Der Sender ABC strahlte aus New Hampshire die dritte und
letzte TV-Debatte der Demokraten im Jahr 2015 aus. Alle drei Kandidaten hatten
einen guten Tag erwischt. Sie diskutierten leidenschaftlich, pointiert und
hatten dabei den eigentlichen Gegner, die Republikaner, nie aus den Augen
verloren. Bevor die Diskussion inhaltlich richtig begann, musste aber zunächst ein
Thema, das in den vergangenen 24 Stunden für Aufsehen sorgte vom Tisch. Die Affäre um die Datenbank der Demokraten und der Clinch zwischen der Partei und dem Sanders-Lager sowie zwischen den konkurrierenden Wahlkampfteams Clintons undSanders sollte aber auf der Bühne keine Fortsetzung finden.
Sanders entschuldigt sich bei Clinton und seinen Unterstützern
Bernie Sanders führte zunächst aus, wie sich die Affäre aus
seiner Sicht entwickelte und hob auch hervor, dass er den für den
Datendiebstahl verantwortlichen Mitarbeiter gefeuert habe. Er sei froh, dass es
nun eine Einigung zwischen allen Beteiligten und ein unabhängige Untersuchung
gebe. Sollte dabei herauskommen, dass noch weitere Mitarbeiter unerlaubt Daten
bezogen hätten, würden diese ebenfalls entlassen werden. Nach diesen
Ausführungen bedurfte es aber dann noch eines Anstoßes durch Moderator David Muir, der
fragte, ob Sanders sich bei Clinton entschuldigen würde. Bernie Sanders zögerte
daraufhin nicht und sagte direkt: „Ich entschuldige mich“. Er ergänzte noch, dass er sich auch bei all
seinen Unterstützern entschuldigen wolle. Dies sei nicht die Art Wahlkampf, für
die er stehe.
Hillary Clinton nahm die Entschuldigung an und machte
ebenfalls keine große Angelegenheit daraus. Sie wird sich in diesem Moment auch
an die Situation der ersten TV-Debatte erinnert haben, in der Bernie Sanders ihr zur Seite sprang, als es um ihre eigene E-Mail-Affäre ging. Da hatte es seinerseits keinerlei Kritik an seiner Konkurrentin gegeben.
Eine Entschuldigung, eine paar unaufgeregte Worte von beiden
Seiten, Clintons Annahme der Entschuldigung, damit war die Angelegenheit
erledigt. Ein fairer Umgang mit einer peinlichen Affäre. Trotzdem, es war
natürlich ein Störfeuer in Sanders Kampagne, das er überhaupt nicht brauchen
konnte. Ohne Frage war er zu Beginn der TV-Debatte erst einmal in die Defensive gedrängt.
Martin O'Malley im Angriffsmodus
Kurz bevor sich das Thema dann aber vollends in Wohlgefallen
auflöste, hinterließ Martin O’Malley schon einmal einen ersten Eindruck, in
welche Richtung der ehemalige Gouverneur von Maryland an diesem Abend wollte.
Es sollte nach vorn gehen, man hatte fast schon den Eindruck, er riskiere nun
alles oder nichts. O’Malley stagniert in den Umfragen bei unter 5% und
inhaltlich kann er sich zwar mal gegen Clinton und mal gegen Sanders
profilieren, aber es fehlt ihm ein neues
Thema, mit dem er beide schlagen könnte. So versuchte er es eben gleich zu
Beginn mit einer Generationenfrage. Der Datenkonflikt zwischen Clinton und
Sanders sei schlicht nicht das Problem, was die Menschen in Amerika
interessierte. 40 Jahre Erfahrung aus Washington würden da gegenüberstehen. Er
stehe für eine neue Generation.
Martin O'Malley |
Auf Martin O’Malley setzt derzeit praktisch niemand. Er kann
nur versuchen, eine Stimmung zu erzeugen, die ihn als demokratischen Saubermann der
neuen Generation darstellt. Wie bereits erwähnt, hilft es ihm 6 Wochen vor dem
Start der Vorwahlen in Iowa nicht, sich langsam zunächst einen der beiden
Kandidaten vorzunehmen. Dafür ist die Zeit für O'Malley zu knapp und die Lage zu aussichtslos. Er müsste eben eine neue Stimmung erzeugen, mit der er beide
angreifen kann. Ein drittes Beispiel für diese Strategie lieferte er dann am
gestrigen Abend auch noch. Er stehe weder für den Sozialismus wie Sanders noch
für den Wall Street Kapitalismus wie Clinton. Er stehe zwischen diesen beiden
Seiten, die er meint, ausgemacht zu haben.
Ich bezweifele sehr, dass O’Malley in der Kürze der Zeit,
das Ruder noch herumreißen kann. Im Gegenteil, es ist schon verwunderlich, dass
er bei dieser wenig hoffnungsvollen Ausgangslage den Konflikt versucht zu verschärfen. Er hat an
Bekanntheit deutlich gewonnen und sich für die nächsten Wahlen empfohlen. Ein
allzu großes Risiko sollte er also nicht gehen. Die Demokraten auseinander zu dividieren
dürfte sich langfristig nicht für ihn auszahlen.
Clinton hat bereits Republikaner im Visier
Hillary Clinton |
Clinton profilierte sich bei den internationalen Themen und
spielte ihre Erfahrung als Außenministerin aus. So weit wie möglich ließ sie
durch ihre Angriffe auf die Republikaner also gar nicht erst den Eindruck
aufkommen, man könne an ihrer Nominierung zweifeln.
Bernie Sanders greift Clinton punktuell an
Die Strategie Clintons könnte aufgehen. Bernie Sanders muss
beweisen, dass er Clinton schlagen kann und zudem auch geeignet ist, das Rennen
gegen die Republikaner aufzunehmen. So versuchte er die Debatte frühzeitig auf
sein Hauptgebiet, die Arbeits- und Sozialpolitik, zu lenken. Als es um die
Terrorbekämpfung ging, sagte Sanders, dass es auch noch andere Ängste im Land
gebe. Arbeitslosigkeit, Armut und Perspektivlosigkeit würden die Menschen
ängstigen. Hier stehe er z. B. für einen erhöhten Mindestlohn, den Donald Trump
strikt ablehne. Über diese Ängste solle auch gesprochen werden.
Bernie Sanders |
Sanders will nicht der Wirtschafts Liebling sein
Moderator David Muir erklärte, dass das Fortune Magazine im
Jahr 2008 Hillary Clinton mit der Schlagzeile „Business loves Hillary“ bedachte
und auf die große Unterstützung durch diverse CEOs anspielte. Muir fragte dann,
ob Clinton der Ansicht sei, dass die Unternehmer sie auch 2016 noch lieben werden.
Clinton antwortete zunächst knapp, dass jeder sie lieben sollte. Sanders war
aufmerksam und griff ihre humorvolle Äußerung mit einem sehr bestimmten Ernst
auf. Er wolle nicht der Liebling der Unternehmer und schon gar nicht der Wall
Street sein. Er unterstütze die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die
von dem Wirken der Wall Street bedroht seien.
Sanders wolle zudem rund 13 Millionen Jobs durch Investitionen
in die Sanierung der Infrastruktur schaffen. Außerdem hob er hervor, dass er
der einzige Kandidat sei, der Obamacare durch ein Single-Payer-System ersetzen wolle, in dem
die Regierung als einzige Stelle die Gesundheitskosten trage.
Hillary Clinton hatte Zweifel, wie diese und weitere
Vorschläge des Senators zu finanzieren seien. Sie jedenfalls werde keine
Steuern für den Mittelstand erhöhen, versicherte Clinton und suggerierte damit,
dass dies bei Bernie Sanders drohe.
Manifestierung des Status Quo
Die TV-Debatte in New Hampshire wurde insgesamt wieder sehr
sachlich geführt. Die Absichten der Kandidaten waren jedoch offensichtlicher
als bei den vorangegangenen Veranstaltungen. Clinton gelang es, sich als fast
schon gesetzte Kandidatin zu präsentieren. Ob Absicht oder nicht, nach einer
fünfminütigen Pause gönnte sich die frühere First Lady eine Minute extra und
kam verspätet auf die Bühne zurück. Sie sagte zwar freundlich „Sorry“, doch man
konnte schon den Eindruck gewinnen, als würde sie etwas über den Dingen
schweben. Gleichwohl war sie in den Diskussionen sehr aufmerksam bei der Sache
und bereitete durch ihre Angriffe auf die Republikaner schon mal den Wahlkampf
im kommenden Herbst vor.
Bernie Sanders lässt nicht locker, im Gegenteil. Er forciert
die Angriffe gegen Clinton. Er wirkt überzeugt und will keine Zweifel daran
aufkommen lassen, dass er Clinton noch bezwingen könnte. Das Bild des
Herausforderers wurde er aber trotz guter Passagen auch an diesem Abend nicht
los. Evtl. muss Sanders darauf setzen, dass er bei den frühen Vorwahlterminen
punkten kann. In New Hampshire liegt er vor Clinton, in Iowa nicht aussichtlos.
Sicher würden Siege in diesen ersten beiden Bundesstaaten auch die Wahrnehmung
und gewiss auch die Diskussionen anders aussehen lassen. Denn ohne neue Themen
oder Fakten scheint Clinton derzeit in den direkten Aufeinandertreffen nicht schlagbar zu sein. Zwar kann Sanders sein eigenes Publikum regelmäßig begeistern,
wirklichen Zugang zu Clintons Anhänger hat er aber noch nicht gefunden.
Und so bleibt der Eindruck, dass die TV-Debatte die aktuelle
Lage nur weiter gefestigt hat. Es war eine gute Werbung für die Demokraten.
Mögliche von den Republikanern verschreckte unabhängige Wähler könnten sich
angesprochen gefühlt haben. An der Rangfolge innerhalb des demokratischen
Lagers hat sich aber wohl nichts geändert.
Die letzten Worte des Abends bestimmten dann auch viele
Schlagzeilen am Sonntagmorgen. In Anspielung auf das Star Wars Fieber in den USA schloss
Clinton ihr letztes Statement der TV-Debatte mit den Worten: „Möge die Macht
mit Euch sein.“ Das Publikum war begeistert, Sanders und O’Malley blickten
angespannt in den Saal.
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