Vizepräsidentin ihnen bei einem Patt die entscheidende Stimme gibt. Die Republikaner benötigen demnach aktuell 51 Sitze für eine Mehrheit.




Von den 35 neu zu wählenden Sitzen können aufgrund früherer Ergebnisse und aktueller Umfragen 8 Sitze relativ "sicher" den Demokraten und 15 Sitze den Republikanern zugeordnet werden.

Damit hätten die Demokraten und Republikaner jeweils 44 Sitze "sicher" (siehe 3. Balken).

Bleiben also noch 12 Sitze übrig, die in diesem Jahr voraussichtlich die Entscheidung über die Mehrheitsverhältnisse im US-Senat bringen werden.

Bei 7 der 12 offenen Sitze zeichnet sich eine Tendenz ab. Demnach könnten die Republikaner mit 5 und die Demokraten mit 2 weiteren Sitzen rechnen (siehe 4. Balken), wobei dies ausdrücklich nur eine Annahme darstellt. In 5 Bundesstaaten lässt sich kaum ein Prognose treffen, wobei auch diese nochmal unterschiedlich zu bewerten sind.


Übersicht der 35 neu zu wählenden Sitze

Die folgenden Tabellen zeigen die 35 Sitze, die in diesem Jahr neu gewählt werden. Tabelle 1 enthält die nach heutigem Stand und nach meiner Einschätzung 12 relevanten Bundesstaaten und Duelle. Tabelle 2 zeigt die übrigen 23 Sitze, die ich derzeit als relativ sicher für eine der beiden Parteien einstufe.


Tabelle 1: Bundesstaaten und Sitze mit offenen Wahlausgängen




Nehmen wir an, dass die Tendenzen der o.g. Bundesstaaten auch so eintreten, müssten die Demokraten noch vier und die Republikaner zwei der fünf offenen Sitze gewinnen.




Tabelle 2: Bundesstaaten und Sitze mit relativ sicherem Wahlausgang




Allgemeine Informationen zu den Kongresswahlen findet Ihr hier.


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