Sonntag, 15. September 2024

Wenig Bewegung in Battleground States

Nach dem Wechsel an der Spitze der Demokraten von Biden zu Harris gab es relativ schnell erkennbare Veränderungen in den Meinungsumfragen, sowohl landesweit wie auch in den einzelnen umkämpften Bundesstaaten. Nach einigen Wochen aber stagnierten die Zahlen sowohl von Kamala Harris als auch von Donald Trump. Aktuell sind kaum nennenswerte Entwicklungen erkennbar. Landesweit liegt Harris im Schnitt rund 2 % vor Trump. Der Blick auf die entscheidenden Bundesstaaten zeigt weiterhin, dass sich ein völlig offenes Rennen abzeichnet.





Nach wie vor sieben Battleground States


Weder Harris, noch Trump haben es laut Umfragen in der Wählergunst geschafft, einen der sog. Swing States auf ihre Seite zu ziehen. In Pennsylvania, Georgia, North Carolina und Nevada liegen beide Kandidaten weniger als 1% auseinander. In Wisconsin und Michigan liegt Harris rund 1,5-2,8 % vor Trump, der wiederum in Arizona mit rund 1,5 % führt. Alle Werte liegen innerhalb der Fehlertoleranz, weshalb der Ausgang der Wahl in den betroffenen Bundesstaaten durchweg als offen betrachtet werden muss.



Kommen noch weitere umkämpfte Bundesstaaten dazu?


Ich habe in der vorgenannten Umfragenübersicht noch weitere Bundesstaaten aufgeführt, bei denen es möglich erscheint, dass sie während des Wahlkampfs ebenfalls noch zu Battleground States werden. Neu aufgenommen habe ich unter anderem die Bundesstaaten Iowa und Alaska. In solchen Bundesstaaten sind Umfragen sehr selten, umso spannender ist es, wenn wie in dieser Woche geschehen, mal eine Umfrage von meist lokalen Medien veröffentlicht wird.

Iowa, Alaska und Oregon


Laut Des Moines Register liegt Donald Trump in Iowa bei 47 %. Kamala Harris kommt demnach auf 43 % und liegt damit nur 4 Prozentpunkte dahinter. Kennedy, der in Iowa auf dem Wahlzettel erscheint kommt demnach auf 6 %.
Die 6 Electoral Votes aus Iowa gingen zuletzt zweimal an Donald Trump. 2020 hatte er 8,2 % Vorsprung vor Biden. Die grundlegende republikanische Wählerstruktur Iowas, das Ergebnis von vor vier Jahren und der weiterhin vorhandene Vorsprung Trumps in den Umfragen deuten daraufhin, dass es wahrscheinlich ist, dass Iowa auch in diesem Jahr wieder von Trump gewonnen wird. Sollte es jedoch noch eine zweite Umfrage geben, die einen noch geringeren Vorsprung Trumps aufweist, könnte Iowa in der Schlussphase des Wahlkampfs evtl. noch in den Fokus beider Kandidaten rücken.

Ähnlich verhält es sich mit Alaska. Laut einer Umfrage von Alaska Survey Research führt Trump mit 47 % zu 42 % vor Harris. Hier kommt Kennedy auf 4 %.
Die 5 Prozentpunkte Vorsprung für Trump sind weit weniger als die 10 %, die er 2020 vor Biden lag.
Während sehr optimistische Demokraten also auf Iowa und Alaska blicken, schauen die Republikaner auf Oregon. Biden hatte hier 2020 über 16 % Vorsprung auf Trump, der Bundesstaat gilt im Prinzip als sichere Bank für die Demokraten. Eine Umfrage der Hoffman Research Group sieht Kamala Harris allerdings nur rund 5 Prozentpunkte vor Trump. Diese Umfrage ist die aktuellste die vorliegt, allerdings muss einschränkend erwähnt werden, dass diese Meinungserhebung bereits 7 Wochen alt ist und damit kurz nach dem Wechsel von Biden zu Harris erhoben wurde.

Gibt Florida ein Comeback als Swing State?


