Donnerstag, 26. September 2024

Weshalb sieben Bundesstaaten weiter als offen gelten - Umfragen im Vergleich zu 2020

In diesem Jahr sind seit dem Kandidatenwechsel bei den Demokraten und den damit einhergegangenen Veränderungen in den Umfragen kaum größere Schwankungen im Stimmungsbild zu erkennen. Die sieben Battleground States Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, North Carolina, Georgia, Arizona und Nevada sind ausweislich der durchschnittlichen Umfragewerte weiterhin alle als offen zu betrachten. Weder für Harris, noch für Trump kann eine klare Tendenz in diesen Bundesstaaten erkannt werden. Neue Bundesstaaten, etwa Florida, Minnesota oder Texas haben den Wechsel ergänzend zu den sieben vorgenannten Swing States noch nicht erreicht.


Fehlertoleranz und Abweichungen aus 2020

Weshalb die sieben Battleground States trotz durchschnittlicher Umfragewerte teilwesie zwischen 2-3 % für Harris oder Trump weiterhin als offen zu betrachten sind, liegt auch an der Fehlertoleranz (Margin of Error), die je nach Umfrage, Quelle und Anzahl der Teilnehmenden meist zwischen 3-4 % liegt und den Erfahrungen aus dem Jahr 2020, auch wenn damals Biden korrekt als Sieger prognostiziert wurde. 

Die folgende Tabelle soll dies verdeutlichen. Die Errechnung der durchschnittlichen Umfragewerte für 2020 und heute stammen aus diesem Blog. Auf anderen Seiten können hierzu abweichende Werte gefunden werden, was daran liegt, dass andere, weniger oder mehr Umfragen berücksichtigt werden.


Zur besseren Ansicht auf dem Smartphone bitte das Querformat oder die Webansicht des Blogs nutzen.


blau = Dem
rot = Rep

ø Vorsprung
lt. Umfragen
kurz vor Wahl
2020 in %
Vorsprung
gem.
Wahlergebnis
2020 in %
Fehler-
differenz
ø Vorsprung
lt. Umfragen
heute für Wahl
2024 in %
Pennsylvania4.61,23,41,4
Georgia0,50,30,21,7
Arizona1,50,41,10,7
Michigan7,62,84,82,7
North Carolina1,41,32,70,8
Wisconsin8,00,67,42,4
Nevada4,42,42,01,2
Florida2,43,45,84,0
Texas1,55,64,14,8
Minnesota7,47,10,35,5
landesweit6,84,42,42,9


Es sind im Wesentlichen drei Punkte erkennbar.

  • In sechs von zehn Bundesstaaten lag die tatsächliche Fehlerdifferenz zwischen durchschnittlichen Umfragen und dem Wahlergebnis innerhalb einer Fehlertoleranz von bis zu 4 %. (Spalte Fehlerdifferenz), während z. B. für Wisconsin (wie auch schon 2016) und Florida deutliche Abweichungen erkennbar sind.
  • Im Durchschnitt wurde der Abstand zwischen Joe Biden und Donald Trump 2020 in allen Bundesstaaten als zu positiv für die Demokraten eingeschätzt. (Farbe blau in der Spalte Fehlerdifferenz).
  • Die aktuellen Abstände zwischen Harris und Trump liegen in allen aktuellen sieben Battleground States innerhalb der allgemeinen Fehlertoleranz und auch im Vergleich zu 2020 meist unter dem Wert der tatsächlichen Fehlerdifferenz (Ausnahme Georgia).
Da die Umfrageinstitute und -quellen fortlaufend versuchen, Veränderungen und Verbesserungen in ihren Umfrage- und Bewertungsmethoden vorzunehmen, kann nicht allgemein der Rückschluss gezogen werden, dass in Anbetracht dieser Tabelle die Fehlerdifferenzen auch in diesem Jahr wieder exakt so eintreten werden. Bei den Midterm Elections 2022 wurden beispielsweise häufig die Republikaner zu positiv eingeschätzt.
Es ist demnach unseriös, die Spalten "Fehlerdifferenz" und "durchschnittliche aktuelle Umfragen" einfach zu verrechnen (Beispielrechnung Michigan: 2,5 für Harris - 4,8 zu positiv für Demokraten = 2,3 für Trump), um so festzustellen, dass Donald Trump alle aufgeführten Bundesstaaten mit Ausnahme Minnesotas gewinnen wird. Dass dieses Szenario so oder ähnlich aber wieder eintreten kann, liegt im Bereich des Möglichen, weshalb ohne Zweifel alle Battleground States auch weiterhin als offen zu betrachten sind.


