Montag, 1. Februar 2016

Wahlkampfendspurt in Iowa - Ein Ausblick auf den Caucus mit fünf bedeutenden Fragen

Iowa ist in diesen Tagen mal wieder der Mittelpunkt der politischen Aufmerksamkeit der USA und gewiss schaut man weltweit nach Des Moines. Trotz aller Treuebekundungen wird es wohl wieder vier Jahre dauern, bis der Polit- und Medientross zurückkehren wird. Ob einer der Kandidaten Iowa tatsächlich in der Zwischenzeit mal wieder besuchen wird oder wie üblich nur beim Reisen zwischen Ost- und Westküste überfliegen wird, darf bezweifelt werden. Aber Iowa könnte der Auftakt werden, von einer Entwicklung, über die noch lange Zeit gesprochen werden könnte. Ob das der Fall sein wird, entscheiden heute die Einwohner Iowas mit ihrer Teilnahme am Caucus. Fünf Fragen, die heute beantwortet werden.
Iowa Caucus - Illustration by DonkeyHotey 

Wie verlässlich sind die Umfrageinstitute?
Die Entwicklungen in den Umfragen für Iowa der letzten Monate sind beachtlich gewesen. Es gab Zeiten, da führte Ben Carson mit fast 10% Vorsprung vor Donald Trump, heute liegt er rund 20% hinter Trump. Ted Cruz erfuhr eine ähnliche Entwicklung, nur in die andere Richtung. Aktuell kämpft Cruz um die Spitzenposition in Iowa.
Was allerdings zu beachten ist und auch für eine gewisse Verunsicherung sorgt, ist ein Rückblick auf das Jahr 2012. Damals sagten die Umfrageinstitute zwar für die meisten Kandidaten relativ genau die Ergebnisse voraus. In einem Fall täuschten sie sich aber gewaltig. Und zwar beim Sieger. Rick Santorum wurden rund 16% vorausgesagt, am Ende gewann er den Iowa Caucus mit über 24% der Stimmen und überholte noch Mitt Romney und Ron Paul.

Gelingt es Donald Trump seinen Zuspruch aus den Umfragen beim Caucus in Zählbares umzuwandeln?
Der Zuspruch für Donald Trump ist enorm. Enorm groß und enorm konstant. Dennoch zweifeln einige Beobachter daran, dass es Trump auch gelingen wird, seine Unterstützer in dieser großen Anzahl mobilisieren zu können. Eine stichhaltige Begründung für diese Vermutung, bleibt aber häufig aus. Es seien nur Protestwähler. Oder die Caucus-Gänger passten nicht ins Wählerklientel Trumps. Die Umfrageinstitute täuschten sich. Ob diese Vermutungen mehr sind als Hoffnungen seiner Konkurrenten oder Befürchtungen einiger Republikaner, die mit Trump überhaupt nichts anfangen können, werden wir bald wissen. Eines ist aber klar. Sollte Trump seine hohen Umfragewerte in Iowa und darauf auch in New Hampshire bestätigen können, wird es bei den Republikaner ziemlich unruhig werden. Der Druck auf Cruz, Rubio, Bush und Co. wird steigen. Denn ganz gleich, aus welcher Motivation heraus sie Trump verhindern wollen, sie müssten schnell ins Handeln kommen. Das Handeln kann nur so aussehen, dass sie sich untereinander verständigen und einige einen Rückzieher machen müssen. Und genau das wirft auch schon die nächste Frage auf.

Wer bleibt bereits in Iowa auf der Strecke?
Iowa wird nicht über den Sieg der Vorwahlen entscheiden. Das war in der Vergangenheit nicht so und wird auch in diesem Jahr nicht so sein. Zwar ist dieses Mal nicht auszuschließen, dass der republikanische Sieger nicht auch der spätere Spitzenkandidat sein wird, aber da müsste noch Vieles zusammenkommen. Aber der Caucus kann über die weiteren Aussichten entscheiden. Sollte Ted Cruz, den ersten oder zweiten Platz belegen, bestätigt er damit seine Ambitionen, Trump die Stirn bieten zu wollen. Cruz kann nicht viel verlieren. Erst ab einem Ergebnis, das ihn deutlich hinter Trump landen lässt, also etwa mit über 10% Rückstand, könnte ihn in Bedrängnis bringen. Gleiches gilt auch für Trump selbst. Ein zweiter Platz hinter Cruz wäre zwar ein Dämpfer, aber ein Gesamtergebnis über 25% dürfte ihn optimistisch in die Zukunft blicken lassen.
Auch Marco Rubio dürfte noch nicht nervös werden. Solange er relativ souverän mindestens den dritten Platz einfährt, wäre sein Zwischenziel erreicht. Und das ist genau jenes, was Jeb Bush, Rand Paul, John Kasich etc. Kopfschmerzen bereitet. Dass sie in Iowa teils deutlich unter 5% in den Umfragen liegen, haben inzwischen alle mitbekommen. Der Wert an sich ist nicht so schlimm. Bill Clinton hatte 1992 in Iowa auch nur 2,5% für sich begeistern können, gewann dann aber letztlich die Vorwahlen. Es ist vielmehr die Reihenfolge, mit der alle Kandidaten ins Ziel kommen werden. Auch der Primary in New Hampshire wird noch berücksichtigt werden. Wer dann aber insgesamt nur auch Platz 5 oder schwächer liegt, dürfte große Schwierigkeiten bekommen, die Wähler am Super Tuesday davon zu überzeugen, auf einen relativ aussichtslosen Kandidaten zu setzen.