Und dann sind da wie seit Monaten bekannt natürlich noch die Bundesstaaten Texas, Florida, Virginia, Minnesota, New Mexico und New Hampshire.

Virginia ist laut Umfragen auf dem Sprung zu "sicher Harris". Auch in Minnesota, New Mexico und New Hampshire liegt die Demokratin stabil vor Trump. In diesen vier Bundesstaaten hat sie Vorsprünge von 6,5-10,0 %.

In Texas dürfte sich Donald Trump auch wenig Sorgen machen. Durchschnittlich liegt der Republikaner hier 6 % vor Harris.

Etwas enger geht es dagegen schon in Florida zu. Hier ist Trumps Vorsprung auf 4 % zusammengeschmolzen. Trump hatte Florida 2020 mit 3,3 % vor Biden gewonnen. Es ist anzunehmen, dass der Republikaner den Bundesstaat seiner Wahlheimat wieder gewinnen wird, aber ähnlich wie in Iowa müssen die nächsten Umfragen genau beobachtet werden.
Florida ist für Trump praktisch ein Must-Win-State. Gehen die 30 Electoral Votes überraschend an die Demokraten, hätte Trump die Wahl bereits fast sicher verloren. In einem solchen Fall müsste Trump schon die vier wichtigsten Battleground States Pennsylvania, Georgia, North Carolina und Michigan sowie zwei der drei Bundesstaaten Arizona, Wisconsin und Nevada gewinnen, was in der Kombination mit einer Niederlage in Florida sehr unwahrscheinlich wäre.

Keine Veränderung bei Siegkombinationen


Ich gehe aber weiterhin von Trumps Sieg in Florida aus. Dies vorausgesetzt und angesichts weniger Veränderungen bei den Battleground States gibt es in dieser Woche letztlich auch keine Anpassungen bei der Übersicht, welche Bundesstaaten Harris und Trump gewinnen müssen, um ins Weiße Haus einzuziehen.


Dort habe ich die o.g. Veränderungen für Iowa, Alaska und Oregon eingepflegt. Sowohl Harris als auch Trump haben demnach weiterhin beide über 20 Siegkombinationen, wobei Pennsylvania mit seinen 19 Electoral Votes weiterhin der wichtigste Bundesstaat in der Reihe der offenen Battleground States bleibt. Laut Umfragen liegt Harris hier durchschnittlich mit 0,1 % vor Trump.

Gut sieben Wochen vor der Wahl könnte das Rennen also kaum offener und spannender sein.

Freitag, 13. September 2024

Trump lehnt weiteres TV-Duell ab - Was bringt die Taylor Swift Unterstützung

Inwieweit das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump tatsächliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben wird, kann man evtl. in den nächsten Tagen an den Umfragen ablesen, faktisch bleibt eine solche vermeintliche Feststellung aber auch immer etwas spekulativ.
Sicher ist, dass es kein weiteres Aufeinandertreffen zwischen Harris und Trump geben wird. Der Republikaner hat heute über "Truth Social" mitgeteilt, dass er nicht nochmal eine solche Debatte mit Kamala Harris führen wird.

Für die Demokraten ist damit zumindest die Taktik aufgegangen, die sie in dieser Frage seit Wochen verfolgten. Trump hatte zunächst drei Duelle gegen Harris vorgeschlagen, die aber zunächst nur einem zustimmte. Dieses TV-Duell hat nun stattgefunden und Harris hat gut abgeschnitten. Die Demokraten forderten direkt nach dem Duell, noch eine zweite Debatte zwischen den beiden Spitzenkandidaten, nun aber macht Trump einen Rückzieher von seinem ursprünglichen Angebot und lehnt eine erneute Debatte gegen Harris ab.
Ob es evtl. noch ein anderes Format, z. B. ein sog. "Town Hall" geben wird, an dem beide Kandidaten sich gleichzeitig in einem Studio, den Fragen des Publikums stellen, ist fraglich und aus meiner Sicht eher unwahrscheinlich. Eher werden beide einzeln in einem solchen Format auftreten.