Abweichungen der einzelnen Umfragequellen 2020

In der folgenden Tabelle habe ich nochmal die Abweichungen der konkreten einzelnen Umfragequellen mit den tatsächlichen Ergebnissen aus 2020 verglichen und gerundet aufgeführt, also wie viel Prozentpunkte wich eine Umfrage vom Ergebnis ab, bezogen auf den Abstand zwischen den beiden Kandidaten und wer wurde dabei zu positiv eingeschätzt. Berücksichtigt wurde jeweils die letzte Umfrage einer Quelle vor der Wahl 2020, sofern sie nicht älter als sechs Wochen war, also in etwa der Zeitpunkt an dem wir heute für die diesjährige Wahl stehen. Die Umfragequellen habe ich exemplarisch ausgewählt. Alle Quellen führen auch in diesem Jahr wieder Umfragen durch. Wo keine Werte eingetragen sind, lagen 2020 keine aktuellen Umfragen für den Bundesstaat vor.


Gerundete Abweichungen in Prozent der letzten Umfrage
(nicht älter als 6 Wochen vor der Wahl 2020) zum Wahlergebnis
blau = zu positiv für Dem, rot = zu positiv für Rep
PAGAAZMINCWINVFLTXMNø
NY Times50554104625
ABC62431615
Emerson4013170953
Rasmussen25043
Susquehanna223222
Quinnipiac66867
NBC4057775
Reuters5272975
Morning Cons.81142129625
CNN9397777
FOX News49486
Trafalgar3445103043
Ins. Adv.231322


Die Zahlen sprechen für sich oder doch nicht? Ich will auf einige Werte nochmal gezielt eingehen. Dass in den USA manchmal von sog. High Quality Polls gesprochen wird, bezieht sich eher auf die Transparenz und wissenschaftliche Sorgfalt von Meinungserhebungen und nicht nur auf das tatsächliche letzte Abschneiden. Die Seite fivethirtyeight.com rankt beispielsweise die Umfragen der New York Times zusammen mit dem Siena College und die von ABC News zusammen mit der Washington Post als die "wertigsten Umfragequellen" ein. Emerson sieht das Portal auf Platz 10 von knapp 300. Die Trafalgar Group wird auf Platz 279 eingestuft, Rasmussen gar nicht mehr gerankt. 
Die Trafalgar Group wird häufig von nicht unabhängigen republikanischen Auftraggebern in Anspruch genommen und bezahlt, weshalb sie in puncto Transparenz und Unabhängigkeit besonders schlecht abschneidet.
Fraglich ist nun, ob diese Aspekte dazu beigetragen haben, dass Trafalgar 2020 Trump zu positiv eingeschätzt hat und auch ob der vergleichsweise gute Wert von 3 beim durchschnittlichen Abweichen darauf beruht, dass sie schlicht besser waren als viele andere oder sich die allgemeine Tendenz, Biden zu gut eingeschätzt zu haben, mit Trafalgars Pro-Trump Tendenz einfach nur glücklich ergänzte und zu einem ausgeglichenerem Ergebnis geführt hat. Diese Fragen wären aber wohl erst nach der diesjährigen Wahl zu beantworten, wenn nochmal eine zweite Abstimmung der gleichen Art hinzugezogen werden kann.

Das Abschneiden von Rasmussen ist ebenfalls schwierig zu bewerten. Der relativ gute Abweichungswert von 3 könnte z. B. auch darauf basieren, dass Rasmussen nur mit vier Wertungen hier berücksichtigt werden konnte und einige der Bundesstaaten mit hohen Abweichungen wie Wisconsin, Texas und Michigan (vgl. erste Tabelle) nicht mit dabei sind. Zudem hat Rasmussen in Arizona einen im Vergleich zu den anderen Quellen hohen Abweichungswert.

Auffällig ist aber auch, dass eben die als sehr gut eingestuften Quellen NY Times und ABC in Wisconsin z. B. zweistellige Abweichungswerte aufweisen. CNN und Quinnipiac schneiden bei dieser Übersicht besonders schwach ab, während das Emerson College, die häufig in Zusammenarbeit mit The Hill Umfragen veröffentlichen einen guten Wert von 3 erreichen und dabei fast alle Bundesstaaten Berücksichtigung fanden. Das Emerson College hatte auch den landesweiten Abstand 2020 zwischen Biden und Trump ziemlich genau so prognostiziert und  lag damit besser als alle anderen Quellen.
Susquehanna und Insider Advantage haben hier die besten Werte, wobei auch sie fünf Bundestaaten dabei haben, die nicht berücksichtigt werden konnten.

Abschließen will ich diese Gedanken nochmal mit dem Hinweis, dass selbst die besten Abweichungen aus 2020 von 2-3 Prozentpunkten höher liegen als die meisten in den aktuellen Umfragen erhobenen Abstände zwischen Kamala Harris und Donald Trump.

Keine Kommentare: