Freitag, 23. Oktober 2020

TV-Debatte: Trump verbessert sich - Biden unter Druck erneut mit gutem Auftritt

Showdown in Nashville, Tennessee. Nach einer wilden ersten TV-Debatte, dem abgesagten zweiten TV-Duell, kam es in der vergangenen Nacht zum letzten planmäßigen Highlight dieses Wahlkampfs. Donald Trump und Joe Biden hatten nochmal 90 Minuten die Gelegenheit, direkt gegeneinander anzutreten und um die Zustimmung der Wählerinnen und Wähler zu werben. Moderatorin Kristen Welker von NBC hatte im Vorfeld die Themenfelder des Abends festgelegt. Es ging unter anderem um die Bewältigung der Coronakrise, den manipulativen Einfluss des Auslands auf die Wahlen in den USA, die Pläne zur Gesundheitspolitik, den Rassismus in den USA und den Klimawandel. Die Diskussion verlief wesentlich ruhiger mit deutlich weniger Zwischenrufen und Unterbrechungen.

Die gesamte Debatte im Video



Trump profitiert von eigener Disziplin und setzt Biden mehrfach unter Druck

US-Präsident Trump hat auf die Ratschläge seiner Berater gehört und sich in der Debatte deutlich disziplinierter gezeigt, als es noch vor drei Wochen der Fall war. Der Republikaner konzentrierte sich auf seine Attacken gegen Joe Biden und setzte den Demokraten an diesem Abend mehrfach unter Druck. Stellte Biden seine Pläne für die Zukunft vor, fragte Trump immer wieder nach, weshalb Biden dies nicht in seiner 47-jährigen politischen Laufbahn inklusive seiner achtjährigen Amtszeit als Vizepräsident umgesetzt habe. Beim Thema "Crime Bill" sah sich Biden gezwungen, Fehler in der Vergangenheit einzugestehen.

Trump ging auch gezielt auf Bidens Rhetorik ein. Der Demokrat zeichnete zweimal das Bild amerikanischer Familien, die am Küchentisch sitzen und in einem Beispiel jemanden an dem Tisch vermissen, weil sie oder er zu den Opfern des Coronavirus zählen und eine andere Familie, die sich Gedanken darüber macht, wie sie mit den Kosten für Lebensunterhalt, Gesundheit und Bildung über die Runden kommt. Trump warf Biden vor, dass dies nur klassisches Politikergerede sei. Der Präsident sei kein typischer Politischer und genau deswegen auch gewählt worden, so Trump.

Erwartungsgemäß wiederholte Trump auch die Vorwürfe gegen Biden im Zusammenhang mit der Rolle seines Sohnes Hunter Biden in der Ukraine. Trump warf Biden vor, Gelder vom Ausland angenommen zu haben. Der Demokrat wies kategorisch alle Anschuldigungen als substanzlos zurück. Er habe keinen einzigen Penny angenommen. Der frühere Vizepräsident sagte zudem, dass es nicht um die Familien Trump und Biden gehe, sondern um Ihre Familien und richtete sich dabei direkt an die Zuschauer.

Biden zeigt Trumps Schwachpunkte deutlich auf

Joe Biden hat an diesem Abend erneut Trumps Rolle als Krisenmanager in der Coronakrise hervorgehoben und den Präsidenten nicht aus der Verantwortung entlassen. Trump hielt an seiner bisherigen Strategie fest und präsentierte sich abermals als erfolgreichen Kämpfer gegen Covid-19. Wer bislang an Trumps Fähigkeiten in diesem Zusammenhang zweifelte, erhielt keinen neuen Impuls die eigene Position zu überdenken.

Joe Biden konnte warf Trump zudem vor, beim Thema Gesundheitspolitik keinen Plan zu haben. Die versprochene Reform des Präsidenten sei in seiner ersten Amtszeit ausgeblieben, obwohl dieser zweitweise die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses hatte. Biden konterte auch Trumps Vorhalte, der Demokrat wolle die Privatversicherung abzuschaffen. Biden fragte den Präsidenten, ob er ihn mit jemanden anderen verwechseln würde und spielte dabei auf Bernie Sanders an. Biden stellte klar, er habe die Vorwahlen gewonnen, auch weil er in dieser Frage ein anderes Konzept als Sanders habe.

