Es war ein bitterer Jahresabschluss für Ben Carson. Nach einem fürchterlichen Absturz in den Dezember Umfragen gab es zum Jahreswechsel nochmals schlechte Nachrichten für den Republikaner. Nach internen Differenzen haben sein oberster Wahlkampfchef und vier weitere Mitarbeiter, darunter wichtige Berater hingeworfen und erklärten ihren Rücktritt.
Der Aufschwung Carsons begann Anfang August. Die Umfragewerte kletterten kontinuierlich in die Höhe bis sie dann Anfang November einen Höhepunkt erreichten. Carson lag zum Teil sogar vor Donald Trump. Das hat bis heute kein anderer Kandidat geschafft. Dann aber folgte ein beispielloser Absturz.Von durchschnittlich 24,8 % fiel er auf inzwischen unter 10 % ab. Gründe dafür gibt es sicher einige. Die Diskussion um die Wahrhaftigkeit seiner eigenen Biografie war sicherlich nicht hilfreich. Es folgten sehr zurückhaltende Auftritte in den TV-Debatten. Während sich die Hardliner Trump und Cruz mit schärfster und offensiver Rhetorik die Aufmerksamkeit der republikanischen Anhänger sicherten, offenbarte Carson taktische Schwächen in den TV-Debatten und beschränkte sich auf seine sehr ruhige Redeweise. Das ist gewiss kein Qualitätsmangel, aber wie auch andere Republikaner wie Jeb Bush oder John Kasich dringt auch Carson nicht mehr richtig zu den Wählern durch. Nach den Terroranschlägen von Paris fokussierte sich der Wahlkampf dann auch noch auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit Schwerpunkten im Ausland. Hier wurde Carson ohnehin wenig Erfahrung zugesprochen. Der Besuch eines Flüchtlingscamps in Jordanien am Thanksgiving Wochenende brachte zwar Aufmerksamkeit konnte letztlich aber den Abschwung Carsons nicht stoppen.
Aus seinem jetzigen Beraterkreis war laut CNN zu vernehmen, dass Carson künftig seinen Ton ändern wolle. Man wolle vermeiden, dass seine leise und ruhige Stimme mit Schwäche verbunden werde. Er werde mehr Feuer im Bauch haben, ließ ein Berater verlauten. Auch solle das gesamte Kommunikationskonzept deutlich aggressiver werden, um in den Medien und bei Reden mehr Resonanz zu erreichen. In den verbleibenden Wochen bis zum Iowa Caucus soll Carson so vielen Menschen wie möglich begegnen und diese wieder oder erstmals überzeugen, ihn zu unterstützen.
Dass Carson noch weit mehr Wählerpotenzial in Iowa hat als die momentan prognostizierten 6-7% belegen die Umfragewerte des vergangenen Herbstes. Damals lag Carson mit über 30 % teils deutlich vor all seinen Konkurrenten. Ob er nochmal an solche Werte herankommen kann, ist aber mehr als fraglich. Das konservative Duell Trump gegen Cruz dürfte zumindest den Caucus in Iowa bestimmen. Aber in Hinblick auf die darauf folgenden Vorwahlen wäre ein Dritter Platz mit einem zweistelligen Ergebnis schon wichtig. Da sich Carson aber auch eher konservativ positioniert hat, stellt sich natürlich die Frage, woher denn dann die Stimmen kommen sollen. Selbst die Stimmung gegen das Establishment kann er nicht mehr so gut aufgreifen, da mit Donald Trump schon jemand an der Spitze steht, der ausreichend gegen die etablierten Parteivertreter wettert. Carson kann es letztlich nur aus eigener Stärke heraus schaffen. Er muss Trump und Cruz angreifen, will er noch eine Chance haben. Das kann auch nach hinten losgehen, tut er es aber nicht, wird er keine Rolle mehr spielen.
Ein kleiner Lichtblick könnte auch die finanzielle Situation sein. Carson sammelte 23 Mio. US-Dollar im letzten Quartal 2015 ein. Was davon aktuell noch übrig ist, bleibt aber unklar.
1 Kommentar:
Hallo Thomas,
Ben Carson bleibt auch nichts anderes übrig. Er muss nun angreifen. Ich denke aber nicht, dass er ein Comeback in den Umfragen erreichen kann. Wie du richtig geschrieben hast, ist das konservative radikale Spektrum der Republikaner bereits auf Ted Cruz und Donald Trump verteilt. Außerdem glaube ich nicht, dass Carson glaubhaft einen aggressiveren Kurs gg seine Mitbewerber vertreten kann. Wer seine Fernsehauftritte gesehen hat, wird sicherlich verstehen, dass eine härtere Gangart von ihm als unglaubwürdig angesehen werden kann.
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