Schafft es Bernie Sanders, die ehemals "gesetzte" Spitzenkandidatin Clinton in Bedrängnis zu bringen?
Die jüngsten Umfragen für New Hampshire deuten auf einen klaren Sanders-Sieg hin. Das Ergebnis beim dortigen Primary dürfte erst recht von Bedeutung sein, wenn es Sanders gelingt, in Iowa auf Augenhöhe mit Clinton zu liegen. Aktuell sagen die Umfrageinstitute einen knappen Clinton-Sieg in Iowa voraus. Sollte Sanders also nicht völlig untergehen, könnte er sich mit zwei guten Vorwahlen zu Beginn Aufmerksamkeit verschaffen, die er für South Carolina, Nevada und dann auch am Super Tuesday dringend benötigt. Gelingt Clinton ein überraschend klarer Sieg in Iowa, also etwa 10% und mehr Vorsprung, dürfte das ein empfindlicher Dämpfer für das Sanders-Lager sein, das doch so sehr auf den Beginn einer Euphoriewelle angewiesen ist.

Wie verhalten sich die O'Malley-Unterstützer?
In Deutschland nennt man es taktisches Wählen. Eigentlich will man seine Stimme dem persönlich favorisierten Kandidaten geben, aber aus unterschiedlichsten Gründen erscheint es opportun, doch jemand anderen zu unterstützen, um ein Ziel zu erreichen oder ein Ergebnis zu verhindern. In Iowa und auch den darauf folgenden Bundesstaaten dürften sich die Befürworter Martin O'Malleys dies Frage stellen. Bei den Demokraten gibt es eine 15%-Hürde, die die Kandidaten erstmal überspringen müssen, um überhaupt eine Delegiertenstimme zu erlangen. Gelingt es im konkreten Fall O'Malley nicht, diese 15% zu erreichen, verfallen praktisch die Stimmen, die an ihn gingen. O'Malley liegt in Iowa bei 4-5 %, in New Hampshire noch schwächer. Normalerweise muss man damit rechnen, dass die Unterstützung O'Malleys vermutlich umsonst sein wird. Deswegen plädiert er selbst auch eingehend an seine Unterstützer, durchzuhalten.
Es lohnt sich aber auch noch genauer auf den Ablauf eines Caucus bei den Demokraten zu blicken. Die Caucus-Gänger treffen sich z. B. in einem Gemeindehaus. Nach einer Diskussion können sich dann die Anwesenden in die jeweiligen Ecken oder Stände begeben, die für ihren Kandidaten stehen. Unentschiedene bleiben zunächst noch außen vor. Dann wird gezählt. Kommt ein Kandidat dann nicht auf die erforderlichen 15% haben die Wähler die Möglichkeit, sich einem anderen Kandidaten anzuschließen. In der Zwischenzeit versuchen die jeweiligen Unterstützer auf die Unentschlossenen oder die Unterstützer des Unter-15%-Kandidaten einzureden und sie zu überzeugen. Das heißt also konkret, dass die O'Malley-Unterstützer dann nochmal die Möglichkeit haben, sich für Clinton oder Sanders einzusetzen.


Wahlkampf bis zur letzten Minute - Tea Party Patriots unterstützen Ted Cruz


Es wird also bis zum letzten Augenblick um jede Stimme gekämpft werden. In diesen Tagen sind die Kandidaten meist vor Ort in Iowa, sprechen persönlich mit den Einwohnern, lassen ihre Wahlkampfteams per Telefon oder beim Tür-zu-Tür-Wahlkampf für sich werben. Aber auch die Entscheidungen über externe Unterstützungen sind häufig in den letzten Tagen gefallen. Gestern berichtete ich bereits über die Wahlempfehlung der New York Times. Auch andere größere und kleinere Zeitungen haben ihre Präferenzen veröffentlicht. Und auch die Aktivitäten der Super PACs steigen nochmal an. Der Tea Party Patriots Citizens Fund hat sich z. B. kurz vor Beginn der Vorwahlen für Ted Cruz ausgesprochen. Die Tea Party Patriots sind eine einflussreiche und gut organisierte Untergruppe der Tea-Party-Bewegung. Sie setzen sich nach eigenen Angaben insbesondere für die Werte der persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit sowie einer schuldenfreien Zukunft ein. In einem Wahlverfahren unter ihren Mitgliedern sei die Wahl letztlich auf Ted Cruz gefallen, verkündete die Vorsitzende Jenny Beth Martin am Samstag in Sioux City, Iowa.
Der Milliardär und US-Investor George Soros pumpte noch 6 Mio US-Dollar in ein Super PAC, das Hillary Clinton unterstützt. Der Gouverneur von Iowa Terry Branstad lässt sich bei einer Wahlkampfveranstaltung von Chris Christie blicken.

Der Caucus in Iowa beginnt nach deutscher Zeit, am 02.Februar um 02:00 Uhr.

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