Wenn der Wahlkampf überhitzt
Als Außenstehender kann man angesichts der letzten Tage des
Wahlkampfes eigentlich nur noch mit dem Kopf schütteln. Die bisherigen Themen
wie Waffengesetze, Obamacare, Einwanderung aus Südamerika prägten bislang den
Wahlkampf in den USA. Seit den Terroranschlägen von Paris hat sich der Fokus
jedoch verlagert. Der Kampf gegen den IS und die Frage, ob die USA Flüchtlinge
aus Syrien aufnehmen sollten, stehen plötzlich im Vordergrund. Im politischen
Geschäft und der Medienwelt ein normaler Verlauf. Was aber passiert, wenn solche
emotional aufgeheizten Themen ungefiltert in den Wahlkampf getragen werden,
kann man in diesen Tagen in den USA beobachten. Die Protagonisten in diesem
Fall: Die Republikaner, allen voran das Spitzenduo Trump und Carson sowie einige Medien.
Was hat Trump gesagt oder gemeint?
Donald Trump wurde in vielen Medien inhaltlich mit dem Plan in Verbindung gebracht,
eine Datenbank für Muslime einzurichten. In dieser
Datenbank sollten Muslime registriert sein, um sie besser verfolgen zu können.
Dieser Vorschlag sorgte auch bei den Republikanern für scharfe Kritik. Ben
Carson halte es für falsch, Amerikaner nach Herkunft, Ethnie oder Religionszugehörigkeit
zu trennen und registrieren zu lassen. Stattdessen sollten alle Amerikaner in
einer Datenbank erfasst werden. Jeb Bush finde diese Idee abscheulich. John
Kasich warf Trump vor, die Menschen auseinander dividieren zu wollen. Ted Cruz,
eigentlich dem Immobilienmogul eher wohl gesonnen, sagte: „Ich bin ein großer
Fan von Donald Trump, aber ich bin kein Fan davon, dass eine Regierung
Amerikanische Staatsbürger registriere.“
Die Kritik der Demokraten fiel entsprechend schärfer aus. Genau zu betrachten ist aber auch die Rolle der Medien, einerseits, die des Reporters, der Trump interviewte, andererseits die der verarbeitenden Fernsehsender und Zeitungen. Fox News kritisiert: Zumindest hätte hervorgehoben werden müssen, dass sich Trump
mehrdeutig und missverständlich zu diesem Thema geäußert habe und dass er
direkt von einem Reporter nach einem solchen Vorschlag gefragt wurde.
Die
Antworten Trumps waren keineswegs so eindeutig, dass man ihm die Urheberschaft
dieser Idee hätte anheften müssen. Oder ist es geradezu die Aufgabe eines Reporters, die Kandidaten auch in Stresssituationen zu versetzen und zu prüfen? Was war passiert?
Während er Autogramme schrieb, wurde Trump nach seiner
Haltung zu einer solchen Datenbank für Muslime gefragt. Er antworte ausweichend:
„Wir sollten auf viele Dinge genau schauen…“ auch auf Moscheen. Das hatte Trump
bereits in den Tagen zuvor geäußert. Er schloss in seiner Antwort eine solche
Datenbank nicht ausdrücklich aus, befürwortete diese aber auch nicht. Weiter
fragte ein Reporter von NBC News nach, ob es eine Datenbank für
Muslime geben sollte, um diese zu verfolgen. Trump antworte weiter mehrdeutig: „Wir sollten viele
Systeme haben zusätzlich zu einer Datenbank“ und führte weiter seine Ideen aus,
die Grenzen zu sichern und eine Mauer an der Grenze zu errichten. Weiter durch
den Reporter gefragt, ob er „dies“ auch umsetzen würde, antworte Trump: „Sicher
würde ich das umsetzen. Auf jeden Fall.“ Es folgt ein Wortwechsel, wie „das“ umzusetzen
sei und was „es“ bringen würde. Trump antworte eher im Sinne seines Plans zur
Grenzsicherung. Vermutlich eher nicht bezogen auf die Idee einer solch umstrittenen
Datenbank.
Was nun als Haarspalterei aufgefasst werden kann, ist dennoch
nötig, um den tatsächlichen Hergang richtig einordnen zu können. Dass Trump in
der Folge noch der Vergleich einer Registrierung der Muslime mit der öffentlichen
Kennzeichnung der Juden durch die Nazis vorgehalten wurde, spielt letztlich
keine Rolle mehr.
Unabhängig von Trumps inhaltlicher Einstellung belegt dieses
Beispiel sehr deutlich, dass viele Kandidaten schon jetzt, ca. ein Jahr vor der
Präsidentschaftswahl rhetorisch überfordert erscheinen. Trump hätte wesentlich
deutlicher zu dieser Frage Stellung nehmen müssen, in die eine oder andere
Richtung. Dass er aber die Brisanz dieser Fragestellung nicht rechtzeitig
erkennt, ist offensichtlich oder doch gewollt? Der
Kampf der Republikaner um rechtskonservative Wähler führt zu einem Wettlauf um
die schärfsten Positionen und Formulierungen. Die Medien nehmen diesen Wettlauf dankend und manchmal etwas undifferenziert an.
Zur Vollständigkeit und Klarstellung gehört auch, dass
Donald Trump über Twitter mitteilte, dass nicht er eine Datenbank für Muslime vorgeschlagen
habe, sondern der Reporter. Restzweifel bleiben dennoch und man wird das Gefühl
nicht los, dass Trump hier bewusst vage und verwirrend antwortete. Oder nutzte ein Reporter nur geschickt einen Moment der Unaufmerksamkeit Trumps aus? Evtl. wird
der republikanische Spitzenreiter ja mit einigen Tagen Abstand abschließend klar und deutlich Stellung
beziehen, wie er nun zu dieser Idee steht, von wem auch immer sie stammen mag.
Ben Carsons Hundevergleich
Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel hat Ben Carson geliefert. Er verglich die Aufnahme von syrischen
Flüchtlingen und die Gefahr, dass darunter ein islamistischer Terrorist sei, mit einem tollwütigen Hund in der
Nachbarschaft. Eine seltsame Rhetorik. Ich bin mir unsicher, ob Ben Carson
diesen Vergleich aus politischem Kalkül geäußert hat oder ob er, wie bereits
einige Male zuvor, seine Gedanken in politisch untypische und unglückliche Worte
gefasst hat.
Carson sagte: „Wenn ein tollwütiger Hund in der Nachbarschaft umher läuft,
wirst du wohl nichts Gutes von dem Hund erwarten und du wirst vermutlich deine Kinder dort wegholen. Das heißt nicht, dass man alle Hunde
hassen würde…du überlegst, wie kann ich meine Kinder schützen, gleichzeitig
liebst du Hunde…“ Er schloss diesen Gedankengang mit der Forderung, dass durch Kontrollmechanismen,
die tollwütigen Hunde, in diesem Fall waren aber mögliche islamische
Terroristen unter den syrischen Flüchtlingen gemeint, frühzeitig aussortiert
werden müssten. Solange solche Mechanismen nicht vorhanden seien, könnten auch
keine Flüchtlinge aufgenommen werden.
Klar, politische Äußerungen und Debatten in den USA werden
schärfer geführt als hier in Deutschland. Und auch die Positionen, die in
Amerika vertreten werden, können aus deutscher Sicht manchmal als befremdlich empfunden
werden. Dass die Äußerung Markus Söders, Paris ändere alles, in den USA wohl
kaum eine Schlagzeile wert gewesen wäre, hier aber für ein erhebliches
politisches wie mediales Echo sorgte, zeigt, wie verschieden die Maßstäbe sind.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen