Donnerstag, 16. Januar 2020

Warren vs Sanders - Lügenvorwürfe und verweigerter Handschlag

Das war zu erwarten! Die Auftritte von Elizabeth Warren und Bernie Sanders bei der TV-Debatte der Demokraten in Iowa haben Ihre Wirkung nicht verfehlt. Die Zuschauer der Debatte mussten den Eindruck gewinnen, dass entweder Sanders oder Warren nicht die Wahrheit sagten. Sanders bestritt noch einmal nachdrücklich, dass er im Jahr 2018 gegenüber Warren gesagt hätte, eine Frau könne die Wahl gegen Trump 2020 nicht gewinnen. Warren dagegen bestätigte sinngemäß die Darstellung, die CNN einen Tag vor der Debatte veröffentlichte. Demnach hätte sie Sanders damals bereits widersprochen. So stellte es die Senatorin aus Massachusetts auch auf der Bühne in Des Moines dar.

Die Folgen der TV-Debatte und das Ende eines Nichtangriffspaktes


Nach der TV-Debatte kam es dann zu einer bemerkenswerten Verabschiedung. Sanders wollte Warren die Hand reichen, die aber stellte ihn zur Rede und verweigerte den Handschlag, der zur Begrüßung vor der Debatte noch erfolgte. Tonaufnahmen von CNN, die aber an dem Abend zunächst nicht zu hören waren, belegen nun den Verdacht, der sich dem Zuschauer schon beim Betrachten der Szene aufdrängte. Es ging um genau die eben beschriebene Situation in der TV-Debatte. Auf den Aufnahmen ist zu hören, dass Warren dem Senator vorhält, er habe sie im Fernsehen als Lügnerin bezeichnet und wiederholte diesen Vorhalt auf Sanders Nachfrage nochmal. Dieser wollte das in diesem Augenblick nicht ausdiskutieren und warf Warren seinerseits vor, sie habe ihn als Lügner bezeichnet. Dann brach er aber das Gespräch mit der Empfehlung ab, das nicht jetzt und an dieser Stelle besprechen zu wollen.

Den Videoausschnitt hat CNN mit den entsprechenden Tonaufnahmen veröffentlicht.




Dieser Streit ist für beide Seiten sehr heikel. Insbesondere Bernie Sanders steht unter Druck. Ich hatte schon während der TV-Debatte den Eindruck, dass seine Darstellung der Ereignisse nicht ausreichend war. Entweder hat er den Satz gesagt und versucht es nun zu leugnen oder kleinzureden. Oder er hat es nicht gesagt, dann hätte er aber Elizabeth Warren bereits während der Debatte deutlich schärfer angehen müssen und ihre Darstellung gezielt und ausdrücklich als unwahr bezeichnen müssen. So aber entstand der Eindruck, dass der Zuschauer nun selbst entscheiden solle, wer glaubhafter sei.

Für Warren scheint es derzeit eine gute Gelegenheit zu sein, gegen Sanders zu punkten. Inhaltlich sind sich beide so ähnlich, dass es auf dieser Ebene kaum Angriffspunkte gibt. Da beiden tatsächlich ein gutes Verhältnis nachgesagt wird, kommen grundsätzlich auch keine persönlichen Angriffe in Betracht. Auf diesem Wege, wie auch immer CNN an die Inhalte der Unterredung aus dem Jahr 2018 gekommen ist, steht aber erstmal der Vorwurf gegen Sanders im Raum. Warren bestätigt diesen nun auf Nachfrage ohne das Thema allzu hoch zu hängen. Das passiert schon automatisch durch die mediale Berichterstattung bzw. die Anhänger beider Wahlkampflager.


Demokraten können sich längeren Zwist nicht erlauben


Sorgen dürften sich nun aber beide Seiten machen. Denn sollte eine/r von beiden im Laufe der kommenden Monate aus dem Vorwahlrennen ausscheiden, ist die Wahrscheinlichkeit den jeweils anderen künftig zu unterstützen, durch die jüngsten Ereignisse sicher nicht gestiegen. Dem linken Lager der Demokraten könnte eine Spaltung drohen, wobei inhaltlich weitgehend Einigkeit besteht. Vieles hängt nun davon ab, wie Sanders und Warren nun mit der Situation umgehen. Kommt es tatsächlich zu dem vertagten klärenden Gespräch, bestünde für beide die Möglichkeit getrennt oder gemeinsam eine einheitliche Darstellung der Ereignisse zu veröffentlichen. Gelingt ihnen das nicht, ist der Imageschaden immens und der drohende Verlust an Glaubwürdigkeit zu groß, um zum Überholmanöver auf Joe Biden anzusetzen. Die Angelegenheit einfach weiter laufen zu lassen, dürfte wohl ebenso wenig erfolgreich sein.

Joe Biden kann sich zwar freuen, dass etwas Zwietracht unter seinen beiden ärgsten Verfolgern herrscht, blickt er aber auf die General Election im November, käme es auch für ihn darauf an, möglichst viele Wählerinnen und Wähler aus dem ihm nicht so nahen linken Lager zu erhalten. Eine zerstrittene und aufgrund von persönlichen Verletzungen demotivierte Partei könnte für Joe Biden zum entscheidenden Nachteil gegen den amtierenden Präsidenten werden.

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