Dienstag, 24. November 2015

Sanders und das Super PAC Dilemma

Sanders machte Super PACs zu eines seiner Hauptthemen


Es ist eines seiner Steckenpferde in diesen Monaten der Vorwahlkampfs. Nachdem Lawrence Lessig, seine Ambitionen auf eine Kandidatur für die Demokraten zurückgezogen hat, ist Bernie Sanders der einzige demokratische Kandidat, der bewusst und verschärft gegen die bestehenden Regelungen zur Wahlkampffinanzierung wettert. Lawrence Lessig wollte sich ursprünglich zum Präsidenten wählen lassen, ein Gesetz zur Reform der Wahlkampffinanzierung durchsetzen und danach zurücktreten und das Amt an den Vizepräsidenten abgegeben. Daraus ist aus verschiedenen Gründen nichts geworden.

Bernie Sanders portrait 1
Bernie Sanders
Also ist es nun Bernie Sanders, der dieses Thema gerne aufgreift und kaum eine Gelegenheit auslässt, in der er nicht betont, keine Super PACs zu haben und auch keine Unterstützung von solchen Lobbygruppen zu erhalten. Das passte zum Bild des revolutionären demokratischen Sozialisten Sanders. Er wusste, wie schwierig dieser Weg sein wird, den er mit solchen Prinzipien zu beschreiten hat. Aber er nahm diese Last bewusst auf sich. Zunächst half es ihm. Es ist ein Angriffsmittel auch gegen Hillary Clinton, die zwar auch kritisch auf die Wahlkampffinanzierung blickt, jedoch keineswegs auf die Unterstützung von Super PACs verzichtet. Im Gegenteil, Millionen US-Dollar fließen so indirekt in ihren Wahlkampf ein. Sanders sagte, dass es ein Unterschied sei, nur darüber zu reden oder eben auch entsprechend zu handeln.

Ein Super PAC unterstützt nun Bernie Sanders


Da der Kandidat und dessen Wahlkampfteam aber keinen Einfluss auf ein Super PAC nehmen darf, liegt eben auch die Entscheidungshoheit, wie ein Super PAC agiert, nicht in den Händen des Kandidaten. Und so kommt es, wie es ja kommen musste.
Nachdem sich Sanders über die Unterstützung der National Nurses Union freute, kam nun die Frage auf, wie es sich eigentlich mit dem dazugehörigen Super PAC verhält. Offensichtlich unterhält diese Gewerkschaft eine entsprechende Lobbygruppe, erste Werbematerialien, in denen für Sanders geworben wird, sind gefertigt worden.
CNN hat bei dem Senator aus Vermont nachgehakt. Demnach sollen bereits 569.000 US-Dollar zur Unterstützung Sanders durch den Super PAC "National Nurses United For Patient Protection" ausgegeben worden sein. Sanders antwortete: "Was ich immer wieder gesagt habe, ist, dass ich keine 5 Cent für ein Super PAC eingeworben habe und dies auch nicht tun werde. Ich bin der einzige demokratische Kandidat, der keine Super PACs hat. Ich werde keinen Super PAC haben. (...) Das sind Krankenschwestern und Pfleger und sie kämpfen für ihre Gesundheitsversorgung und das Gesundheitswesen. Sie tun das, was sie für angemessen halten. Ich habe keinen Super PAC.”

Bernie Sanders benötigt schnell eine Sprachregelung für dieses Dilemma


Nun einerseits liegt Sanders richtig. Er hat nicht für dieses Super PAC Geld eingetrieben. Andererseits hat er auch gesagt, dass er keine Hilfe eines Super PACs in Anspruch nehmen werde. Dies ist nun aber nachweislich geschehen, wenn auch nur passiv. Natürlich, bei diesem Super PAC handelt es sich nicht um die Lobbyvereinigung, die man für gewöhnlich im Sinn hat, wenn man an ausufernde Wahlkampffinanzierung denkt. Nicht vergleichbar, mit den zig millionenschweren Organisationen, die etwa Hillary Clinton, Jeb Bush und andere Republikaner unterstützen. Aber formal ist es eben doch ein Super PAC.
Nun kann niemand Bernie Sanders einen Vorwurf machen, für das, was andere tun. Wenn diese Lobbygruppe ihn unterstützt, wird er es in letzter Konsequenz nicht verhindern können. Er könnte aber nun daran gemessen werden, ob er es zumindest versucht. Ein öffentliches „Nein, ich will eure Unterstützung nicht!“ ist das, was man von einem prinzipientreuen Kandidaten nun erwarten würde. Zugegeben, das ist streng ausgelegt, aber wer natürlich dieses Thema so in den Vordergrund stellt, muss sich nun auch daran messen lassen. Evtl. wäre es klug gewesen, sich für eine moderate Reform auszusprechen, die es eben solch kleinen Super PACs ermöglicht, finanziell begrenzt für ihre Interessen bzw. für ihren Kandidaten einzustehen, praktisch ähnlich der herkömmlichen Form eines PAC. Diese Feinjustierung war aber aus den Reden Sanders bislang nicht raus zu hören.

Vielleicht kommt das in den nächsten Wochen noch. Aktuell befindet er sich aber in einem Dilemma. Sagt er nichts weiter und akzeptiert die künftige Unterstützung, ist dieses Thema im Wahlkampf passé. Fordert er die Gewerkschaft auf, ihn nicht mehr zu unterstützen, kann dies trotz des möglichen Verständnisses auf deren Seite, reichlich komisch wirken. Zudem benötigt er letztlich auch die öffentliche Unterstützung und Werbung.

So bleiben nicht viele günstige Alternativen. Entweder Sanders modifiziert tatsächlich seine öffentliche Haltung zu diesem Thema oder aber es findet sich ein Weg, den willigen Unterstützern mitzuteilen, dass sie doch bitte weitermachen mögen, er aber diese Hilfe öffentlich strikt ablehnen muss. Ein nicht unproblematisches Unterfangen. Eine solche Vereinbarung könnte bereits gegen geltendes Recht verstoßen, was besagt, dass sich Kandidaten nicht mit Super PACs abstimmen dürfen. Aber es könnte ja doch eine Art stillschweigende Vereinbarung geben, die eben ein solches Modell beinhaltet. Sanders jedenfalls sollte nun zügig eine Sprachregelung finden. Das Interview auf CNN provoziert zumindest weitere Nachfragen. 

Dass nun gerade Sanders bei diesem Thema unter Druck gerät, mag bedauerlich sein. Sollte es ihm auf die Füße fallen, wäre dies ein besonders folgenschwerer Fehler seiner Kampagnenführung. Und es würde in gewisser Weise grotesk belegen: Wer das mitnimmt, was ihm rechtlich zusteht und nicht kritisch hinterfragt, profitiert vom System; in diesem Fall vom Finanzierungssystem des amerikanischen Wahlkampfs.

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