Umfragen sehen Harris als Siegerin des TV-Duells


Kamala Harris hat in dem TV-Duell praktisch all ihre Ziele erreicht. Aufgabe war es, sich selbstbewusst und argumentativ stark zu präsentieren und dabei nicht zu negativ oder verbissen zu wirken. Die Zuschauer sollten schlicht einen positiven bis leicht überraschten Eindruck von ihr bekommen. Das ist ihr zweifelsohne gelungen. Dass es dabei auch noch gelungen ist, stilistisch einen Kontrast zu Donald Trump darzustellen, lag auch daran, dass Trump den Abend über eher verärgert wirkte. Beide warfen sich gegenseitig reichlich Versäumnisse und Negatives vor, Trump aber verpasste es, die positive Botschaft einer möglichen zweiten Amtszeit zu transportieren.
Harris hat konkrete inhaltliche Vorwürfe gegen Trump vorgebracht und diese meist mit der positiven Botschaft verknüpft, dass es mit ihr so nicht kommen werde. Sie konnte es sich dabei erlauben, an vielen Stellen auch inhaltlich vage zu bleiben. Dass dies Trump nicht gelungen ist, lag daran, dass er bereits beim ersten Schritt vage blieb, deutlich mehr Unwahrheiten platzierte und letztlich nur mit der alles erschlagenen Botschaft aufwartete, dass Harris das Land zerstören werde und er als der beste Präsident aller Zeiten, nur Positives bringen werde. Wem dies inhaltlich reicht, war vorher schon auf der Seite Trumps, wer noch unentschieden war, hat hier kein neues Angebot vom Republikaner erfahren.

Für Harris war es weniger wichtig, konkrete inhaltliche Vorhaben detailliert vorzutragen. An einigen Stellen hat sie das getan, aber nicht zu häufig. Die Dosis war letztlich richtig. Weniger konkret hätte es nicht sein dürfen, da dann kein Unterschied zu ihrem Kontrahenten in dieser Frage erkennbar gewesen wäre. Deutlich mehr Inhalte wären zu viel gewesen, da dann die Angriffe gegen Trump zu kurz gekommen wären und er dann seinerseits viel häufiger in die Offensive hätte gehen können. Es ist eben sehr schwierig, gegen einen Donald Trump zu debattieren, wenn man sich zu sehr auf detailgenaue Sachdarstellungen konzentriert. Am Ende zählt dann doch auch immer ein wenig der subjektive Eindruck, den ein solcher Abend bei den Zuschauern hinterlässt. Wenn Harris ständig in Grund und Boden runtergeredet worden wäre und sie ihrerseits nur sachliche Antworten gegeben hätte, wäre das Bild über den Verlauf der Debatte ein anderes gewesen. So war Trump etwas mehr in der Defensive als ihm lieb war und die Art der Angriffe auf ihn waren präziser als die meisten eigenen, die er in Richtung der Demokratin platzierte.

Was viele Zuschauer und Beobachter als Bauchgefühl nach dem TV-Duell hatten, belegen auch die Umfragen, die sich konkret mit der Frage beschäftigten, wer besser bei dem Rededuell abgeschnitten habe.
Die Behauptung Trumps, dass alle Umfragen ihn als Sieger sehen würden, ist schlicht falsch. Das Gegenteil ist der Fall.

Eine YouGov Umfrage mit 2166 Teilnehmenden (alles registrierte Wählende) zeigt, dass 54 % Harris als Siegerin sehen, Trump sagen 31 % vorne.
Eine CNN Umfrage mit 605 Teilnehmenden (alles registrierte Wählende) ergab, dass Harris 63 % vorne sahen, während 37 % Trump besser sahen.
Und auch die konservative New York Post mit einer Umfrage über Leger mit 1002 erwachsenen Befragten ergab, dass Harris 50 % vorne sahen, während Trump nur auf 29 % kam.
Hinzu kommen noch weitere Umfragen, die sowohl von Demokraten (Blueprint) als auch von Republikanern (Trafalgar) in Auftrag gegeben wurden. Beide sehen Harris ebenfalls als Siegerin, wenn auch mit deutlich unterschiedlichen Ergebnissen.

