Donnerstag, 21. April 2016

Aktuelle Lage bei den Republikanern - Stand 20.04.16

Donald Trump by Gage Skidmore
Donald Trump

Donald Trump feiert furioses Comeback in New York


Der New York Primary hat auch bei den Republikanern große Auswirkungen gehabt, wenngleich die Frage, wer letztlich nominiert werden wird, noch nicht beantwortet werden kann.
Donald Trump hat einen grandiosen Sieg in New York eingefahren. 70-80 gewonnene Delegierte wurden erwartet, dass es am Ende sogar 90 Delegierte geworden sind und Trump damit nur 5 Delegierte nicht gewinnen konnte, zeigt das Ausmaß des Zuspruchs in seinem Heimatbundesstaat. Und es lässt den Frontrunner der Republikaner auch hoffen, bei den kommenden Primaries in Pennsylvania, Maryland, Connecticut, Delaware und Rhode Island am 26.April ähnliche Siege einzufahren.
Trumps Erfolg überlagert auf einen Schlag die guten Nachrichten der letzten Wochen, die die Kampagne Ted Cruz begleiteten. Cruz hatte eine Reihe von kleineren Erfolgen vorzuweisen und Trump schien sich etwas zu sehr mit sich selbst zu beschäftigen. New York brachte nun die Wende.


Ted Cruz kann die Mehrheit im ersten Wahlgang nicht mehr erreichen


Ein paar Delegierte mehr oder weniger, so genau muss man es nicht mehr nehmen, wenn man die Aussichten Ted Cruz bewerten will. Der Senator aus Texas kann nicht mehr eine Mehrheit im ersten Wahlgang des republikanischen Nominierungsparteitages gewinnen. Praktisch und theoretisch ist dies inzwischen, spätestens aber nach dem kommenden Dienstag auszuschließen. John Kasich ist schon länger nicht mehr in der Lage die 1237 Delegierten zu erreichen. Donald Trump wird die Vorwahlen als stärkster Republikaner abschließen, die alles entscheidende Frage zum jetzigen Zeitpunkt ist aber, ob es ihm gelingen wird, die 1237-Delegierten-Marke zu knacken. Insgesamt sind noch 700 Delegierte zu vergeben. Davon muss Trump 388 Delegierte holen. Das sind etwa 55%. Das ist möglich, aber nicht einfach. Trump wird nun eine ganze Reihe von Siegen einfahren, ob es letztlich reichen wird, kann man noch nicht vorhersagen, es wird aber sicher knapp werden. Zu beachten ist aber auch, dass nicht zwingend alle 1237 Delegierte nach der letzten Vorwahl auf sein Konto gehen müssen. Verpasst er diesen Wert um z. B. 20 oder 30 Delegierte, heißt das noch nicht sofort, dass es nicht mehr reichen wird. Denn es kommen noch einige unabhängige Delegierte dazu, die bei den Vorwahlen ungebunden blieben oder etwa jene Delegierte, die zum Teil nicht mehr an die bereits ausgestiegenen Kandidaten Rubio, Bush, Carson etc. gebunden sind.


Ist Ted Cruz strategisch klug beraten?


Ted Cruz by Gage Skidmore 2
Ted Cruz
Ted Cruz und auch John Kasich hoffen derzeit darauf, dass Trump im ersten Wahlgang scheitern wird. Beide setzen darauf, in späteren Wahlgängen die erforderliche Mehrheit zusammen zu bekommen, wenn die Delegierten nicht mehr an Trump gebunden sind. Ob diese Rechnung aber aufgeht, ist fraglich. Nimmt man an, dass es zu einem zweiten Wahlgang kommt, müssen sich die Republikaner fragen, welchen Wert ihre Vorwahlen haben, wenn der Kandidat mit den meisten Stimmen gezielt verhindert werden soll. So etwas kann man machen, wenn Trump und Cruz beide um die 950 Delegierte eingesammelt hätten. Aber ein Ergebnis, nach dem Trump 1150 Delegierte und Cruz bei 700 Delegierten ins Ziel kommt, kann nicht beliebig weit interpretiert werden. Regeln sind Regeln, das ist keine Frage, aber die Trump-Wähler würden im November wohl mehrheitlich zuhause bleiben, sollte ihr republikanischer Kandidat Ted Cruz heißen. Zu tief ist die Partei gespalten und zu persönlich waren die Angriffe während des Wahlkampfs.
Aus meiner Sicht begeht Ted Cruz in diesen Wochen auch einen entscheidenden Fehler. Bei seinen Auftritten spricht er weit mehr, über die offene Kampfabstimmung beim Nominierungsparteitag als über seine inhaltlichen Positionen. Cruz konnte immer dann punkten, wenn er Trump inhaltlich forderte. Diesen Weg hat der Senator aus Texas inzwischen verlassen. Natürlich muss er auch seine eigenen Leute motivieren und mobilisieren. Aber man darf nicht vergessen, dass Cruz in vielen Bundesstaaten schlichtweg eine Hausmacht fehlt. Seine Wählerbasis an der Ostküste liegt teilweise unter 10%. Die restlichen Wähler muss er aktiv für sich gewinnen. Und dies wird kaum funktioneren, wenn man sich monatelang nur noch auf einen Konflikt auf dem Nominierungsparteitag fokussiert. Ted Cruz muss es gelingen, die Republikaner zu überzeugen, dass nur er der Kandidat für die Partei sein kann, der eine ausreichende Rückendeckung aus den Vorwahlen (mindestens 900 Delegierte) hat und auch in der Lage ist, die Partei zu vereinen. Beide Ziele wird er aber verpassen, wenn nur noch Ambitionen formuliert werden, Trump zu verhindern. Eine knappe Niederlage in der inhaltlichen Auseinandersetzung eignet sich dann immer noch besser, als ein bedingungsloser persönlicher Konfrontationskurs.


Auch Kasich fehlt eine Legitimierung durch die Wähler

Governor of Ohio John Kasich at New Hampshire Education Summit The Seventy-Four August 19th, 2015 by Michael Vadon 02 crop
John Kasich

John Kasich wäre dann wohl schon eher der Lieblingskandidat einer Brokered Convention. Bei Kasich würde auch das Argument greifen, dass er wohl am ehesten Chancen hätte, gegen Clinton zu gewinnen. Cruz wäre wohl für viele Wechselwähler in den Swing States ein zu konservativer Republikaner. Das Problem Kasichs liegt aber einfach an seinen Ergebnissen in den Vorwahlen. Mit am Ende rund 250 Delegierten wird der Gouverneur von Ohio wohl kaum als Alternative fungieren können. Dies würde dann den gesamten Vorwahlprozess der Republikaner ad absurdum führen. Zudem müsste der Parteitag zunächst eine Regel kippen, nach der nur Kandidaten gewählt werden dürfen, die mindestens 8 Bundesstaaten gewonnen haben. Dies wird Kasich nicht gelingen. Er hat bislang nur seinen Heimatstaat Ohio gewonnen. Bleibt die Regel bestehen, könnten nur Trump und Cruz gewählt werden.



Die Republikaner können sich eigentlich nur noch gemeinsam mit Donald Trump befreien.


Donald Trump hat inzwischen einen anderen Ton angeschlagen. Nach dem Sieg in New York sprach er von "Senator Cruz" und nicht mehr von "Lying Ted" (lügender Ted). Zudem formulierte er auch klare politische Ziele und verzichtete auf diskreditierende Äußerungen in Richtung seiner Konkurrenten. Er scheint also etwas umzusteuern, nachdem er mit Ted Cruz auch den letzten Konkurrenten zumindest in den Vorwahlen niedergerungen hat.
Manch ein Republikaner, der bislang ablehnend gegenüber Trump war, mag sich nun wünschen, dass Trump einfach die Mehrheit holt. Die Magenbeschwerden beim Gedanken daran, mit ihm in die Wahl gegen Clinton zu gehen, scheinen nicht so stark zu sein, wie die beim Gedanken an einen völlig eskalierenden Nominierungsparteitag. Denn niemand kann absehen, was passieren wird, wenn Trump die Nominierung verweigert werden würde. Es hätte wohl unkalkulierbare Folgen, die weit über die anstehende Präsidentschaftswahl hinausgingen. Die Republikaner müssten ihren Wählern abseits von Regularien erklären, weshalb der von ihnen favorisierte Kandidat nicht der Richtige sei und der Sinn und Zweck von Vorwahlen ausgehebelt werden musste.
by DonkeyHotey
Das Establishment kann nun nicht mehr das reparieren, was sie im gesamten Wahlkampf verschlafen haben. Noch im Sommer 2015 wurde Trump von vielen belächelt, Jeb Bush galt als Favorit. Dann mussten die Republikaner mit ansehen, wie ein Establishment-Kandidat nach dem anderen die Flinte ins Korn werfen musste, weil die republikanischen Wähler sie nicht unterstützten. Es hätte genug Möglichkeiten gegeben, sich offen und geschlossen auch inhaltlich gegen Trump zu positionieren. Nun ist es eigentlich zu spät. Und die Republikaner wären gut beraten, nicht ein weiteres Mal Donald Trump zu unterschätzen. Denn chancenlos ist er gegen eine im Volk nicht unendlich beliebte demokratische Establishment-Kandidatin Hillary Clinton nicht. Ich vermute, dass Trump seinen Ton mäßigen und seine Inhalte anpassen wird. Das ist der Vorteil, wenn man politisch eher opportunistisch als ideologisch agiert. Aus einer vermeintlichen Schwäche ihres aktuellen Spitzenkandidaten sollten die Republikaner nun das Beste machen. Denn wer weiß schon, wie sehr und wie lange sich Hillary Clinton noch mit der "politischen Revolution" Bernie Sanders beschäftigen muss und wie geschwächt sie aus dieser Entwicklung hervorgehen wird.
Andererseits ist es auch verständlich, wenn man als Grand Old Party nicht mit Donald Trump in den Wahlkampf und vielleicht auch ins Weiße Haus ziehen will. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Aber den Zeitpunkt dies zu verhindern, ohne ein innerparteiliches Chaos auszulösen, scheint verstrichen. Dennoch, was am Tage nach dem New York Primary von Vertretern des RNC zu vernehmen war, deutet nicht darauf hin, dass man Trump unterstützen wolle, sollte er die 1237 Delegierten verpassen. Nun hängt also erstmal alles an den verbleibenden Vorwahlen der Republikaner. Ein Problem, das auf Donald Trump zukommen kann, liegt in Pennsylvania. 54 der 71 Delegierten dort werden direkt und ohne Präferenz für einen Kandidaten gewählt. Die Delegierten können eine Präferenz äußern, müssen es aber nicht. Und wenn sie es tun, sind sie nicht an ihre eigenen Worte gebunden, anders z. B. als beim Loophole Primary in Illinois. Das ist zumindest eine weitere Unsicherheit für Trump auf dessen Weg zu 1237 Delegierten. Es bleibt spannend!

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