Darüber hinaus versuchte Biden immer wieder parteiübergreifende Gedanken zu formulieren. Er kritisierte den Präsidenten dafür, alle Probleme des Landes, demokratisch geführten Bundesstaaten oder Städten anzulasten. Es gehe nicht um Demokraten und Republikaner, die Coronakrise beispielsweise sei nur gemeinsam als Amerikaner zu bewältigen.

Wer ist Gewinner des Duells?

Donald Trump hat sich im Vergleich zur ersten Debatte deutlich verbessert. Gemessen an den Erwartungen, hat Trump positiv überrascht. Es ist schwer zu sagen, inwieweit sich die zahlreichen und offensichtlichen Unwahrheiten in Trumps Vorhalten und Behauptungen auf die Wahrnehmung seiner verbesserten Performance auswirken. Trump verpasste es aber erneut, ein klare Strategie im Kampf um das Coronavirus zu präsentieren. Auch ist zweifelhaft, ob ihm pauschale Aussagen wie: "Ich bin die am wenigsten rassistische Person in diesem Raum" tatsächlich einen Schub nach vorne verschaffen werden. Ich hatte eher den Eindruck, dass solche unnötigen Übertreibungen von den sachlichen Punkten die er an diesem Abend gegen Biden setzen konnte, ablenken.

Joe Biden ist es erneut gelungen, einen klaren Kontrast zu Donald Trump darzustellen. Er versuchte den Fokus auf einen Vergleich seiner Persönlichkeit mit der des Präsidenten zu lenken. Der Demokrat machte keine grundlegenden Fehler, wenngleich einzelne Schwachpunkte nicht verborgen geblieben sind. Biden stand inhaltlich häufiger unter Druck als noch in der ersten Debatte, dennoch konnte er bei den vordringlichsten Problemen sein Konzept umsetzen. Dass er im Vorfeld der Debatte die Diskussionen um die Supreme Court Erweiterung mit dem Vorschlag abräumte, eine parteiübergreifende Kommission zur Prüfung einer Reform einzusetzen, ging für den Demokraten auf. Die schwierige Frage, der er zuletzt wiederholt auswich, blieb an diesem Abend aus.

Zusammengefasst: Trump hat sich verbessert und bleibt im Rennen. Ob es aber reichen wird, um den Stimmungsumschwung einzuleiten, ist aufgrund eines ebenfalls guten Auftritts Bidens fraglich.

Noch 11 Tage bis zur Wahl

Nun bleiben beiden Kandidaten noch 11 Tage, in denen sie nochmal alles geben müssen. Sie werden die Battleground States bereisen, wobei der Fokus auf Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, Florida, North Carolina und Arizona liegen wird. Hunderte Millionen US-Dollar werden nochmal für Wahlkampfwerbung aller Art ausgegeben, um möglichst viele Wählerinnen und Wähler zur Stimmabgabe zu bewegen. Bis heute haben knapp 49 Mio US-Amerikaner von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht. 34,5 Mio per Briefwahl und 14,5 Mio persönlich im Rahmen des Early Votings.

1 Kommentar:

Rainbow-Warrior21 hat gesagt…

Ich habe mir die Debatte heute noch mal auf Phoenix angeschaut und dabei eine "Plus/Minusliste" für mich als persönlichen Eindruck gemacht.
Trump:
- "China-Virus"
- "Experte Fauci"
- "keine klare Antwort wg. Russland/China-Einflussnahme
- "Russland beeinflusst Biden"
- "Steuererklärung"
- "Opfer einer Hexenjagd"
- "BLM-Vorwürfe"
- "bestes Klima"
- "Pest aus China"

Biden

+ sieht sehr oft direkt das Publikum an
+ Trump hat von Covid im Januar gewusst
(Interview mit Bob Woodward)
+ "ich kenne sie, sie kennen mich"
- "China-Konto Trump" (ohne Belege)
+ "Bidencare"
+ Klimaplan
- Fracking nicht beenden"
+ "ich repräsentiere als
Präsident alle Amerikaner*innen"
"Hoffnung statt Angst"

Das sind natürlich persönliche Eindrücke. Allerdings konnte ich beim besten Willen bei Trump keinen einzigen Pluspunkt erkennen ;-)
Ich vermute , dass auch diesmal eher die eigene Basis von Trump und Biden angesprochen wurde...