Mit der Behauptung, dass alle Umfragen ihn als Sieger sehen, liegt Trump also falsch. Worauf er sich bezieht, sind Ergebnisse von Umfragen, die bei Weitem nicht die erforderlichen Kriterien erfüllen, um als seriös angesehen zu werden.
Zwei Beispiele, auf die Trump sich noch am Abend nach dem Duell bezog. Eine Newsmax-Umfrage ergab, dass 92 % Trump als Sieger sahen, während Harris nur auf 7% kam. Hierzu muss festgestellt werden, dass Newsmax ein rechtspopulistischer Meinungssender ist, der seine Zuschauer nach einer Bewertung gefragt hat. An dieser Stelle wäre also eher die Frage zu stellen, wie Kamals Harris auf 7% kam. Bei YouGov, CNN, New York Post oder auch den eher parteinahen Blueprint und Trafalgar, wird natürlich auf eine ausgewogene Zusammenstellung der Befragten geachtet. Also in etwa zu gleichen Anteilen Demokraten und Republikaner sowie auch einige Unabhängige. Das ist bei Newsmax nicht der Fall gewesen.
Ähnlich verhält es sich bei einer zweiten Umfrage, auf die sich Trump bezog. Es ging hierbei um eine Meinungserhebung des Senders C-SPAN. Der Sender ist zwar nicht parteiisch oder neigt zu einer besonderen Ausrichtung, dennoch kann diese Umfrage nicht als repräsentativ angesehen werden. 80 % sahen hier Trump als Sieger. Hier wurde aber lediglich ein Link über X geteilt und jeder Mensch konnte weltweit mit abstimmen. Jedes Wahlkampfteam oder jeder einzelne Nutzer konnte also Einfluss darauf nehmen und gezielt in einem parteiischen Interessentenkreis auf diese Abstimmung aufmerksam zu machen.
Umfragen, die nicht den üblichen Kriterien an Neutralität und Objektivität entsprechen, sind entsprechend wertlos. Solche Umfragen werden hier im Blog auch nie mit aufgeführt.


Taylor Swift als Spin Doctor


Warum aber ist den Kandidaten so daran gelegen, auch als starke Gewinner eines solchen Duells angesehen zu werden. Schließlich könnten sie sich auch einfach darauf verlassen, dass diejenigen, die sie überzeugt haben, bei der Wahl auch für sie stimmen werden. Da spielt es ja keine Rolle, ob sie ein TV-Duell gewonnen oder verloren haben, unabhängig von der Frage, wie stark überhaupt ein solches Duell Einfluss auf das Wahlverhalten nimmt.
Bei dieser Frage müssen die Unentschlossenen in den Fokus genommen werden. Die Unentschlossenen, die sich noch nicht für Harris oder Trump bei der Wahl am 05. November entschieden haben und von diesem Personenkreis insbesondere auch diejenigen, die sich auch nach dem TV-Duell nicht ganz sicher waren, wer ihnen besser gefallen hat. An diese Personen richten sich Kandidaten und ihre Unterstützenden, wenn sie nach einem TV-Duell Einfluss darauf nehmen wollen, wie die öffentliche Meinung eine solche Debatte beurteilt. Denn wer wie oben beschrieben im doppelten Sinne unentschlossen ist, könnte sich ja noch davon überzeugen lassen, wie denn die breite Öffentlichkeit die beiden Kandidaten gesehen hat. Personen, die diese öffentliche Meinung lenken wollen und das Bild des Abends noch den in ihrem Sinne richtigen Anschein geben wollen, nennt man Spin Doctors.

Ob genau so gewollt oder nicht, Taylor Swift wurde an diesem Abend zu einem besonders wichtigen Spin Doctor, wenn auch sie nicht klassicherweise diese Funktion im engeren Sinne erfüllt. Aber mit ihrer Unterstützungszusage für Kamals Harris verknüpft eben mit dem Auftritt beim TV-Duell sorgte die Sängerin bei ihrem Publikum natürlich dafür, dass der Harris-Auftritt auch entsprechend positiv wahrgenommen wurde.


Was kann die Unterstützung Taylor Swifts bewirken?



Dass die Demokraten grundsätzlich eine stärkere Bindung an die Musik- und Filmbranche haben, ist bekannt. Taylor Swift ist aber doch allein schon aufgrund ihrer aktuellen Popularität und ihrer potenziellen Reichweite etwas Besonderes.
Bei Instagram folgen ihr 284 Mio Menschen. Den o. g. Beitrag mit der Unterstützung für Kamala Harris haben bereits über 10 Mio ihrer Follower geliked. Eine solche Reichweite erzielt man auch als Präsidentschaftskandidat in den USA mit kaum einer noch so teuren Werbemaßnahme.

Um es klar zu sagen, nur weil sich Taylor Swift für Kamala Harris ausgesprochen hat, wird kein Trump-Wähler nun ins Grübeln kommen. Die Harris-Fans hätten diesen Anschub ebenfalls nicht gebraucht. Und ob sich Unabhängige hiervon beeinflussen lassen, bleibt auch fraglich. Was aber die Swift-Unterstützung für Harris so wertvoll macht, ist der Zugang zu einem Personenkreis, den politische Vertreter in diesem Umfang nicht haben. Wenn also von den vielen Millionen Fans, die Swift in den USA hat, auch nur ein Bruchteil sich nun zur Wahl registrieren lässt und dann auch die Stimme für Harris abgibt, könnten das am Ende einige Tausend Stimmen sein, die bei besonders eng umkämpften Bundesstaaten sehr wertvoll werden könnten. Es ist also letztlich eine zusätzliche mehr als ordentliche Mobilisierungschance von in diesem Fall meist jungen Menschen, die sich bislang nicht für Politik interessierten.
Die New York Times hat ermittelt, dass der Link, den Swift in ihrer Instagram Story zur Wahlregistrierung veröffentlicht hat, über 400.000 Mal angeklickt wurde. Die üblichen täglichen Zugriffszahlen liegen demnach bei insgesamt 30.000. Ob diese Klicks aber zu tatsächlichen Registrierungen geführt haben, kann nicht gesagt werden.

Grundsätzlich ist aber letztlich der tatsächliche Wert solcher Unterstützungen nur schwer messbar. Kamala Harris und die Demokraten werden sich aber so oder so freuen, denn geschadet haben, dürfte ihnen der prominente Support ganz sicher nicht.


Montag, 9. September 2024

Harris und Trump vor TV-Duell

Das erste und möglicherweise auch einzige TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump ist der vorläufige Höhepunkt in diesem Wahlkampf. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch treffen Harris und Trump im National Constitution Center in Philadelphia, Pennsylvania erstmals direkt aufeinander.

Im deutschen Fernsehen wird die Debatte auf Phoenix oder Das Erste ab ca. 02:50 Uhr übertragen und übersetzt. Im Original wird es von ABC News übertragen, Beginn um 03:00 Uhr deutscher Zeit.


Das Duell wird 90 Minuten andauern, ein Studiopublikum ist nicht erlaubt. Die Kandidaten dürfen keine Aufzeichnungen mitbringen, sich aber während des Auftritts Notizen machen. Eröffnungsstatements sind nicht vorgesehen, dafür erhalten aber beide jeweils zwei Minuten für ihre Schlusserklärungen. Das Mikrofon wird stummgeschaltet für diejenige oder denjenigen, die oder der gerade nicht spricht.
Für jede Fragen erhalten beide Kandidaten etwa 2 Minuten Zeit zur Beantwortung, danach folgt eine Minute mit Nachfragen seitens des Moderatorenteams David Muir und Linsey Davis.


Für Harris steht mehr auf dem Spiel


Der etwas größere Druck im TV-Duell scheint derzeit auf Kamala Harris zu lasten. Zwar ist ihr und den Demokraten in den vergangenen 6 Wochen ein Stimmungsumschwung in den Umfragen gelungen, dieser reichte aber noch nicht aus, um Donald Trump mit dem Rücken an die Wand zu stellen. Harris hat es geschafft, das Rennen wieder komplett offen zu gestalten, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Donald Trump dagegen konnte sich nach dem anfänglichen Absacken in den Umfragen wieder fangen. Ohnehin sind seine Umfragewerte auch gar nicht so sehr in den Keller gegangen, es war vielmehr so, dass Harris Werte im Vergleich zu Joe Biden deutlich nach oben gegangen sind.

