Freitag, 20. September 2024

Republikaner wollen mit einer Stimme aus Nebraska einen Patt ermöglichen

Die US-Präsidentschaftswahl 2024 kann denkbar knapp entschieden werden. Szenarien, nach denen eine Seite mit nur 270 zu 268 Electoral Votes gewinnen könnte, sind nicht unrealistisch, evtl. sogar recht wahrscheinlich. Es kommt also auch hier auf jede gewonnene Stimme an.

Winner-Takes-All statt Splitting the Votes


Die Republikaner versuchen nun einen ungewöhnlichen Weg zu beschreiten, um sich in eine geringfügig aber evtl. entscheidend bessere Lage zu versetzen.
Lindsey Graham, Senator aus South Carolina, hat Jim Pillen, Gouverneur von Nebraska und die dortigen republikanischen Abgeordneten dazu beraten, eine Sondersitzung anzuberaumen, in der beschlossen werden soll, dass der Wahlsieger von Nebraska, wie in fast allen anderen Bundesstaaten auch, die vollen Electoral Votes erhält, also das Winner-Takes-All Prinzip gelten soll. Graham soll im Auftrag von Trumps Wahlkampfteam agieren, berichtet NBC News.

Nebraska ist neben Maine einer von zwei Bundesstaaten in denen das Prinzip "Splitting the Votes" gilt.
Das bedeutet, dass die 5 Electoral Votes nicht automatisch an den Kandidaten gehen, der die meisten Stimmen in dem Bundesstaat hat. Die 5 Electoral Votes werden wie folgt aufgeteilt: 2 für den Gesamtsieger des Bundesstaats, und jeweils 1 für den Sieger der 3 Congressional Districts.
In Maine gilt dasselbe für die 4 dortigen Electoral Votes, also 2 für den Gesamtsieger des Bundesstaats, und jeweils 1 für den Sieger der 2 Congressional Districts.

Maine hat dieses Prinzip 1972 und Nebraska 1992 eingeführt.
In Maine hatte Donald Trump zuletzt zweimal 2016 und 2020 den Congressional District 2 gewonnen, während die Demokraten die Mehrheit der Stimmen in Maine gewannen. Damit hatten sie 3 Electoral Votes und die Republikaner 1 Electoral Vote gewonnen.
In Nebraska hatte Barack Obama 2008 und Joe Biden 2020 den Congressional District 2 gewonnen, sodass hier zuletzt 4 Electoral Votes an die Republikaner gingen, die den Bundesstaat gewannen und 1 an die Demokraten.

Um diese 1 Electoral Vote geht es in der jetzigen Diskussion. Der betroffene Congressional District 2 umfasst das Gebiet der Stadt Omaha, wo die Demokraten deutlich besser abschneiden als im Rest Nebraskas. Wird das Prinzip Splitting the Votes abgeschafft, haben die Demokraten keine Chance in Nebraska und alle 5 Electoral Votes wären den Republikanern sicher.

Eine einzige Electoral Vote könnte Trump den Sieg bringen


Welch große Auswirkungen das haben könnte, zeigt das aktuell meist diskutierte Szenario. Gehen wir von dem bekannten Ausgangsszenario mit sieben Battleground States aus, wobei alle anderen Bundesstaaten erwartungsgemäß wählen, würden Kamala Harris Siege in Pennsylvania, Michigan und Wisconsin reichen, WENN sie die eingeplante 1 Electoral Vote aus Nebraska gewinnt.

Fällt diese weg, käme es zu einem 269 zu 269 Patt im Electoral College, sofern sie in Georgia, North Carolina, Arizona und Nevada verliert.

Beispiel mit WInner-Takes-All Prinzip in Nebraska:




Dann würden die Bundesstaatsdelegationen im Repräsentantenhaus über den Sieger der Präsidentschaftswahl entscheiden. Selbst wenn die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen würden, ist aktuell anzunehmen, dass die Republikaner aber die Mehrheit der Bundesstaatsdelegationen stellen können. Jeder Bundesstaat hat hier eine Stimme. Die Mehrheit der gewählten Abgeordneten in einem Bundesstaat bestimmt in ihrer Delegation, ob diese Stimme dem Kandidaten der Demokraten oder der Republikaner gegeben wird. Ein Bundesstaat mit 3 Abgeordneten hat also das gleiche Stimmrecht wie ein Bundesstaat mit z. B. 40 Abgeordneten, was die vielen kleinen eher republikanischen Bundesstaaten bevorzugt. Kurzum, bei einem 269 zu 269 Patt, dürfte der Sieg an Donald Trump gehen, weshalb das Anliegen den Republikanern so wichtig ist und die Demokraten alarmiert sind.

Mehrheit für Gesetzesänderung in Nebraska steht noch nicht


Der Senat von Nebraska hat 49 Sitze. Für eine solche geplante Änderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, also 33 Stimmen. Die Republikaner hätten formal diese  Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat, es dürfte aber niemand aus den eigenen Reihen dagegen stimmen. Genau das ist aber aktuell noch nicht sicher und ein wesentlicher Grund, weshalb Lindsey Graham hier noch Überzeugungsarbeit leisten sollte. Einer aktuellen Einschätzung des republikanischen Senators in Nebraska, Tom Brewer, zufolge könnten 30-31 republikanische Senatoren dafür stimmen. Ob die nötige Anzahl für die Änderung noch erreicht wird ist unklar. In 10 Tagen beginnt in Nebraska das Early Voting. Eine Änderung nach Beginn der Wahl erscheint eher schwierig zu werden.

Demokraten in Maine könnten ihrerseits kontern


In Maine haben sich derweil die Demokraten zu Wort gemeldet und ihrerseits in Aussicht gestellt, dass auch sie für den Fall, dass Nebraska ihr Splitting the Votes Prinzip abschafft, im Gegenzug ebenfalls auf ein Winner-Takes-All Prinzip wechseln könnten, was wiederum die vollen 4 Electoral Votes für die Demokraten zufolge hätte. Damit fehlten den Republikanern bei dem o.g. Szenario dann wieder diese eine Stimme zum Patt im Electoral College.

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