Beide liefern sich in den Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die sieben offen Battleground States sind unverändert umkämpft. Nirgends ist eine derartig klare Tendenz erkennbar, dass ein Bundesstaat bereits auf die Seite von Harris und Trump gerechnet werden kann.

Es ist aber gerade Kamala Harris, die nun die evtl. sogar einzige Chance der direkten Konfrontation mit Trump nutzen muss. Trump ist bekannter als die Demokratin, seine inhaltlichen Positionen sind bekannt. Der Republikaner kann also weit weniger gewinnen und verlieren. Auf Harris wird geachtet. Für einige Zuschauer ist sie immer noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, hier zählt vor Allem der erste Eindruck, den sie hinterlassen kann. Hierbei wird es auch darauf ankommen, ob sie schlagfertig und klar argumentieren kann. Anders als bei ihren Reden auf Wahlkampfveranstaltungen oder dem Parteitag, muss sie frei und auf sich gestellt antworten. Dass sie das ohne weiteres kann, hat sie vor vier Jahren beim TV-Duell gegen Mike Pence oder auch bei einigen TV-Debatten der Demokraten während der Vorwahlen 2020 gezeigt. 90 Minuten gegen Donald Trump, auf die sich momentan der gesamte Wahlkampf fokussieren, sind aber nochmal ein anderes Kaliber.


Trump ist bei Wirtschaft und Einwanderung noch im Vorteil


Auch inhaltlich wird es für Harris herausfordernd. Sie muss eine Balance zwischen positiver Zukunftsvision und ernsthafter Auseinandersetzung mit Problemen aus der gemeinsamen Regierungszeit mit Joe Biden finden. Es ist nicht so, als hätte die Biden-Harris Regierung keine Erfolge vorzuweisen gehabt, die beiden wichtigsten Themen des Wahlkampfs sind aber die Wirtschaftspolitik in Verbindung mit der Inflation sowie die (illegale) Einwanderung. In beiden Themenfeldern werden Trump bessere Werte zugeschrieben. Harris wird also konkrete Antworten und Ankündigungen in diesen Themenbereichen präsentieren müssen, will sie hier inhaltlich überzeugen und Trumps Vorteil wettmachen. Gelingt ihr das, kann sie als Gewinnerin aus dem Duell hervorgehen, denn in den weiteren Themenbereichen Abtreibung, Sicherung der Demokratie und teilweise auch der Außenpolitik, werden ihr bessere Werte zugeschrieben.

Für Donald Trump wird es im Kern drei Aufgaben geben. Für ihn wäre es hilfreich, wenn er ähnlich ruhig wie im ersten Duell gegen Joe Biden agiert. Dass er attackieren und austeilen kann, weiß jeder. Die noch unentschlossenen Wählerinnen und Wähler konnte er mit dieser Art aber noch nicht überzeugen. Gleichwohl muss Trump aber auch in der Offensive bleiben. Bei den vorgenannten Themen Wirtschaft und Einwanderung wird er gegen Harris punkten wollen. Hier muss der Republikaner die Oberhand behalten und etwas mehr aus sich heraus kommen, da er hier die Mehrheit der amerikanischen Wählerschaft hinter sich weiß.

Aber es gibt eben auch die für Trump heiklen Themen. Beim Thema Abtreibung wird irgendwie eine Position finden müssen, von der er meint, profitieren zu können. Kamala Harris wird ihm kein Zaudern in der Frage durchgehen lassen, bzw. will sie im Prinzip auch gar keine moderate Festlegung von Trump gelten lassen. Sie wird versuchen, die Zuschauer davon zu überzeugen, dass unter Trump keine Frau mehr sicher sein kann, selbst die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch treffen zu dürfen. Geht es nach konservativen Hardlinern bei den Republikanern wollen sie genau das auch von Trump hören. Da dieser jedoch weiß, dass ihm das wichtige Stimmen in der politischen Mitte insbesondere bei Frauen kosten kann, wird er es vermeiden, sich so klar zu positionieren. Ob er sich hier dann überhaupt festlegen wird, ist auch eine Frage, wie hartnäckig die Moderaten hier nachfragen werden. 


Zweites TV-Duell ungewiss


Ob es nach diesem TV-Duell noch ein weiteres Aufeinandertreffen geben wird, ist ungewiss bis leicht unwahrscheinlich. Trump hatte dies bereits vorgeschlagen, seitens der Demokraten, ist dieser Gedanke aber bislang nicht weiter vorangetrieben worden.
Sicher ist, dass die beiden Vizekandidaten Tim Walz und JD Vance am 01.10. in New York City aufeinandertreffen werden.

Dienstag, 3. September 2024

Harris sucht am Labor Day Nähe zu Gewerkschaften

Am heutigen Montag wurde in den USA der Labor Day gefeiert, ein Feiertag der Arbeiterbewegung, ähnlich dem des 1. Mai in Deutschland. Für die Wahlkämpfenden ist dies kein Tag, um sich auszuruhen. Insbesondere von Kamala Harris wird erwartet, dass sie um die Zustimmung der Arbeiter in den Rust Belt Staaten kämpft.
Es ist nicht so, dass Donald Trump nicht auch auf deren Stimmen blicken würde, aber die Demokratin weiß die wichtigen Gewerkschaften hinter sich und so wird von ihr auch ein besonderer Einsatz erwartet. Um den Wahlaufruf der Gewerkschaften auch zu folgen, müssen die Arbeiter auch entsprechend überzeugt werden.

Joe Biden hatte 2020 die Arbeiterbewegung weitgehend hinter sich und so ließ er es sich trotz schwacher Zustimmungswerte auch nicht nehmen, heute erstmals direkt mit Kamala Harris auf einer Wahlkampfveranstaltung aufzutreten. Nachdem Harris in Michigan schon gemeinsam mit Gretchen Whitmer auftrat, trafen Biden und Harris in Pittsburgh, Pennsylvania insbesondere auf Vertreter der Stahlarbeiter.

Sowohl Joe Biden als auch Donald Trump hatten sich gegen den ausländischen Kauf der Stahlwerke in Pennsylvania und die Übernahme von U.S. Steel gestellt und Kamala Harris tat dies heute erwartungsgemäß auch. Gegen den Verkauf protestierte auch die siebtgrößte Gewerkschaft in den USA, die United Steelworkers (USW) mit Sitz in Pittsburgh.
Der japanische Stahlkonzern Nippon Steel hatte im Dezember 2023 gut 14 Mrd US-Dollar für die Übernahme von U.S. Steel geboten. Im Frühjahr diesen Jahres stimmten die Aktionäre von U.S. Steel dem Verkauf zu. Gegen Ende diesen Jahres soll der Verkauf dann besiegelt werden. Vor wenigen Tagen kündigte Nippon an, rund 1 Mrd. US-Dollar ist das US-Stahlwerk Mon Valley Works in Pennsylvania zu investieren.
Joe Biden erklärte im April, dass die geplante Übernahme ein Risiko für die nationale Sicherheit darstellen würde. Er wolle zudem die US-Regulierungsbehörden dazu nutzen, den Deal zum Scheitern zu bringen. Nippon Steel beauftragte den von Trump berufenen früheren republikanischen US-Außenminister Mike Pompeo als Berater in dieser Angelegenheit.
Die Gewerkschaft USW vertraut weder der japanischem Nippon-Konzern, noch der Leitung von U.S. Steel Dave Burritt und verweist auf gebrochene Versprechen.

Kamala Harris kann auf eine ganze Reihe an Unterstützungen aus den Reihen der Gewerkschaften bauen. Mit der National Education Association, der Service Employees International Union, der American Federation of State, County and Municipal Employees, den United Food and Commercial Workers, den United Auto Workers, den United Steelworkers, der American Federation of Teachers gehören die größten Gewerkschaften der USA zu den Unterstützenden von Kamala Harris. Diese allein haben zusammen bereits rund 13 Mio Mitglieder.
Eine Spitzengewerkschaft hat sich in diesem Jahr aber nicht für die Demokraten ausgesprochen. Die Teamster, die prominenteste Gewerkschaft für LKW-Fahrer und Lagerarbeiter hat weder eine Wahlempfehlung für Harris, noch für Trump ausgesprochen.

Montag, 2. September 2024

Trump sucht nach Haltung beim Thema Abtreibung

Während sich Kamala Harris in ihrem Interview bei CNN für Positionswechsel bei verschiedenen Themen im Laufe ihrer politischen Laufbahn erklären musste, hat Donald Trump aktuell beim Thema Abtreibung das Problem, eindeutig wahrgenommen zu werden.

Trump galt bei diesem Thema nie als konservativer Hardliner, der möglicherweise auch aus religiösen oder moralischen Gründen hier eine Position entwickelte. Er wirkt bei diesem Thema eher etwas getrieben, einerseits von erzkonservativen Kräften seiner eigenen Partei und andererseits von der öffentlichen Mehrheitsmeinung in den USA, die allzu restriktive Gesetze ablehnt.

Trump hatte sich für ein Abtreibungsverbot nach der 20. Schwangerschaftswoche ausgesprochen. Er besetzte den Supreme Court so, dass dort eine Mehrheit von prinzipiellen Abtreibungsgegnern möglich wurde, die dann auch das Grundsatzurteil aufhoben, dass landesweit Abtreibungen erlaubte. Demnach sollten die einzelnen Bundesstaaten künftig entscheiden, ob Abtreibungen legal vorzunehmen sind. Seitdem haben zahlreichen Bundesstaaten Abtreibungen verboten oder stark eingeschränkt.

Trumps jüngste unklare Positionierung hierzu machte sich an seinem Heimatbundesstaat Florida fest. In Florida sind Schwangerschaftsabbrüche bis zur 6. Woche erlaubt. Nun gibt es eine Abstimmung darüber, das restriktive Gesetz zu lockern. Am Mittwoch erklärte Trump gegenüber Fox News, dass er für eine Lockerung stimmen wolle. Am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania verkündete er jedoch, dagegen zu stimmen und sprach sich für die 6-Wochen-Grenze aus.


Die Demokraten werfen Trump immer wieder vor, ein landesweites Abtreibungsverbot durchzusetzen, sollte er die Möglichkeit dazu erhalten. Trump selbst hat dies bislang aber verneint. Insofern spekulieren die Demokraten darauf, dass sie bei diesem Thema einen hohen Zuspruch erhalten, indem sie vor den möglichen Folgen einer Trump-Wahl und republikanischen Mehrheiten im Kongress warnen. Eine klare Haltung würde Trump hier sicherlich helfen, dem zu entgegnen. Dass er hier aber als nicht berechenbar und teilweise unglaubwürdig wahrgenommen wird, liegt nicht nur an seiner unklaren Position, sondern auch an seinen faktisch falschen Behauptungen zu diesem Thema.

Trump wirft den Demokraten immer wieder vor, dass sie es in einigen Bundesstaaten ermöglicht hätten, Babys auch nach der Geburt noch legal exekutieren zu lassen. Leider ist es inzwischen keine Selbstverständlichkeit mehr, anzunehmen, dass diese Aussage von niemanden geglaubt wird, daher auch hier nochmal die Klarstellung: In keinem Bundesstaat der USA ist es erlaubt, Kinder nach der Geburt zu töten.

Richtig ist, dass es einige Bundesstaaten wie z. B. Minnesota gibt, die nahezu keine Einschränkungen vorsehen. So sind Abtreibungen grundsätzlich in allen Phasen der Schwangerschaft möglich. Kern dieser Gesetze ist, dass die Entscheidungshoheit darüber aber bei den Betroffenen Müttern in Absprache mit Ärzten liegt und nicht bei politischen Entscheidungsträgern oder Richtern.